Brigitte Riebe - Marlenes Geheimnis

  • Kurzmeinung

    claudi-1963
    Eine wirklich warmherzige, schöne Geschichte die mich ergriffen hatte und bis zum Ende neugierig macht.
  • Die Autorin (Quelle: Amazon)


    Für promovierte Historikerinnen ist es nicht unbedingt typisch, dass sie historische Romane zu verfassen. Doch Brigitte Riebe, 1953 in München geboren, hat sich nach ihrer Tätigkeit als Lektorin genau dafür entschieden. Sie möchte, wie sie sagt, „Geschichte durch Geschichten erzählen.“ Ihr erster Roman, „Palast der blauen Delphine“, erschien 1994, zahlreiche weitere schriftstellerische Reisen in die Vergangenheit folgten. Unter dem Pseudonym Lara Stern veröffentlicht sie zudem eine erfolgreiche Krimireihe. Riebe lebt heute als freie Schriftstellerin in der bayerischen Landeshauptstadt.



    Produktinformation (Quelle: Amazon)


    • Gebundene Ausgabe: 432 Seiten
    • Verlag: Diana Verlag (11. September 2017)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3453292057
    • ISBN-13: 978-3453292055





    Alles kommt ans Tageslicht….


    Mit diesem Buch bleibt Brigitte Riebe in der Gegenwart – und entführt uns mit vielen Rückblicken in die Zeit vor und nach sowie während des zweiten Weltkrieges.


    Christian Auberlin genannt Nane, wartet in Konstanz ungeduldig auf ihre Mutter um mit ihr nach Rickenbach zu fahren….


    Beim Auto angekommen, sah sie einen verletzten Hund daneben liegen, Nane brachte es nicht übers Herz, das Tier liegen zu lassen….


    Spätestens nach der Beerdigung merkte man gleich, dass die beiden Schwestern nicht unbedingt gut miteinander auskamen….


    Von Marlene hat Nane einen Umschlag bekommen, den ihre Großmutter ihr zugedacht hatte…. Und Nane war natürlich neugierig… Es waren Evas Aufzeichnungen ihres Lebens und Nane fing an zu lesen….


    Sie las von Evas Zeit in Reichenberg. Ihre Mutter war in Prag aufgewachsen, dann mit der Familie nach Reichenberg gezogen wo sie ihre beste Freundin fand: Molly….


    Und noch etwas fand sie dort, bevor sie letztendlich nach Deutschland in die sowjetische Zone gebracht wurden…


    Über viele Umwege kam Eva schließlich nach Rickenbach….


    Warum war Nane ungeduldig? Hatte sich ihre Mutter verspätet? Weshalb mussten sie nach Rickenbach? Was war mit dem Hund? Hat sie ihn mitgenommen? War sie mit ihm beim Tierarzt? Wer war gestorben bzw. beerdigt worden? Warum kamen die beiden Schwestern nicht gut miteinander aus? Weshalb hatte Nane von ihrer Großmutter einen Umschlag bekommen? Was stand darin? War Evas Leben so interessant? Was ist mit Molly später passiert? Warum wurden sie nur in die sowjetische Zone gebracht? Wie kam Eva letztendlich nach Rickenbach? Alle diese Fragen – und noch viel mehr – beantwortet dieses Buch.




    Meine Meinung


    Auf dieses Buch von Brigitte Riebe habe ich schon ganz ungeduldig gewartet. Es beschreibt, wie oben erwähnt einen Teil des Lebens von Eva Auberlin geborene Menzel. Ihren Umzug von Prag nach Reichenberg, wo sie dann letztendlich doch eine beste Freundin fand. Den Einmarsch von Hitlers Truppen und das Attentat auf Heydrich, das schlimme Folgen für ein bestimmtes Dorf hatte. In der Geschichte war ich schnell drinnen und auch in die Protagonisten konnte ich mich gut hineinversetzen. Als Eva von zu Hause weggebracht wurde, sie tat mir unendlich leid. Mit ihrer Freundin und ihrer schwerkranken Mutter kam sie in die sowjetische Zone – und mit einem kleinen Mädchen, Leni. Und irgendwann trennten sich dann ihre Wege und Eva gelangte mit ihrer kleinen Leni nach Rickenbach an den Bodensee. Wie sie dorthin kam und weshalb ausgerechnet dorthin, dass soll der Leser selbst lesen. Auf jeden Fall hat mich Brigitte Riebe mir diesem Buch nicht enttäuscht. Es war spannend und hat mich so gefesselt, dass ich es in einem Rutsch gelesen habe. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt, und es gab immer wieder neue Wendungen die man so vielleicht nicht vermutete hätte Das Buch ist es wert von vielen Mensche3n gelesen zu werden und so vergebe ich eine Lese-/Kaufempfehlung und natürlich volle Bewertungszahl.

    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Ganz ehrlich: Ich habe nicht kapiert, um was es in dem Buch eigentlich geht. :(


    Der Klappentext von Amazon half mir weiter:
    Marlene hat die Vertreibung aus der Heimat nach dem Krieg längst hinter sich gelassen. Vor mehr als siebzig Jahren begann sie mit ihrer Mutter Eva am Bodensee ein neues Leben. Eine florierende Schnapsbrennerei, die die Früchte der Region verarbeitet, ist ihr ganzer Stolz. Erst als ihre Nichte Nane kurz nach Evas Beerdigung die Aufzeichnungen der Großmutter liest, bricht die Vergangenheit ohne Vorwarnung herein. Und ein lang gehütetes Geheimnis kommt zutage.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Christiane „Nane“ Auberlin kommt anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter Eva nach Rickenbach am Bodensee zurück in deren Haus, wo sie auf ihre Tante Marlene trifft, die Eva bis zum Schluss gepflegt und auch die Obstbrennerei übernommen hat. Sie ist vom Job als Pharmareferentin ausgebrannt und braucht dringend eine Auszeit. Kaum in der alten Heimat angekommen, trifft sie als erstes auf einen verletzten Hund, der neben ihrem Wagen liegt. In Begleitung ihrer Mutter Viktoria bringt sie diesen zum Tierarzt Fabio Rossi, der ihr ausnehmend gut gefällt, doch für eine Beziehung hat sie momentan keinen Kopf. Das Zusammentreffen der ungleichen Schwestern Viktoria und Marlene sorgt immer wieder für Streit im Hause Auberlin, so dass Viktoria schon bald wieder das Weite sucht und abreist. Marlene vermacht Nane einen Umschlag von ihrer Großmutter, der ein Tagebuch enthält. Als Nane mit der Lektüre beginnt, taucht sie in das Leben von Eva ein und erfährt von deren schweren Zeiten im 2. Weltkrieg als Sudetendeutsche in Tschechien sowie all die Schicksalsschläge von der ersten Liebe bis zur beschwerlichen Flucht und dem Verlust so vieler ihr geliebter Menschen. Dabei stößt Nane auch auf ein gut gehütetes Geheimnis ihrer Großmutter, dass nicht nur ihr Leben, sondern auch das von anderen verändern wird…


    Brigitte Riebe hat mit ihrem Buch „Marlenes Geheimnis“ einen wunderschönen und sehr berührenden Familienroman vorgelegt, der in zwei Handlungssträngen einmal von der Gegenwart erzählt, zum anderen über 60 Jahre überbrückt und Evas Leben wiederauferstehen lässt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und die verschiedenen Zeitebenen so wunderbar miteinander verflochten, dass der Leser sofort in die Geschichte eintauchen kann und dabei dauerhaft das Gefühl hat, alles hautnah mitzuerleben. Der Spannungsbogen wird sehr schnell aufgebaut und zieht sich wie ein Faden durch die Handlung bis zum finalen Schluss. Die Landschaftsbeschreibungen sind so plastisch, dass man die wunderschöne Gegend am Bodensee regelrecht vor Augen hat mit all dem schönen Obstbaumbestand. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin akribisch recherchiert und der Handlung unterlegt. Dabei beschreibt sie recht plastisch, was sich zu Kriegszeiten zugetragen hat und welche Hürden und Greueltaten damals an der Tagesordnung waren, dass dem Leser eine Gänsehaut über den Rücken läuft und sich Mitleid und Traurigkeit breit machen für die unschuldigen Menschen, die dies ertragen mussten.


    Die Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Dabei hat die Autorin jede Menge Individualisten geschaffen, die alle ihre Sorgen und Nöte haben und gerade deshalb so authentisch und realitätsnah wirken, dass man das Gefühl nicht los wird, einige von ihnen sogar persönlich zu kennen. Nane ist eine junge Frau, die am Scheideweg ihres Lebens steht. Sie ist alleinstehend, von ihrem Job ausgebrannt und gesundheitlich angeschlagen. Sie ist rücksichtsvoll, pragmatisch, dabei hilfsbereit und liebevoll. Nane hat das Herz am rechten Fleck und weiß genau, dass sie nicht nur von ihrer Großmutter Abschied nehmen muss, sondern auch von ihrem bisher bekannten Leben, doch eine neue Perspektive hat sie noch nicht vor Augen, was ihr Angst einjagt. Die Tagebuchaufzeichnungen ihrer Großmutter gehen ihr nah und sie gewinnt durch die neuen Erkenntnisse an Stärke und Selbstsicherheit, was sehr schön zu beobachten ist. Es scheint, als wenn die Erfahrungen ihrer Oma ihr die nötige Kraft geben, einfach mal den Sprung ins Wasser zu wagen. Eva ist wohlbehütet aufgewachsen mit einer etwas exzentrischen Mutter und einem liebevollen Vater, der ihr schon früh das Obstbrennen beigebracht hat. Dieses Können wird Eva noch oft genug das Leben etwas erleichtern. Eva, zu Beginn noch eine unbekümmerte junge Frau, muss durch eine harte Schule lernen, dass das Leben brutal und ungerecht sein kann. Doch Eva ist ein liebeschenkender Mensch mit einem großen Herzen, die einfach ein kleines Mädchen als ihr eigenes aufnimmt und ihm so ein neues Leben schenkt. Marlene ist eine eher nüchterne Frau, die auf den ersten Blick kalt und distanziert wirkt, oftmals auch unversöhnlich. Doch je mehr man sie kennenlernt, umso mehr kann man ihre Haltung verstehen und schließt sie am Ende doch ins Herz. Viktoria ist wie ein flatterhafter Vogel, der nirgends sesshaft wird und man das Gefühl hat, sie jagt dem Leben hinterher. Auch die anderen Protagonisten wie Molly, Fabio, Brian, Simon und Hermann bereichern die Handlung durch ihre eigenen Geschichten und Taten, verleihen ihr Spannung und machen sie zu einem rundum gelungenen Ganzen.


    „Marlenes Geheimnis“ ist eine wunderschöne und emotionale Geschichte, die erzählt werden musste und den Leser von Beginn an zu fesseln weiß. Durch geschickte und unerwartete Wendungen hält die Autorin den Leser aufmerksam, bis die letzten Zeilen gelesen sind. Ein absolutes Lesehighlight 2017, dass mehr als 5 Sterne wert ist. Chapeau – besser geht nicht!


    Ganz wunderbare :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Inhaltsangabe:


    Nane geht es gerade nicht gut. Als Pharmazie-Vertreterin ist sie ständig unterwegs, aber die Arbeit und die Last der schmerzlichen Erinnerung an ihr verpatztes Staatsexamen bedrücken sie und ihr Burnout ist nicht mehr wegzudiskutieren. Gerade in dieser Zeit verstirbt ihre geliebte Großmutter Eva, die damals nach dem Krieg in Rickenbach mit ihrer kleinen Tochter Marlene als Schnapsbrennerin ein neues und erfolgreiches Leben beginnen konnte.


    Vicky, Nanes Mutter, ist da so völlig aus der Art geschlagen und so passiert, was eigentlich immer geschieht: Es gibt Streit zwischen den Schwestern und Vicky reist ebenso abrupt wieder ab, wie sie gekommen ist. Nane jedoch bleibt in Rickenbach. Eva hat ihrer Enkelin einen großen Umschlag vermacht. Sie hat ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben, begonnen mit 1938 in Reichenberg in Tschechien, wo sie als Tochter eines Apothekers und einer Opernsängerin ein sorgenfreies Leben führte, bis die Nazis alles auf den Kopf stellten und die Zeiten unsicher wurden.


    Zusammen mit Simon Bentele, den Nane aus Kindertagen kennt und der mit dem Nachlass seines Großvaters völlig überfordert ist, kann sie ein Geheimnis aufdecken, dass niemand außer Marlene geahnt hat. Dabei stellt sie sich ihren eigenen Problemen und trifft einige schwierige Entscheidungen.


    Mein Fazit:


    Erst einmal möchte ich mich ganz herzlich beim Diana Verlag bedanken, der mir das eBook zur Verfügung gestellt hat. Dies ist mein erstes Buch von Brigitte Riebe und das Cover und der Klappentext haben mich sofort angesprochen. Der Klappentext verrät nicht viel, aber doch hält er, was er verspricht.


    Im Vordergrund steht Nane, die auf dem Weg zur Beerdigung ihrer Großmutter ist. Sie hat nur gute Erinnerung an die starke und resolute Frau in Rickenbach, doch der Kontakt war in der letzten Zeit eher sporadisch. Die schwierige Kindheit mit der Mutter Vicky wird nicht so genau beleuchtet, es zeigt sich aber, dass sie bei Vicky nicht immer die Liebe bekam, die sie sich gewünscht hat. Der Streit zwischen den Geschwistern Vicky und Marlene flammt unverkennbar sofort wieder auf, sobald sie aufeinander treffen. Dabei zeigt sich Marlene unerbittlich und voller Zorn. Evas Spezialität war die Schnapsbrennerei und Marlene führt das Geschäft nun weiter, obwohl sie inzwischen Hilfe hat und auch nicht mehr so gut auf dem Damm ist. Und Marlenes Zorn ist ebenfalls ganz auf die Familie Bentele gerichtet. Nane versteht es allerdings nicht wirklich und trifft sich somit heimlich mit Simon. Mit Simon verbindet sie unbeschwerte Sommer in Kindertagen und sein Großvater hat ebenso seine Geheimnisse wie Eva. Nane sieht sich der Tatsache konfrontiert, dass in ihrer Familie nicht alles so ist, wie es scheint!


    Evas Aufzeichnungen erzählen in einigen längeren Abschnitten ihre Geschichte, wie sie in Reichenberg ihre Jugend verbringt, sich in den Tschechen Jan verliebt und nach dem Krieg plötzlich alles verliert. Ihre Familie lebte seit Jahrzehnten in Reichenberg und wurden als Deutsche angesehen und doch mussten sie für die Taten der Nationalsozialisten bezahlen, obwohl sie selbst die Gesinnung nicht geteilt haben. Die Mutter, schon vorher dem Alkoholismus verfallen, wird nur noch kränker und die Sorge um den Vater, der dann doch an die Fronst geschickt wurde, ließ sie nicht zur Ruhe zu kommen. Unter den widrigsten Umständen kämpfte Eva bis zum Umfallen.


    Mich hat die Geschichte sehr beeindruckt. Nicht nur Nane ist mir sympathisch, auch Eva. Die Autorin hat die Figuren sehr gut herausgearbeitet und ich konnte mit ihnen fühlen und leiden. Die Geheimnisse werden angedeutet, aber wirklich sicher sein kann man sich lange nicht sein. Ich musste meine Ahnung mindestens einmal überdenken. Die Auflösung ist so schockierend und unfassbar, auch wenn es eine fiktive Person betrifft. Aber das ganze Ausmaß des Dramas kommt erst am Ende der Geschichte heraus und leider steckt da eine traurige wahre Geschichte hinter. Der geschichtliche Hintergrund ist ohne Probleme im Internet nachzulesen und wieder einmal sah ich mich der dunklen Geschichte unseres Landes gegenüber. Natürlich weiß man von den Sudeten-Deutschen und das sie damals vertrieben wurden. Aber die genauen Hintergründe sind mir nicht bekannt gewesen und so habe ich wieder etwas gelernt, was man einfach nicht vergessen darf!


    Sehr geschickt hat die Autorin im flotten Schreibstil Fiktion mit Wirklichkeit miteinander verknüpft und die ausgewogenen Abschnitte zwischen Vergangenheit und Gegenwart haben mich bis zur letzten Seite mitgerissen. Es bleiben am Ende keine Fragen offen und die Liebesgeschichte, die ihre zarten Anfänge in der Gegenwart nimmt, ist auch durchaus authentisch und glaubhaft und soll wohl die Hoffnung symbolisieren – für Nane! Mich hat dieses Buch sehr bewegt und nachdenklich zurückgelassen und ich kann es uneingeschränkt empfehlen! Überzeugte fünf Sterne von mir.

  • Wenn die Vergangenheit auf die Gegenwart trifft und die Wahrheit ans Licht kommt


    „Marlenes Geheimnis“ beginnt damit, das Christiane Auberlin, genannt Nane, in ihre Heimat fährt. Ihre Großmutter, Eva, ist gestorben. Das Erbe, welches Nane erhält, ist wohl etwas speziell zu nennen. Es sind die Aufzeichnungen einer Frau, die viel zu erzählen hat. Die Großmutter hat eine Vertreibung aus ihrer Heimat hinter sich. Mit Macht bricht die Vergangenheit ihrer Großmutter und auch ihrer Tante Marlene und ihrer eigenen Mutter über das junge Mädchen herein.


    „Marlenes Geheimnis“ beginnt eigentlich völlig unspektakulär und harmlos. Der Tod der Großmutter ist für Nane nur schwer zu verkraften, zumal die junge Frau eine ganze Menge eigener Probleme zu bewältigen hat. Als sie dann, aber die Aufzeichnungen der Großmutter zu lesen bekommt, die Gedanken und die Geschichte in die Vergangenheit des 2 WKs gehen, bekommt die Geschichte eine dramatische Wendung. Es ist schon fast, bedrückend zu nennen, wie Brigitte Riebe hier die Ereignisse der Zeit schildert. Was die Familie durchmachen musste, ist einfach unvorstellbar, es hat mich berührt und traurig gemacht. So manche Träne musste ich mir beim Lesen wegdrücken. Schrecklich, dass es so etwas gegeben hat.


    Meisterhaft hat es die Autorin geschafft, die Szenen immer im richtigen Moment zu wechseln, sowohl Nane, als auch den Leser aus der Vergangenheit, auftauchen zu lassen und sich der Gegenwart zuzuwenden. Dieser Handlungsstrang war zwar auch nicht immer einfach zu lesen, denn auch Nane hat einiges zu bewältigen. Trotz der vielen Ereignisse und Schrecken gelingt es der Autorin auch wieder Hoffnung durchklingen zu lassen. Mir hat gut gefallen wie Brigitte Riebe hier ihre Geschichte erzählt hat. Ihr ist die Verbindung der Gegenwart mit der Vergangenheit wunderbar gelungen. Gerade die Pausen in der Vergangenheit haben mir gut gefallen. So konnte man beim Lesen Luft holen und genau wie Nane einmal durchatmen, bevor es weiterging. Auch das Verbinden der Vergangenheit mit der Gegenwart ist gelungen. Erst so nach und nach enthüllt sich die Vergangenheit und das ganze Schicksal der Familie kommt zu Tage. Die einzelnen Protagonisten hat die Autorin wunderbar gezeichnet und lebendig werden lassen. Für mich war der Roman stimmig, ich habe Marlenes Geheimnis gern gelesen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Inhalt:
    Nach dem Tod von Eva Auberlin machen sich ihre jüngste Tochter Viktoria und ihre Enkelin Christiane auf den Weg zum Bodensee. Der kleine Ort am Bodensee weckt viele Erinnerungen in Nane, die sich immer wieder Vorwürfe macht zu selten ihre Großmutter besucht zu haben. Nun ist es zu spät. Alles was ihr noch bleibt ist die Erinnerung und ihr Vermächtnis.
    Eva hat ihrer Enkeltochter ihre Geschichte hinterlassen. In einem kleinen roten Büchlein hat sie fein säuberlich notiert, wie sie einst in Reichenbach aufgewachsen ist, wie ihr Vater, eigentlich Apotheker, nebenbei das Brennen beherrschte und wie ihre Mutter, einst die große Sängerin, ihre Trauer um das Karriereende im Alkohol ertrank.
    Doch nicht nur das Leben von Eva breitet sich vor Nane aus. Sie erfährt viel über die Menschen von damals und muss einmal mehr erkennen, dass ihre Großmutter ein ganz besonders wunderbarer Mensch war. Nicht nur für ihre Familie, auch für andere.


    Im Ort begegnet Nane ihrem Jugendfreund Simon. Sein Großvater, ein verschlossener und furchteinflößender Mann, ist nur kurz vor Eva verstorben und auch seine Kinder sind dabei sein Erbe zu sichten und zu ordnen.
    Mit den Dokumenten und der endlosen Masse an Erinnerungen überfordert, bittet er schließlich Nane ihm zu helfen. Widerwillig lässt sich Nane für die Arbeit einspannen, doch Simon hat einen Köder. Denn im Nachlass von Hermann Bentele finden sich Ohrringe, die dieser einst für eine Frau angefertigt hat - für Eva Auberlin.


    Nane, mit ihrem eigenen Leben völlig überfordert hat nun gleich mehrere Probleme: da wäre die kleine Hündin, die sie auf dem Weg am Straßenrand aufgelesen hat und der ihr Herz nun gehört; dann der ewige Streit zwischen ihrer Mutter Viktoria und deren Schwester Marlene; Evas Aufzeichnungen über ihr Leben und nun auch noch die Notizen von Hermann Bentele, die in Sütterlin geschrieben und somit für sie kaum lesbar sind. Der einzige Lichtblick ist Dr. Rossi. Der charmante Tierarzt hat Nanes Herz im Sturm erobert, auch wenn dies weder die richtige Zeit noch der richtige Ort war um sich über Männer in ihrem Leben Gedanken zu machen. Und eigentlich ist Dr. Rossi doch schwul, oder?


    Während sie immer weiter in der Vergangenheit abtaucht und Evas Leben begleitet, scheint ihr eigenes Leben endlich ruhiger zu werden. Die Zeit bei Marlene tut gut und auch die kleine Hündin scheint alles daran zu setzen, dass Nane für einen Augenblick ihren Stress und ihre Sorgen vergisst.
    Ob sie sich eines Tages trauen wird über ihr Versagen zu sprechen? Wann wäre der Zeitpunkt besser als jetzt? Doch Nane hat Angst. Angst vor Marlenes Reaktion und ihrer eigenen Courage. Was sie dann in Evas Aufzeichnungen entdeckt macht es ihr beinahe unmöglich ihrer Tante gegenüber normal zu bleiben. Darf sie Marlene auf ihre Vergangenheit ansprechen?


    Meinung:
    Der neue Roman von Brigitte Riebe fesselt den Leser auf zwei Zeitschienen. Wir beginnen im Hier und Jetzt mit Nane, die auf dem Weg zur Beerdigung ihrer Großmutter Eva auch zum Teil vor sich selbst wegläuft.
    Die zweite Zeitschiene beginnt 1938, kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges und erzählt Evas Leben. Beide Erzählstränge wechseln sich ab, was trotz des häufigen Wechsels nie verwirrend ist.


    Eva ist ein starker Charakter, der schon früh lernen muss auf sich selbst und ihre Familie aufzupassen. Natürlich hatten wir alle Geschichtsunterricht und kennen zu einem Teil die Vergangenheit, aber durch Evas Geschichte wird es erst lebendig. Viele, die damals schon gelebt haben, wollen darüber heute nicht mehr sprechen. Zu grausam waren Krieg und Elend. So hat auch Eva erst nach ihrem Tod ihre Vergangenheit preis gegeben.
    Christiane erfährt von den Strapazen der Nachkriegszeit, von Verlust und Trauer nur durch Evas Aufzeichnungen und lernt so auch ein Stück von sich selbst. Das hilft ihr, auf ihr eigenes Leben zu blicken und könnte ihr so helfen wieder Fuß zu fassen.


    Auch und gerade über Marlene lernt der Leser viel. So einfach wie es am Anfang schien ist es nicht und das große Geheimnis um Marlene liegt in Evas Aufzeichnungen. Was sie mir am Anfang übrigens nicht sympathischer machte. Die ewige Anzickerei mit ihrer Schwester habe ich bis zum Schluss nicht verstanden
    Christiane ist sympathisch, ein wenig grau, aber mit großem Potenzial. Ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte ist gut und nachvollziehbar. So macht es Spaß sich auf beide Hauptcharaktere einzulassen.


    Das Buch fesselt und ziemlich schnell sind eine ganze Handvoll Seiten weggelesen, während man wissen will wie der nächste Abschnitt enden wird.
    Sicherlich ist 'Marlenes Geheimnis' ein Buch das zum Nachdenken anregt und vielleicht so manchen dazu bringt in sich zu gehen und zu entscheiden, was wirklich wichtig ist im Leben.


    Fazit: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Zum Buch:
    Auf dem Cover ziert ein wunderschönes Bild vom Bodensee, der von einem höher gelegenem Weg aus betrachtet werden kann. Die Frau auf dem Weg, mit ihrem Fahrrad, passt perfekt ins Bild und zum Inhalt der Geschichte. Eine ansprechende Gestaltung, die mir direkt ins Auge gefallen ist.


    Erster Satz:
    "Endlich war sie wieder am See."


    Meine Meinung:
    Die Autorin Brigitte Riebe war mir bereits ein Begriff durch viele ihrer erfolgreichen Veröffentlichungen. "Marlenes Geheimnis" ist mein erstes Buch, was ich von der Schriftstellerin gelesen habe und ich kann mit Garantie sagen, es werden noch weitere folgen.


    Als Nane informiert wird, dass ihre Großmutter Eva verstorben ist, reist sie an den Bodensee, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Dort angekommen, wird ihr das Tagebuch von Eva ausgehändigt und Nane beginnt in ihren Aufzeichnungen zu lesen.
    Dabei lernt sie Eva von einer anderen Seite kennen und erfährt Dinge, die sonst keiner wusste. Neben der Reise in die Vergangenheit gibt es Streitigkeiten zwischen ihrer Mutter Vicky und ihrer Tante Marlene, und Nane fängt an sich Gedanken um ihr Leben zu machen. Sie fällt eine Entscheidung und hat schlussendlich die Aufgabe, das Geheimnis von Marlene ans Tageslicht zu bringen. Was ist damals passiert und wie wird Nane`s Zukunft aussehen?


    Brigitte Riebe hat mich mit ihrem flüssigzulesenden Schreibstil gefangen genommen. Mit viel Einfühlungsvermögen führte sie mich an die Geschichte heran und verlor dabei zu keiner Zeit den Faden, der mich mit Hingabe und Spannung erfüllte.
    Der Roman lief dabei wie in einem Film vor meinem inneren Auge ab, was mir unglaublich gefallen hat.


    Geschrieben ist die Erzählung in der Gegenwart und in der Vergangenheit aus den Sichten von Nane und Eva. Dabei befand ich mich kurz vor dem Zweiten Weltkrieg bis einige Zeit danach. Ich lernte Eva kennen, die von ihrer Flucht aus ihrer Heimat dem Sudetenland, ihrer großen Liebe und ihrem Neuanfang am Bodensee erzählt.
    Anfänglich fühlte ich mich in der Gegenwart bei Nane am Wohlsten, doch schon bald wendete sich das Blatt und ich konnte es kaum erwarten, mehr von Eva zu erfahren. Die Zeit von 1938 bis 1952 waren aufregend und vorbildlich recherchiert. Ich zog jedes Detail aus der Zeit in mir auf, wie ein ausgetrockneter Schwamm. Und das, obwohl ich normalerweise kaum Bücher lese, die mir zu ausgiebig ins Geschichtliche gehen. Doch hier, habe ich Gefallen daran gefunden.


    Die Protagonisten habe ich alle gemocht und sie zeigten sich facettenreich. Sogar Hermann Bentele, der mir zu Beginn nicht gerade sympathisch war, stimmte mich nachdenklich. Er schaffte es meine anfängliche Abneigung ablegte.


    Die Story durchlebte ich mit vielen verschiedenen Emotion, die mich beim Lesen begleiteten. Es gab Szenen, in denen mein Herz vor Schreck erstarrte und ich kurz Innehalten musste, um danach gebannt weiterzulesen. Ich freute mich mit den Charakteren, oder bekam vor Rührung oder Trauer eine Gänsehaut und einen dicken Kloß im Hals. Es war alles dabei und dafür danke ich Brigitte Riebe.


    Am Ende zogen sich alle Erzählstränge schlüssig zusammen und das langgehütete Geheimnis, was der Leser bereits kennt, wird gelüftet. Die Aufklärung, verlief meiner Meinung nach, etwas zu ruhig und kurz ab. Trotzdem bin ich mit dem Schluss zufrieden und trennte mich nur ungern von der Geschichte, die ich in nur kurzer Zeit lieben gelernt habe.
    Fazit:


    "Marlenes Geheimnis" erzählt eine packende Familiengeschichte in der heutigen Zeit und zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Ein absoluter Lesegenuss mit Höhen und Tiefen, den man einfach gelesen haben muss. ~ facettenreiche Charaktere ~ mitfiebern bis zur letzten Seite ~ ein historischer Roman mit Herz und Leidenschaft geschrieben.


    Meine Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • DIE VERTREIBUNG EVAS AUS IHREM PARADIES
    Drei Frauen, drei Generationen und ein Geflecht aus Lügen. Ein bewegender Roman über ein Familienschicksal vor der reizvollen Kulisse des Bodensees. So wird das Buch vom Verlag Diana angekündigt.
    Was für eine wunderbar geschriebene Geschichte! Sofort war ich mittendrin im Geschehen. Das ist ein packendes Familienschicksal über drei Generationen, beginnend mit den Kriegsjahren im Sudetenland und den Folgen der Vertreibung. Das Thema hatte mich sofort im Griff. Ich konnte mich dem warmherzigen Schreibstil nicht entziehen.
    Die Autorin Brigitte Riebe, der ersten Nachkriegsgeneration zugehörig, schrieb stellvertretend für die unsagbar vielen Betroffenen die gefährliche Zeit der Flucht und die Lebensgeschichte der fiktiven Eva Menzel auf.
    Die Erzählung erfolgt auf zwei Ebenen, einmal in der Gegenwart um die Enkelin Christiane, genannt Nane, und zum anderen in der Vergangenheit um Eva. Die beiden Ebenen sind gleich intensiv und es ist sehr wichtig - (so finde ich) - auch "zwischen den Zeilen zu lesen". Der geschickte Wechsel zwischen den Zeiten erfolgt zum Ende der Kapitel jeweils auf dem höchsten Level der Spannung.
    Eva, die deutsche Apothekerstochter aus dem nordböhmischen Reichenberg (jetzt: Liberec) führte ein sorgloses Leben in einem liebevollen, wohlsituierten Elternhaus. Das junge Mädchen lernte einen Beruf, ging zur Arbeit, hatte Hobbys, verliebte sich in einen jungen Tschechen. Scheinbar alles ganz normal, sollte man meinen. Durch die Kriegsjahre mussten alle Menschen Abstriche in ihrer Lebensführung hinnehmen. Jedoch ganz schlimm wurde es 1942 nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich, mit den furchtbaren Vergeltungsmaßnahmen und der Auslöschung des Dorfes Lidice. Das Verhalten und der Umgang zwischen der deutschen und tschechischen Bevölkerung veränderte sich radikal. Die vorherige scheinbare Normalität wandelte sich in die negativsten Erscheinungsformen, Hassgefühle, Verachtung, Demütigung, Geringschätzung bis hin zu Gewalt und Mord. Das Unheil bricht massiv über die deutsche Bevölkerung herein, was schließlich in der Vertreibung gipfelt... Die bedauernswerten Menschen! Die armen Kinderseelen! Wie tief sich die Ereignisse ins Bewußtsein/Unterbewußtsein graben hat die Autorin bei Marlene, der Tante von Nane, ergreifend beschrieben. Allerdings spreche ich den Leser hiermit direkt an, sich bestimmte Dinge vorzustellen. Alles kann man nicht schreiben.
    Angenehm fiel mir auf, dass die Autorin nie den symbolischen Zeigefinger erhebt, sie läßt die Situationen und die Menschen und ihr Verhalten für sich sprechen.
    Die Hauptpersonen Eva, Marlene, Viktoria, Christiane (Nane) sind ganz unterschiedliche, aber starke Persönlichkeiten. Doch auch die anderen Personen im Roman fallen auf durch jeweils lebhafte, bildliche Charakterisierung. Ich konnte sie mir gut vorstellen. Es wird keine Schwarz/Weiß-Malerei betrieben. Die Kraft der Worte weiß Brigitte Riebe in außergewöhnlicher Weise einzusetzen, ohne in Sentimentalität oder Rührseligkeit abzugleiten.
    „Marlenes Geheimnis“ ist für mich ein zeitgeschichtlich wichtiges Werk über eine brisante Zeit und realistischer Geschichtsunterricht. Die finsterste deutsche Geschichte wurde in einen ausnehmend gut und unterhaltend erzählten Roman gepackt.
    Ich verstehe dieses Buch als Mahnung an uns Nachgeborene. Das Wissen um die Vorgänge in der Zeit des Deutschen Reiches muss wach gehalten werden. So etwas darf niemals wieder passieren. Ich möchte Bertolt Brecht zitieren:
    „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
    Das Ende des Buches ist auch ganz großartig, so voller Optimismus und Zuversicht und im harmonischen Einklang mit den Auberlin-Frauen und der Bentele-Familie. Einfach wunderschön. Sehr freue ich mich auf baldigen neuen Lesegenuß von Brigitte Riebe.
    Ich vergebe sehr gern fünf von fünf Lesesternen und meine Lese-/Kaufempfehlung! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Brigitte Riebe - Marlenes Geheimnis

    Brigitte Riebe hat mich bisher mit allen Romanen, die sie unter ihrem Namen (nicht als frauenromanschreibendes Pseudonym:wink:) geschrieben hat, überzeugt, so auch mit "Marlenes Geheimnis".

    Dem auf zwei Zeitebenen (1938 bis 1953 und in der Gegenwart) erzählten Roman merkt man an, dass eine promovierte Historikerin ihn verfasst hat.

    Der in der Gegenwart angesiedelte Handlungsstrang schildert, wie Nane (Christiane) Auberlin, eine unter Burn Out oder einer Sinnkrise leidende Pharmavertreterin, sich zur Beerdigung ihrer Großmutter Eva Auberlin, Seniorchefin einer florierenden Schnapsbrennerei, begibt. Ihre Tante Marlene übergibt ihr ein Tagebuch, in dem Eva über ihre Kindheit und Jugend berichtet und das sie ihrer Enkelin hinterlassen hat. Die gegenwärtige Handlung ist nicht übermäßig spektakulär und beinhaltet als den eigentlich wichtigen Kern des Romans das Tagebuch von Eva, d.h. immer wenn Nane sich in ihr Zimmer zurückzieht, beschäftigt sie sich mit dem Tagebuch - und dieser Handlungsstrang ist unglaublich fesselnd. Hier werden das unheilvolle Treiben der Nationalsozialisten und der zweite Weltkrieg aus der Perspektive von Deutschen in der Tschechei, also aus einer eher ungewohnten Perspektive, geschildert. Besonders für Menschen, die zwar Deutsche aber auch Gegner der Nationalsozialisten waren, war die Lage prekär. Unter deutscher Verwaltung hatten sie mit Repressalien zu rechnen, vor allem, wenn sie nicht Parteimitglied werden wollten oder mit Tschechen befreundet/ liiert waren. Nachdem die Deutschen anlässlich des Attentats auf den SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich brutalste Rache an den Tschechen nahmen, waren sie nachvollziehbarerweise extrem verhasst. Deshalb kam auf diese Bevölkerungsgruppe nach dem Ende des Krieges die Vertreibung aus ihrer Heimat zu. Am Beispiel von Eva, ihrer Mutter, ihrer Freundin Molly und der kleinen Marlene wird die desolate Lage der Flüchtlinge sehr eindrucksvoll beschrieben.

    Anhand des Tagebuchs wird der Leser Zeuge, wie Eva sich nach mehreren traumatischen Verlusten ein neues Leben in der Fremde aufbauen muss.

    Die gut recherchierten Fakten über die Situation der Heimatvertriebenen werden durch wissenswerte Informationen zur Schnapsherstellung (Obstbrände) ergänzt, auch diese Passagen sind sehr interessant.

    Der Aspekt der Handlung, der sich mit Evas Mutter Vicky beschäftigt, ist ein wenig zu kurz geraten und das Tagebuch des Hermann Bentele erscheint mir ein bisschen unglaubwürdig. So wie dieser Mann als sehr selbstbewusster, egozentrischer Draufgänger beschrieben wird, passen seine selbstreflektierenden Aufzeichnungen nicht wirklich zu ihm. Die Charakterisierungen der übrigen Romanfiguren ist gründlich ausgearbeitet, stimmig und damit sehr gelungen.

    :arrow:"Marlenes Geheimnis" ist ein gut-recherchierter, komplexer Roman um die Geschichte einer Familie vor dem Hintergrund der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der anschließenden Heimatvertreibung von Deutschen aus der Tschechei, sehr lesenswert!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Die Pharmareferentin Christiane Auberlin, genannt Nane, fährt zur Beerdigung ihrer Großmutter Eva nach Rickenbach am Bodensee. Dort ist die Sudetendeutsche nach dem 2. Weltkrieg als Flüchtling gestrandet, hat geheiratet und sich eine neue Existenz aufgebaut.

    Während Nanes Mutter Viktoria, die sich mit ihrer älteren Schwester Marlene nicht besonders gut versteht, gleich wieder die Heimreise antritt, möchte Nane ihren Urlaub unbedingt bei der Tante verbringen. Ihr Job belastet sie so sehr, dass sich bereits erste Anzeichen eines Burnout-Syndroms bemerkbar machen. Deshalb will Nane die Auszeit in Rickenbach nutzen, um sich über ihre weiteren Zukunftspläne klar zu werden.

    Nicht zuletzt wäre auch der Tierarzt Fabio Rossi, der sich um Nanes Findlingshund kümmert, ein Grund, Rickenbach nicht so bald wieder zu verlassen.


    Brigitte Riebe hat ihren Roman auf zwei Zeitebenen angesiedelt, wobei die gegenwärtige mit Evas Tod beginnt. Für ihre Enkelin Nane hat sie ihre Geschichte aufgeschrieben, und diese führt als zweiter Handlungsstrang in die Zeit des 2. Weltkrieges.

    Über Flucht und Vertreibung weiß die Autorin recht eindrucksvoll zu erzählen, weshalb ich diesen Teil der Geschichte auch lieber gelesen habe als den in der Gegenwart spielenden.

    Obwohl ich derart konstruierte Romane sehr gerne mag, konnte mich diese Geschichte nicht so richtig begeistern. Weder Nane noch ihre Tante Marlene sind mir besonders ans Herz gewachsen. Der Autorin ist es leider nicht gelungen, sie mir als interessante Persönlichkeiten nahezubringen, an deren Schicksal ich regen Anteil hätte nehmen wollen. Marlene hatte sehr traumatische Kindheitserlebnisse, doch erfährt man nichts darüber, wie sie ihr Leben als Erwachsene gemeistert hat.

    Weiters hat mir gar nicht gefallen, dass der Rickenbacher Hermann Bentele, der von Anfang an eine Auge auf Eva geworfen hatte, seine Gefühle derart offen in einem Tagebuch festhält. Meiner Meinung nach passt das überhaupt nicht zu einem Mann dieser Generation, in der über sexuelle Gelüste und Phantasien kaum im Vertrauen gesprochen, geschweige denn geschrieben wurde. Dieser Part wäre aus einer neutralen Erzählperspektive wohl glaubwürdiger ausgefallen, und hätte sich nicht im Nachlass Benteles finden dürfen.

    Auf dramatische Wendungen, die zur Aufdeckung großer Geheimnisse geführt hätten, habe ich ebenfalls vergeblich gewartet. Den Teil, der in der Gegenwart spielt, fand ich zeitweise sogar ein wenig langweilig.

    Leider vermochte mich der Roman nicht sonderlich zu berühren, die Protagonisten sowohl aus der Gegenwart als auch diejenigen aus der Vergangenheit sind mir allesamt fremd und fern geblieben.

    Sowohl inhaltlich als auch sprachlich konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Es gab niemanden, der mich besonders angesprochen hätte, mit dem ich mitfühlen und mitleiden konnte. Den Stil fand ich ebenfalls nicht mitreißend, weshalb das Buch wohl keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wird.


    Unaufgeregte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Versuche nichts zu verbergen, denn die Zeit, die alles hört und sieht, deckt es doch auf." (Sophokles)
    Nach Kriegsende muss die junge, schwangere Eva Sudetenland, der jetzigen Tschechoslowakei verlassen, wie viele andere ebenso. Durch Umwege kommt sie zusammen mit Marlene (Leni) an ihrer Seite am Bodensee an. Wie die anderen Vertriebenen findet sie Obhut und so kommen die beiden bei Toni Auberlin einem Obstbauern aus Rickenbach unter. Die Apfelplantagen und das Brennen von Schnaps war ja schon immer Evas große Leidenschaft, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte. So bleibt es auch nicht aus, das aus der kleinen Schnapsbrennerei recht schnell ein florierender Betrieb wurde.

    Viele Jahre später führt Marlene Auberlin den Betrieb nach Evas Tod weiter. Zur Beerdigung von Eva kommt nicht nur ihre Schwester Vicky, sondern auch deren Tochter Christiane (Nane) zu ihr. Im Nachlass ihre Großmutter Eva findet Nane dann Aufschriebe aus der Vergangenheit. Da sie nach einer Krise körperlich angeschlagen ist bleibt sie weiter bei Marlene. Beim Lesen der Tagebücher taucht sie immer mehr in die Vergangenheit ihrer Großmutter ein, bis ein lang gehütetes Geheimnisse zu tage kommen.


    Meine Meinung:
    Das herrliche Cover mit dem Blick auf den Bodensee, der Klappentext und die vielen schönen Rezensionen hatten mich auf dieses Buch aufmerksam gemacht. Obwohl ich die Autorin bis dahin nicht kannte, war ich sofort von ihrem Schreibstil angetan. Die beiden Handlungsstränge die immer wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her springen machten mich zusehends neugieriger. Auch wenn ich nach und nach etwas vermutete, erfuhr ich erst am Ende des Buches das ganze Ausmaß der damaligen Geschehnisse. Im Plot ging es um die Nachkriegszeit, Vertreibung, Liebe und natürlich um das Geheimnis. Doch es blieb nicht bei einem Geheimnis, den auch der verstorbene Nachbar hatte Geheimnisse, die es zu entdecken gab. Die Zeit der Vertreibung und wie sich Eva zusammen mit ihrer Freundin Molly und der kleinen Leni durchschlagen mussten, hat mich am meisten fasziniert. Ich denke das die Autorin das sehr gut recherchiert hatte, wen sie es nicht sogar aus der eigene familiären Vergangenheit her wusste. Dass es die Menschen auch damals nicht leicht hatten, obwohl sie Deutsche und keine Migranten waren, hat mich schon sehr bewegt und aufgewühlt. Die Charaktere sind ebenfalls bis auf wenige Ausnahmen sehr herzlich dargestellt und ausgedacht. Natürlich gefiel mir am besten Nane, sie hatte eine ganz besondere natürliche sympathische Art. Nach einem Hörsturz wollte sie nun ihr Leben neu überdenken, was sicher ganz gut für sie war. Da kam die Auszeit bei ihrer Tante Marlene gerade zur rechten Zeit. Marlene wirkte auf mich, wie eine Frau, die viel durchgemacht hatte, man merkte, dass sie schon immer hart kämpfen musste und gut alleine zurechtkam. Von Vicky der Schwester und Nanes Mutter bekam man zu wenig mit, als das ich sie groß hier beschreiben möchte. Traurig fand ich nur, das am Anfang die Familie so entzweit war, zum Glück änderte sich das ja am Ende. Sympathisch war mir auch sofort der Tierarzt Fabio Rossi und sein Mitbewohner Brian. Niedlich war auch das Einflechten in die Geschichte von Souki dem Hund den Nane unterwegs fand, es machte das ganze noch etwas lockerer und herzlicher. Ein bemerkenswertes Buch über die Vertreibung der Sudetendeutschen, gepaart mit einer netten Liebesgeschichte, die von mir 5 von 5 Sterne bekommt.
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