Franz Hohler - Die dritte Kolonne

  • Autor: Franz Hohler
    Titel: Die dritte Kolonne, uraufgeführt im Oktober 1979 in der Badener „Claque“, Schweiz
    Seiten: 131 Seiten in 25 Szenen
    Verlag: Pro Mente Sana
    ISBN: B002VC2JCM


    Der Autor:
    Der Schweizer Kabarettist, Schriftsteller und Liedermacher Franz Hohler wurde 1943 in Biel geboren, studierte Germanistik und Romanistik in Zürich, wo er heute noch lebt. Sein vielfach ausgezeichnetes Werk umfasst Kabarettprogramme, Theaterstücke, Film- und Fernsehproduktionen, Romane, Kinderbücher und Kurzgeschichten.


    Inhalt und Meinung:
    Die dritte Kolonne ist ein Theaterstück für zwei Frauen und eine Gegensprechanlage. Es wurde erstmals am 15. Oktober 1979 in Baden aufgeführt.
    Pro Mente Sana ist eine Schweizer Stiftung, die sich für psychisch beeinträchtige Menschen in der Schweiz einsetzt. Als Franz Hohler Ende der 1970er Jahre von der Stiftung angesprochen wurde, ob er sie mit einem Text unterstützen könne, übergab er dieses Stück, das „die Stimmung von Leuten zeigt, die psychisch krank sind, oder kurz davor sind, es zu werden“ (Zitat Hohlers)


    Zwei namenlose Frauen, ein ältere, langgediente, sowie eine jüngere, soeben in der Einarbeitung, arbeiten in einem Versandlager eines Pharmaverteilers. Abgeschottet von der Umwelt, in einem Raum mit künstlichem Licht, Klimaanlage,und “akkustischen Raumeffekten“, lediglich mit einem männlichen Kollegen über eine Gegensprechanlage verbunden, erhalten die Damen über Formulare den Auftrag, Ware aus den Regalen zu holen und in einen Warenlift zu stellen. Die wesentliche Info dazu erhalten sie über die dritte Kolonne des Formulars, die beiden übrigen Spalten haben sie nicht zu interessieren.
    So vergehen die Tage. Die Jüngere wird von der Älteren angelernt, naheliegende Fragen bleiben zumeist unbeantwortet. Was man nicht direkt für die Arbeit benötigt, braucht man auch nicht zu wissen. Die Zusammenarbeit der beiden Damen führt zudem zu Missverständnissen, Verwechslungen und natürlich auch zu gegenseitigen Spannungen…
    Das Stück ist meiner Erfahrung nach recht beliebt bei Schultheatern und Kleinkunstbühnen. Das Thema einer anonymisierten Arbeitswelt, in der die Menschen nahezu versklavt in laborähnlichen Einrichtungen eintönige Arbeiten verrichten, und dabei eigenständiges Denken und Sozialleben unterdrücken sollen, war ja eine zeitlang ganz beliebt. (Und scheint es bei einigen Lehrern noch immer zu sein, wenn ich sehe, dass es auch dieses Jahr noch aufgeführt wird)
    Persönlich finde ich das Stück angenehm zu lesen, eine Aufführung zu sehen ist sicherlich besser. Das Thema hingegen finde ich persönlich etwas veraltet. Ende der siebziger Jahre hatte man die Befürchtung, dass Roboter und Computer die Arbeitsplätze wegnehmen, der arbeitende Mensch sich selbst unterdrückt, eintönige Arbeit einen frei denkenden Menschen verrückt werden muss. Ich denke, diese Grundängste hat man heute weniger. Globalisierung, ständige Erreichbarkeit, Überfluss an Informationen, etc sind wohl aktuellere Themen, wenn man die Arbeitswelt heute kritisch darstellen wollte. Daher: ganz nett als Zeitdokument, aber nicht mehr zeitgemäss.

    1. Verlag: Schweizerische Stiftung PRO MENTE SANA,Weinfelden/1/13/15 1984.