Amélie Nothomb - Töte mich / Le crime du comte Neville

  • Kurzbeschreibung (Verlagsseite)
    Die 17-jährige Tochter des Grafen Neville gibt Anlass zur Sorge. Eines Nachts läuft sie von zu Hause davon und wird im Wald halberfroren von einer Wahrsagerin aufgefunden. Als der Vater das Mädchen abholt, pro­phezeit ihm die Hellseherin, er werde demnächst einen Menschen töten. Die Tochter macht sich diese Weissagung zunutze. Sie versucht den Vater davon zu überzeugen, dass sie das perfekte Opfer ist. Ein Märchen voller böser Vorzeichen und doch mit einem Happy End.


    Zur Autorin (Verlagsseite)
    Amélie Nothomb, 1967 in Kobe, Japan, geboren, hat ihre Kindheit und Jugend als Tochter eines belgischen Diplomaten hauptsächlich in Fernost verbracht. Seit ihrer Jugend schreibt sie wie besessen. In Frankreich stürmt sie mit jedem neuen Buch die Bestsellerlisten und erreicht Millionenauflagen. Für ›Mit Staunen und Zittern‹ erhielt sie den Grand Prix de l’Académie française. Amélie Nothomb lebt in Paris und Brüssel.


    Meine Meinung
    Was ich bisher von Amélie Nothomb gelesen habe, ist mir als eigenwillig, aber auch als faszinierend in Erinnerung geblieben, und genauso ist es mir mit „Töte mich“ ergangen.


    Schauplatz und Personal muten märchenhaft an. Ein Schloss, ein etwas verschrobener Graf, der althergebrachten Prinzipien anhängt, eine (immer noch) schöne Gräfin, zwei überaus geratene Kinder … Gäbe es da nicht mit Sérieuse, dem Küken, noch ein „Problemkind“, und außerdem die bevorstehende Gartenparty, auf welcher der Graf zum letzten Mal sein einzigartiges Gastgebertalent ausleben will. Denn über allem hängt das Damoklesschwert der Insolvenz. Man wird das Familienschloss verkaufen müssen. Darüber grämt der Graf sich sehr und zu allem Übel gibt es auch noch diese Prophezeiung, er, der Graf, würde bei besagtem Gartenfest einen Gast töten. Diese absurd scheinende Bemerkung der Wahrsagerin lässt ihm keine Ruhe, raubt ihm den Schlaf und veranlasst ihn zu aberwitzigen Überlegungen.


    Das Ende kommt dann wie im Zeitraffer. Plötzlich und überraschend, letzteres allerdings nur auf den ersten Blick :wink: .


    Bizarre Szenen, groteske Dialoge und kluge Gedanken mischen sich zu einer manchmal haarsträubenden, aber auch interessant und vielschichtig konstruierten Geschichte. Ich finde Amélie Nothombs Romane unwiderstehlich, auch wenn ich „unterwegs“ vielleicht mal mit den Augen rolle, wenn es gar so abgedreht wird :roll: .


    Unwiderstehlich finde ich auch das Cover :love: !


    Der Titel „Töte mich“ passt nicht schlecht, aber der französische Titel erscheint mir ungleich subtiler: Le crime du comte Neville – in Anlehnung an die im Buch erwähnte Erzählung „Lord Arthur Saviles Verbrechen“ von Oscar Wilde, eine ähnlich absonderliche Geschichte.


    Auf der Verlagsseite findet sich ein Kommentar, der mir gut gefällt. Auf eine so kluge Formulierung käme ich jetzt selbst nicht, aber ich nehme an, man darf von dort zitieren, wenn man es entsprechend kenntlich macht:
    »In diesem Buch findet sich alles, was die besten Romane von Amélie Nothomb auszeichnet: Die Dialoge sind ein Pingpong voller Esprit, gespickt mit Aphorismen.«


    Françoise Dargent / Le Figaro, Paris

  • Danke Smoke!

    Und hier die französische Original-Ausgabe - die, mit dem coolen Titel 8) .

    Nicht nur cooler Titel, sondern fast immer auch die coole Selbstinszenierung von Amélie auf dem Original-Cover. Die ist selber schon ganz schön schräg...

  • Zitat von Smoke

    Sie ist das tatsächlich selbst, auf dem Cover, @Tom leo? 8)

    Ja, garantiert. Es genügt, mal einen oberflächlichen Blick auf die französischen Covers zu werfen:
    https://www.amazon.fr/s/ref=nb…ps&field-keywords=nothomb
    dann merkt man die Ähnlichkeit. Fast immer in Schwarz gekleidet, meist mit Hut, etwas auffällig maquilliert... Markenzeichen. Doch dahinter steht eine ganz feine Frau, sehr sensibel. Las noch desletzt hier in einer Zeitschrift ein Interview mit ihr, das echt sehr gut war. Sie beantwortet JEDEN Leserbrief eigenständig, was sie Stunden am Tag kostet...

  • "Es ist in der Tat notwendig, entweder in aller Öffentlichkeit zu töten oder zuzugeben, daß man sich nicht berechtigt fühlt zu töten." (Albert Camus)
    Als die 17-jährige Sérieuse sich eines Nachts aus dem Hause schleicht und davon läuft, wird sie halb erfroren von der Wahrsagerin Madame Portenduére gefunden. Diese ruft umgehend bei Sérieuses Eltern an und der Graf holt seine Tochter ab. Das Gespräch mit Madame Portenduére endet in dem sie dem Grafen voraussagt, dass er bei seinem nächsten großen Empfang einen Gast töten wird, aber alles gut ausgehen wird. Der Graf weist diese Prophezeiung erst weit von sich, da er der Frau nicht glaubt, aber die Worte lassen ihn nicht mehr los. Er überlegt, wen er töten könnte und welche Konsequenzen dies für ihn und seine Familie hätte. Doch da unterbreitet seine Tochter Sérieuse die merkt, wie ihr Vater leidet, das es das beste wäre, sie zu töten.


    Meine Meinung:
    Für mich war es das erste Buch von der Autorin Amélie Nothomb gewesen. Ich war erstaunt was für ein kurzes aber literarisches Meisterwerk sie hier dem Leser präsentiert. Durch Rückblenden macht der Leser erst noch eine Reise in die Vergangenheit des Grafen Neville. Man erlebt wie es dem Adel erging und was für Nöte die Familie damals erleiden musste. Unter anderem das die Garden Party auf Le Pluvier schon von jeher immer ein großes Ereignis war. Wir erleben aber auch den wunderbaren Dialog zwischen Vater und Tochter, der mich entsetzt und sehr erstaunt hat. Vor allem der Vorschlag der Tochter, die mit ihrem Leben unzufrieden ist und keinen besseren Ausweg findet, als das der Vater sie töten soll. Doch Amélie Nothomb hat für den Leser in dieser Art Märchen eine wunderbare Wendung mit eingeflochten, die mich sogar schmunzeln hat lassen. Wer in 110 Seiten so eine Geschichte schreibt, der ist eine wahre Meisterin der Wörter, Chapeau. Ich kann es nur jedem ans Herz legen, wer gerne ironische, makabere und spitzfindige Geschichten liebt, der sollte es lesen. Das Cover ist dagegen wieder sehr speziell, wie oft beim Diogenes Verlag. Von mir gibt es 5 von 5 Sterne für dieses grandiose Werk. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::thumleft::applause: