Klappentext von Amazon:
Mit geschlossenen Augen hätte Eva damals den Weg zu Pims Bauernhof radeln können. Sie könnte es heute noch, obwohl sie viele Jahre nicht in Bovenmeer gewesen ist. Hier wurde sie zwischen Rapsfeldern und Pferdekoppeln erwachsen. Hier liegt auch die Wurzel all ihrer aufgestauten Traurigkeit.
Dreizehn Jahre nach dem Sommer, an den sie nie wieder zu denken wagte, kehrt Eva zurück in ihr Dorf – mit einem großen Eisblock im Kofferraum.
Auf "Und es schmilzt" habe ich mich ungefähr ein Vierteljahr lang gefreut, seit ich es in der Vorschau entdeckt habe. Das ist doch endlich mal ein Klappentext, der ein Buch mit einer völlig neuen Hintergrundidee verspricht, das man so noch nie gelesen hat, und der sofort neugierig macht. Letzte Woche ist das Buch offiziell erschienen und ich habe es mir auch gleich geschnappt. Ich muss zwischendurch schon mal ein paar Eindrücke mit euch teilen und vielleicht kann ich euch ja neugierig auf das Buch machen.
Auf dem Schutzumschlag sind Zitate zur Originalausgabe abgedruckt. Da ist von "gnadenlos", "knallhart", "kompromisslos grausam" und "Dieses Buch packt Sie an der Kehle" die Rede. Nach 120 Seiten habe ich den Eindruck noch nicht, aber ich glaube, dass das Buch auf eine große Katastrophe zuläuft, auf eine gewaltige Explosion, dass die Autorin sich Zeit lässt, alles Stein für Stein aufzubauen, um dann alles zum Einsturz zu bringen. Und ich liebe das! Da scheint irgendetwas Düsteres über dem Buch zu schweben, es ist unglaublich atmosphärisch und man denkt, es ist zum Greifen nah, aber man kommt einfach nicht drauf.
Lize Spit beschreibt, wie sich eine junge Frau auf den Weg in ihr Heimatdorf macht und dabei von Erinnerungen überrollt wird. Verschiedene Teile der Strecke lösen verschiedene Erinnerungen aus. Die Handlung springt dementsprechend zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her, aber es fällt nicht schwer, sich zu orientieren. Der Handlungsstrang in der Gegenwart nimmt aktuell weniger Raum ein. Aber das ist sicherlich notwendig, um die große Explosion aufzubauen, deren Ursachen eindeutig in der Vergangenheit liegen. Das Buch erzählt von dem Leben im Dorf, von einer Familie mit drei Kindern, von Freundschaften, vom Schulalltag. Und das ist teilweise so harmlos, wie es sich jetzt vermutlich liest. Wäre da nicht die Tatsache, dass in jedem Absatz etwas Düsteres mitschwingt, etwas Bedrohliches über allem schwebt. Vor allem die Antwort auf eine Frage schwebt im Raum und ich bin wahnsinnig gespannt auf die Auflösung.
Und dann ist da natürlich noch der Eisblock, der im Kofferraum vor sich hin schmilzt. Hört ihr es tropfen?
Den Stil der Autorin würde ich auf jeden Fall mit dem Wort "intelligent" beschreiben. Und damit meine ich, wie viel sie mit wenigen Worten auszudrücken vermag. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie sie das schafft. Das Buch liest sich sehr angenehm, die Autorin hat einen schönen Erzählton, der nicht zu anspruchsvoll, aber auch nicht zu trivial ist. Sie schreibt recht schnörkellos. Das Augenmerkt liegt nicht auf der Beschreibung von Gefühlen oder der Handlungsumgebung. Das Augenmerk liegt auf den Charakteren, dem, was sie tun, dem, was sie sagen und wie sie es sagen.
Ich bin wahnsinnig gespannt, was ich auf den verbleibenden 400 Seiten erwartet und wann der Punkt kommt, an dem ich die Zitate auf dem Schutzumschlag nachvollziehen kann. Bis jetzt ist das Buch auf jeden Fall ein Highlight für mich.