Colson Whitehead - Underground Railroad

  • Erzählt wird die Geschichte von Cora, die als Sklavin auf der Baumwollplantage der Randalls in Georgia vor dem amerikanischen Bürgerkrieg lebt - wie schon ihre Mutter und Großmutter, die auf einem Sklavenschiff verschleppt wurde.
    Die Brüder Randall sind einfallsreich, was die Bestrafung ihres schwarzen Eigentums anbelangt. Schläge mit der neunschwänzigen Katze, das Abhacken der Füße, um eine Flucht zu verhindern, schrecken ab und sind an der Tagesordnung. Diese Unmenschlichkeit und die ständige Angst vor Bestrafung führen dazu, dass unter den Opfern kaum Solidarität herrscht.
    Cora, deren Mutter die Flucht wagte, will fort von dem harten Alltag und als sie von der Underground Railroad hört, wagt sie gemeinsam mit dem Sklaven Caesar die Flucht.
    Auf ihren verschiedenen Stationen lernt Cora, dass es unterschiedliche Arten der Unfreiheit gibt. In South Carolina ist sie laut den Papieren Eigentum der Regierung. Cora, die unter dem Namen Bessie als Hausmädchen arbeitet, erfährt, dass sie auch hier immer noch unfrei ist. Die vermeintliche Freiheit trügt.
    Auf ihrer zweiten Station in North Carolina, wo die Sklaverei abgeschafft wurde, will man sich der Schwarzen entledigen. Es herrscht Lynchjustiz,jeden Freitag wird öffentlich gehängt. Und es trifft nicht nur die Entlaufenen, auch die Helfer werden hart bestraft und müssen Angst vor Denunziation haben. Fluchthilfe wird zu einem gefährlichen Wagnis.
    Die Underground Railroad gab es wirklich und war ursprünglich ein informelles Netzwerk, das Sklaven auf der Flucht helfen sollte.
    Das Netzwerk benutzte Begriffe aus dem Bereich der Eisenbahn, um die Botschaften zu verschlüsseln und die Fluchtwilligen informieren zu können.
    Im Roman wird aus diesem Netzwerk eine wirkliche unterirdische Eisenbahn, die die Entlaufenen zu den unterschiedlichen Stationen bringt und ist das fantastische Element in diesem Buch. "Underground Railroad" erzählt amerikanische Geschichte, beleuchtet die Situation der Sklaven und deren Helfer. Rassismus und Rassentrennung sind leider auch heute noch ein aktuelles Thema.
    Colson Whitehead schreibt glaubwürdig und unaufdringlich. Sein Roman wurde mit dem Pulitzer Preis 2017 und den National Book Award ausgezeichnet.


    Wer mehr über die Underground Railroad erfahren möchte, kann dieses hier nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Underground_Railroad
    Eine wichtige Fluchthelferin war Harriet Tubman (ca 1820 - 1913), selbst eine ehemalige Sklavin, deren Flucht erfolgreich war. Sie kehrte unter dem Decknamen "Moses" immer wieder in die Südstaaten zurück, um anderen Sklaven behilflich zu sein. https://de.wikipedia.org/wiki/Harriet_Tubman


    Der Autor:
    Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion’s Fiction Award (2002) und war Stipendiat der MacArthur „Genius“ Fellowship. Für seinen Roman Underground Railroad, der im Sommer 2017 bei Hanser erscheint, wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet. Bei Hanser erschienen bisher John Henry Days (Roman, 2004), Der Koloß von New York (2005), Apex (Roman, 2007), Der letzte Sommer auf Long Island (Roman, 2011) und Zone One (Roman, 2014). Der Autor lebt in Brooklyn. (Quelle:Verlagsseite)

  • Ein sehr beeindruckendes Werk!


    Cora ist Sklavin in dritter Generation auf einer Baumwollplantage in Georgia. Ihre Mutter konnte fliehen, als Cora 10 Jahre alt war - sie wurde von ihr zurück gelassen. Das Leben auf einer solchen Plantage war von täglichen Entbehrungen und Qualen begleitet. Es brauchte keine Zäune, um die Sklaven einzusperren. Täglich wurde ihnen eingebläut, dass es ihr Verderben wäre, wenn sie versuchen zu flüchten. Die Strafen der wieder Eingefangenen waren mehr als drastisch und endeten in der Regel mit dem Tod. Schon ein falscher Blick zog Schläge nach sich und der Versuch lesen zu lernen konnte mit dem Verlust beider Augen enden.
    Als Cora 17 ist macht ihr ein Mitsklave das Angebot, mit ihm zusammen zu fliehen. Ihre anfängliche Weigerung ändert sich erst, nachdem sie bei einer Züchtigung halb tot geschlagen wird. Gemeinsam begeben sie sich auf die Flucht mithilfe der Underground Railroad (URR).


    URR war der Deckname einer Fluchthilfebewegung, die sich über die USA erstreckte, bis in die tiefsten Südstaaten, in denen Sklaverei zum guten Ton gehörte. In dem vorliegenden Roman, der immerhin den Pulitzerpreis 2017 erhielt, wurde aus diesem Netzwerk eine wirkliche Untergrundbahn, die sich durch Tunnelsysteme von Station zu Station fortbewegte und ihre verzweifelte Fracht in Sicherheit bringen sollte.
    So reist Cora durch mehrere US-Staaten um in Freiheit zu leben. Leider ist dies ein steiniger Weg, der sie so manches Mal an die Grenzen ihrer Existenz bringt.
    Wer sich auf dieses Buch einlässt, der muss einiges miterleben. Grausamkeiten, wie ich sie mir wirklich nicht vorstellen konnte. Manchmal stockte mir der Atem, was Menschen sich alles einfallen lassen, wenn sie von Hass erfüllt sind und vor allem: die entsprechende Macht und Legitimation besitzen. Besonders erschreckte mich, was ganz "normale" Menschen für einen Spaß haben können, wenn andere gequält und getötet werden. Das Wort Gnade oder Mitgefühl scheint für viele Menschen ein Fremdwort zu sein. Denn eines steht fest: Auch wenn es sich hier um eine fiktive Geschichte, eben einen Roman, handelt, so sind die dort beschriebenen Lebensumstände und Gräueltaten definitiv der Historie entnommen, also wirklich passiert und erduldet - nur an einem womöglich anderen Ort und zu einer abweichenden Zeit sowie anderen Personen. Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass sein Buch keinerlei Anspruch auf historische Genauigkeit erhebt.
    Erschreckend deutlich wird im Verlaufe des Buches, dass es zu jener Zeit eigentlich keinen wirklich sicheren Raum für Farbige in den USA gab. Es handelte sich immer nur um eine Verschnaufpause auf Zeit und leider zeigte sich mehr als einmal, wie trügerisch die scheinbar erlangte Freiheit war.


    Dieser Roman hat mich wirklich gefesselt und auch tief bewegt. Colson Whitehead bietet eine Geschichte in einem mitreißenden Schreibstil, die ich kaum aus der Hand legen konnte. Der Roman ist gegliedert in längere Kapitel unter den jeweiligen US-Staaten-Namen und in dazwischen liegende kürzere Kapitel, in denen er den Leser etwas über andere wichtige Personen des Buches erfahren lässt. Sie machen einen Blick außerhalb von Coras Blickfeld möglich und schaffen vor allem die Möglichkeit, auch nicht unmittelbar mit ihrem Schicksal verbundene und dennoch für den Autor wichtige Begebenheiten einfließen zu lassen. Ein für mich perfekter Aufbau!


    Underground Railroad bietet dem Leser die Möglichkeit, ein wichtiges und dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte zu erlesen. Dazu gehören natürlich nicht nur die Sklavenhalter und -treiber, sondern auch die Menschen, die ein Netzwerk wie URR erst möglich machten. Sie riskierten für jeden Flüchtling ihr Leben - auch das ihrer Familie. Unwillkürlich hofft man, dass solche Menschen doch bitte heute in der Überzahl sein mögen.


    Mein Dank an Colson Whitehead, der den Pulitzer-Preis ganz sicher verdient hat! Ich kann dieses Buch nur wärmstens jedem empfehlen der sich an etwas anspruchsvollerer Literatur versuchen mag.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Interessant, aber Emotionen kommen nicht an


    Ich hatte das Hörbuch - die Sprechstimme ist sehr angenehm zum zuhören mit einem passenden Sprechtempo. die Geschichte ist optimal als Hörbuch.
    Der Autor hat Cora mit einer starken Persönlichkeit ausgestattet und es war spannend ihren Erlebnissen zu lauschen.
    Jedoch ist es dem Erzähler nicht gelungen, die Emotionen (die ja doch in einer Geschichte dieser Form mitschwingen sollten) auch so rüberzubringen, dass sie bei mir ankommen. Das Buch war nett zum Hören und voller interessanter Informationen, aber der Emotionale Teil hat mir persönlich etwas gefehlt.

  • Wie immer ist @Conor für mich ein Garant für gute,Lektüre. Meine Onleihe hat das Buch, jedoch ich zögere immer noch den leider hat Zeit nur einen mässig guten Bericht darüber geschrieben.
    Danke jedoch für die weiteren Einschätzungen, ich werde es mir mal merken.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Meine Onleihe hat das Buch, jedoch ich zögere immer noch den leider hat Zeit nur einen mässig guten Bericht darüber geschrieben.

    Schade, dass man sich da anmelden muss, um den Bericht lesen zu können :-(
    Mir schwante jedoch schon vorher, dass es sicherlich Leute geben wird, die die Kombination von Historie und Fiktion ablehnen. Aber ich habe in diesem Fall keine Probleme damit, da der Autor explizit darauf hinweist. In meinem Leseexemplar ist ein entsprechendes Interview und ein Vorwort voran gesetzt - in der Standardausgabe scheint das nicht mehr enthalten zu sein, was ich bedaure. Es wird sicher genügend Leser geben, die denken, diese U-Bahn hätte es tatsächlich gegeben und die sich dann an der Nase herumgeführt fühlen.

  • Schade, dass man sich da anmelden muss, um den Bericht lesen zu können :-(



    Es wird sicher genügend Leser geben, die denken, diese U-Bahn hätte es tatsächlich gegeben und die sich dann an der Nase herumgeführt fühlen.

    ich habe dir den Bericht per PN geschickt.


    Zum Thema Eisenbahn , das kann man nachlesen Underground Railroad mit Karte.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Lieben Dank für deine PN :winken:
    Eine sehr interessante Sichtweise, auch wenn ich sie nicht teile.
    Definitiv solltest du dich davon aber nicht abhalten lassen ihn zu lesen. Zumal, wenn du ihn nur leihen möchtest und nicht kaufen. Dann kannst du ihn ja immer noch abbrechen und zurück geben, wenn er so gar nichts für dich ist.
    Es ist schließlich ein Roman und kein Sachbuch. Wer sich darauf einlassen kann, dass der genaue Ablauf eben nicht historisch präzise ist, sondern aus lauter kleinen historischen Einzelfakten und -schicksalen zusammengesetzt wurde, der kann einen wirklich hervorragenden und trotz allem auch aufklärenden Roman genießen.
    Dass es in Wahrheit keine reale Untergrundbahn war weißt du ja längst und ich fand gerade diese Umsetzung recht gelungen. Vor allem vermeidet dieser Trick zahlreiche Seiten, die sich sonst alleine mit der Streckenbewältigung beschäftigen müssten. In diesem Buch geht es aber m. E. wesentlich mehr um die Erfahrungen an vermeintlich sicheren Fluchtzielen und Zwischenstationen. Das wäre sonst tatsächlich ins Hintertreffen geraten.

  • Den Artikel kann ich leider nicht lesen (vielleicht sollte ich mich doch mal registrieren?!), aber laut den Kommentaren geht es wohl um die Fiktion und die Fakten.
    In diesem Artikel heißt es, dass Colson Whitehead nicht die Fakten, sondern die Wahrheit schreiben wollte.
    Und hier ebenfalls ein interessantes Interview.
    Mich persönlich hat dieser Kunstgriff nicht gestört und bedauere nur, dass dieses Vorwort und die Erklärung nur im Lesexemplar vorhanden sind.

  • Colson Whiteheads "Underground Railroad" hat mich extrem beeindruckt. Er
    erzählt die Geschichte von der Sklavin Cora, die auf einer Baumwoll
    Plantage in Georgia geboren wird. Ihre Mutter flüchtet als sie noch ein
    Kind ist, und Cora muss auf der Plantage fortan alleine für sich sorgen.
    Irgendwann fasst sie den Mut, ebenfalls wegzulassen. Sie verlässt
    gemeinsam mit Cäsar, ebenfalls ein Sklave, die Plantage. Ihr Ziel ist
    vor allem weg von der Plantage, weg von den Sklavenfängern, Richtung
    Norden, zu einem besseren Leben. Cora kommt durch verschiedenste
    Bundesstaaten, jedes mal wenn sie sich sicher fühlt muss sie jedoch
    wieder weglaufen. Unterwegs ist sie auf die Hilfe verschiedener Leute
    angewiesen. Doch wer einem Sklaven hilft wird ebenso bestraft wie ein
    Sklave der wegläuft...



    Colson Whitehead ist mit diesem Buch wirklich ein Meisterwerk
    gelungen. Er schafft es, dieses schwierige Thema von verschiedenen
    Seiten zu beleuchten. Ich war zuerst skeptisch, weil er den Underground
    Railroad tatsächlich als richtigen Zug darstellt, das hat mich beim
    Lesen jedoch nicht gestört. Ich kann dieses Buch jedem nur empfehlen!

  • Es scheint wohl wirklich eine Gesetzmässigkeit zu sein dass preisgekrönte Bücher und ich nicht kompatibel sind ^^
    In diesem Fall war es aber nicht der Schreibstil oder Ähnliches (dieser hat mir sogar gut gefallen) sondern mir war das Ganze einfach zu grausam. Und zu deprimierend.
    Solche Bücher brauche und möchte ich nicht. Und wenn ich merke wie ich mich innerlich sträube nach diesem Buch zu greifen dann stimmt da was nicht.
    Auch wenn man weiss, dass Sklaven wie Vieh behandelt worden sind und man mit Grausamkeiten rechnen muss wenn man zu einem Buch mit dieser Thematik greift, bin ich wohl einfach zu zartbesaitet um solch ein Buch zu lesen.
    Leider oder Gott sei Dank, das kann jeder deuten wie er mag. Das Buch geht nun wieder zurück in die Bibliothek, die Nachfolgebesteller werden sich freuen. Vielleicht ist das Buch mehr deren Sache als es die meine war.

  • Die Geschichte mit ihren Personen, (ich möchte das Wort Protagonisten hier vermeiden) beginnt sehr verhalten. Es ist fast mehr wie ein Bericht, nur unterschwellig wird angedeutet mir welcher Situation die Sklaven konfrontiert werden.
    Genau diese vermeintlich Distanz mit dem der Autor seinen Roman beginnt, ermöglicht es mir als Leser mich langsam an die Geschichte heranzutasten, die Menschen kennen zu lernen, etwas, was mir sehr wichtig ist.
    Die mangelnde Solidarität unter den Sklaven, welche Conor ebenfalls erwähnt, ist tatsächlich schwer zu begreifen, denn man würde doch annehmen dass Menschen welche alle in der gleichen misslichen Situation sind, mehr Zusammenhalt hätten.
    Die Brutalität der Weissen gegenüber den Afrikanern welche versklavt wurden, bewegt sich in Dimensionen welche man sich fast nicht vorstellen kann, dieses etwas zu besitzen und mit diesem Besitz machen können wie es gerade beliebt.
    Als Leser wird man im Verlauf der Geschichte mit den täglichen Grausamkeiten der Plantagenbesitzer gegenüber den Sklaven konfrontiert. Besonders die Sklaven welche versucht hatten zu fliehen, sind zu einem entsetzlichen Tode verurteilt wenn sie wieder eingefangen wurden. Erschütternd wenn man liest dass Menschen fähg waren, diesen Bestrafungen wie in einem Theater beizuwohnen.
    Es gibt jedoch ebenfalls Personen welche sich zwar Sklaven halten, diese allerdings Menschenwürdig behandeln. Dennoch die Hässlichkeit des Wortes Sklave macht eine anständige Behandlung nicht viel besser.


    Dass Cora wohl wissend was mit Afrikaner welche auf der Flucht erwischt wurden passiert, im ersten Moment ablehnt wie Caesar sie auffordert mitzugehen ist unter diesen Umständen begreiflich. Der Autor schreibt dazu ganz präzise, ich zitiere: Jeden Tag versuchte der weiße Mann, einen langsam umzubringen, und manchmal versuchte er auch, einen schnell umzubringen. Warum sollte man es ihm leichter machen? Wenigstens hier konnte man nein sagen.
    Das Leben, es ist schwierig dem Dasein der Sklaven auf den Farmen Leben zu nennen, diese Schilderungen wirken sehr aufwühlend, es sind Tatsachen, jedoch sehr schwer zu akzeptieren.


    Etwas irritiert bin ich, wie nun Cora und Caesar dennoch die Flucht ergreifen und Ihnen diese dank großzügiger Hilfe von Menschen mit einer humanen Gesinnung gelingt. Hier schlägt der Autor meiner Meinung nach, eine zu leichte Tonart an, man vergisst als Leser fast welchen qualvollen Ängsten die Sklaven sicherlich ausgesetzt waren auf ihrem Weg in die Freiheit. Ebenfalls wie wir Cora in South Carolina wieder begegnen, nichts lässt darauf schliessen wie mühsam es für sie sein muss, sie welche noch nie ausserhalb der Farm gewesen ist, sich in dieser lebhaften Umgebung zurecht zu finden. Natürlich erkennt man als Leser dass die Schrecken dessen was Cora erlebt hatte, immer noch in ihren Gedanken vorhanden sind, jedoch es ist Zuwenig. Somit leidet hier die Geschichte etwas und verliert an Ernsthaftigkeit.


    Sie gewinnt erst wieder an Dynamik wie Cora gezwungen wird Ihre Flucht fortzusetzen. Hier setzt der Autor an, was wirklich wichtig ist, dem Leser zu vermitteln, wie unsicher die Lage der Sklaven auf der Flucht war, welchen Strapazen sie ausgesetzt waren, und wie ihre gewonnene Freiheit mit Füssen getreten wurde. Wie Freiheit noch lange nicht bedeutete frei zu sein, keine Fesseln mehr zu tragen auch wenn diese nicht mehr sichtbar waren.


    Es ist nicht nur die Geschichte von Cora welche man als Leser miterlebt, es sind auch die Geschichten der Fluchthelfer welche unter ständigen Gefahren den Sklaven in die Freiheit verhalfen, immer mit der Angst erwischt zu werden und genauso drakonischen Strafen ausgesetzt wie die Sklaven. Eine schwierige Zeit in denen jeder ein Denunziant sein konnte, Nachbarn, Freunde sogar Familie.
    Wenn man die Geschichten der Patroullienreiter liest, welche Jagd auf Menschen machen, wird man mit den niedrigsten Instinkten welche der Mensch ins sich hat konfrontiert und dies sind nicht sehr angenehme Gedanken.


    Wie Diamondgirl schreibt ist es ein dunkles amerikanisches Kapitel, es ist eines der schwärzesten Kapitel des "weissen Mannes", welcher schon mit der "Eroberungen" der neuen Welt begann die Menschen zu versklaven. Es ist diese zynische Art wie der Weisse Mann dachte - alle diese Eroberungen würden ihm zustehen, diese Länder sowie deren Bewohner zu seinem Besitz zu erklären sei ihm bestimmt, sehr beschämend und in ihrer Ungeheuerlichkeit verabscheuungswürdig.


    Nun, die Sklaverei, mindestens in Amerika, ist zwar Vergangenheit, jedoch die Spirale des Rassismus dreht sich immer noch und man mag gar nicht in die Zukunft blicken, denn nichts deutet darauf hin dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird.


    Der Roman hat mich sehr beeindruckt, er bewegt und regt an mich mit etwas zu befassen, über etwas nachzudenken, etwas was für uns selbstverständlich ist, Freiheit ein Wert den wir als gegeben betrachten.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Als Leser wird man im Verlauf der Geschichte mit den täglichen Grausamkeiten der Plantagenbesitzer gegenüber den Sklaven konfrontiert. Besonders die Sklaven welche versucht hatten zu fliehen, sind zu einem entsetzlichen Tode verurteilt wenn sie wieder eingefangen wurden. Erschütternd wenn man liest dass Menschen fähg waren, diesen Bestrafungen wie in einem Theater beizuwohnen.

    Ja, die eine Szene war auch ein Grund für mich mit dieses Buch abzubrechen. Ich schreibe sie mal in den Spoiler.
    Vorsicht, nicht öffnen wenn man Grausamkeiten nicht ertragen kann.



    Das sind so Dinge die man imho so explizit hätte nicht schreiben müssen obwohl sie so oder ähnlich sicher passiert sind.

  • Ich denke schon, dass man dem Leser diese Grausamkeiten als Zeitzeugnis zumuten muss. Ich kann so etwas auch nur schwer aushalten, aber es gehört einfach dazu, wenn man sich mit dem Thema ehrlich auseinandersetzen will. :(


    Das Buch wurde übrigens im letzten Literaturclub besprochen. Ich möchte es auch demnächst lesen und schaue mal, wann es in meiner Bücherei wieder erhältlich ist.

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ich denke schon, dass man dem Leser diese Grausamkeiten als Zeitzeugnis zumuten muss. Ich kann so etwas auch nur schwer aushalten, aber es gehört einfach dazu, wenn man sich mit dem Thema ehrlich auseinandersetzen will.

    Das sehe ich anders aber das ist sicher wirklich Ansichtssache. Wenn solche Szenen bei Lesern zum Abbruch des Buches führen ist das sicher auch nicht im Interesse des Autors, oder ?

  • ch denke schon, dass man dem Leser diese Grausamkeiten als Zeitzeugnis zumuten muss. Ich kann so etwas auch nur schwer aushalten, aber es gehört einfach dazu, wenn man sich mit dem Thema ehrlich auseinandersetzen will.

    Teilweise ist es echt schwierig zu lesen, das machte mir ebenfalls Mühe, jedoch wenn bedenkt dass der Autor beabsichtigte, das Kapitel Sklaverei mit diesem Roman wieder in Erinnerung zu rufen, muss unweigerlich über diese Grausamkeiten berichtet werden.
    Zudem, wie uns die Geschichte lehrt gab es noch viele Jahre, trotz der Abschaffung der Sklaverei Übergiffe auf die schwarze Bevölkerung mit einer Lynchjustiz wobei gefoltert und getötet wurde.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Ja, die eine Szene war auch ein Grund für mich mit dieses Buch abzubrechen. Ich schreibe sie mal in den Spoiler.
    Vorsicht, nicht öffnen wenn man Grausamkeiten nicht ertragen kann.

    Ich fand das auch die fürchterlichste Stelle des ganzen Buches - von meiner eigenen Vorstellungskraft in Gang gesetzt, wohlgemerkt. Denn diese Stelle ist absolut sachlich, keine übertriebene Gefühlshascherei, kein Voyeurismus, keine übertrieben detailreiche Schilderung. Nur mit dem nötigsten Informationswert - denn es ging ja an dieser Stelle durchaus darum darzustellen, welche Behandlung sich ein krankes Hirn ausdenken kann - und aus einer wohlgewählten Distanz heraus geschildert.
    Genau das machte solche Sequenzen für mich überhaupt lesbar und sogar gut erträglich. Das ist das, was ich bei Lize Spit eben nicht wahrnehmen konnte, wo die Grausamkeiten haarklein ausgewalzt wurden. In deiner zitierten Stelle ist in 3,5 Zeilen ein Martyrium von insgesamt mehreren Tagen sachlich und knapp beschrieben - bei Spit werden vll. 15 Minuten Geschehen über 10 Seiten bis ins kleinste Detail fast genüsslich ausgebreitet.

  • Ich fand das auch die fürchterlichste Stelle des ganzen Buches - von meiner eigenen Vorstellungskraft in Gang gesetzt, wohlgemerkt. Denn diese Stelle ist absolut sachlich, keine übertriebene Gefühlshascherei, kein Voyeurismus, keine übertrieben detailreiche Schilderung. Nur mit dem nötigsten Informationswert - denn es ging ja an dieser Stelle durchaus darum darzustellen, welche Behandlung sich ein krankes Hirn ausdenken kann - und aus einer wohlgewählten Distanz heraus geschildert.Genau das machte solche Sequenzen für mich überhaupt lesbar und sogar gut erträglich. Das ist das, was ich bei Lize Spit eben nicht wahrnehmen konnte, wo die Grausamkeiten haarklein ausgewalzt wurden. In deiner zitierten Stelle ist in 3,5 Zeilen ein Martyrium von insgesamt mehreren Tagen sachlich und knapp beschrieben - bei Spit werden vll. 15 Minuten Geschehen über 10 Seiten bis ins kleinste Detail fast genüsslich ausgebreitet.

    Ich kenne das Buch von Lize Split nicht, nehme jedoch an es ist fiktiv. Das ist eine wesentlicher Unterschied, hier in diesem Roman von Colson Whitehead wird der Leser mit Tatsachen konfrontiert, er kann sich vorstellen dass es noch viel mehr solche Grausamkeiten gab und sich damit auseinandersetzen ist etwas sehr schwieriges, denn es geht um reale Menschen und werde fast persönlich angesprochen.
    Hingegen bei Bücher wo der Leser weiss es ist nur Fiktion stört es ihn eigenartiger Weise viel weniger oder gar nicht, es sind schließlich nur Figuren in einem Roman. Das heisst er identifiziert sich nicht mit den Protagonisten und somit lesen sich solche Bücher leicht und flockig.
    Dennoch, ich wiederhole mich gerne, Underground Railroad konnte gar nicht geschrieben werden ohne das was mit den Sklaven passiert ist zu schildern, denn nur dadurch gewinnt der Roman an Authentizität.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter