Kanae Minato - Geständnisse / Kokuhaku

  • Kurzmeinung

    Sasori-701
    Abgrundtief fieser Thriller mit außergewöhnlicher Erzählstruktur.
  • Kurzmeinung

    Isabella1978
    Ziemlich abgedrehte Geschichte.
  • Inhalt
    Die vierjährige Tochter der Lehrerin Yuko Moriguchi ertrinkt im Schulschwimmbad, Moriguchi kündigt daraufhin ihre Stellung. Am letzten Schultag vor den Ferien eröffnet sie Ihrer Klasse die schockierende Wahrheit: Ihre Tochter Manami ist nicht durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen, sie wurde von zwei Schülern der Klasse ermordet. Mit diesem Wissen wird sie nicht zur Polizei gehen. Eine angemessene Bestrafung zweier 13-jähriger ist durch das Rechtssystem ohnehin nicht zu erwarten. Yuko Moriguchi nimmt eigenhändig Rache und setzt damit einen Schrecken ohne Ende in Gang...


    Autorin (Verlagsseite)
    Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller "Geständnisse", der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.


    Meine Meinung


    Ja, teurer Freund, du hast sehr recht:
    Die Welt ist ganz erbärmlich schlecht,
    ein jeder Mensch ein Bösewicht.
    (Paul Baehr, gekürzt)


    Der Enthüllung der Ereignisse durch die Lehrerin Yuko Moriguchi folgen weitere Ich-Erzähler, die sowohl aus der Zeit danach berichten als auch Ursachen und Motive für den Mord an Manami aufdecken. Die Klassensprecherin, die beiden beschuldigten Jungen sowie Mutter und Bruder eines der Täter kommen dabei zu Wort. Gewaltbereite Menschen und gestörte Familienbeziehungen gibt es überall, das Ausmaß an Grausamkeiten erschreckt immer wieder. Davon kann man hier eine Menge lesen. Der Stil ist typisch japanisch, distanzierte Höflichkeit zieht sich durch jede noch so grausame Zeile. Die Autorin will aufzeigen, dass jeder Mensch voller Abgründe ist. So lässt sie jede ihrer Figuren aus tiefstem Herzen hassen, Bei einigen folgen Tyrannei und Mord. Die Perspektiven der Lehrerin und der Klassensprecherin fesselten mich sehr. Danach gibt es genauso viele Logiklöcher wie unnötige Abartigkeiten. Den Rest des Buches empfand ich als überflüssig, da sehr unglaubwürdig.
    Will man uns damit den Spiegel vorhalten? Bei mir machte sich eher Langeweile als Entsetzen breit. Ein jeder Mensch ein Bösewicht. So weit, so gut. Und weiter? Den Worten Baehrs kann ich also nur frei hinzufügen:


    In diesem Fall reicht mir das nicht!


    Fazit
    Ein böses Buch, das Potenzial ist nicht mal ansatzweise ausgeschöpft . Oder ich habe die Intention der Autorin nicht begriffen :bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Rezensionsexemplar


    Ein erschütternder und beklemmender Roman über Rache und die Folgen einer erfolgsorientierten Erziehung



    Die kleine Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Moriguchi ist im Schulschwimmbad ertrunken; ein tragischer Unfall, wie es scheint. Wenige Wochen später kündigt Moriguchi ihre Stelle an der Schule, doch zuvor will sie ihrer Klasse noch eine letzte Lektion mit auf den Weg geben. Denn sie weiß, dass ihre Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Mit einer erschütternden Offenbarung setzt sie unter ihnen ein tödliches Drama um Schuld und Rache, um Gewalt und Wahnsinn in Gang, an dessen Ende keiner – weder Kind noch Erwachsener – ungeschoren davonkommt. (Klappentext)


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    Nach Beendigung dieses Romans bin ich immer noch erschüttert und er wird mich sicher noch lange Zeit nicht loslassen.
    Ein Roman der im heutigen Japan angesiedelt ist und sich mit der dort herrschenden und sehr ausgeprägten erfolgsorientierten Erziehung von Kindern, sowie deren möglichen Folgen beschäftigt.
    Zugegeben, es ist ein Horrorszenario, der Supergau, doch wie wir wissen nicht völlig aus der Luft gegriffen. Dies beweisen die zunehmenden Berichte von Jugendlichen, die scheinbar aus dem Nichts austicken...sie werden immer jünger und es betrifft nicht nur Japan. Denn diese Erfolgsorientiertheit ist schon längst zu uns übergeschwappt.


    In diesem Roman blickt der Leser hinter die Kulissen. Wie diese Art der Erziehung die Kinder beeinflusst und was sie aus ihnen machen kann. Ihre Gedanken, ihre Gefühle, der Druck unter dem sie stehen, bis sie von Opfern zu Tätern werden, getrieben von dem Gefühl der Rache, jedoch aus unterschiedlichen Gründen.
    Doch nicht nur die Jugendlichen kennen dieses Rachegefühl, sondern auch die Mutter des ermordeten Kindes. Sie, selbst in gewisser Weise Opfer, wird zur Täterin, zwar auf etwas subtilere Art, doch auch getrieben von Rache.


    Dieser Roman unterscheidet sich von anderen dadurch, dass man von Anfang an weiß was vorgefallen ist und wer die Täter sind. Doch durch die wechselnden Erzählperspektiven dringt man immer tiefer in die Geschehnisse und deren Auslöser ein. Mit jeder wechselnden Sichtweise erfährt man mehr Details, welche einem als Leser erschüttern.


    Der Schreibstil ist nüchtern, ja nahezu emotionslos. Dies verstärkt jedoch das beklemmende Gefühl während des Lesens, da dadurch die Kaltblütigkeit in der hier agiert und reagiert wird, perfekt transportiert wird. Mit jeder gelesenen Seite wird man tiefer in den Sumpf der Rache gezogen, aus dem man erst auftaucht, wenn man am Ende des Buches angelangt ist.


    Fazit:
    Ein absolut packender Roman, der durch seinen ungewöhnlichen Schreibstil besticht und einem gerade dadurch lange nicht loslässt. Erschütternd, grausam und beklemmend, aber mit einer überaus wichtigen Message. Ein Roman, der gerade in der heutigen erfolgsorientierten Welt gelesen werden sollte. Von mir gibt es daher eine absolute Leseempfehlung! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone

    Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können. (Zsa Zsa Gabor)
    :twisted:

  • Inhalt

    Yuko Moriguchi wird aus dem Schuldienst ausscheiden und verabschiedet sich von ihrer Klasse mit einer sehr persönlichen Rede. Dass sie offen über ihre Motive für ihr Lehramtsstudium spricht und Gefühle direkt ausdrückt, wirkt sehr ungewöhnlich in einer Gesellschaft, die das Zusammenleben durch strenge Hierarchien, Angst vor Gesichtsverlust und Scham/Beschämung regelt. Moriguchis kleine Tochter ist vor kurzem ums Leben gekommen und die Lehrerin meint, die Schuldigen zu kennen. Weitere Icherzähler berichten aus ihrer Sicht von den Ereignissen: Mizuki, die Klassensprecherin, die ältere Schwester des Schülers Naoki und die Mutter von Shuya. Dabei wird deutlich, dass jede Figur nur ihre Sicht der Ereignisse sehen kann oder sehen will. Die Möglichkeit, dass der jeweilige Sprecher die Dinge beschönigt oder mich in eine bestimmte Richtung lenken will, ist bei keinem der Icherzähler auszuschließen. Meine Einschätzung von Moriguchis Motiven musste ich mehrfach ändern und fand sie als Person daher am interessantesten.


    Mit den Mitteln des multiperspektivischen Erzählens entsteht das Bild einer Gesellschaft, die nicht nur auf Kinder gnadenlosen Druck ausübt und soziale Probleme mit Schuldzuweisungen an Opfer verdeckt (z. B. Opfer von Mobbingstrukturen in der Schule). Minato stellt schonungslos die Rolle von Frauen und Müttern dar und streift am Rande die entscheidende Frage, wer in Japan für die Werte-Erziehung zuständig ist – die Familie oder die Schule?


    Fazit

    „Geständnisse“ lässt sich durchaus als multisperspektivischer Roman, Psychothriller oder Rachefeldzug einer zutiefst verletzten Mutter lesen. Insgesamt fand ich die Darstellung sozialer Probleme des modernen Japan zu holzhammerartig, ein dezenteres Vorgehen hätte bei mir auch seinen Zweck erfüllt. Die Sprache wirkt, durch die Ichperspektive bedingt, eher einfach.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Möller - Der entmündigte Leser

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Kanae Minato - Geständnisse



    Eiskalte Täter



    Ich würde sagen, ich habe hier einen absolut spannenden, interessant aufgebauten, bitterbösen und raffiniert konstruierten Krimi gelesen. Das Ende hat es wirklich in sich und hallt noch eine lange Zeit nach.


    Zur Handlung: Die vierjährige Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Yuko Moriguchi ist im Schulschwimmbad einer japanischen Mittelschule ertrunken; ein tragischer Unfall? Doch bald ergibt sich ein anderes Bild! Einige Wochen später kündigt die Lehrerin ihre Stelle an der Schule, doch bevor sie geht, will sie ihrer Klasse noch eine letzte Lektion mit auf den Weg geben. Denn sie weiß inzwischen, dass einige ihrer Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Mit einer erschütternden und ebenso raffinierten Offenbarung setzt sie unter ihnen ein tödliches Drama um Schuld und Rache in Gang, um Gewalt und Wahnsinn, ein tödliches Drama an dessen Ende niemand, weder Erwachsene noch Kinder, unbeschadet davonkommen.


    Der Aufbau des Buches lässt die verschiedenen Protagonisten zu Wort kommen und ermöglicht so schließlich dem Leser einen völlig ungeschönten Blick auf menschliche Ziele/Wünsche und erschreckende Abgründe, die immens schockieren und den Leser immer mehr in einen Abgrund ziehen. Ein perfides Spiel, welches hier von verschiedenen Seiten gespielt wird, gleichzeitig hat es aber Folgen für alle Beteiligten. Heftig und zutiefst verstörend, aber die gezeichneten Charaktere entbehren leider keiner Authentizität. Gleichzeitig ist dieses Buch aber auch eine Kritik an einer nur auf Leistung orientierten Gesellschaft, die ihre Menschen vergisst. Es ist kein Wunder, dass dieses Buch in Japan so erfolgreich war. Mit einer immensen Sogwirkung und einem unbestechlichen Blick auf die menschliche Seele und ihre Abgründe erzählt die ehemalige Lehrerin Kanae Minato in ihrem ersten Buch eine faszinierend-verstörende Geschichte voller unerwarteter Wendungen. Und die Leser lässt dieses Buch auf weiteres aus der Feder dieser Autorin hoffen. Unbedingt lesen!