Konrad Heiden - Adolf Hitler

  • Autor: Konrad Heiden
    Titel: Adolf Hitler: Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit - Ein Mann gegen Europa
    Seiten: 1008
    ISBN: 978-3-95890-117-9
    Verlag: Europa Verlag


    Autor:
    Konrad Heiden wurde 1901 in München geboren und studierte dort Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Für die Frankfuirter Zeitung arbeitete er anfangs als Hilfsredaktuer und begleitete seit 1921 die Aktionen und Auftritte Adolf Hitlers. Nach mehreren Wechseln verschiedener Redakteursstellen arbeitete er als freier Journalist und Schriftsteller und flüchtete 1933 ins Exil, in die Schweiz. 1936/1937 erschien seine Biografie über Adolf Hitler im Zürcher Europa Verlag, die später Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten über den Diktator und den Nationalsozialismus wurde. 1940 emigrierte er in die USA und erhielt Ende der 50er Jahre deren Staatsbürgerschaft. 1966 starb Heiden in New York City.


    Inhalt:
    Konrad Heiden hat den Aufstieg Adolf Hitlers von Anfang an begleitet. Aus nächster Nähe beobachtet er die Auftritte des Demagogen, arbeitet das Gewöhnliche und Spießbürgerliche, vor allem aber das Diabolische und Krankhafte an Hitlers Wesen heraus und schildert Geschichte, während sie passiert. Bavor das ganze Ausmaß des Schreckens bekannt war, das Hitler und die Nationalsozialisten über Europa bringen sollten, warnt er bereits auf eindringliche Weise vor den Absichten dieses Mannes und der bevorstehenden Katastrophe. Seine schonungslose psychologische Durchleuchtung des "Führers" liefert den Schlüssel, um Hitlers Ideen und politische Ziele zu durchschauen und um zu verstehen, was für die Welt von Anfang an auf den Spiel stand. (Klappentext)


    Rezension:


    Zitat von Konrad Heiden

    Künftige Forscher werden vieles sehen, was uns heute noch entzogen ist; manches werden sie aus ihrer Ferne kaum glauben, was die Gegenwart breit erlebt, aber selten lang bewahrt.


    Als das Grauen noch nicht in seiner Gänze abzusehen war, als das friedliche Europa erste Risse bekam, beobachtete ein Journalist die Ursache dessen, welche ein paar Jahre später zur größten Katastrophe der (unsrigen) jüngeren Geschichte führen sollte, sehr genau. Messerscharf analysierte Konrad Heiden die Reden Adolf Hitlers, der von der Rolle des "Trommlers" zu Deutschlands Diktator aufstieg, und seiner gehilfen. Beobachtete, wie Röhms SA die Gegner der Nationalsozialisten einschüchterte, wie Ehrenwort um Ehrenwort gegeben und gebrochen wurde und wie sich eine Reihe vorab gescheiterter Existenzen nahm, was ihnen die Demokratie ohne Demokraten so bereitwillig und ahnungslos überließ.


    Konrad Heiden schrieb darüber und entstanden ist dabei eine Schrift, die Hitlers Werdegang scharfsinnig analysiert und demaskiert. Er, der er wegen seiner Tätigkeit selbst ins Exil flüchten muss, sitzt anfangs noch in den Kellern, wo die Nazis ihre ersten Versammlungserfolge feierten, spricht mit Parteimitgliedern und Weggefährten des Österreichers, der bald Deutschland beherrschen wird und ahnt die drohende Katastrophe. Der Journalist arbeitet akribisch die Ziele Hitlers, die dieser in "Mein Kampf" formuliert heraus, stellt sie dessen Reden gegenüber und beobachtet sich anbahnende Bündnisse und das Entstehen neuer Konfliktherde. Ein Dampfkochtopf Deutschland, der explodieren wird. Die Frage ist nur, wann?


    Mit der Neuauflage der ersten Biografie über Adolf Hitler holt der Europa Verlag ein Stück seiner Geschichte wieder in das Programm und dieses hat es in sich. Neutral aber neugierig analysierend, beobachtend und abwartend hat es Konrad heiden fertig gebracht, Zeitgeschichte ohne Scheuklappen festzuhalten oder die Leser in eine bestimmte Richtung zu treiben. Die sollen sich selbst ein Bild machen, Heiden zeigte nur den Weg auf, den Hitler und seine Kumpanen bereit waren, zu gehen. Und damit auch die Ziele und die wahren Absichten einer menschenverachtenden Diktatur, ihre Irrwege. Schonungslos, diese Weitsicht des Einen, erschreckend das Wissen, dass sich dennoch so viele haben blenden lassen (wollen).


    Aneinandergereiht, kurze Kapitel, beschäftigt sich Heiden zuerst mit der Kindheit und Jugend Hitlers, seinen Werdegang über Linz, Wien und München, sowie seinen entgültigen Griff zur Macht und der Beseitigung aller Konkurrenz 1934. Immer wieder beruft er sich auf Quellen, die er um deren Selbstschutz Willen nicht nennen kann. Nicht im Jahr seines Schreibens 1936. Es ist das erste umfassende Werk, welches neutral berichtet und gerade heute noch gut zu lesen ist, wo der Friedensgarant Europa, der einst als Absicherung gegen Kriege auf den Kontingent in seiner Einheit wieder zerbröselt. Diese Einheit hat Konrad Heiden, wie er so vieles andere vorausgesehen hat, als Lösung gegen Hitler betrachtet. Europa sollte auf ihn hören. Denn heute gibt es wieder einige der Vorzeichen, vor denen Konrad Heiden seine Generation einst warnen wollte.

  • Erst einmal vielen Dank für diese Besprechung. Ich bin zur Zeit auf den letzten Seiten der Hitlerbiographie von J. Fest, insofern nicht wirklich in der Lage, in nächster Zeit eine weitere in Angriff zu nehmen. Trotzdem ist das Interesse durchaus da. Vor allem weil Fest mir zu viele Dinge außen vor lässt. So ist die Kindheit und Jugend bei ihm sehr blass geblieben. Er setzt sehr viel Wissen voraus, beleuchtet die anderen Protagonisten nur zu schwach. Vor allem aber ist er immer mit Erklärungen bei der Hand, wo ich lieber kalte Beschreibung hätte.


    Was mir bei derRezension fehlt, was ich noch gern wissen möchte: Wenn das Buch bereits 1936 erschienen ist, wie sieht er die Person Hitlers denn überhaupt? Er konnte da ja noch gar ncihts konkretes über den Krieg wissen. Wieso konnte er damals schon als ernst zu nehmender Warner auftretenj? War das Buch an die damalige Bevölkerung gerichtet oder eher an nachfolgende Generationen?
    Ich würde mich freuen, mehr zu erfahren. Mir war der Autor vorher auch völlig unbekannt.

  • @Klaus V.: Konrad Heiden hat einfach die Reden Hitlers und seiner Gefolgsleute analysiert und die Schriften gelesen. Hitler hat ja von Anfang an nichts verheimlicht. Er hat auch mit Gefolgsleuten Hitlers aus den engeren Kreisen gesprochen, mit Leuten, die ihn noch vor der Machtergreifung 1933 kannten und so ist dieses Buch entstanden. das Buch war an die damalige Bevölkerung gerichtet, ganz eindeutig. Er wusste, was Hitlers Ziele waren, auch das wurde ja von Anfang an nie verheimlicht.


    Von Fests Biografie war ich nicht wirklich angetan, ich hatte zuvor Kershaw gelesen, der übrigens Heidens Biografie als Forschungsgrundlage für seine eigene nahm.

  • Er konnte da ja noch gar ncihts konkretes über den Krieg wissen. Wieso konnte er damals schon als ernst zu nehmender Warner auftretenj?

    Viele Menschen haben früh durchschaut, welche Pläne Hitler verfolgte. Manche haben gehofft, dass sie sich irren, viele sind emigriert, andere sind geblieben und haben versucht, Widerstand zu leisten, manch einer hat sich irgendwie arrangiert um zu überleben. Darunter waren hochgebildete Menschen, aber auch viele "Normalbürger", die einfach nur aufmerksam verfolgten, was um sie herum geschah. Es war nicht so schwierig, Hitlers Ziele zu durchschauen - wie findo bereits angemerkt hat, hat dieser aus seinen Zielen nie ein Geheimnis gemacht (wenigstens das kann man ihm nicht vorwerfen). Ich habe hier als Beispiel mal die "Tagebücher" eines ganz normalen Beamten aus Hessen angehängt, der einfach nur aufmerksam das Geschehen und die Presse verfolgte und daraus seine Schlüsse zog. Das könnte Dich auch interessieren, @findo :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Ich habe vor Jahren in unserem Stadt Theater das Stück „Mein Kampf“ von George Tabori gesehen. In diesem Stück geht es um die Wiener Jahre von Adolf Hitler, die er zeitweise in einem Männerheim verbracht hat und um seine gescheiterte Karriere als Künstler. Es ist eine Komödie/Groteske und sie hat mir so gefallen, dass ich sie mir noch einmal im Theater angesehen und danach auch gelesen habe. Natürlich lag es auch zum Teil, wie ich fand, am grandiosen Spiel des Hauptdarstellers. Aber auch die Geschichte interessierte mich sehr.
    Ich fand es schon immer interessant zu erfahren, warum Dinge passieren. Warum Menschen handeln wie sie handeln. Warum manche historischen Geschehnisse passieren, weil sie eine Folge von vorher ergangenen Ereignissen sind.


    Adolf Hitler als Person und seine Biographie haben mich lange nicht interessiert bzw. auch abgeschreckt. In der Schule wird man ab der 8. Klasse mit dem Thema Nationalsozialismus richtig erschlagen und ich habe lange Zeit das Thema gemieden. Aber irgendwann hatte ich einen ausreichenden Abstand zu diesem Thema bekommen und wurde auch durch meine Entwicklung/Erfahrung psychisch gestärkter sich auf das Thema einzulassen. Denn mich hat der 2. Weltkrieg immer sehr emotional mitgenommen.
    Aber nichtsdestotrotz habe ich Geschichte studiert und die historische Neugier war bei mir schon immer sehr stark ausgeprägt.


    Als ich dann @findo s Rezension gelesen habe, war ich sofort begeistert von der Vorstellung mehr über die Persönlichkeit Adolf Hitlers und die damalige Zeit zu erfahren.


    Im Übrigen wollte ich anmerken, dass ich schon seit Jahren keine Rezension mehr hier verfasst habe :uups: , weil ich zunächst, bedingt durch mein duales Studium, keine Ruhe und Muße dafür hatte und seit dem die Kleine da ist auch nicht die nötige Zeit.
    Aber als ich begann diese Biographie zu lesen, wusste ich, dass sie es Wert ist, einen Eindruck dazu zu verfassen. :pray:


    Ich muss gestehen und warnen, dass ich das Buch noch gar nicht zu Ende gelesen habe :uups::pale: . Ich glaube, dass ich auf Seite 200 oder so bin. Da ich nur das Ebook besitze, weiß ich die genaue Seitenanzahl nicht.
    Ich wollte aber trotzdem schon jetzt meine Meinung dazu schreiben, weil ich nicht weiß, wann ich das Buch zu Ende lesen werde und weil meine Freizeit momentan noch ein wenig begrenzt ist.


    Zum Inhalt werde ich nichts mehr posten, da dies schon ausreichend getan wurde.


    Leseeindruck:


    Mich hat das Buch tief beeindruckt. Trotz des Erscheinungsdatums in den 1930er Jahren empfinde ich die Sprache als sehr bildhaft, leicht und flüssig. Überhaupt nicht veraltet oder anstrengend. Das hätte ich selber nicht gedacht. Ich finde sogar, dass das Buch aufgrund dieser tollen Sprache allein schon lesenswert wäre.
    Des Weiteren gefällt mir die Authentizität, die das Buch umgibt. Durch die vielen Zeugenaussagen und das Besuchen der Parteiversammlungen vom Autor selbst wirkt alles sehr lebendig. Die versuchte Objektivität kann man erkennen. Allerdings spürt man auch die unterschwellige Kritik.
    Außerdem fand ich es gut und interessant, dass der Autor bei den Ahnen von Adolf Hitler begonnen hat. So liefert er schon früh psychologische Bilder seines Vaters und Großvaters.


    Die aktuellen Bezüge zur heutigen Parteienlandschaft und seine Voraussicht (1936 herrschte ja noch kein Krieg) sind manchmal schon fast erschreckend 8-[
    Vor allem die „Entwertung der Parteien“von damals erinnert mich an die heutigen nicht klar definierten und gleichwirkenden Parteiprogrammen der CDU und SPD.
    Des Weiteren gibt Heiden an, dass die Parteien keinen so großen Stellenwert mehr bei der Bevölkerung hätten, wie z. B. der Sport. Auch hier sehe ich Paralllelen zur heutigen sinkenden Wahlbeteiligung.


    Überhaupt gefällt mir die genaue Darstellung der damaligen politischen Lage, denn auch durch sie wurde Adolf Hitler geprägt.


    Bis jetzt ist das Buch nie langweilig gewesen und wenn die nächsten Seiten genauso sind, denke ich, dass ich 5 Sterne vergeben kann. :D


    Wann ich zum Lesen komme, weiß ich noch nicht, da ich noch einen seichteren Roman dazwischen geschoben habe. Aber wenn ich diesen beendet habe, werde ich mich wieder dieser Lektüre widmen. :lechz: