Sarah Orne Jewett - Das Land der spitzen Tannen / The Country of the Pointed Firs

  • Die Autorin (nach Wikipedia und dem Nachwort von Elisabeth Schnack): Die am 3. September 1849 in South Berwick, Maine geborene Theodora Sarah Orne Jewett war eine US-amerikanische Schriftstellerin und bedeutendste Vertreterin des Regionalismus in der amerikanischen Literatur des 19. Jahrhunderts, die sich auf die ländlichen Wurzeln der Menschen besann. Jewett etablierte sich als Schriftstellerin von Kurzgeschichten und bildete eine engere Freundschaft zu Annie Adams Fields. Nachdem deren Ehemann James T. Fields 1881 starb, lebten Jewett und Annie Fields bis zu ihrem Tod am 24. Juni 1909 in einer sogenannten "Boston marriage" zusammen. Die beiden waren mit vielen wichtigen Schriftstellern und Künstlern ihrer Zeit gut befreundet, unter anderem mit Willa Cather, Mary Ellen Chase, William Dean Howells, Henry James, Rudyard Kipling, Harriet Beecher Stowe, Alfred Tennyson, Oliver Wendell Holmes, Mark Twain, Sarah Wyman Whitman und John Greenleaf Whittier.


    Klappentext (Ausgabe "manesse im dtv"): Eine literarische Entdeckung im Taschenbuch: das poetische Meisterwerk einer Amerikanerin über das abenteuerliche Alltagsleben in einem Fischerdörfchen Neuenglands zur Jahrhundertwende, ein Heimatroman von weltliterarischem Rang, der voller Humor und Verständnis von den eigenwilligen Menschen in der wildromantischen Küstenlandschaft am Atlantik erzählt.


    Der Roman (in Erzählungen) erschien im Original unter dem Titel "The Country of the Pointed Firs" im Jahr 1896 bei Houghton-Mifflin (mit 213 Seiten). Er findet sich u.a. auch in der von Willa Cather besorgten Zusammenstellung von Kurzgeschichten Sarah Orne Jewetts, die 1956 bei Doubleday & Co. (und später) unter dem Titel "The country of the pointed firs and other stories" veröffentlicht wurde. Eine deutsche Übersetzung von Elisabeth Schnack erschien, mit Illustrationen von Hanny Fries versehen, unter dem Titel "Das Land der spitzen Tannen" zunächst im Jahr 1961 im Manesse-Verlag in Zürich, in fünfter Auflage 1985. 1993 kam eine Taschenbuchausgabe im Deutschen Taschenbuch Verlag München heraus. Diese Ausgabe umfasst - einschließlich eines zwölfseitigen Nachwortes von Elisabeth Schnack - 379 Seiten, ist aber auch nur im kleinen Sedez-Buchformat von etwa 9 mal 14,5 Zentimetern gefasst.


    Es ist selten, dass ein Buch so sehr während des Lesens wächst und in meiner Gunst von Kapitel zu Kapitel steigt – von leichter Gleichgültigkeit bis zu großem Eindruck, ja Begeisterung sich wandelt. Im Grunde wird wenig Aufregendes berichtet, handelt es sich auch "nur" um eine tagebuchartige Abfolge von Beobachtungen von Landschaft und Begegnungen mit Menschen im dörflichen Umfeld eines Fischerdörfchens in Neuengland Ende des 19. Jahrhunderts, das die Erzählerin während eines Ferienaufenthaltes im Logierzimmer der resoluten Kräutersammlerin und Witwe Mrs. Todd erlebt, wo sich die junge Frau aus der Stadt den Sommer über eingemietet hat, um zu schreiben und die Ruhe zu genießen und Freundschaften zu schließen. Entscheidend wird nicht das, was erzählt wird (auch wenn das so natürlich nicht ganz richtig ist :wink: ), sondern wie es erzählt wird: Immer stärker verdichtet es sich, dass ein Loblied auf die Menschlichkeit und auf das Leben in Eintracht mit der Natur gesungen wird, vermittelt über den Tonfall und die Haltung der Autorin (und der Erzählerin).


    Um ein Zitat von Sarah Orne Jewett (aus dem Nachwort) abzuwandeln, wird eben nicht „über das Leben geschrieben“, sondern „das Leben geschrieben“. Gefühl wird niemals zu Sentimentalität. Der Tonfall ist konkret und knapp genug, um nicht in bildhaften Vergleichen zu verwässern. Es herrscht große vornehme Schlichtheit vor. Wenn ich intensiver mit Gesellschaftsromanen oder Dorfgeschichten des 19. Jahrhunderts vertraut wäre, wäre meine Einstellung zu dem Roman vielleicht eine andere und ich könnte stärker vergleichen – sehr wahrscheinlich aber wäre ich bei meiner Lektüre früher euphorisch geworden. :wink:


    Die Sprache, der Stil und die Einfühlung der Autorin sind famos und genau. Wie sie in der Beschreibung und der Charakterzeichnung der Dorfbewohner jede Skurrilität auslässt, im Grunde gerade die Normalität der auftauchenden Figuren beschwört, auch wie gerade nicht der Humor den Lokalkolorit für den Leser aufschließt, sondern "einfach nur" die realistische Schilderung, ist in meinen Augen ganz große Kunst, die auf genauer Beobachtung, Kenntnis von Land und Leuten und sensibler Einfühlung beruht. Die Figuren sind mir in ihrer nachfühlbaren Menschlichkeit so nah wie nur möglich gekommen. Der Fischer, der alte Junggeselle, die Schäferin, die ganzen alten Frauen sind große, unvergessliche Figuren gelebten Lebens voller Schrullen, Leidenschaften und Leiden, auf ihren Platz in der Welt gesetzt zwischen den Polen Selbstverantwortung und Fatalismus. Das lebendige Bild einer verschwindenden, herb-schönen Heimat wird überführt in ein allgemeingültiges Bild der Güte, der Milde und der Hochachtung des Menschen (und ist daher nicht einfach nur ein Heimatroman). Dieses leise Buch ist ausgesprochen schön und schlägt mit leichter Hand einen Großteil launiger Dorfgeschichten aus dem Feld, die nur lebendig erzählen können, aber nichts empfinden. Ein Buch zum tief Durchatmen! :thumleft:


    Bisher bin ich bei 4,5 :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sternen angekommen. :)

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "Die Bäume" (189/365)


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  • Diese englische Kindle-Ausgabe von 2017 entspricht einem Umfang von 118 Druckseiten.

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  • Eine französische Übersetzung von Cécile Roudeau unter dem Titel "Le pays des sapins pointus".

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