Lü Schi Tschun Tsui - Frühling und Herbst des Lü Bu We

  • Klappentext:


    Dieses zeitlose Meisterwerk der altchinesischen LIteratur ist ein umfassendes, aus unterschiedlichen Überlieferungen zusammengesetztes Kompedium der Weltweisheit aus dem 3. Jahrhundert v. Christus, der Spätzeit des Taoismus. Aufgeteilt in 26 Bücher und über 150 kürzere Kapitel behandelt es die ewigen Fragen des menschlichen Daseins, von den Belangen des Alltags, der Politik, des Lebenssinns und der menschlichen Seele. Vielfach werden Legenden, Gelichnisse und Anekdoten erzählt, eingestreut sind kurze philosophische Traktate, Lektionen und Erläuterungen.


    Zum Autoren:


    Lü Bu We war ein einflußreicher chinesischer Kaufmann, Politiker und Philosoph. Er lebte im 3. Jahrhundert v. Christus im Staat Dschau, wo er in seinem Haus zahlreiche hohe Gelehrte um sich versammelte.


    Eigene Beurteilung:


    Das Buch ist in drei Hauptkomplexe eingeteilt, nämlich „Die zwölf Aufzeichnungen“, „Die acht Betrachtungen“ und „Die sechs Abhandlungen“, wobei zu vermuten ist, dass diese jeweils auf andere Quellen zurückgehen.


    Die zwölf Abhandlungen beziehen sich dabei auf den Jahreskreis und beschreiben zunächst einmal, welche Handlungen durch die Priester, Adligen, den Kaiser und andere Personen in einem gegebenen Monat jeweils zu erledigen sind – und auch, was man unbedingt unterlassen sollte. Daneben werden zum Charakter des Monats passend (Tierzuordnung, Elementzuordnung, Yin-Yang-Gewichtung etc.) noch auf andere relevante und in diesen Monaten sehr wichtige Dinge eingegangen. Darin finden sich unter anderem schon allerlei Tipps zu Selbstkultivierung und zum Umgang mit seinen Mitmenschen.


    Auf die letzteren Aspekte – auch in Bezug auf die Schaffung eines gut funktionierenden Staatswe-sens, mit Bezug auf historische Vorbilder und ihre Anwendbarkeit (oder auch Nichtanwendbarkeit) in der Gegenwart – wird dann wesentlich detaillierter in den acht Betrachtungen eingegangen, eine Zahl, die im Daoismus Vollkommenheit darstellt und die eben das Bestreben nach einer Vervoll-kommnung der eigenen Person und des Staatswesen dienen soll.


    In den sechs Abhandlungen geht es dann sehr stark um das Finden einer Balance zwischen den verschiedenen Bereichen, Ämtern und Personen eines Staatswesens und auch darum, wie sich Störungen dieser Balance lang-, mittel- und kurzfristig auswirken können. Auch hier spielt die Zahl Sechs eine besondere Rolle, steht sie im Daoismus doch für die sechs Harmonien, deren Abstimmung für den Erhalt der Gesundheit und für ein langes Leben von großer Bedeutung sind. Und da dafür die Ernährungsgrundlagen von größter Bedeutung sind, beschäftigt sich das letzte Buch auch ausgiebig mit der Landwirtschaft. Wirklich sehr umfassende Betrachtungen.


    Die mehr als 150 Kapitel dieser Sammlung sind in teils etwas antiquiertem Sprachstil verfasst und einige der historischen chinesischen Konzepte und Anspielungen bedürfen der Erläuterung, wozu zum Teil die über 40 Seiten Anmerkungen am Ende des Buchs beitragen können. Außerdem gibt es noch Hinweise zur chinesischen Astrologie (von Herrn Wilhelm oder seinem Lektor fälschlicherweise als Astronomie bezeichnet, was nun nicht so ganz das Gleiche ist), ein Register der Personen- und Ortsnamen, ein Register der chinesischen musikalischen Ausdrücke und auch eine Auflistung der chinesischen Sternbilder.


    Es sind nicht wirklich neue Erkenntnisse für einen lebenserfahrenen, interessierten Menschen in diesem Buch, aber jüngere Menschen könnten hier durchaus schon – zeitlich, und kulturell angepasst – überraschendes und erhellendes finden. Auf jeden Fall kann das Buch einen übertrieben Stolz auf die Errungenschaften unserer Zeit ein wenig eindämmen. Aus vielen verschiedenen Dingen haben die Daoisten von Anfang an sehr genaue Beobachtungen ihrer Umwelt vorgenommen und diese reflektiert und aufgezeichnet. Da Menschen in früheren Zeiten nicht dümmer gewesen sind als wir heute, wenn sie auch ihr Wissen nicht unbedingt in uns vertrauten Kategorien wie Staatskunde, Psychologie, Soziologie, Geschichtswissenschaften etc. abgelegt haben, haben sie doch vielfach die gleichen Beobachtungen gemacht, die wir – bzw. bestimmte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – heutzutage machen und daraus ihre (sehr häufig richtigen) Schlüsse gezogen, weswegen man beim Lesen dieses Buchs bei gleichzeitiger Betrachtung der aktuellen Nachrichten entweder laut lachen kann, oder sich angewidert schütteln muss.