Sarah Bakewell - Das Café der Existenzialisten / At The Existentialist Café: Freedom, Being, and Apricot Cocktails

  • Inhalt lt. Amazon (gekürzt):
    Wie macht man Philosophie aus Aprikosencocktails? Für Sartre kein Problem: Er machte Philosophie aus einem Schwindelgefühl, aus Voyeurismus, Scham, Sadismus, Revolution, Musik und Sex. Sarah Bakewell erzählt mit wunderbarer Leichtigkeit, wie der Existenzialismus zum Lebensgefühl einer Generation wurde, die sich nach radikaler Freiheit und authentischer Existenz sehnte.


    Zur Autorin:
    Sarah Bakewell (* 1962/63 in Bournemouth, England) ist eine englische Autorin und Kuratorin.
    Weiteres siehe Wikipedia.


    Zum Buch:
    Ich bin seit langem von Simone de Beauvoir fasziniert, angefangen bei der Biografie von Francis/Gontier, und habe ihre Autobiografien, Briefe, Tagebücher, Romane etc. verschlungen. Klarer Fall, dass ich auch dieses Buch haben musste.


    Es beginnt an einem Abend um die Jahreswende 1932/33, als Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre und Raymond Aron in einem Café sitzen und Aprikosencocktails trinken. Aron erzählt seinen Freunden von seinem Auslandssemester in Berlin, wo er eine neue Philosophie kennengelernt hat: die Phänomenologie. Er hebt sein Glas und sagt zu Sartre: "Wenn du Phänomenologe bist, kannst du auch über diesen Cocktail sprechen, und es ist Philosophie.".
    Sartre ist sofort fasziniert und informiert sich über die Phänomenologie. Simone de Beauvoir, die sozusagen mit Sartre in Symbiose lebt, ist ebenfalls fasziniert. Und der Existenzialismus ist geboren.


    Wie kann man dieses Buch einordnen?
    Ist es Philosophie? In gewisser Weise, denn es werden Phänomenologie und Existenzialismus erläutert.
    Ist es eine (Kollektiv-)Biografie? Ja, denn es geht um Lebensgeschichten verschiedener Menschen - hauptsächlich von Simone de Beauvoir und Sartre, aber auch von Anderen, die in ihrem Umfeld eine Rolle spielten (nur schlagwortartig: Heidegger, Husserl, Nizan, Merleau-Ponty, Camus).
    Also eine Kollektiv-Biografie mit philosophischem Schwerpunkt, bzw., wie The Guardian das Buch nannte, "eine Geschichte des Existenzialismus".


    Das klingt jetzt nach schwerer Lektüre. Aber Sarah Bakewell schreibt recht leicht verständlich und sehr packend - was auch für die philosophischen Theorien gilt. Beispielsweise erklärt sie anhand einer Tasse Kaffee die Phänomenologie Husserls in wenigen Sätzen. Bei Heidegger musste ich allerdings passen :ergeben: .
    Auch den Existenzialismus hat sie sehr gut erklärt. Dabei hat sie nicht nur den theoretischen "Unterbau" des Existenzialismus erläutert, sondern auch weiter erzählt, wie er zum Ausdruck eines Lebensgefühls wurde, und wie er nachfolgend das Leben und die Werke von Simone de Beauvoir und Sartre prägte.


    Ergänzt wird das Buch durch diverse Fotos und einem Anhang ("Die Mitwirkenden" sowie Anmerkungen = Zitatnachweis und einem Personenregister).


    Nicht nur aus Verehrung für Simone de Beauvoir habe ich dem Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: gegeben und empfehle es allen biographisch und philosophisch Interessierten :thumleft: .
    Philosophische Grundkenntnisse sind übrigens nicht zwingend erforderlich, da die wichtigsten Begriffe im Buch erklärt werden - und das meiner Meinung nach auch recht gut.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Vielen Dank, @Castor. Auch wenn ich mich bisher mehr mit Sartre als mit de Beauvoir beschäftigt habe, klingt Deine Rezension nach einem Buch, das ich haben muss. Ich versuche es zunächst über das Wunschbuch meiner Bücherei.
    Ich habe übrigens schon hier gestanden.

    Bei Heidegger musste ich allerdings passen

    Nicht nur Du. Ich habe während meines Studiums ein Seminar über Heidegger mitgemacht. War gleichzeitig interessant und unverständlich. Ich habe sogar eine Seminararbeit geschrieben (über Sein und Seiendes :roll: ), obwohl ich sicher die Hälfte nicht kapiert habe. Aber ich hatte die Verliebtheit eines Philosophiestudenten eines höheren Semesters schamlos für meinen Seminarschein ausgenutzt ... :uups:

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  • Ich habe übrigens schon hier gestanden

    Da kriege ich Gänsehaut - da will ich unbedingt auch mal hin :lechz: .

    Ich habe sogar eine Seminararbeit geschrieben (über Sein und Seiendes ), obwohl ich sicher die Hälfte nicht kapiert habe.

    Das erläutert sie auch im Buch, und das habe ich sogar verstanden. Aber alles darüber hinaus war zuviel für mein Gehirn ?( .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Und hier das Original:

    Entschuldigung, das hatte ich total vergessen :pale: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Als Du von "hier" sprachst, Marie,

    Vielen Dank, @Castor. Auch wenn ich mich bisher mehr mit Sartre als mit de Beauvoir beschäftigt habe, klingt Deine Rezension nach einem Buch, das ich haben muss. Ich versuche es zunächst über das Wunschbuch meiner Bücherei.
    Ich habe übrigens schon hier gestanden

    dachte ich eher an: https://fr.wikipedia.org/wiki/…le:Caf%C3%A9_de_Flore.jpg oder ähnliche Orte. Da kann man nicht nur stehen, sondern auch sitzen...

  • @Castor Danke für deine Rezension :winken: Ich war schon sowas von gespannt, wie deine Meinung über das Buch ausfallen wird, als ich gelesen habe, dass du es anfangen wolltest. Klingt ganz nach meinem Geschmack und ich habe es auf meine Wunschliste gesetzt!

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Klingt nach einem echt guten Buch. Die Café-Besuche von Beauvoir und ihren Freunden sind ja echt schon legendär. In diversesten Büchern bin ich schon über sie gestolpert, wie zum Beispiel in der Biographie von Kate Holden, die ich mal mit angehängt habe. Holden hat (glaube ich) Philosophie studiert, wurde aus Drogen- und Geldgründen Prostituierte und hatte ihr ganzes Leben lang einen echten Faible für Beauvoir. Seit einem halben Jahr liegt hier auch ein Roman von Beauvoir rum, den ich unbedingt mal lesen will. =)