Fahrhad Khosrokhavar - Radikalisierung

  • Fahrhad Khosrokhavar: Radikalisierung; CEP Europäische Verlagsanstalt Hamburg 2016 / Bundeszentrale für politische Bildung Bonn 2017; 223 Seiten; ISBN: 978-3-8389-0796-3


    Viele radikalisierte junge Menschen sind Außenseiter und an den Rand Gedrängte. Sie stammen aus einem kleinkriminellen Milieu. Andere suchen nach Wahrheit und Unbedingtheit in einer dekadenten, nicht religiösen und entpolitisierten Gesellschaft. Die Tötung und Ermordung der verhaßten Ungläubigen trägt so narzistische Züge, wobei auch der eigene Tod in Kauf genommen wird. Demütigung und Ungerechtigkeit wird so in Anerkennung durch Gleichgesinnte und Resonanz (auch in sozialen) Netzwerken umgewandet.


    Khosrokhavar wurde in Teheran geboren, lebt, forscht und arbeitet heute aber in Frankreich. Die Soziologie des modernen Iran, die sozialen und anthopologischen Probleme des Islam in Frankreich und die Philosophie der Sozialwissenschaften sind seine Forschungsgebiete.


    Das Buch hat wissenschaftlich-theoretischen Charakter. Die Sprache ist abgehoben, teilweise werden Fachbegriffe verwendet, die in der Umgangssprache völlig unbekannt sind. Der sozialwissenschaftliche berufliche Hintergrund des Autoren ist so deutlich sichtbar. Dazu paßt auch, daß das Buch eine reine Bleiwüste ist, Fotos und Zeichnungen also völlig fehlen.


    Natürlich werden hier auch Lebensläufe nachgezeichnet. Wie radikalisiert sich jemand? Gegen wen und was richtet sich die radikale Haltung im Islam? Fragen wie diese sollen hier beantwortet werden.


    Bedauerlich dabei: Es werden bevorzugt frankreichbezogene Zusammenhänge dargestellt. Wie die Situation in anderen europäischen Ländern oder in den USA aussieht, wird dabei nicht beleuchtet.


    Inhaltlich ist das Buch also etwas einseitig, weil für den deutschen Leser nicht vertraut. Spannend wäre da schon die Frage, wie ein deutscher Sozialwissenschaftler die Frage nach den Ursachen von Radikalisierung beantworten würde.