Elie Wiesel – Raschi: Ein Portrait / Rashi: Ebauche d’un portrait

  • Original : Rashi (Französisch, 2015)


    INHALT :
    Rabbi Schlomo Jizchaki, abgekürzt RaSchI (1044-1105), ist der jüdische Kommentator schlechthin. Er hat die Hebräische Bibel und den Talmud Wort für Wort erklärt. Elie Wiesel würdigt diesen »Lehrer unserer Lehrer«, charakterisiert seine Zeit und sein Werk, liefert eine Anthologie seiner Genesis-Kommentare und eine Auseinandersetzung mit seiner Reaktion auf den »Holocaust« im 1. Kreuzzug. Ein ausführliches Glossar und ein Nachwort von Daniel Krochmalnik erleichtern den Lesern die Orientierung in dieser übersetzten und verlinkten Ausgabe des bedeutenden Werk Wiesels. (aus der Amazonbeschreibung, leicht geändert)


    GLIEDERUNG/STRUKTUR/BEMERKUNGEN:
    Im Vorwort begründet Wiesel sein Portrait Raschis (eins mehr?) als Zeichen der Dankbarkeit für diesen unersätzlichen Lehrer und Helfer in seinem eigenen Suchen und Studieren. Insbesondere als Jude weiss man sich als Teil der Geschichte, und Raschi ist ein erheblicher Teil des Werdegangs und der Sinnstiftung. Darüber hinaus aber richtet sich die Botschaft Raschis an alle Menschen.
    Darauf folgen thematisch verschiedene Kapitel :


    1. Die Einbettung des Lebens Raschis in die umgebende Zeit. Es ist wichtig, dieses ausgehende elfte Jahrhundert, bzw den Beginn des 12., nicht nur dann als Beginn des Kreuzzuges zu sehen, sondern auch als besonders reiche Epoche intellektuellen jüdischen Lebens. Raschi gilt als einer der bedeutendsten Gelehrter seiner Zeit, einerseits vor allem als Rabbiner, Bibel – und Talmudexeget, doch auch als weit umfassenderer Gelehrter, in « profaneren » Dingen, der mehrere Sprachen beherrschte, der von überall her um seinen Rat gebeten wurde. Seine Kommentare beinfluss(t)en das damalige, und indirekt bis heute, Verständnis gewisser (biblischer) Zusammenhänge. Insofern also ein Epochenpräger und Wegweiser.


    2. In diesem Kapitel geht Wiesel einigen der manchmal sehr überraschenden Kommentaren Raschis zu den Bibeltexten, insbesondere der ersten fünf Bücher Mose, nach. Hauptaugenmerk liegt auf die « Patriarchen », bzw die Gründerpaare. Wer nun absolut auf Neuland sich hier befindet, mag ein wenig verwirrt sein, doch Wiesel zitiert zunächst den Bibeltext, und dann Raschis Kommentar(e). Kurz und prägnant. Nichts Ausschweifendes.


    3. Es folgt ein recht kurzes Kapitel über die « Erwählung » Israels, Thema, das uns manchmal fremd oder gar als empörend vorkommt, da wir darin einen selbsternannten Anspruch oder eine Überwertung sehen als vielmehr eine unverdiente Tat Gottes, die den Bündnispartner in die Pflicht nimmt. Israel aber ist wegen der Treue Gottes zu sich selbst für immer « sein Volk », aber als solches – man denke an Adam und Eva als gedachten Ursprung der ganzenMenschheit (dieses Argument kommt leider erst später) – eben die Singularität, die für eine Universalität steht.
    ME fehlen hier einige Aspekte…


    4. Es werden einige Grundthemen Raschis aufgezählt und kurz erläutert : Der Frieden ; Das Studium ; Die Barmherzigkeit ; Die Gerechtigkeit ; Die Leadership ; Konkrete Antworten auf konkrete Fragen ; Litaneien und Gebete…


    5. War das XI. grösstenteils für die Juden ein eher friedliches, endet dieses ereignisreiche Jahrhundert doch mit dem Beginn des ersten Kreuzzuges. Er war zwar gegen die Muslime gerichtet, die Jerusalem besetzt hielten, aber er fand die Ausweitung – auch auf europäischem Boden – in der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Raschi und seine Heimatstadt Troyes waren nicht direkt betroffen, aber doch zB die alten Studienstätten des Rabbis in Worms und Speyer. Warum scheint man keine konkreten Aussagen dazu zu finden ? Wiesel zeigt auf, wo sich eben solche in Auslegungen niedergeschlagen haben in den letzten Lebensjahren Raschis.


    Insbesondere in den Kapiteln 1 und 5 finden wir eine Beschreibung dieses Jahrhunderts und der Einbettung der jüdischen Bevölkerung bzw Raschis in diesem, und vielleicht auch, mit dem Vorwort und anderen Kapiteln – einen Einblick in das jüdische Lesen der Heiligen Texte, in eine Kultur, die die Welt so geprägt hat.


    MEINE MEINUNG :
    Dieser uns eventuell unbekannter Raschi des ausgehenden XI.Jahrhunderts ist eine Schlüsselfigur für die Geistesgeschichte Europas und der (jüdisch-biblischen) Welt im Besonderen. Selbst wenn wir ihn von ferne her nur einschätzen können, hoffe ich, dass mein Beitrag eventuell eine kleine Lücke füllen kann. Trotz dieser Wichtigkeit aber wird dieses Portrait selbst, die Motivation des Autors, Raschi selber vielen hier wohl fremdbleiben. Aber lohnt es sich nicht eben doch, in wesentliche Elemente auch uns vielleicht fremder Vorgangsweisen ein wenig hineinzuschnuppern ? Und über unser Wissenwollen oder nicht sind wir geprägt und beeinflusst von Menschen wie ihm, oder vom Leben mit Menschen, die sich durch Raschi inspirieren lassen.


    MEHR ZU RASCHI:



    (Quelle und mehr, siehe : https://de.wikipedia.org/wiki/Raschi )


    AUTOR :
    Elie Wiesel, geboren am 30. September 1928 in Sighetu Marmației, Königreich Rumänien; gestorben am 2. Juli 2016 in New York City, Vereinigte Staaten, war ein rumänisch-US-amerikanischer Schriftsteller, Hochschullehrer und Publizist. Als Überlebender des Holocausts verfasste er zahlreiche Romane und sonstige Publikationen zu diesem Thema und erhielt 1986 den Friedensnobelpreis für seine Vorbildfunktion im Kampf gegen Gewalt, Unterdrückung und Rassismus.
    (Quelle und lohnenswertes Weiterlesen bei : https://de.wikipedia.org/wiki/Elie_Wiesel )


    Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
    Verlag: Verlag Herder; Auflage: 1 (10. Februar 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3451313367
    ISBN-13: 978-3451313363

  • Hier eine Verlinkung zu der von mir gelesenen französischen Ausgabe. Dort befand sich eine Bibliographie im Anhang, aber kein Glossar oder auch Personenverzeichnis, die hilfreich gewesen wären:


    Broché: 140 pages
    Editeur : Grasset (17 mars 2010)
    Collection : essai français
    Langue : Français
    ISBN-10: 2246762219
    ISBN-13: 978-2246762218