Joe Abercrombie - Kriegsklingen

  • Heute nachmittag habe ich mit dem ersten Band der hochgelobten Trilogie "Kriegsklingen" begonnen und bin nun bei Seite 117. Da ich noch etwas im verwirrten "Wer ist wer und worum geht es hier überhaupt"-Stadium bin, ist es vielleicht nicht verkehrt, hier die Inhaltsangabe zu zitieren (Quelle: amazon):


    "Dies ist die atemberaubende Geschichte von Logen, dem Barbarenkrieger, der eigentlich nur seine Ruhe haben will – wenn er nicht ständig um sein Leben kämpfen müsste. Und die Geschichte von Großinquisitor Glokta, der eigentlich durch nichts zu erschüttern ist – bis er auf eine lebende Legende trifft, die in seiner Stadt eine magische Intrige spinnt, und die das ganze Reich zu erschüttern droht."


    Bisher bin ich auf den ersten hundert Seiten einer Menge Leute begegnet: Logen, der anfangs Schreckliches durchmacht, von dem aber dann plötzlich nicht mehr die Rede ist, Glokta, der offenbar eine gräßliche sadistische Veranlagung hat und wohl auch schon Gräßliches erlitten hat, Major West und ein gewisser Jezal, der für den Fechtkampf ausgebildet werden soll, die Schwester von Major West, Ardee, und einige andere Randfiguren, die auftauchen und wieder verschwinden. Eigentlich blicke ich noch überhaupt nicht durch, worum es geht, aber egal, das kommt sicher noch. Es gab bereits äußerst blutige Szenen, die anscheinend völllig normal in dieser Geschichte sind, und ich kann Berichte bestätigen, dass Abercrombie mit einer ordentlichen Portion Humor schreibt. Jenem trockenen, selbstironischen, manchmal schnodderigen englischen Humor, den wahrscheinlich nur männliche englische Autoren so richtig draufhaben, der aber nicht unbedingt dem Umgangston von Frauen entspricht. Ich will damit sagen, dass ich mich bei manchen Passagen gefragt habe, ob das wohl so das typische Männer-Schlachten-Fantasy-Buch ist, das nur Männer richtig zu würdigen wissen, oder ob es mich eher weniger hartgesottene weibliche Leserin auch anspricht, die nicht dringlich alle zwei Seiten eine durchschnittene oder durchbohrte Kehle, gespaltene Schädel und zerstückelte Leute braucht,um ein Buch spannend zu finden.


    Wie gesagt: ich bin noch in der Phase der ersten Kontaktaufnahme mit dem Buch, und ich gebe zu, ich habe mich auch schon etliche Seiten lang sehr amüsiert. Alles in allem weiß ich noch nicht, ob das was mit dem Buch und mir wird. Zumindest lese ich auf jeden Fall weiter und bin noch ganz offen für neue Eindrücke.

  • Heute morgen bin ich schon über 150 Seiten weiter. Was die Schlußfolgerung zulässt, dass ich a) noch lange bis in die Nacht gelesen habe und b) das Buch durchaus spannend finde, sonst wäre ich um 21 Uhr ins Bett gegangen und hätte nicht noch weitergelesen. :lol:


    Logen tauchte mittlerweile auch wieder auf, mit einem sehr lädierten Zauberlehrling im Schlepptau, genauer gesagt hat er ihn 40 Meilen halbtot und selber schwerverletzt auf dem Rücken geschleppt, bis sie in Sicherheit waren. Respektabel, kann man da nur sagen. Überhaupt finde ich Logen richtig sympathisch. Auch der Schreibstil von Abercrombie gefällt mir richtig gut! Witzig, ironisch, spannend, präzise und differenziert alles beschreibend, flüssig zu lesen, er arbeitet die Charaktere sehr gut heraus und es gelingt ihm hervorragend, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Wie Abercrombie schreibt, ist in meinen Augen ohne Einschränkung fünf Sterne wert.


    Was er schreibt, macht mir etwas mehr Mühe. So ganz habe ich auch nach über 350 Seiten immer noch nicht raus, wo das Ganze spielt und worum es wirklich geht. Der Sinn und Zweck hat sich mir noch nicht erschlossen, auch wenn die Geschichte gut unterhält. Ob man immer einen Sinn und Zweck erkennen muss, lasse ich mal dahingestellt sein. Vielleicht kann man sich mit einer Fantasy-Story auch einfach nur gut amüsieren und sie spannend finden, ohne etwas dergleichen zu erkennen. Ich bin halt ein Lesertyp, der immer gerne den Gesamtkontext vor Augen hat, und der fehlt mir bei den "Kriegsklingen" noch.


    Was mir bei dem Buch auch ein bißchen zu schaffen macht, sind die unendlich vielen, unendlich blutigen Gemetzeldetails. Ständig wird jemand abgeschlachtet, dass das Blut nur so spritzt, ständig wird jemand gefoltert, und es wird alles sehr genau beschrieben, bis ins letzte Detail und in aller Ausführlichkeit. Mir persönlich wäre es erheblich lieber, es würde nur alle dreißig bis vierzig Seiten blutiges Gemetzel stattfinden, und nicht alle drei bis vier Seiten. Ich habe mir damit geholfen, dass ich die Gemetzelseiten überschlage. Dadurch entgeht mir möglicherweise Wichtiges, aber das ist mir lieber als wenn ich nach fünfzig Seiten Lesen im Magen ein flaues Gefühl feststelle und nachts von den Nordmannen oder Glokta oder literweise Blut alpträume. Abercrombie ist, was die Gemetzelschilderungen angeht, in meinen Augen Bernard Cornwell ebenbürtig, der ja auch Meister der blutigen Details, der Schlachten und des Gemetzels ist und ebenso gut schreiben kann.


    Alles in allem gefällt mir aber "Kriegsklingen" - mit diesen Einschränkungen - sehr gut und ich werde ziemlich sicher auch den nächsten Band lesen, wenn ich mit diesem fertig bin. Zwischen dem ersten und dem zweiten Band werde ich jedoch ganz sicher irgendeine friedliche Herzschmerz-Frauengeschichte oder etwas dergleichen lesen, wo höchstens ein blauer Zeh und sonst nichts, absolut gar nichts, was physisch weh tut, vorkommt. :loool: Oder ein trockenes Sachbuch über Nicht-Geschichtliches. Diese seelische Erholung brauche ich dann erst mal.

  • Mittlerweile habe ich die "Kriegsklingen" fertig gelesen. Mein oben schon geschilderter Eindruck bleibt bestehen. Wenn es nicht so blutig und brutal zugehen würde, hätte ich dem Buch fünf Sterne gegeben. So aber nur vier Sterne.


    Der Nachfolgeband liegt schon bereit, muss aber noch etwas warten, denn ich brauche nun erst mal eine Gemetzel-Erholungspause. :)

  • Danke für Deinen Eindruck, @Mirielle ! Bei mir ist die Reihe gerade von der WuLi geflogen. Blutig, brutal plus Gemetzel ist etwas was ich bei Büchern ganz sicher nicht brauche. :wink:

  • Blutig, brutal plus Gemetzel ist etwas was ich bei Büchern ganz sicher nicht brauche.

    :-k Das ist wohl auch immer Auslegungssache. Ich kann mich z.B. bei diesem Buch nicht wirklich an viele brutale Szenen und Gemetzel erinnern. Da fand ich z.B. Bernhard Hennens Elfenromane viel heftiger. Vielleicht hab ich da aber auch eine andere Schwelle. :wink:

  • @Kapo
    ich würde nicht sagen, dass es Auslegungssache ist, denn ich interpretiere ja blutige Szenen nicht, wenn ich wahrnehme, dass da jemand gerade geköpft, ihm der Bauch aufgeschlitzt, die Kehle durchschnitten oder er sonstwie malträtiert wird. Das ist so, wie es eben erzählt wird, und jeder kann es nachlesen. Aber du hast recht, was sicher sehr unterschiedlich ist, ist der Punkt, bis wohin man es als Leser akzeptiert, toleriert, überliest oder nicht mehr ertragen kann, und wie man damit umgeht. Ich habe da keine so dicke Haut, lese deswegen auch keine Thriller, Horror-Romane etc., und wenn zuviel Gemetzel vorkommt, lege ich auch historische Romane aus der Hand und höre zu lesen auf. Andere erleben und empfinden das anders. Ich stehe dazu, dass mir blutige Schilderungen, Folter- und Gewaltszenen in Büchern recht schnell zuviel werden. Aber natürlich soll und muss sich jeder selber einen Eindruck von einem Buch verschaffen.


    @Jessy1963
    Mir hat das Buch insgesamt gefallen, sonst hätte ich nicht geschrieben, dass ich vier Sterne dafür vergeben würde und auch den zweiten Band lesen werde. Was die grausigen Szenen angeht, so kann ich persönlich das bei Fantasay leichter ignorieren (oder überblättern :wink: ), weil es eben Fantasy ist und nichts mit der historischen oder heutigen Realität zu tun hat. Wenn ein Ork oder ein Gnom oder ein Elf umgebracht wird, ist mir das ziemlich egal. Wenn ein Mensch - wie in historischen Romanen mit realem Hintergrund - grausam und brutal umgebracht oder zu Tode gefoltert wird, ist mir das nicht egal, weil ich weiß, dass alle solche Grausamkeiten, die man sich nur ausdenken kann, schon irgendwann konkret an konkreten Menschen verübt wurden. Davon kriege ich Albträume und das macht mir persönlich Angst. Ich kann mich nicht davon distanzieren wie bei Fantasygeschichten.


    Insofern denke ich, könntest du die "Kriegsklingen" durchaus mal anlesen. Obwohl ich natürlich nicht weiß, wie es dir mit solchen "Gemetzel-Szenen" geht. Wenn dir das allgemein schnell zuviel wird, ist Abercrombie meiner Einschätzung nach vielleicht eher nichts für dich. Denn es ist keine friedliche Kinder-/Jugend-Fantasy, das kann man beim besten Willen nicht behaupten.

  • Ich habe die Reihe auch schon länger auf meinem Reader rumliegen und wollte sie schon immer mal lesen.
    Ist das Ganze sehr fantastisch? Denn ich habe immer so meine Probleme mit Fantasy. Ich bin eher so der Fan von Fantasy der Marke "Lied von Eis und Feuer".
    Ein bisschen Magie und dergleichen finde ich schon ganz gut, mehr wie das Salz in der Suppe, aber mit so richtiger High Fantasy, inklusive Orks und Elfen, kann ich mich nicht so richtig anfreunden.
    Da sperrt sich irgendwas in mir und ich kann das nicht so richtig ernst nehmen. Wahrscheinlich bekomme ich deswegen auch keinen wirklichen Zugang, zum Herrn der Ringe und ähnlichen Werken.

  • @Walter O'Dim
    Nein, ich finde es nicht sehr fantastisch. Es tauchen schon seltsame Gestalten auf, aber eher so wie in "Das Lied von Eis und Feuer". Orks, Elfen, Drachen und ähnliche Gestalten kommen bei Abercrombie nicht vor, auch keine geheime Königinnen, die gerettet werden müssen, jedenfalls nicht im ersten Band ( die anderen kenne ich ja noch nicht). :loool: Ich habe von G.R.Martin (Eis und Feuer) auch nur den ersten Band gelesen und den dritten angelesen, bin also kein wirklicher Fan von ihm und weit davon entfernt, sein Werk irgendwie näher beurteilen zu können, aber von meinem Eindruck her würde ich sagen, dass Abercrombie und G.R. Martin ähnlich unterwegs sind, was die Szenerie und den Schreibstil angeht.

  • Ohne groß zu Spoilern... ein Hauch Magie beinhaltet die First-Law-Welt mit ein paar relativ magische Geschöpfen.
    Wenn dies wiederum zu viel Magie ist, gibt es noch von Abercrombie die Shattered-Sea-Triologie.


    Ist Abercrombie gut? Es gibt nur eine Antwort: Die Antwort ist stahl! ;)

  • Nachtrag:
    Ich hatte mit dem Lesen des zweiten Bandes begonnen, breche aber nun nach etwas über der Hälfte des Buches ab. Es fängt schon brutal an und geht noch brutaler, blutiger und grausamer weiter. Im Grunde ist es ein einziges Abschlachten mit einigen kurzen Unterbrechungen, die wohl nötig sind, um ein Fortlaufen der Story zu gewährleisten. Ansonsten schildert Abercrombie in allen Einzelheiten alles nur denkbar Mögliche, was man einem Menschen antun kann. Sowas brauche ich nicht, sowas will ich nicht lesen, und ich kann beim zweiten Band nur sagen: nein, danke, mir reicht's.


    Schade, denn Abercrombie kann wirklich ausgezeichnet schreiben.


    @Jessy1963, ich bin sehr gespannt auf deinen Eindruck vom ersten Band, in den du ja mal reinlesen wolltest. Aber ich glaube mittlerweile, ich hätte dir nicht dazu raten sollen. :-?

  • @Jessy1963, ich bin sehr gespannt auf deinen Eindruck vom ersten Band, in den du ja mal reinlesen wolltest. Aber ich glaube mittlerweile, ich hätte dir nicht dazu raten sollen.

    Ach, ich lese da mal rein wenn ich es habe und wenn es mir nicht gefällt wird das Buch einfach wieder zugeklappt :wink: Alles gut :friends:
    Aber schade, dass es Dir nicht gefallen hat.

  • Da fand ich z.B. Bernhard Hennens Elfenromane viel heftiger.

    Bei den "Elfen" wird gemetzelt? :scratch:

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Also, ich hab die Kämpfe schon recht blutig in Erinnerung. :-k

    Kann ich nur zustimmen, ich habe gestern den Band "Elfenlicht" zu Ende gelesen, und auch da wird heftig gemetzelt, geblutet und getötet, mit detaillierten Beschreibungen dazu. Abercrombie und Hennen ersparen dem Leser diesbezüglich wenig bis gar nichts. Warum ich Abercrombie noch schlimmer fand, kann ich gar nicht genau sagen. Vielleicht weil mir bei ihm die beschriebenen Figuren noch mehr nach "Mensch" vorkamen und weniger, wie bei den Elfenbüchern, als Kunstfiguren erschienen. :-k Oder weil ich die Schilderungen der Folterungen und des Mordens bei Abercrombie noch ausführlicher empfand, als ob es gar kein Ende mehr damit nehmen würde. Ich weiß es nicht. Bei Kunstfiguren, wie Elfen, Trollen, usw., kann ich es noch eher wegstecken und mich innerlich davon genug distanzieren, um es lesen zu können (obwohl es mir absolut nicht gefällt), aber bei Stories, die mich an Menschen erinnern bzw. in denen Menschen vorkommen, ertrage ich solche Szenen nicht.

  • @Mireille
    Schade, dass dir der "First Law"-Auftakt nicht gefallen hat. Aber wenn dir nicht nach blutigem Gemetzel ist, dann kann ich dich da gut verstehen. Das wird in den Folgebänden auch nicht besser 8-[ Und es stimmt schon, dass Abercrombie da nicht zimperlich ist. Auch - oder gerade - die Charaktere, die man als "Menschen" kennen und gerne auch lieben lernt, kommen unter die Räder bzw. die Äxte.
    Aber falls dir sein Schreibstil ans ich zugesagt hat, dann wäre vielleicht seine Jugendbuch-Trilogie "Shattered Sea" etwas für dich :-k Sie richtet sich an ein jugendlicheres Publikum und das merkt man den Büchern an. Natürlich ist auch dort nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen - wer erwartet das bei Abercrombie schon - und es gibt auch Krieg, Schlachten und Gewalt. Aber vom Grundton her habe ich sie als "sanfter" empfunden. Kann natürlich auch nur mein persönlicher Eindruck sein, aber vielleicht kannst du in den ersten Band mal reinlesen und scxhauen, ob es eher etwas für dich ist.

    :study: Das Lächeln der Fortuna (R.Gable)
    :bewertung1von5: Bücher/Seiten 2022: 53/23.270 || SUB 277 O:-) (Start:287)

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