Original: Polnisch, 1936
Früher auf Deutsch auch erschienen unter dem Titel: Das Sanatorium zur Todesanzeige
INHALT:
Gewöhnliche Fakten sind in der Zeit aneinandergereiht, sie sind auf deren Verlauf gefädelt wie auf einer Schnur, doch was soll man mit den Ereignissen tun, die keinen eigenen Platz in der Zeit haben, die in der Luft hängen, heimatlos und verloren?« In seinen berühmten Meistererzählungen aus Galizien betrachtet Bruno Schulz die verrinnende, die stagnierende, die wuchernde und sich verästelnde Zeit. Groteske Gestalten gewähren Einblick in ein fantastisches Universum von Jahreszeiten, Gerüchen, Licht, aber auch kindlich-zarter Erotik.
(Quelle: Amazon.de)
BEMERKUNGEN:
Eine Sammlung von Erzählungen, in dem sich ein ganz ungewöhnliches Universum auftut. Vielleicht geht es nicht allein um Inhalt(e), sondern um die Schreibweise, um Annäherungen und Sprachgebrauch, spielerischen Umgang mit Erinnerung und Traumelementen.
Es beginnt mit einer Erinnerung an die Verzauberung(en) der Kindheit mit seinen erstaunlichen Entzückungen und Entdeckungen einer verborgenen Welt oder von Gegenständen „voller Bedeutung“. Und es geht weiter mit anderen Bruchstücken aus dem Leben des Erzählers. Reales und Vorgestelltes, Imaginäres verschwimmen ineinander und ich fühlte mich an eine hervorgerufene Welt erinnert, wie sie zB ein Fellini-Film (8 ½) evoziert.
In diesem ersten Stück stieß ich also das erste Mal auf den Stil und die Sprache von Bruno Schulz. Und wie auch in den anderen Erzählungen weiß man manchmal nicht so recht, aus welcher Perspektive der Autor denn nun erzählt: Da geht es um Kindheitserinnerungen, die sowohl aus Kindessicht als auch aus der späteren Sicht eines Erwachsenen herrühren. Sichtweise, die teils so reflektiert daherkommt, dass sie schon an psychologische Interpretationsansätze erinnert. Ich notierte beim Lesen „die Schau eines Erwachsenen, der wie von innen her die Betrachtungen und das Leben des Kindes kommentiert“. Der Autor selber schreibt dazu: „Wir wollen Anspielungen, Annäherungen, Halte und Zwischenetappen unseres Lebensweges pflücken, Bruchstücke eines zerbrochenen Spiegels. Wir sammeln in kleinen Stücken auf, was eins und unzerteilbar ist.“ (Behelfsübersetzung von mir)
Ich war sehr beeindruckt von diesem Universum und der Weise, das Er- und Gelebte zu anzugehen. Eine Welt, die zu einem grossen Teil verschwunden ist mit den Greueln des II.Weltkrieges.
Unabhängig von der Sprache (ich las das Buch auf Französisch) versteht man vielleicht aufgrund dieser traumwandlerischen Art nicht alle Einzelheiten. Doch um noch besser an dieses Werk heranzugehen versprach ich mir, es eines Tages auch nochmals auf Deutsch zu lesen.
Was für ein origineller Schriftsteller! Eine Entdeckung wert für den Literaturliebhaber? Feinste Kost!
ZUM AUTOR:
Bruno Schulz (* 12. Juli 1892 in Drohobycz, damals Österreich-Ungarn, heute Ukraine; † 19. November 1942 ebenda) war ein polnisch-jüdischer Schriftsteller, Literaturkritiker, Graphiker und Zeichner.
Sohn eines jüdischen Textilhändlers in Drohobycz/Galizien geboren. Nach dem Abitur wollte er Maler werden, doch die finanziellen Verhältnisse machten ein Architekturstudium ratsam. Krankheiten, der Tod des Vaters und die wirtschaftliche Situation zwangen ihn, sich als Zeichenlehrer zu verdingen. Daneben arbeitete er als Maler und Graphiker und begann zu schreiben. 1936 wurde er mit dem »Goldenen Lorbeer« der Polnischen Akademie für Literatur ausgezeichnet. 1942 kam er ins Ghetto; wenig später wurde er von der Gestapo auf offener Straße erschossen.
(mehr unter http://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Schulz , sehr interessanter Artikel zum Leben von Schulz hier: http://www.dradio.de/dkultur/s…erjuedischenwelt/2321088/ )
Erstmals im Taschenbuch in einer Neuübersetzung von Doreen Daume:
Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2013)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3423142065
ISBN-13: 978-3423142069