Simon Van Booy - Mit jedem Jahr / Father's Day

  • Eltern-Kind-Romane sind meist sehr gefühlvolle Lektüren, und diese hier macht keine Ausnahme. Mir war es zu Beginn fast etwas zu viel, da ich keinen roten Faden erkannte und so befürchtete, es handle sich hier nur um eine Aneinanderreihung von Sätzen in der Art wie '...stellte sich bei jedem Bissen die trockenen Münder vor, die schon lange aus dieser Welt verschwunden waren, deren Unschuld aber überlebt hatte.' Und das 300 Seiten ohne größere Handlung? Doch nach und nach tritt die eigentliche Geschichte hervor und ich verfiel regelrecht diesem melancholischen Schreibstil voller Gefühle :wink:
    Harvey verliert als kleines Mächen ihre Eltern durch einen Verkehrsunfall. Einziger Verwandter ist der Bruder ihres Vaters, Jason, das schwarze Schaf der Familie: vorbestraft, aufbrausend, offenbar gewalttätig. Doch Wanda vom Sozialamt glaubt an ihn und mit einigen Tricks gelingt es ihr, dass er Harvey bei sich aufnimmt. 20 Jahre später lebt Harvey in Paris, wo ihr Vater sie besucht und sie beide sich an vergangene Zeiten erinnern.
    Nach einer kurzen Vorgeschichte, in der Harvey noch bei ihren Eltern lebte, stellt Jasons Besuch bei seiner Tochter in Paris die fortlaufende Rahmenhandlung dar. Darin eingebettet sind Erinnerungen, die ausgelöst werden durch kleine Geschenke an Jason zum Vatertag, wie beispielsweise eine Peter-Hase-Tasse oder ein Baseball, was jeweils für ein bestimmtes Ereignis steht, das wiederum zu weiteren Erinnerungen in Jasons Kindheit führen kann. Dies mag sich jetzt wie Kraut und Rüben anhören, eine chaotische Geschichte der nur schwer zu folgen ist. Doch die jeweiligen Rückblicke fügen sich harmonisch zusammen und man erkennt dadurch, wie Jason der wurde der er war, als Harvey zu ihm kam.
    Es ist ein trauriges, aber auch ein mutmachendes Buch: Zu lesen, wie dem jungen Jason durch seine Eltern jegliches Selbstvertrauen verwehrt wurde und er dadurch beinahe sein Dasein in permanenter Wut und ständigem Zorn vertan hätte. Dann aber durch seine Liebe zu und die Verantwortung für Harvey seinem Leben wieder einen Sinn verlieh. Einfach eine schöne Lektüre! Nur der Schluss ließ mich etwas ratlos zurück: Hätte es nicht völlig geklärt werden können? (Hier schreibt die Sehnsucht nach einem kompletten Happyend :wink: )

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Emotionale Familiengeschichte


    „Mit jedem Jahr“ von Simon Van Booy erzählt die Geschichte von Jason und Harvey. Nachdem Harveys Eltern gestorben sind, sieht sich Jason, der Bruder von Harveys Vater, mit der Aufgabe konfrontiert, sich um seine kleine Nichte zu kümmern – ist er doch ihr einziger, verbliebener Verwandter.


    Der Klappentext zu „Mit einem Jahr“ machte mich zwar neugierig auf die Geschichte, wird dem, was den Leser allerdings erwartet, leider nicht annähernd gerecht. Denn, soviel möchte ich vorwegnehmen, dieses Buch ist einfach wundervoll. Simon Van Booy hat es geschafft, eine bewegende, zu Tränen rührende, aber auch voller schöner Momente steckende Geschichte zu Papier zu bringen. Die Geschichte wird dabei anders erzählt, als ich es erwartet hatte. „Mit jedem Jahr“ beschreibt nicht nur die ersten Jahre, in denen Harvey bei ihrem Onkel Jason aufgenommen wird, sondern gestattet auch einen Blick in die Gegenwart der beiden – nachdem Harvey, nun erwachsen, auf eigenen Beinen steht.


    Die Art und Weise, wie einen der Autor dabei an den Erlebnissen und der Gefühlswelt der beiden teilhaben lässt, ist einfach wundervoll. Van Booy überdramatisiert nicht, das hat er gar nicht nötig. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt der Handlung das Gefühl, dass die Geschichte ins Kitschige driftet und dennoch ist das eine der Geschichten, die den Leser absolut emotional involvieren.


    Simon Van Booy hat es dabei nicht nötig, dem Leser übermäßig zu sagen, was die beiden Hauptpersonen der Geschichte fühlen – er zeigt es uns, in Ausschnitten aus den Jahren, die Jason und Harvey zu einer Familie gemacht haben und in denen sie es noch heute sind.
    Wenn man mich fragen würde, was das zentrale Thema von „Mit jedem Jahr“ ist, wüsste ich wohl auf Anhieb nicht so richtig, wie die richtige Antwort lauten müsste. Es geht um die Familie, darum, welche Auswirkungen die Vergangenheit auf unsere Gegenwart und Zukunft nehmen kann, um Liebe und um Vergebung.


    „Mit jedem Jahr“ hat mich emotional berührt und ist eines der Bücher, das einen Leser auch noch beschäftigt, nachdem man die letzte Seite zu Ende gelesen hat. Wer emotional berührende Geschichten mag, dem kann ich „Mit jedem Jahr“ uneingeschränkt empfehlen und vergebe daher 5 von 5 Sternen.

  • Nette, berührende Geschichte
    Als Harveys Eltern tödlich verunglücken, wird sie von ihrem Onkel, Jason, adoptiert. Jason neigt zu Wutausbrüchen, ist vorbestraft und ist eigentlich alles andere als ein perfekter Adoptivvater. In "Mit jedem Jahr" erzählt Simon van Booy, wie Jason und Harvey zu einer Familie werden, wie sie einander helfen, ihre Probleme zu bekämpfen.
    Das ist das erste Buch von Simon van Booy, das ich gelesen habe, aber sicherlich nicht das letzte. Ich fand seinen Schreibstil sehr schön, zart und elegant.
    Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt und springt immer zwischen Gegenwart und Vergangenheit; man hat aber trotzdem kein Problem der Geschichte zu folgen.
    Es gibt sowohl lustige als auch traurige Momente, man wird von dem Buch emotional berührt - es ist ein sehr schönes Buch über die Eltern-Kind-Liebe.
    Ich kann aber dem Buch nicht das volle Sternzahl vergeben und muss einen Stern für das letzte Geheimnis abziehen - ich fand diesen Geheimnis in diesem Buch fehl am Platz.