In Vorbereitung auf das Lesen des zweien Bandes der Otto-Sage habe ich „Das Haupt der Welt“ (zum Teil parallel) gelesen und hatte dann einen guten Einstieg in das Geschehen. Erleichternd ist auch, dass mich die deutsche Geschichte der ersten Könige und Kaiser schon in der Schulzeit interessiert hat und ich bereits die ein oder andere Information hierzu "abgespeichert" habe. Von daher fällt es mir nicht schwer, mich in der Zeit zurechtzufinden. Allerdings finde ich es ungleich faszinierend, in Romanform direkt beim Geschehen dabei zu sein. Es ist großartig, wie Rebecca Gablé das Leben fiktiver Personen mit dem der historisch nachgewiesenen verknüpft und allen Leben und Emotionen einhaucht, zudem auch das „Drumherum“ nicht vergisst und so ein plastisches Bild einer vergangenen Zeit schafft.
Aber etwas genauer:
Zitat von Lübbe VerlagAnno Domini 951: Der junge Gaidemar, ein Bastard vornehmer, aber unbekannter Herkunft und Panzerreiter in König Ottos Reiterlegion, erhält einen gefährlichen Auftrag: Er soll die italienische Königin Adelheid aus der Gefangenschaft in Garda befreien. Auf ihrer Flucht verliebt er sich in Adelheid, aber sie heiratet König Otto.
Dennoch steigt Gaidemar zum Vertrauten der Königin auf und erringt mit Otto auf dem Lechfeld den Sieg über die Ungarn. Schließlich verlobt er sich mit der Tochter eines mächtigen Slawenfürsten, und der Makel seiner Geburt scheint endgültig getilgt. Doch Adelheid und Gaidemar ahnen nicht, dass ihr gefährlichster Feind noch lange nicht besiegt ist, und als sie mit Otto zur Kaiserkrönung nach Rom aufbrechen, droht ihnen dies zum
Verhängnis zu werden...
Die Flucht von Adelheid von Burgund hat es tatsächlich gegeben, und mit Gaidemar, der den Auftrag erhalten hat, Adelheid sicher in die Freiheit zu geleiten, denke ich, dass es Respekt verdient, dass sie trotz der scheinbar aussichtslosen Situation den Mut nicht verloren, sondern die sich ihr und Begleitern klitzekleine Chance ergriffen und sich quasi mit bloßen Händen einen Weg in die Freiheit gegraben hat.
Auf den ersten Seiten des Romans ist viel von Adelheids Charakter zu erfahren (später gerät sie auf den ersten 200 Seiten leider etwas in den Hintergrund). Obwohl sie sich fürchtet und nicht weiß, ob sie dem Ansinnen von Berengar auf Dauer widerstehen kann, ist ihr eine innere Stärke zu Eigen, die sie den Einschüchterungsversuchen von Berengar entgegensetzt. Und sie verfügt über eine Art Humor, der einen schmunzeln lässt. „Ihr meint, wir sollten noch länger hier ausharren? Wie lange? Bis unsere Verolger an Altersschwäche sterben?“ (Seite 53)
Gaidemar gefällt mir, er macht einen besonnenen Eindruck auf mich. Dass recht bald offenbart wird, wer sein Vater ist, hat mich erstaunt. Allerdings auch gefreut.
Denn Thankmar habe ich im ersten Band besonders gemocht, und als er starb, konnte ich mir ein paar Tränen nicht verkneifen. Thankmar war kein Kind von Traurigkeit und bei den Frauen sehr beliebt. Von daher ist eine Vaterschaft vor seiner Beziehung zu Egvina durchaus nachvollziehbar. Namentlich wird Gaidemar allerdings im ersten Band nicht erwähnt.
Dass Henning - allseits bekannt als Bruder des Königs - sich in altbekannter Art und Weise präsentiert, hat mich nicht gewundert. „Gelangweilt, selbstgefällig – ganz und gar unerträglich, wie üblich.“ (Seite 36) - Er ist nun einmal von Bosheit durchdrungen,
auch wenn er das Vertrauen, das Otto ihm die letzten Jahre gewährte, nicht missbrauchte. Wenn er schon seinen König etwas vorspielen muss, lässt er seinen Frust an anderen aus. Und Gaidemar ist einer der Leidtragenden...
Neben altbekannten Personen rücken ein paar neue in den Mittelpunkt der Handlung. Da ist Luidolf, Ottos Sohn aus erster Ehe, an sich kein schlechter Kerl. Er ist seiner Frau Ida in Liebe zugetan, und im ersten Band habe ich gerade noch erlebt, wie die beiden als Kinder miteinander umhertollen und verlobt werden. Aber wer ein wenig die Geschichte kennt, weiß, welche Pläne Luidolf verfolgen wird und...
... so sagt Gaidemar zutreffend: „Das ist Verrat, und du setzt dich ohne Not ins Unrecht.“ (Seite 188)