Cat Clarke - Falsche Schwestern / The Lost and the Found

  • Die Handlung entwickelte sich leider offensichtlicher als erwartet


    Klappentext
    „Faith kennt ihre Schwester Laurel eigentlich nur von einem Foto. Ein lächelndes sechsjähriges Mädchen, das eines Tages spurlos aus dem Garten verschwand. Für Faith Familie beginnt ein Albtraum: Angst, Kummer, Pressekonferenzen, großangelegte Polizeisuche und Paparazzi. Doch dann, mehr als 13 Jahre später kommt ein Anruf. Eine junge Frau ist aufgetaucht. Und sie hat Laurels Teddy im Arm. Die Familie kann ihr Glück kaum fassen: Endlich hat Faith ihre große Schwester zurück. Dann aber schlägt ihre Freude um. Irgendetwas fühlt sich verdammt falsch an … In Faith wächst ein schrecklicher Verdacht.“


    Gestaltung
    Das Cover passt meiner Meinung nach richtig gut zur Geschichte, denn man erkennt auf dem Fotomotiv zwei Mädchen. Einmal das Bild eines Teenagers und einmal das Bild eines kleinen Mädchens mit Teddybär, welches die verschwundene Schwester der Protagonistin darstellen könnte. Die hellen, sommerlichen Farben gefallen mir dazu auch sehr gut, denn so wird das Cover nicht zu düster. Toll finde ich dabei die Idee, dass die beiden Bilder übereinander angeordnet sind und nur dadurch sichtbar werden, dass sie in abwechselnden Streifen abgebildet sind.


    Meine Meinung
    Alleine das Lesen des Klappentextes hat bei mir ausgereicht, um meine Neugier auf diese Geschichte ins Unermessliche steigen zu lassen. Die Thematik – ein verschwundenes Mädchen taucht nach 13 Jahren plötzlich wieder auf – fand ich an sich schon super spannend, aber die kleine Anmerkung, dass die Schwester der Verschwundenen einen Verdacht hat, hat mich direkt gepackt. Was ist damit gemeint? Ist das aufgetauchte Mädchen vielleicht gar nicht die verschwundene Schwester? Protagonistin Faith wird in ein Wechselbad der Gefühle geworfen und doch bleibt ihre Skepsis: ist das aufgetauchte Mädchen wirklich ihre Schwester Laurel?


    So hat mich der Klappentext direkt eingefangen, aber leider muss ich sagen, dass genau das, was meine Neugier ausgelöst hat (die Ungewissheit darüber, was Faith für einen Verdacht hat), für mich viel zu schnell ersichtlich wurde. So hat mir die Geschichte recht schnell den Wind aus den Segeln genommen und für mich die Dynamik und Spannung der Handlung ziemlich abflauen lassen. Ich ahnte aufgrund offensichtlicher Anmerkungen und Hinweise sehr früh, wie sich die Geschichte entwickeln würde, was mich enttäuscht hat.


    Dabei hat das Thema durchaus einiges zu bieten, denn ein 13 Jahre lang verschwundenes Mädchen, das urplötzlich wieder auftaucht, bietet auf vielen Ebenen Diskussionsbedarf. Wie sieht die Gefühlswelt des Mädchens aus? Was ist mit ihrer Familie? Wie fühlt diese sich? Gerade die Gefühle von Faith, die ohnehin schon den Eindruck hatte, immer hinter dem Schatten ihrer Schwester zu verschwinden, werden mit dem Auftauchen von Laurel noch eindringlicher. Dies hat die Autorin für mich auch gut beschrieben, auch wenn ich mir mehr Sogwirkung gewünscht hätte. Die Gefühle waren da, sie wurden auch angemessen beschrieben und behandelt, aber sie haben mich nicht ganz so erreicht und mitgerissen. Dennoch greift die Autorin diese Gefühlswelt für den Leser verständlich auf und setzt sie spannend um.


    Fazit
    Meine großen Hoffnungen und hohen Erwartungen für „Falsche Schwestern“ wurden leider nicht ganz erreicht, denn meine im Klappentext geweckte Neugier wurde beim Lesen recht schnell durch die offensichtliche Entwicklung der Handlung gedämpft. Ich konnte früh absehen, wohin sich die Geschichte bewegen würde und dabei hatte ich gehofft, dass ich genau diesbezüglich länger im Dunkeln tappen würde. Die Thematik des Buches übte aber dennoch großen Reiz auf mich aus, da sie viel Diskussionspotenzial bietet und unterschiedliche Gefühlswelten anspricht.
    3 von 5 Sternen!


    Reihen-Infos
    Einzelband

  • Inhalt
    Vor 13 Jahren wurde Laurel Logan aus dem heimischen Garten entführt, ihre jüngere Schwester Faith wurde dabei zurück gelassen. Nun ist Faith 17, doch in ihrer Familie mehr ein Schatten als eine Tochter. Obwohl Laurel nicht da ist, drehen sich alle Dinge nach wie vor um sie. In Zeitungen und im Fernsehen wird ihr Bild allgegenwärtig gehalten. Eines Tages kommt dann aber ein Anruf von der Polizei, Laurel ist wieder aufgetaucht. Plötzlich steht das Familienleben Kopf und Faith weiß nicht recht, wie sie auf ihre Schwester reagieren soll. Besonders schlimm wird es aber, als Laurel sich immer mehr in ihr Leben drängt und sich schließlich sogar an ihren Freund ranschmeißt. Doch darf man seine Schwester nach ihren Erlebnissen für ihr Handeln hassen?


    Meine Meinung
    Cat Clarke hat sich ein schwieriges Thema vorgenommen, die Umsetzung konnte aber nicht völlig überzeugen. Irgendwas hat noch gefehlt.


    Die Geschichte selbst wird aus der Sicht von Faith erzählt. Sie ist die jüngere Schwester, die immer im Schatten von Lauren steht. Sie war vier Jahre alt, als ihre Schwester verschwand, doch ihr Verschwinden wurde in der Familie nie wirklich verarbeitet. Obwohl Laurel nicht da ist, ist sie allgegenwärtig. Faith fühlt sich dabei ins Abseits gedrängt und vernachlässigt, denn ihre Meinung wird von ihren Eltern kaum wahrgenommen. Zum Glück sind wenigstens ihre beste Freundin Martha und ihr Freund Thomas für sie da. Als Laurel zurück in die Familie kommt, weiß Faith nicht, wie sie sich verhalten soll. Einerseits will sie eine gute Freundin und Schwester sein, andererseits will sie nicht noch mehr ignoriert und verdrängt werden.


    Faiths Charakter wird äußerst interessant gestaltet. Sie wünscht sich Aufmerksamkeit, als Person wahrgenommen zu werden und mehr Nähe zu ihren Eltern. Mit der Zeit hat sie allerdings gelernt, dass ihre Wunsche nicht anerkannt werden. Ihre Eltern haben Laurel verloren und irgendwie auch Faith aufgegeben. Sie klammerten sich an das verlorene Kind, ohne das Verbliebene wirklich zu beachten. Trotz aller Schwierigkeiten ist aus ihr eine starke Persönlichkeit geworden. Sie weiß, wer sie ist, auch wenn andere es nicht bemerken.


    Der Leser erlebt Faiths Reaktion auf die Rückkehr ihrer Schwester. Plötzlich ist da eine Person, die zu deiner Familie gehört, die du nicht kennst, aber akzeptieren musst. Das ganze Leben steht Kopf, alle wollen etwas von dir oder erwarten etwas. Wie soll man in einer solchen Reaktion reagieren? Wie geht man damit um, dass man immer nur hinten ansteht?


    Während Faith gefühlsbetont und nachvollziehbar dargestellt wird, bleibt Laurel undeutlich. Man bekommt augenblicklich mit, dass da etwas nicht stimmt. Ihre Art und ihr Verhalten machen stutzig. Natürlich kann höchst wahrscheinlich niemand wirklich sagen, wie sich ein solches Opfer fühlt oder wie es sich verhält. Niemand kann nachvollziehen, was diese durchgemacht haben.


    Die Art, wie Cat Clarke die Geschichte schreibt, die Schwere, die mit eingebracht wird, ist überaus emotional. Das tolle ist, dass sie dabei die Perspektive der verbliebenen Tochter wählt, statt die des Opfers. So bekommt der Leser den Eindruck, wie es sich anfühlen muss in einer zerrissenen Familie zu leben und immer nur an zweiter Stelle zu stehen. Dadurch wird Empathie erzeugt und Faith wird greifbarer.


    Wie bereits zu Beginn erwähnt, hat mir hier etwas gefehlt. Ich konnte absolut nicht mit Laurel mitfühlen. Ja, es gibt in diesem Zusammenhang ein Geheimnis, doch es ändert nicht daran, dass diese ein Opfer darstellt. Die Laurel, die man kennen lernt, bleibt unnahbar. Versteht mich nicht falsch, viele der erzählten Details sind furchtbar und grausam, doch die Art, wie sie vermittelt werden, stellt nicht zufrieden. Es wirkt, als wären es einfach alltägliche Sachen, die man so nebenbei erzählt. Es hat einfach nicht gepasst, was schließlich auch Faith auffiel.


    Überhaupt hätte ich etwas mehr Drama erwartet, mehr Sorge um Faith und vielleicht sogar Überfürsorge aus Angst ihr könnte was Ähnliches passieren, stattdessen gab es aber eher Geldgier. Man hat nicht versucht zu einem normalen Leben zurückzukehren, man wollte Profit aus der Sache schlagen. Auch die Sache mit Laurel, die immer im Mittelpunkt stehen will, hat mich wirklich verständnislos gelassen.


    Fazit
    Obwohl Faith und ihre Geschichte gut umgesetzt wurden, hatte ich nicht das Gefühl, dass der Hintergrund passend war. Ja, ihre Rolle des Kindes, das in den Hintergrund gedrängt wurde, ist glaubhaft und lädt zum Mitfühlen ein, doch alles außerhalb erschien katastrophal. Das Verhalten der Eltern und auch das von Laurel erschien realitätsfremd. Man bekam einfach nicht den Eindruck, dass dieses Mädchen etwas durchgemacht haben soll. Es fehlten die Emotionen. Cat Clarke hat einen tollen Schreibstil, doch der kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung nicht ganz passend ist.


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