Klappentext:
- Juli 1816: Vor der Westküste von Afrika entdeckt der Kapitän der Argus ein etwa zwanzig Meter langes Floß. Was er darauf sieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren: hohle Augen, ausgedörrte Lippen, Haare, starr vor Salz, verbrannte Haut voller Wunden und Blasen … Die ausgemergelten, nackten Gestalten sind die letzten 15 von ursprünglich 147 Menschen, die nach dem Untergang der Fregatte Medusa zwei Wochen auf offener See überlebt haben. Da es in den Rettungsbooten zu wenige Plätze gab, wurden sie einfach ausgesetzt. Diese historisch belegte Geschichte bildet die Folie für Franzobels epochalen Roman, der in den Kern des Menschlichen zielt. Wie hoch ist der Preis des Überlebens?
Meine Meinung:
Schon immer habe ich mich für Schiffe und deren Geschichte interessiert. Das Floss der Medusa war mir ein Begriff. In meinen Recherchen zu Schiffsunglücken stiess ich auf das Bild von Théodore Géricaults Gemälde „Das Floß der Medusa“ von 1819. Ich las die Beschreibungen der Ereignisse, die sich auf diesem Floss abgespielt haben. Allein es fehlt die Vorstellungskraft.
Franzobels Buch kam deshalb sofort auf meine Beobachtungsliste. Ich habe nicht lange gezögert und das Buch gekauft und gelesen. Das Buch liest sich flüssig. Die Gedanken bleiben dabei, weil sie immer wieder gefordert werden sich das freudlose Dasein der Besatzung, der Schiffsjungen und der Passagiere vorzustellen.
Die Figuren wirken in ihrer Existenz fast lächerlich. Franzobels Sprache ist derb, viel Mitgefühl gibt es bei den Figuren nicht zu erahnen und auch nicht zu erwarten. Aber nur so wird man auf die Ereignisse auf dem Floss vorbereitet und nur so kann man erahnen - wirklich nur erahnen - was sich auf diesem Floss innerhalb von vierzehn Tagen unter den rund einhundertfünfzig Menschen abgespielt hat.
Franzobel hat tief recherchiert. Es gibt gut dokumentierte Berichte der wenigen Überlebenden, die die Inkompentenz der Vetternwirtschaft, die menschlichen Abgründe zu Tage treten lassen. Das alles kann man gut auch in die heutige Zeit übertragen.
Hat man das Buch gelesen, fragt man sich, ob so etwas auch heute noch vorkommen kann.
Ich sage, Ja.