Henrik Ibsen - John Gabriel Borkman

  • Inhalt
    Tief gefallen ist John Gabriel Borkman, ehemaliger Bankdirektor und Unternehmer. Seit seiner Rückkehr aus dem Gefängnis vor acht Jahren, in dem er wegen Veruntreuung von Geldern einsaß, lebt er mit seiner Frau Gunhild im Haus der Schwägerin Ella: er oben, seine Frau unten, ohne jeglichen Kontakt miteinander. Eines Abends erscheint die sterbenskranke Ella, die Borkman damals geliebt, aber für seine Karriere geopfert hat. Ella fordert den Sohn der Borkmans zurück, da sie ihn einst aufgezogen hatte. Doch Gunhild verfolgt eigene Pläne mit Erhart, wie sich auch Borkman einen Neubeginn durch ihn erhofft – der Sohn als Erlöser, als Rächer, als Hoffnungsträger einer Generation, die nurmehr ein Schattendasein führt und unfähig zum verantwortlichen Handeln ist. Doch der Junge verweigert die ihm zugewiesene Rolle und will nur eins: das eigene Glück.
    (Quelle)


    Autor
    Henrik Johan Ibsen wurde am 20. März 1828 in Skien als ältester Sohn einer traditionsreichen, vornehmen norwegischen Familie geboren. Trotzdem wurde sein Vater, der Kaufmann Knud Ibsen, gesellschaftlich geächtet, als er 1836 bankrott ging. Von 1844 bis 1850 absolvierte Henrik Ibsen in Grimstad eine Ausbildung als Apotheker. 1850 zog er nach Kristiana, schrieb sich für ein Medizinstudium ein und näherte sich der Arbeiterbewegung, aber sein Hauptinteresse galt inzwischen bereits der Literatur. 1850 vollendete er sein erstes Stück, das historische Revolutionsdrama "Catilina", für das er jedoch erst einmal kein Theater fand (Uraufführung: 3. Dezember 1881 im Nya Teatern in Stockholm). Im Jahr darauf wurde Henrik Ibsen Dramaturg am norwegischen Nationaltheater in Bergen, und 1857 übernahm er die künstlerische Leitung des Norske Teatret in Kristiana, das allerdings fünf Jahre später Konkurs anmelden musste.
    Von 1864 bis 1891 lebte Henrik Ibsen abwechselnd in Deutschland (Dresden, München) und Italien (Rom). Dann kehrte er nach Kristiana/Oslo zurück. Dort starb er am 23. Mai 1906.
    (Quelle)


    Meine Meinung
    Gleich zu Beginn setzt in diesem, seinem vorletzten Drama die altbekannte verschrobene und etwas düstere Atmosphäre ein, die ich mit Henrik Ibsen verbinde. Auch in diesem Drama spielen wie schon in „Nora – ein Puppenheim“ Geldprobleme eine wichtige Rolle. Doch zentral ist in diesem Stück vor allem die Macht – das Streben nach ökonomischer Macht genau so wie das taktische Spiel mit der Macht über seine Mitmenschen.


    Interessant ist dabei zunächst, dass das Stück nach Borkmans bankrott spielt, nach seiner Gefängnisstrafe, nach Jahren der Isolation in der ersten Etage des Hauses. Dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass Borkman sich seit dem Verspekulieren fremder Finanzen stark geändert hat. Jahr um Jahr verbringt er in völliger Einsamkeit, erklärt seinem guten Freund Foldal, den er übrigens auch in den Ruin getrieben hat, jedoch trotzdem, dass er unschuldig sei. Schuld seien nur die Anderen, die ihn nicht hätten machen lassen, denn er hätte sonst gewiss das Steuer noch herumreißen können. Borkman wirkt wie ein Mann, der in all der Einsamkeit völlig in eine Phantasiewelt abgedriftet ist, sein Urteilsvermögen ist völlig weltfern.


    Doch zentrale Figuren dieser Geschichte sind vor allem die Schwestern Gunhild Borkman und Ella Rentheim, die ehemals um die Liebe von Borkman kämpften. Da dieser Kampf ausgetragen zu sein scheint und Gunhild Borkman im Endeffekt auch unglücklich und gebrochen in ihrer Ehe ist, ringen die beiden Frauen nun um nächste Herz: Erhart Borkman, Gunhilds und John Gabriels Sohn. Dieser hatte seine Kindheitstage bis zum 15. Lebensjahr nach dem bankrott der Borkmans bei der Schwester Ella Rentheim verbracht, welche sich nun sterbenskrank nach seiner Nähe sehnt. Auch Gunhild hat große Erwartungen an ihren Sohn, er soll den ehemals guten Namen der Familie wieder reinwaschen. So zerren die beiden Schwestern von beiden Seiten an dem mittlerweile Mitte-Zwanzig-jährigem und es scheint eine sehr ähnliche Situation zu sein wie jene vor vielen Jahren.
    Im Endeffekt spielt vor allem das Scheitern eine große Rolle in diesem Stück. John Gabriel Borkman, der es nach seinem finanziellen Tod nicht schafft, zurück ins Leben zu gelangen. Seine Frau Gunhild Borkman, die das zerstörte Vertrauensverhältnis mit ihrem Mann nie verarbeitet hat. Ella Rentheim, die es verlernt hat zu lieben, seit John Gabriel sie für einen Deal verriet und fallen ließ. Und schließlich der Sohn, Erhart, der sich gegen die Ketten seiner Elternhäuser aufbäumt und schließlich davor flieht, um endlich in Freiheit zu leben.

    Zitat von Henrik Ibsen

    Ella Rentheim: Du hast das Liebesleben gemordet in der Frau, die dich liebte – und die auch du liebtest. Soweit du fähig warst, einen Menschen zu lieben. Und daher prophezeie ich dir, John Gabriel Borkman – den Preis für diesen Mord, den erringst du nie. Niemals wirst du als Sieger Einzug halten in dein kaltes, finsteres Reich!