Medoruma Shun – Les pleurs du vent/ 風音 -Fûon

  • Original: Japanisch, 1997


    INHALT :
    « Bislang hatte niemals je die Idee gehabt, ernsthaft über den weinenden Schädel zu jemanden außerhalb des Dorfes zu sprechen. Zunächst verbot das Gefühl, eine Schuld zu haben gegenüber jenen, die im Krieg gestroben waren, den Lebenden, sinnlos über die Verschwundenen zu reden. Aber vor allem : wer immer auch die traurige Klage des Windes vernahm konnte nur von einem Schrecken gebannt werden. »


    Alles beginnt hier mit einem Kinderspiel am Fuße der ehemaligen Schädelhöhe. Wer würde es wohl wagen, zu diesem gebannten Sakralort hinaufzuklettern, nahe an jenen sichtbaren Schädel, von dem aus anscheinend Töne ausgestossen werden, wie eine seufzende Klage, ein « Weinen des Windes » (im Englischen wurde bei der Verfilmung dieses Buches tatsächlich « Crying wind » verwendet !). Nur Akira zeigt Mut und stellt dort oben auf der Plattform ein Glas ab.


    Und nur sein Vater Seikichi widersetzt sich entschieden den Journalisten aus der Stadt, die hier eine Reportage drehen wollen.
    (mit Elementen des französischen Klappentextes)


    BEMERKUNGEN :
    Gebürtig von der Insel Okinawa beschäftigt sich der Autor in seinen Schriften immer wieder um die Aufarbeitung und das Traumata der Schlacht von Okinawa, einer der schrecklichsten und tributforderndsten , siehe auch : https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Okinawa . Die Jetztzeit des Romans liegt circa in der Mitte der 80iger Jahre : Akira läßt sich auf ein eher dummes Spiel ein, und will seinen Mut beweisen, indem er ein Wasserglas mit Fisch in der kleinen Grotte der abgelegten Knochen abstellen soll. Dort war ehemals eine Schädelstätte unter freiem Himmel : man legte den Leichnam ab, und überliess die Verwesungsarbeit den Tieren und Elementen des davor offen liegenden Meeres. Von einem Schädel geht ein Pfeifton aus, das wie eine Klage klingt… Der Legende nach handelt es sich um einen Kamikaze aus dem Luftkrieg.


    Seikichi, der Vater Akiras, wehrt sich heftig, als ungefähr zeitgleich Journalisten aus der Stadt kommen, aus ihm – insbesondere der jüngere Izumi, sein Zeugnis herausquetschen und einen Bericht über den « weinenden Schädel » machen wollen. Nein, hier handelt es sich um einen Tabuort : das kann nur Unglück geben ! Lassen wir all dies unberührt und respektieren wir diesen Sakralort ! Daraus sollte man nicht einen Ort der Neugier machen. Respekt und Distanz sind angebracht. Fujii, der ältere Journalist, scheint dies aus persönlichen Gründen eher nachvollziehen zu können...


    Doch in einem Rückblick verstehen wir, dass er um die Geschichte tatsächlich mehr weiß… Hat er eventuell, ähnlich wie später sein Sohn, und nun « in Gedanken » die Journalisten oder der eitle Taguichi des Dorfes, nicht auch auf seine Weise Tabus gebrochen ? Vielleicht die Ruhe des Toten gestört ? Wird die Seele des Verstorbenen Ruhe finden ? Was tun ?


    Dieser kleine, feine Roman vereint hier Überlegungen zum Respekt vor Toten, alter Schuld, aber auch vielleicht wiedergefundenem Frieden. Mit teils auch phantastischen Elementen betreten wir eine Welt, die noch lange von den Kriegswirren gekennzeichnet ist.


    Ein beeindruckender Roman.


    AUTOR :
    Shun Medoruma (jap. 目取真 俊, Medoruma Shun; * 6. Oktober 1960, in Nakijin auf der Insel Okinawa) ist ein japanischer Schriftsteller, Essayist und Aktivist. Er besuchte die präfekturbetriebene Kitayama-Oberschule in Nakijin und schloss ein Studium an der juristischen Fakultät der Universität Ryūkyū ab. Er arbeitete zunächst als Fabrikarbeiter, Wächter und Nachhilfelehrer und trat dann eine Stelle als Japanischlehrer an einer präfekturbetriebenen Oberschule an, die er bis 2003 behielt.


    1997 erhielt er für Suiteki (水滴, dt. Wassertropfen) sowohl den „Literaturpreis des Kunstfestivals Kyūshū“, wie auch den begehrten Akutagawa-Preis. Drei Jahre später errang er mit Mabuigumi (魂込め) abermals zwei Auszeichnungen: den Kiyama-Shōhei-Literaturpreis und den Kawabata-Yasunari-Literaturpreis. 2004 wurde dieser hier vorgestellte Roman Fūon (風音) nach einem von ihm selbst geschriebenen Drehbuch von Yōichi Higashi verfilmt und beim World Film Festival in Montréal mit dem Innovationspreis ausgezeichnet (siehe auch : http://cine.co.jp/english/works/e_fuon/index.html ).


    Thematisch befasst sich Medoruma immer wieder mit der Schlacht um Okinawa, der bis heute andauernde Stationierung amerikanischer Streitkräfte und den daraus resultierenden Problemen.
    (Quelle : wikipedia.de und.en)



    Poche: 123 pages
    Editeur : Zulma (3 octobre 2016)
    Collection : LITTERATURE
    Langue : Français
    ISBN-10: 2843047714
    ISBN-13: 978-2843047718

  • Zu einer Ausgabe in der Originalsprache, Japanisch :


    Tankobon Hardcover
    Language: Japanese
    ISBN-10: 4898151159
    ISBN-13: 978-4898151150


    Vielleicht mag die eine oder der andere auch von der preisgekrönten Verfilmung angesprochen werden, an der der Autor teilgenommen hat?

  • Vielen Dank für deine Rezension! Schade, dass es keine deutsche Übersetzung gibt.

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