Thomas de Padova - Das Weltgeheimnis (Start: 01.04.2017)

  • Aber wie wollte der Kepler in Prag von der Wissenschaft leben, wenn er nicht mal als kaiserlicher Mathematiker ein regelmäßiges Gehalt bekam? Wer zahlte ihm das "wissenschaftliche" Gehalt? Der stets knapp am Bankrott dahinschrammende Kaiser? Oder sonst ein Gönner? Wo steht da was? Kann mich an nichts erinnern.

    Ich habe nicht gesagt, dass er gut davon lebte und auch nicht, dass er von seinen Entdeckungen und Büchern lebte. Aber prinzipiell hat er seine Anstellung seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten zu verdanken, die Brahe erkannte. Der förderte ihn und nach seinem Tod erhielt Kepler dadurch die Anstellung als Hofmathematiker und damit auch überhaupt erst den Zugang zu Brahes astronomischen Daten. Vom Prinzip her lebte er also sehr wohl von seiner Wissenschaft, er sollte ja Brahes Daten zu den Rudolfinischen Tafeln zusammenfassen und herausbringen. Über Rudolf Zahlungsmoral schweig ich mal lieber.

    Aber seine Theorie wurde ja als rein hypothetisch und somit als "blabla" betrachtet.

    Eben - und solange kein maßgeblicher Wissenschaftler sich damit befasste oder gar versuchte, die Theorie zu beweisen und als Gesetz zu verankern, versuchte die Kirche durch Stillschweigen und Ignorieren das Ganze unter den Teppich zu kehren. Aber als Galilei als "DER Mann der Zeit" sich ernsthaft hinter Kopernikus stellte und dessen heliozentrisches Weltbild als Wahrheit darstellte, wurde die Sache brenzlig für die Kirche und sie musste reagieren.

    Was ja ganz schlau ist. Ich würde auch nicht mit Kind und Kegel irgendwohin auswandern ohne zu wissen, was mich dort erwartet. Erst mal die Lage sondieren, dann kann der Rest der Mannschaft nachkommen.

    Genau so kommt mir Keplers Handlungsweise mit seinen Kindern vor.

    Und heute benötigt man die Erlaubnis seines Chefs, wenn man sich versetzen lassen will. Sollte der das nicht wollen, kann die Sache auch ganz schön grausig werden.

    bei uns kann der Chef die Versetzung nur verzögern, nicht verhindern, wenn Du Dich wegbeworben hast.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • er sollte ja Brahes Daten zu den Rudolfinischen Tafeln zusammenfassen und herausbringen

    Aber genau diese Arbeit habe ich nicht als wissenschaftlich betrachtet, weil irgendwo im Buch steht, dass er das zwar machen musste oder sollte, aber nebenbei durchaus seinen eigenen Interessen (bzw. Berechnungen) nachging.


    und solange kein maßgeblicher Wissenschaftler sich damit befasste oder gar versuchte, die Theorie zu beweisen und als Gesetz zu verankern, versuchte die Kirche durch Stillschweigen und Ignorieren das Ganze unter den Teppich zu kehren.

    Sehr schön ausgedrückt hast Du das :thumleft:

    nur verzögern, nicht verhindern

    Genau, und kann zum Nervenkrieg ausarten, sodass man nicht in bestem Einvernehmen auseinandergeht. Was nach vielen Jahren Zusammenarbeit wiederum schade ist.

  • ist Euch aufgefallen, dass erst durch sein Handeln Kopernikus Schriften verboten wurden?

    Ja. Und das war mir vorher nicht bewusst, ist aber einleuchtend erklärt.

    Den Ansatz finde ich genauso klasse und Padova erwähnt ja auch Galileis hohe rhetorischen Fähigkeiten. Aber trotzdem hat er sich wohl doch zuviel zugetraut, denn im Gegensatz zu Luther war er kein Theologe. Wo Luther auf ein absolutes Wissen über den Inhalt der Bibel zurückgreifen konnte, hatte Galilei da bestimmt Lücken, die ihn irgendwo in eine Falle tappen ließen.

    Ich denke auch, dass er sich da auf dünnes Eis begeben hat.

    Wer die Sympathien unseres Autors hat, ist klar, aber ich nehme nicht an, dass er irgendetwas erfunden hat. Die Reaktionen sind ja schriftlich belegt. Interessant wäre jetzt eine schöne Galilei-Biografie.

    Das wollte ich ihm auch gar nicht unterstellen (und hab ich ja auch so geschrieben). Und ne Galilei-Biografie? Im Moment ist mein Bedarf da eigentlich erstmal gedeckt. :wink:

    und ja, ich weiß, dass Du mich auch so schon verstanden hast

    :friends:

    Ob er für seine Bücher viel bekam, das weiß ich nicht - kann es mir aber nur schwer vorstellen. Reichtümer können es nicht gewesen sein

    Ich glaube nicht, dass die damals an ihren Büchern viel verdient haben. Und vor allem musste er den Drucker ja im Voraus bezahlen (zumindest war das bei seinen ersten Werken so).

    Aber genau diese Arbeit habe ich nicht als wissenschaftlich betrachtet, weil irgendwo im Buch steht, dass er das zwar machen musste oder sollte, aber nebenbei durchaus seinen eigenen Interessen (bzw. Berechnungen) nachging.

    Doch, das war sie schon. Ein NIcht-Mathematiker hätte das wohl eher nicht gekonnt. Dass das nicht Keplers Lieblingsbeschäftigung war steht auf einem anderen Blatt.

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    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Doch, das war sie schon. Ein NIcht-Mathematiker hätte das wohl eher nicht gekonnt. Dass das nicht Keplers Lieblingsbeschäftigung war steht auf einem anderen Blatt.

    Ja, so sehe ich das auch. Wer weiß schon, in welcher Form Brahe seine Daten aufgeschrieben hat - die müssen ja alle gesichtet, auf Plausibilität geprüft und dann aufbereitet werden, so dass andere damit arbeiten können. Viel Fleißarbeit, die aber wirklich nur jemand vom Fach tun kann. :wink:


    Übrigens hat mich Galilei in seiner Haltung zu seiner Stellung als Hofastronom an Leibniz erinnert: so wie Leibniz seine Hofanstellung auch nur als Position und nicht als Arbeit gesehen hat (und sich davor drückte, wann immer es ging), so verhält Galilei sich auch. Er hat erreicht was er wollte, hält sich aber lieber fern vom Hof bei Freunden auf. Wie lästig, dass dann der Medici-Fürst darauf besteht, dass er am Hof sich mit anderen Wissenschaftlern und Klerikern auseinandersetzen soll :-,

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Galilei war da echt ungeschickt - ist Euch aufgefallen, dass erst durch sein Handeln Kopernikus Schriften verboten wurden?

    Ja, ist mir aufgefallen. Aber gewusst habe ich es vorher nicht.

    Ganz einfach: eine Hypothese ist nur eine reine Vermutung, eine Theorie ist eine Hypothese, für die es bereits erste Belege gibt - aber erst wenn die Theorie vollständig bewiesen wird, wird daraus ein Gesetz (ganz grob erklärt). Eine mathematische Hypothese kann die Kirche als Blabla und Hirngespinst abtun.

    Und wieder etwas gelernt :D

    Aber wie wollte der Kepler in Prag von der Wissenschaft leben, wenn er nicht mal als kaiserlicher Mathematiker ein regelmäßiges Gehalt bekam? Wer zahlte ihm das "wissenschaftliche" Gehalt? Der stets knapp am Bankrott dahinschrammende Kaiser? Oder sonst ein Gönner? Wo steht da was? Kann mich an nichts erinnern.

    Ich kann mich da auch an nichts erinnern. Von seinen Büchern dürfte er wohl auch keine Reichtümer verdient haben.

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  • In Linz kommt Kepler zu allen anderen Sorgen auch noch wegen des Abendmahles in Bedrängnis, nämlich in eine sehr persönliche. So klug konnte man damals gar nicht sein, dass die Kirche das Leben nicht bis in die tiefsten Tiefen des Seins durchdrang. Der lebenslange Ausschluss von der Kommunion hat ihn so schwer getroffen, wie das heutzutage kaum vorstellbar ist.
    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend. Dabei dürfte der arme Johannes optisch kein Hingucker gewesen sein, beschreibt er sich selber doch als "zart und dünn", seinen Körper als "saftlos und weich".
    In Linz ist Kepler nun erwartungsgemäß isolierter als je zuvor, kein Gesprächspartner von der Art seines Freundes Wackher, keine technischen Geräte zur Benutzung mehr aus der kaiserlichen Kunstkammer, kein Echo auf seinen kopernikanischen Entwurf. In Kriegswirren und existentiellen Sorgen habe er "geradezu die Astronmie selber" vergessen, was man ihm aber überhaupt nicht verdenken kann. Dafür wendet er sich vermehrt Gott, dem Schöpfer des Werkes zu. Zu allem Übel wird nun auch noch seine Mutter von einer Nachbarin der Hexerei bezichtigt. Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will. Sie weist alle Anklagepunkte vehement zurück, obwohl ihr sicher auch die Verteidigungsschrift hilft, die ihr Sohn von Juristen hat ausarbeiten lassen. - Und irgendwie glaubt man es einfach nicht; derjenige, der entdeckt, auf welchen Bahnen sich die Planeten tatsächlich bewegen und auch überlegt, wie das zugeht, muss seine Mutter vor dem Scheiterhaufen retten, weil man in ihr eine Hexe vermutet. Kann man sich einen noch größeren Kontrast vorstellen?
    Dass Kepler trotz dieser Misere, die ihn in Linz heimsucht, auch hier noch schreibt, noch dazu mehrere große Werke, ist kaum zu begreifen. Dazu geht auch der Tod noch beständig um und holt sich ein Kind der Keplers nach dem anderen. Im Bewusstsein der Vergänglichkeit allen irdischen Strebens richtet Kepler seine Gedanken vermehrt auf Gott und die vollkommene Ordnung des Kosmos. Das wird ihm, vor dem man wirklich ganz tief den Hut ziehen muss, sicher ein Trost gewesen sein. Ein Ergebnis davon ist die "Weltharmonik", an der weder Natur- noch Musikwissenschaftler anknüpfen werden. Erst Newton wird ausgerechnet in diesen "harmonischen Spekulationen" auf Keplers drittes Planetengesetz stoßen, und daraus das Gravitationsgesetz ableiten.
    Kepler hat dieses Gesetz 1618 entdeckt - und kann es selber kaum glauben. Ich verstehe zwar nichts von den Umlaufzeiten der Planeten und ihren mittleren Abständen zur Sonne, von zweiten und dritten Potenzen noch weniger, bin aber nichtsdestotrotz ebenfalls sehr beeindruckt. Die "Weltharmonik" ist ein weiterer Beweis für das kopernikanische Weltbild, Kepler weiß aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Kopernikus bereits seit zwei Jahren auf dem Index steht. Als er es erfährt, muss er natürlich auch Konsequenzen für seine eigenen Werke befürchten.
    Mit der Verbannung der kopernikanischen Ansichten und dem Beginn des Krieges wird die Wissenschaft an den Rand gedrängt. Kepler hat sich gleich doppelt verdächtig gemacht, mit seinen religiösen Überzeugungen genauso wie mit seinen wissenschaftlichen.
    Kepler publiziert also noch ungehindert, während es Galilei 1616 verboten wird, seine kopernikanische Meinung zu vertreten. Immer mehr Gelehrte werden zu Verfechtern des Weltbildes von Tycho Brahe (was man aufgrund seiner Ungefährlichkeit auch verstehen kann), während es Galilei für null und nichtig erklärt. Unter den Jesuiten macht sich Galilei damit zwar viele Feinde, aber in der höfischen Gesellschaft findet er immer noch viel Beifall, und auch der neue Papst Urban VIII. ist ihm lange schon freundschaftlich verbunden.
    In seiner Kometenschrift, dem "Saggiatore" (Goldwäger), zeigt sich Galilei ganz in seiner Rolle als Hofphilosoph, als weitschweifiger Erzähler voller wissenschaftsphilosophischer Überlegungen, während er in der Sache selber weit daneben liegt. (Galilei hält Kometen ja für Reflexionen des Lichts an den aufsteigenden Dünsten der Erde.) Kepler liest dieses Werk ebenfalls, kann aber seine Zustimmung nicht geben, und fühlt sich überdies durch die Polemik Galileis gegenüber Brahe auch persönlich angegriffen. In einer 1625 gedruckten Schrift verteidigt er Brahe und sein Modell. Aus diesen Reaktionen sieht man, wie sehr er seinen Vorgänger schätzte, und doch bleibt er Galilei im Ton gegenüber höflich, wie Thomas de Padova schreibt. Er ist auch weiterhin voll des Lobes für ihn, die Kritik am Weggefährten fällt aber so deutlich aus wie noch nie.
    Mittlerweile hat Kepler auch Oberösterreich verlassen müssen, und schließt in Ulm seine letzte astronomische Arbeit ab, die "Rudolfinischen Tafeln".
    Eine dauerhafte Heimat sollte er nicht mehr finden.

  • Na, man gut, dass ich das Kapitel noch heute morgen im Bett gelesen habe :totlach: .

    In Linz kommt Kepler zu allen anderen Sorgen auch noch wegen des Abendmahles in Bedrängnis, nämlich in eine sehr persönliche.

    Ach je, das sieht ihm aber auch wieder ähnlich: wieso muss er mit seinen Zweifeln an der Religion auch zum Pastor rennen, anstatt das für sich zu behalten. Und wie engstirnig die einzelnen Konfessionen sind: der glaubt nicht das, was ein guter Lutheraner zu glauben hat (und mir persönlich, obwohl ich ebenfalls evangelisch-lutherisch gewesen bin, fällt es mir auch sehr schwer, mir vorzustellen, dass Jesus beim Abendmahl leibhaftig anwesend ist), nein, was Kepler glaubt, ist calvinistisch, also wird er nicht mehr zum Abendmahl zugelassen (nein, ich verdrehe jetzt nicht meine Augen).

    So klug konnte man damals gar nicht sein, dass die Kirche das Leben nicht bis in die tiefsten Tiefen des Seins durchdrang. Der lebenslange Ausschluss von der Kommunion hat ihn so schwer getroffen, wie das heutzutage kaum vorstellbar ist.

    Ich glaube nicht, dass das mit "klug" allzu viel zu tun hatte. Damals war die Welt noch um einiges kleiner, und man war - auch als kosmopolitischer Wissenschaftler - auf sein engstes Umfeld reduziert. Das war halt die Gemeinschaft, und aus der war man ausgeschlossen, wenn man vom Abendmahl ausgeschlossen war (noch heute, auf dem Dorf, wird man doch noch schief angesehen, wenn man nicht zur Kirche geht. Aber da die Welt heute größer ist, kann man leichter damit umgehen). Natürlich ist man (nicht nur) Sonntags zur Kirche gegangen, gerade, wenn er frisch verheiratet war, allein schon, damit seine junge Frau und seine Kinder nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden. Und dann stellt euch vor, die Gemeinde geht nach vorn, um das Abendmahl zu empfangen, und er bleibt sitzen, weil er davon ausgeschlossen ist :cry: .

    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend

    Ich auch - und die Schilderung war genial :totlach: .

    Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will.

    Die Frau hatte Charakter :thumleft: !

    Und irgendwie glaubt man es einfach nicht; derjenige, der entdeckt, auf welchen Bahnen sich die Planeten tatsächlich bewegen und auch überlegt, wie das zugeht, muss seine Mutter vor dem Scheiterhaufen retten, weil man in ihr eine Hexe vermutet. Kann man sich einen noch größeren Kontrast vorstellen?

    Nein. Da greift er einerseits nach den Sternen, und auf der Erde herrscht noch finsterstes Mittelalter :( .

    Dass Kepler trotz dieser Misere, die ihn in Linz heimsucht, auch hier noch schreibt, noch dazu mehrere große Werke, ist kaum zu begreifen.

    Vielleicht war das für ihn eine Flucht? Also - ich weiß gar nicht, wie ich das formulieren soll - er hat sich mit der Wissenschaft beschäftigt und noch mehrere große Werke geschrieben, weil ihn diese Misere in Linz sonst untergekriegt hätte, und damit konnte er es ertragen.

    während er in der Sache selber weit daneben liegt. (Galilei hält Kometen ja für Reflexionen des Lichts an den aufsteigenden Dünsten der Erde.)

    Er lag ja nicht nur in der Sache weit daneben, sondern höchstselbst auf dem Krankenlager und hat die Kometen gar nicht selbst gesehen. Was ihn nicht davon abhält, alles besser zu wissen (erinnert mich an gewisse Kollegen von mir :twisted: ).


    Interessant wäre jetzt eine schöne Galilei-Biografie.

    Ich habe was gefunden. Einmal das untere, die soll sehr gut sein (aber ganz schön teuer für 244 Seiten 8-[ ). Und dann noch diese Galileos Tochter, aus der Sicht einer der Töchter Galileos, die ins Kloster gegangen wurde (ja, das war Absicht und kein Verschreiber :wink: ).

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Ach je, das sieht ihm aber auch wieder ähnlich: wieso muss er mit seinen Zweifeln an der Religion auch zum Pastor rennen,

    Das gleiche habe ich mir auch gedacht; aber ich nehme an, dass er sich dem Pastor mit seinen Zweifeln anvertrauen wollte, weil ihn das selber sicher auch belastet hat. Man nahm die Religion wirklich sehr sehr ernst, so wie wir uns das gar nicht vorstellen können. Vielleicht hatte er im geheimen ja sogar Angst vor dem ewigen Fegefeuer? :twisted:

    fällt es mir auch sehr schwer, mir vorzustellen, dass Jesus beim Abendmahl leibhaftig anwesend ist)

    Ich glaub, das kann sich keiner vorstellen, nicht mal der Pastor. Oder vorstellen kann ich es mir schon, aber glauben tu ich's nicht.

    Ich glaube nicht, dass das mit "klug" allzu viel zu tun hatte

    Mir ist auf die Schnelle kein besserer Ausdruck eingefallen, aber ich wollte damit nur ausdrücken, dass Intelligenz gar nichts half, um sich von der kirchlichen Lehre, und sei es nur geistig für sich selber, zu befreien. Heute machen das ja die meisten Menschen auch mit sich selber aus, damals war die Macht dieser Institution aber so groß, dass selbst Genies wie Kepler nicht einmal im geheimen etwas anderes zu glauben wagten als die offizielle Kirche lehrte. Sicher weißt Du, wie ich das meine.
    Ich tu mir immer schwer, mir diese damalige Ernsthaftigkeit zu vergegenwärtigen, bin ich doch selber in einem sehr "ungläubigen" Umfeld aufgewachsen, wo die kirchliche Lehre oft sogar lächerlich gemacht wurde.

    Da greift er einerseits nach den Sternen, und auf der Erde herrscht noch finsterstes Mittelalter

    Ja, das trifft es auf den Punkt.

    weil ihn diese Misere in Linz sonst untergekriegt hätte, und damit konnte er es ertragen.

    Flucht in die Arbeit, könnte man sicher sagen.

    und hat die Kometen gar nicht selbst gesehen. Was ihn nicht davon abhält, alles besser zu wissen (erinnert mich an gewisse Kollegen von mir

    Solche gibt's immer noch genügend, die glauben, die Weisheit mit dem Löffel gegessen zu haben und einfach immer alles besser wissen. Früher habe ich mich geärgert, heute steh ich aber drüber und denk mir, was ich will. :P

    Ich habe was gefunden

    Danke, die sehen beide interessant aus.

  • Ich hab das Kapitel noch nicht beendet, aber ein bisschen Senf kann ich schon beisteuern :loool:

    So klug konnte man damals gar nicht sein, dass die Kirche das Leben nicht bis in die tiefsten Tiefen des Seins durchdrang. Der lebenslange Ausschluss von der Kommunion hat ihn so schwer getroffen, wie das heutzutage kaum vorstellbar ist.

    Die Kirche bestimmte fast alles im damaligen Leben, der Glaube war tief in den Menschen verwurzelt und damit der Einfluss der Kirche für uns unvorstellbar groß. Aber auch heute wäre es für gläubige Menschen bestimmt schwierig, wenn sie lebenslang von der Kommunion ausgeschlossen würden. :-k

    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend. Dabei dürfte der arme Johannes optisch kein Hingucker gewesen sein, beschreibt er sich selber doch als "zart und dünn", seinen Körper als "saftlos und weich".

    Diese Art und Weise, sich eine Frau zu suchen, empfinde ich irgendwie als so typisch für den gründlichen, fast schon pingeligen Kepler, der allem auf den Grund gehen will. Bei Frauen ist das zwar eh nicht zu schaffen, aber da konnte er wohl nicht aus seiner Haut :totlach: Wie gut, dass er dann am Ende doch noch die richtige entdeckt hat :loool:

    In Linz ist Kepler nun erwartungsgemäß isolierter als je zuvor

    Er tut mir da grad so leid, so abgeschoben aufs Dorf, in die Provinz, abgeschnitten von allem intellektuellen Input, der für ihn doch so wichtig zum Leben ist 8-[

    In Kriegswirren und existentiellen Sorgen habe er "geradezu die Astronmie selber" vergessen, was man ihm aber überhaupt nicht verdenken kann. Dafür wendet er sich vermehrt Gott, dem Schöpfer des Werkes zu.

    Das kann man ihm ja nicht verdenken - er muss jede Menge private Tiefschläge verkraften, berufliche Auszeiten, die Provinz, die Abschottung, die Ablehnung im Ort und und und… irgendwie musste er das ja auch verarbeiten.

    Zu allem Übel wird nun auch noch seine Mutter von einer Nachbarin der Hexerei bezichtigt. Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will. Sie weist alle Anklagepunkte vehement zurück, obwohl ihr sicher auch die Verteidigungsschrift hilft, die ihr Sohn von Juristen hat ausarbeiten lassen. -

    Die Frau muss echt Haare auf den Zähnen gehabt haben und Mut für 10 - sie war zwar bestimmt kein einfacher Charakter, wenn wir uns an die Geschichten vom Anfang erinnern, aber für diese Haltung kann ich mich nur verbeugen. Ich glaube nicht, dass ich das gekonnt hätte :pale:

    Dass Kepler trotz dieser Misere, die ihn in Linz heimsucht, auch hier noch schreibt, noch dazu mehrere große Werke, ist kaum zu begreifen. Dazu geht auch der Tod noch beständig um und holt sich ein Kind der Keplers nach dem anderen. Im Bewusstsein der Vergänglichkeit allen irdischen Strebens richtet Kepler seine Gedanken vermehrt auf Gott und die vollkommene Ordnung des Kosmos. Das wird ihm, vor dem man wirklich ganz tief den Hut ziehen muss, sicher ein Trost gewesen sein. Ein Ergebnis davon ist die "Weltharmonik", an der weder Natur- noch Musikwissenschaftler anknüpfen werden. Erst Newton wird ausgerechnet in diesen "harmonischen Spekulationen" auf Keplers drittes Planetengesetz stoßen, und daraus das Gravitationsgesetz ableiten.

    Ich glaube, er konnte gar nicht anders als schreiben und denken und wieder schreiben. Bei allen Schicksalsschlägen und Auszeit von der Astronomie musste doch der Punkt kommen, an dem sein Hirn von Ideen und Gedanken fast geplatzt sein musste. Die Gedanken kann doch niemand anhalten.

    Ich verstehe zwar nichts von den Umlaufzeiten der Planeten und ihren mittleren Abständen zur Sonne, von zweiten und dritten Potenzen noch weniger, bin aber nichtsdestotrotz ebenfalls sehr beeindruckt.

    In dem Link, den uns @Hirilvorgul gesetzt hat, war das doch erklärt und zwar richtig gut mit Animation - ich muss mir den nochmal anschauen. :)

    Ach je, das sieht ihm aber auch wieder ähnlich: wieso muss er mit seinen Zweifeln an der Religion auch zum Pastor rennen, anstatt das für sich zu behalten.

    na, zu wem sollte er auch gehen mit solchen Zweifeln? Dafür waren die Pastoren schließlich die Ansprechpartner, das war einfach so. :wink:

    Damals war die Welt noch um einiges kleiner, und man war - auch als kosmopolitischer Wissenschaftler - auf sein engstes Umfeld reduziert. Das war halt die Gemeinschaft, und aus der war man ausgeschlossen, wenn man vom Abendmahl ausgeschlossen war

    Für uns nicht vorstellbar heute - wir sind so mobil und vernetzt, diese Enge ist für mich so weit weg….

    Vielleicht war das für ihn eine Flucht? Also - ich weiß gar nicht, wie ich das formulieren soll - er hat sich mit der Wissenschaft beschäftigt und noch mehrere große Werke geschrieben, weil ihn diese Misere in Linz sonst untergekriegt hätte, und damit konnte er es ertragen.

    Wie ich oben geschrieben hab, war es wohl eher ein Muss, ein Zwang - ich glaube, er konnte einfach nicht anders :wink:

    Ich tu mir immer schwer, mir diese damalige Ernsthaftigkeit zu vergegenwärtigen,

    geht mir auch so :friends:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Der lebenslange Ausschluss von der Kommunion hat ihn so schwer getroffen, wie das heutzutage kaum vorstellbar ist.

    Doch mir, denn als geschiedene Frau war ich von allen Sakramenten der katholischen Kirche ausgeschlossen. Deshalb auch meine Konversion von katholischer zur evangelischer Kirche. :) Da war ich auch ein klein wenig stur :uups: Der hiesige Pfarrer soll das nämlich mit anderen Augen betrachten und sehr offen sein. Das fühlte sich aber für mich nicht richtig an. Deshalb blieb ich bei meiner Entscheidung. Bereut habe ich es nicht. Ich finde es ganz witzig, wie ich katholisches Gedankengut mit evangelischem vermische.


    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend. Dabei dürfte der arme Johannes optisch kein Hingucker gewesen sein, beschreibt er sich selber doch als "zart und dünn", seinen Körper als "saftlos und weich".

    Das fand alles ich so herrlich zu lesen. :totlach:


    Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will.

    Vor der Frau verneige ich mich tief. Mit Sicherheit keine Person mit der man leicht Umgang haben konnte, aber da empfand ich sie als sehr bewundernswert!


    Und irgendwie glaubt man es einfach nicht; derjenige, der entdeckt, auf welchen Bahnen sich die Planeten tatsächlich bewegen und auch überlegt, wie das zugeht, muss seine Mutter vor dem Scheiterhaufen retten, weil man in ihr eine Hexe vermutet. Kann man sich einen noch größeren Kontrast vorstellen?

    Von unserer heutigen europäischen Sichtweise absolut nicht vorstellbar. Würde ich auf Haiti oder Westafrika leben, sehe die Sache wieder anders aus, wenn ich so an Voodoo denke 8-[



    Ach je, das sieht ihm aber auch wieder ähnlich: wieso muss er mit seinen Zweifeln an der Religion auch zum Pastor rennen, anstatt das für sich zu behalten. Und wie engstirnig die einzelnen Konfessionen sind: der glaubt nicht das, was ein guter Lutheraner zu glauben hat (und mir persönlich, obwohl ich ebenfalls evangelisch-lutherisch gewesen bin, fällt es mir auch sehr schwer, mir vorzustellen, dass Jesus beim Abendmahl leibhaftig anwesend ist), nein, was Kepler glaubt, ist calvinistisch, also wird er nicht mehr zum Abendmahl zugelassen (nein, ich verdrehe jetzt nicht meine Augen).

    Das er zum Pastor mit seinen Zweifeln gegangen war, kann ich nachvollziehen. Das war der Ansprechpartner für solche Fragen. Dessen engstirnige Reaktion ist allerdings nur noch als verbohrt anzusehen und hat für mich nichts mit christlichen Glauben zu tun. Das Jesus leibhaftig beim Abendmahl anwesend ist, glaube ich im wortwörtlichen Sinne übrigens auch nicht. Im übertragenen Sinne als Gemeinschaft dagegen schon. Damit wäre ich wohl auch eine Ausschlusskanditatin geworden und hätte mit Kepler gemeinsam auf dem Strafbänkchen gesessen :lol:



    Die Frau muss echt Haare auf den Zähnen gehabt haben und Mut für 10 - sie war zwar bestimmt kein einfacher Charakter, wenn wir uns an die Geschichten vom Anfang erinnern, aber für diese Haltung kann ich mich nur verbeugen. Ich glaube nicht, dass ich das gekonnt hätte

    Ich bin mir auch nicht sicher ob ich das so hätte durchziehen können. Vermutlich hätte ich beim zeigen der Folterwerkzeuge bereits alles gestanden was man nur hören wollte 8-[


    Ich glaube, er konnte gar nicht anders als schreiben und denken und wieder schreiben. Bei allen Schicksalsschlägen und Auszeit von der Astronomie musste doch der Punkt kommen, an dem sein Hirn von Ideen und Gedanken fast geplatzt sein musste. Die Gedanken kann doch niemand anhalten.

    Ich denke das auch. Das war ein so intelligenter Mann, der konnte einfach nicht anders.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Ich bin noch nicht ganz durch, aber das ein oder andere möchte ich schon loswerden.

    So klug konnte man damals gar nicht sein, dass die Kirche das Leben nicht bis in die tiefsten Tiefen des Seins durchdrang.

    Das hat mit klug sein in meinen Augen gar nichts zu tun. Wenn ein Mensch gläubig ist, trifft es ihn sehr hart, wenn er vom Abendmahl ausgeschlossen wird. Und auch heute noch sind viele Wissenschaftler durchaus gläubig. Glaube und Wissenschaft müssen sich nicht ausschließen.

    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend.

    Das war typisch Kepler - genauso konfus und umständlich wie seine Schriften, ging auch seine Brautschau von statten.

    Zu allem Übel wird nun auch noch seine Mutter von einer Nachbarin der Hexerei bezichtigt. Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will.

    Die Frau hat mich echt beeindruckt! Was für ein Mut und eine Kraft. :thumleft:

    Und irgendwie glaubt man es einfach nicht; derjenige, der entdeckt, auf welchen Bahnen sich die Planeten tatsächlich bewegen und auch überlegt, wie das zugeht, muss seine Mutter vor dem Scheiterhaufen retten, weil man in ihr eine Hexe vermutet. Kann man sich einen noch größeren Kontrast vorstellen?

    Naja - Kepler hat sich ja selbst der Ketzerei schuldig gemacht, in dem er die Erde aus der Mitte des Universums entrückt hat. Also ist der Kontrast doch gar nicht so groß.

    Ich verstehe zwar nichts von den Umlaufzeiten der Planeten und ihren mittleren Abständen zur Sonne, von zweiten und dritten Potenzen noch weniger, bin aber nichtsdestotrotz ebenfalls sehr beeindruckt.

    Ist doch ganz einfach: je näher die Planeten an der Sonne sind, um so schneller bewegen sie sich. (ist ja auch logisch, weil es da so heiß ist... :-, Sorry, der musste jetzt raus. Das hat mir als Eselsbrücke immer gut gedient :wink: )

    Aber auch heute wäre es für gläubige Menschen bestimmt schwierig, wenn sie lebenslang von der Kommunion ausgeschlossen würden.

    Ja das ist es. Ich hab einen Bekannten, der nach seiner Scheidung auch davon ausgenommen worden wäre, was für ihn und seine Ex unter anderem ein Grund war, sich zwar zu trennen, aber sich nicht scheiden zu lassen. Ist zwar auch nicht ganz im Sinne der göttlich gewollten Ehe, aber den Buchstaben war halt Genüge getan.

    Das er zum Pastor mit seinen Zweifeln gegangen war, kann ich nachvollziehen. Das war der Ansprechpartner für solche Fragen. Dessen engstirnige Reaktion ist allerdings nur noch als verbohrt anzusehen und hat für mich nichts mit christlichen Glauben zu tun. Das Jesus leibhaftig beim Abendmahl anwesend ist, glaube ich im wortwörtlichen Sinne übrigens auch nicht. Im übertragenen Sinne als Gemeinschaft dagegen schon. Damit wäre ich wohl auch eine Ausschlusskanditatin geworden und hätte mit Kepler gemeinsam auf dem Strafbänkchen gesessen

    Zu wem sollte er mit Glaubensfragen und -zweifeln auch sonst gehen? Aber es ist schon krass, dass gerade so eine mehr als abstrakte Vorstellung die Christenwelt so spalten kann - bis heute noch.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Doch mir, denn als geschiedene Frau war ich von allen Sakramenten der katholischen Kirche ausgeschlossen.

    Das ist sicher schlimm, wenn einem die Glaubensgemeinschaft etwas bedeutet. :friends:

    Vor der Frau verneige ich mich tief

    Ja, ich mich auch! Schließlich ging es um Leben und Tod. Meine Mutter ist in dem Alter, und wenn ich mir vorstelle, man würde sie foltern und ins Gefängnis werfen, da würde ich glatt durchdrehen. In unserer Gegend gab es sehr viele Hexenprozesse und eigentlich ist das alles noch nicht so weit weg, erst 400 Jahre. Wir haben eine Nachbarin, die ist fast 100, also 4x ihr Leben aneinandergereiht, dann wäre man auf einer Zeitreise schon dort.

    Würde ich auf Haiti oder Westafrika leben, sehe die Sache wieder anders aus, wenn ich so an Voodoo denke

    Unbedingt! Da denken wir eben aus unserer abendländischen Sicht.

    Dessen engstirnige Reaktion ist allerdings nur noch als verbohrt anzusehen und hat für mich nichts mit christlichen Glauben zu tun.

    Aber ich glaube, der Pastor konnte nicht anders. Ein Auge zudrücken und darüber hinwegsehen war damals wohl nicht. Null Toleranz, wenn es um die ewige Seligkeit ging. Oh, wie gerne ich auf die verzichte!

    Das Jesus leibhaftig beim Abendmahl anwesend ist, glaube ich im wortwörtlichen Sinne übrigens auch nicht. Im übertragenen Sinne als Gemeinschaft dagegen schon.

    So habe ich das auch gesehen, als ich noch gläubig war.

    Vermutlich hätte ich beim zeigen der Folterwerkzeuge bereits alles gestanden was man nur hören wollte

    Ja, ich auch, auf der Stelle! Bin nicht zur Heldin geboren.

  • Das hat mit klug sein in meinen Augen gar nichts zu tun.

    Was ich ja weiter oben nochmal zu erklären versuchte, weil klug eben nicht der richtige Ausdruck ist.


    Ist doch ganz einfach: je näher die Planeten an der Sonne sind, um so schneller bewegen sie sich

    Das versteh ich mit meinen bescheidenen geistigen Mitteln gerade noch, aber ich habe eher gemeint, dass ich all das, was sich am Himmel da oben tut, nicht berechnen könnte, nicht mal, wenn's mir jemand vorrechnet, wäre es für mich so nachvollziehbar, dass ich behaupten würde, es wirklich zu verstehen.
    Und selber draufgekommen wäre ich schon auf gar nichts.


    Kepler hat sich ja selbst der Ketzerei schuldig gemacht,

    Ein Mann mit diesen naturwissenschaftlichen Kenntnissen, einer der die Welt praktisch aus den Angeln hebt, muss Juristen bemühen, um seine Mutter nicht als Hexe auf dem Scheiterhaufen sterben zu sehen - also, wenn das kein Kontrast ist, dann fällt mir kein Beispiel mehr dazu ein.

  • Das was mich so unfassbar stört an Galileo ist nicht seine Genialität, sondern vor allem das er relativ aggressiv fremdes geistiges Eigentum so mir nichts, dir nichts als sein eigenes Wissen ausgegeben hat.


    Ich weiß hier geht es nur um Kepler und Galileo, aber irgendwie kommt auch ziemlich viel von Tycho Brahe und den Namen hab ich vorher noch nie gehört, dabei scheint er auch ein ziemlich kluger Kopf gewesen zu sein und hat auch sehr viel Vorarbeit geleistet. :thumleft: Zumindest habe ich das Gefühl das seine Leistungen ein wenig unter den Teppich gekehrt werden.


    Ich fange ja gerade erst an manche Menschen / Biographien kennenzulernen und ich bin erstaunt, dass viele das negative ausblenden können und nur das positive sehen.


    Ich kann es einfach nicht verstehen, dass man seine Genialität ... wobei jetzt hätte ich ne Frage die mich interessiert... War Galileo hochbegabt? Dann würde es für mich erklären warum er sich nicht mit Kepler zusammen tat, einfach weil er es nicht konnte. Hochbegabte sind sehr häufig in sozialen Bereichen soweit hinterher, wie sie an IQ "normalen" Menschen voraus sind.


    Das wäre zumindest eine plausibele Begründung des Ganzen. So nun geht es weiter zum letzten Akt. :study:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 50 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • War Galileo hochbegabt? Dann würde es für mich erklären warum er sich nicht mit Kepler zusammen tat, einfach weil er es nicht konnte. Hochbegabte sind sehr häufig in sozialen Bereichen soweit hinterher, wie sie an IQ "normalen" Menschen voraus sind.

    Da er sich durchaus in höfischen Kreisen bewegen konnte und auch für seine guten Umgangsformen gelobt wurde (das stand irgendwo ein paar Kapitel weiter vorn), würde ich zumindest Defizite in sozialen Bereichen ausschließen. Ob das aber als Kriterium für hochbegabt oder nicht herhalten kann? Da bin ich mir nicht so sicher.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Kapitel 16

    So jetzt erstmal ein paar Worte zu diesen Kapitel...

    In Bezug auf die Ellipsentheorie Keplers legt sich Galilei nicht fest, geht er in seinen Experimenten doch von den Kreisbahnen aus.

    Wann bitte schön hat sich der Herr Galilei schon mal festgelegt, wenn es darum ging Kepler zu *verteidigen*? Egal ob die Ellipsentheorie oder Kopernikus #-o

    Ich denke manchmal, wenn die beiden nicht so unterschiedliche Menschen gewesen wären, was hätten sie in einer echten Zusammenarbeit alles erreichen können.

    Über diesen Ansatz habe ich noch gar nicht wirklich nach gedacht :-k Mal abgesehen vom Wesen der Beiden, sind sie doch auch völlig anders an die Lösungen heran gegangen..ob das wirklich gut gegangen wäre :-k:-k

    beide lebten meiner Meinung nach sowohl für als auch von der Wissenschaft - Letzteres halt unterschiedlich gut. Für mich liegt der Unterschied in ihrem Charakter und wie sie mit ihren revolutionären Entdeckungen und Entwicklungen umgingen. Da war Kepler der Idealist, der alles tat um die Forschung voranzutreiben während Galilei als Egomane alles tat, damit der Ruhm ihm alleine zufiel. Er beanspruchte für sich den alleinigen Besitz der Wahrheit. Aber trotzdem bleibt er eine absolute Geistesgröße und in Bezug auf seine Leistungen auf gleicher Stufe wie Kepler, Kopernikus und all die anderen.

    So sehe ich das auch :thumleft: Trotz dem stelle ich mir ab und an die Frage:"Wäre Kepler weiter so ein Idealist geblieben, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, sich vllt in Rom oder Florenz oder Venedig zu verwirklichen?"

    Diesen Unterschied in ihrer Herangehensweise, ihrer Art zu Denken und zu Experimentieren hat Padova hier richtig gut herausgearbeitet. Gefühlt und erkannt hatte ich es beim Lesen schon, doch ohne es direkt benennen zu können. So verschieden können Forscher arbeiten und dennoch Herausragendes leisten.

    Ja, unser Herr Padova kann das wirklich gut und vorallen so anschaulich das es zu keiner Minute langweilig wird. Ich freue mich schon auf Herrn Einstein :uups:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Kapitel 17
    :bounce: Jaaaaaaaaaaaaaa, ich bin wieder ran :bounce:

    In Linz kommt Kepler zu allen anderen Sorgen auch noch wegen des Abendmahles in Bedrängnis, nämlich in eine sehr persönliche.

    Oh man, was muss der Kepler alles in seinem Leben ertragen :cry: Ob es nun, der Wegfall der Arbeit in Prag ist. Das Ableben seiner ersten Frau und später dann einiger seiner Kinder. Wieviel Leid kann eigentlich ein Mensch ertragen?
    Obwohl mir in einem winzigen Moment schon der Gedanke kam: "Mensch Kepler denke erstmal nach und rede dann mit dem Pastor!" :uups:


    Die Brautschau fand ich sehr amüsant zu lesen, vor allem die Entscheidungsmöglichkeit zwischen 11 zur Auswahl stehenden Kandidatinnen ist beeindruckend.

    Amüsant zu lesen schon, trotz dem musste ich über den Absatz nochmal drüber gehen um es in die richtige Reihenfolge zu bringen, welche Frau er letztendlich genommen hat :scratch:

    Eine tapfere Frau muss sie gewesen sein, wie sie sich mit 73 Jahren standhaft und starrsinnig zeigt und selber mit dem Untervogt verhandeln will. Sie weist alle Anklagepunkte vehement zurück, obwohl ihr sicher auch die Verteidigungsschrift hilft, die ihr Sohn von Juristen hat ausarbeiten lassen.

    Ich ziehe meinen Hut vor dieser Frau, wenn man bedenkt was für Foltermethoden früher angewendet wurden und sich trotz dem nicht unter bekommen zu lassen...mein Respekt :thumleft:

    Ich glaube, er konnte gar nicht anders als schreiben und denken und wieder schreiben. Bei allen Schicksalsschlägen und Auszeit von der Astronomie musste doch der Punkt kommen, an dem sein Hirn von Ideen und Gedanken fast geplatzt sein musste. Die Gedanken kann doch niemand anhalten.

    Ja, ich denke auch es lag ihm einfach im Blut bzw. war es sicher für ihn auch eine gewisse Ablenkung von seinen Alltagssorgen. So eine Art "Flucht in seine eigene Welt!" um nicht mehr über seine Sorgen nachdenken zu müssen.

    Vor der Frau verneige ich mich tief.

    Lass und gemeinsam vor der Frau verneigen :wink::wink::wink:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • na, zu wem sollte er auch gehen mit solchen Zweifeln? Dafür waren die Pastoren schließlich die Ansprechpartner, das war einfach so.

    War ja auch mehr eine rhetorische Frage meinerseits :wink: . Beim Pastor hätte er ja auf die Verschwiegenheit zählen können. Dass der Schuss so nach hinten geht, damit hat der Gute wohl nicht gerechnet.

    Damit wäre ich wohl auch eine Ausschlusskanditatin geworden und hätte mit Kepler gemeinsam auf dem Strafbänkchen gesessen

    Äh - rutscht ihr mal ein Stück, damit ich auch Platz habe?

    Da er sich durchaus in höfischen Kreisen bewegen konnte und auch für seine guten Umgangsformen gelobt wurde (das stand irgendwo ein paar Kapitel weiter vorn), würde ich zumindest Defizite in sozialen Bereichen ausschließen. Ob das aber als Kriterium für hochbegabt oder nicht herhalten kann? Da bin ich mir nicht so sicher.

    Eine Kollegin von mir erklärt (nicht entschuldigt!) ihre ständige schlechte Laune, verbunden mit Aggressionen, die sie an ihrer Umwelt auslässt, und sämtliche weiteren schlechten Eigenschaften damit, "das ist bei Menschen so, die so intelligent sind wie ich". :computer::puker: Nein, nicht jeder mit schlechter Laune und mangelnden Umgangsformen ist gleich hochbegabt :twisted: .

    Amüsant zu lesen schon, trotz dem musste ich über den Absatz nochmal drüber gehen um es in die richtige Reihenfolge zu bringen, welche Frau er letztendlich genommen hat

    *Flüstert*: Die fünfte, Glöckchen :wink: .

    Lass und gemeinsam vor der Frau verneigen :wink::wink::wink:

    *Ebenfalls verneigt*.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Das war typisch Kepler - genauso konfus und umständlich wie seine Schriften, ging auch seine Brautschau von statten.

    genau - ich hab das Kopfkino, wie er genau notiert, was er an welcher gut oder schlecht fand, wie sie aussieht, ob sie von Stand ist und und und - und dann vergleicht er die Listen :loool:

    Naja - Kepler hat sich ja selbst der Ketzerei schuldig gemacht, in dem er die Erde aus der Mitte des Universums entrückt hat. Also ist der Kontrast doch gar nicht so groß.

    Stimmt, daran hab ich gar nicht mehr gedacht - aber leider hat es die Inquisition 8-[

    je näher die Planeten an der Sonne sind, um so schneller bewegen sie sich. (ist ja auch logisch, weil es da so heiß ist... Sorry, der musste jetzt raus. Das hat mir als Eselsbrücke immer gut gedient )

    :totlach: okay, das vergess ich auch nicht mehr :totlach:

    Zumindest habe ich das Gefühl das seine Leistungen ein wenig unter den Teppich gekehrt werden.

    Ich glaube, das täuscht - und wie Du selbst sagst, geht es hier auch nicht um Brahe. Seine Leistungen sind für mein Empfinden oft genug als herausragend beschrieben worden. :wink:

    War Galileo hochbegabt? Dann würde es für mich erklären warum er sich nicht mit Kepler zusammen tat, einfach weil er es nicht konnte. Hochbegabte sind sehr häufig in sozialen Bereichen soweit hinterher, wie sie an IQ "normalen" Menschen voraus sind.

    Keine Ahnung, ob er hochbegabt war - aber so perfekt, wie er sich in gehobenen Kreisen bewegt hat, war er zumindest auf sozialer Ebene sehr wohl kompetent… wenn er denn wollte :wink:

    Mal abgesehen vom Wesen der Beiden, sind sie doch auch völlig anders an die Lösungen heran gegangen..ob das wirklich gut gegangen wäre

    Vielleicht hätten sie sich aber auch perfekt ergänzt - der Theoretiker und der Praktiker, einer bringt die Beweise für den anderen :wink:

    Trotz dem stelle ich mir ab und an die Frage:"Wäre Kepler weiter so ein Idealist geblieben, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, sich vllt in Rom oder Florenz oder Venedig zu verwirklichen?"

    Ja, bestimmt - er hatte in Prag ja auch ein sehr anregendes Umfeld. Dass Rudolf in finanziell so hängen ließ, war halt blöd, aber intellektuell bot er ein sehr gutes Umfeld.

    Jaaaaaaaaaaaaaa, ich bin wieder ran

    passend zum Schluss hast Du uns wieder eingeholt :friends:


    so, und ich muss jetzt endlich den Rest des heutigen Kapitels lesen…. und dann ist es nur noch eines O:-)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich bin auch gerade dabei das letzte Kapitel zu lesen. Ich kann festhalten, dass es eine schöne Leserunde und ein schönes, gehaltvolles Buch mit vielen wissenswerten Informationen war und das ich sicherlich auch weitere Sachbücher lesen möchte.
    Definitiv brauche ich aber ein paar Bücher Abstand / Pause um ein neues in Angriff zu nehmen, einfach schon deshalb weil Sachbücher ein mehr fordern. Leider bin ich in der Leserunde ziemlich passiv gewesen, aber vielleicht ändert sich das ja im Verlauf von anderen Leserunden zu Sachbüchern.


    Jetzt muss ich aber weiterlesen und das Buch beenden, schließlich warten noch andere Bücher auf mich. :uups::study:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 50 / 268 Seiten


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