• Der Autor (Q: Lovelybooks und Reprodukt): Der am 27. September 1955 in Washington, D.C. geborene und in Seattle aufgewachsene Charles Burns ist ein US-amerikanischer Illustrator, Comiczeichner und Comicautor. Nach seinem Studium der Malerei und Skulptur in Kalifornien (bis 1979) arbeitete er zunächst als Covergestalter (für Schallplatten, u.a. Iggy Pops "Brick by Brick"). Von 1984 bis 1986 lebte er in Italien und hatte dort Kontakt mit der Künstlergruppe Valvoline, bei der auch der Comiczeichner und Grafiker Lorenzo Mattotti mitgewirkt hat. Sein Interesse an Comics wurde zusätzlich durch ein Treffen mit Art Spiegelman geweckt, der ihn für sein Magazin "Raw" gewinnen konnte. Sein Opus Magnum "Black Hole" begann Burns im Jahr 1993. Er hat daran mehr als zehn Jahre gearbeitet. Die Reihe umfasst im Original zwölf Bände, die inzwischen als integrale Gesamtausgabe vertrieben werden. Gegenwärtig lebt und arbeitet er mit seiner Familie in Philadelphia, Pennsylvania. Er ist verheiratet mit der Malerin Susan Moore. Charles Burns gilt dank seiner atmosphärischen, von starken Schwarzweißkontrasten geprägten Zeichnungen als einer der großen Stilisten des Comic. Zudem wurde er mit Illustrationen für “Time”, The New Yorker” oder “Rolling Stone” bekannt.


    Kurzbeschreibung (Q: Reprodukt): “Es war wie ein grauenhaftes Fangenspielen… Erst nach einiger Zeit kam heraus, dass es sich um eine neuartige Krankheit handelte, die nur Teenager bekommen konnten. “Teenager-Pest” oder “Der Bazillus” nannte man das, und es hatte unvorhersehbare Auswirkungen… Einige erwischte es nicht so schwer – ein paar Beulen, ein hässlicher Ausschlag… Andere verwandelten sich in Monster oder bildeten neue Körperteile… Aber die Symptome waren zweitrangig… Wer “es” einmal hatte, wurde “es” nie wieder los.” Charles Burns, einer der bekanntesten und profiliertesten amerikanischen Comicautoren, hat mit “Black Hole” ein grandios verzerrtes Spiegelbild amerikanischer Realität zwischen Sex, Drogen und Horror geschaffen. “Black Hole” ist die albtraumhafte Geschichte einer Teenagerkrankheit, die grotesk verformte Gesichter und Körper zurücklässt.


    Die zwölfteilige Comicserie "Black Hole" wurde geschrieben und gezeichnet von Charles Burns und erschien zwischen 1995 und 2005, die ersten vier Bände im Untergrund-Comicverlag Kitchen Sink Press, der 1999 seinen Betrieb einstellte, ab dem fünften Band bei Fantagraphics in Seattle einschließlich einer Neuausgabe der ersten vier Bände. Im Jahr 2005 erschien eine hartgebundene Gesamtausgabe im Verlag Pantheon Books in New York (und drei Jahre später als Softcover-Ausgabe). In der Gesamtausgabe fehlen einige Seiten, die die Gesichter einiger Charaktere zeigen. Puristen sollten sich also die zwölf Einzelbände sichern. In deutscher Übersetzung erschien die Serie in sechs Bänden (für seinerzeit 12 Euro), die zum Abschluss 2005 auch in einer auf 500 Stück limitierten Ausgabe der Einzelbände im Schuber erschienen ist, für damals 50 Euro. Als Gesamtausgabe in einem Band erschien "Black Hole" 2011 bei Reprodukt in Berlin, übersetzt von Heinrich Anders, Stefan Eckel und Ulrich Georg, gelettert von Dirk Rehm. Diese Klappenbroschur-Ausgabe umfasst 368 nicht nummerierte Seiten.


    Die Gesamtausgabe gewann im Jahr 2006 den Harvey Award als bestes Album mit bereits veröffentlichtem Material und im selben Jahr den Eisner Award als bestes Reprint-Album. Burns erhielt außerdem für seine Serie 1998, 1999, 2001, 2002, 2004, 2005 und 2006 den Harvey Award als bester Tuscher. "Black Hole" bekam außerdem 2006 den Ignatz Award als herausragende Anthologie oder Gesamtausgabe und 2007 den Preis "Les Essentiels d'Angoulême" beim Internationalen Comic-Festival Angoulême.



    Vielleicht lehne ich mich etwas weit aus dem Fenster, aber die seinerzeit in Fortsetzungen veröffentliche Graphic Novel „Black Hole“ scheint mir eines der besten Bücher über das Heranwachsen westlicher Teenager zu sein, das ich bisher gelesen habe. :applause: Und dabei zur gleichen Zeit auch ein ins Mark treffender und absurd-origineller Körperhorror. :shock: Wie ein überraschend gezeugter Bastard von Holden Caulfield und Gregor Samsa (wer solche Vergleiche mag). :-, Eine stimmig durchkomponierte Allegorie über die Ängste und Unwägbarkeiten, die sich einstellen beim pubertären Eintritt in eine Welt, die nach erwachsenen Regeln funktioniert. Die von Sex und Drogen durchtränkte Ausgrenzungsmaschine High School, die erbarmungslos den Daumen senkt, wenn einer aus der Reihe fällt.


    Teenager einer amerikanischen High School, anscheinend in einem Vorort von Seattle, irgendwann in den 1970er-Jahren, erkranken an einer neuartigen Krankheit. Einer Krankheit, die sich durch Sex mit Verseuchten verbreitet. Eine unheilbare Krankheit, die die Aussätzigen schließlich in die Isolation im Wald treibt, wo sie eine kleine Parallelgesellschaft bilden.


    Ich bin total fasziniert, wie Burns über die gesamte Länge die Spannung, das Unheimliche und das latent Bedrohliche aufrecht erhält, erzählt aus diversen interessanten Blickwinkeln unterschiedlich betroffener Personen. „Black Hole“ ist eine nahezu perfekte Mixtur des normalen, von Unsicherheiten geplagten Teenageralltags mit übernatürlichem Horror. Der Schrecken, der unter der Oberfläche lauert, der sich brutal den Weg an die Öffentlichkeit bricht. Schonungslos, mit Grenzüberschreitungen, Ekel und unbekannten (und bekannten) Körperöffnungen und Verformungen. Dunklen Arealen, die sich nach und nach ans Licht schälen. Wie ein Aussatz, der Menschen auf ewig markiert – als Außenseiter, als Versager. Häute werden abgeworfen. Die Jugendlichen verändern sich.


    Wunderbar ist, wie sich die Zerstörung der Ordnung, von der erzählt wird, auch in der Form äußert, wenn die Seitenaufteilung sich verwirrt und jede Ordnung einem Strudel geopfert wird. Sehr surrealistisch. Großartige, flächige, schwarz-weiße Zeichnungen mit viel Schatten und wenig Licht, ein fast kupferstichartiger Stil, mit etwas statischen, aber wuchtigen Figuren, die mich mehr als einmal an den Stil des Pop-Art-Malers Roy Lichtenstein erinnert haben. Sehr ikonisch und originell durchgestaltet. Stets durchzogen von starkem 50er-Jahre-Horror-Flair und einer Pulp- und EC-Comic-Stimmung. All das gefällt mir grafisch (und erzählerisch!) ausgesprochen gut. Eine Einheit von Inhalt und Form, die in dieser Weise und Intensität in keinem anderen Medium wäre, nicht als „normaler“ Roman, als Film oder Fernsehserie, maximal als atmosphärisches Hörspiel. (An Filmfassungen haben sich bisher vergeblich so verdiente Leute wie Alexandre Aja, Roger Avery, Neil Gaiman und David Fincher versucht.)


    „Black Hole“ ist sehr niederdrückend, beklemmend und hoffnungslos. Ich liebe das! :wink: Wie dem Schrecken des Daseins kein einfaches Ende aufgepropft wird. Wie ein Autor seine Weltsicht nicht einer Genrekonvention opfert, die den Schrecken zumindest eine Zeitlang wieder eindämmt und "beherrschbar" macht. Und wie auf menschlich sehr anrührende Weise von Teenagerproblemen und überhaupt von dem Abartigen im Leben erzählt wird. Dem unter der Oberfläche schlummernden Schrecken. "Black Hole" ist ein atmosphärisches, albtraumhaftes Meisterstück. Ich bin begeistert! :pray:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb::thumleft:

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    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Die englische Gesamtausgabe als 368-seitiges Hardcover.

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  • Auch in Frankreich erschien die (im Original 12-teilige)Serie wie in Deutschland zunächst in sechs Einzelbänden, bei Delcourt zwischen 1998 und 2005 (1. Sciences naturelles, 2. Métamorphoses, 3. Visions, 4. La reine des lézards, 5. Grandes vacances, 6. Bleu Profond). Im Jahr 2006 kam die Gesamtausgabe heraus.

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  • In Spanien wurde die Serie in 12 Einzelbänden veröffentlicht (in Deutschland und Frankreich in sechs Bänden). 2006 erschien die Gesamtausgabe bei den Ediciones La Cúpula in Barcelona. Spanische Übersetzung von Lorenzo Félix Díaz Buendía.

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  • Hier noch die limitierte erste deutsche Gesamtausgabe der Einzelbände 1-6 im Schuber. :lechz:

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  • Die italienische Gesamtausgabe erschien 2007 im Verlag "Coconino Press", übersetzt von E. Fattoretto.

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  • Der Comic sollte ja bereits schon mehrfach verfilmt werden, was sich immer wieder zerschlagen hat. 2010 entstand dieser elfminütige Kurzfilm unter der Regie von Rupert Sanders nach einem Drehbuch von Charles Burns als Pitch für eine Langfilm-Produktion. Wer dem Link folgt, kann sich den Kurzfilm bei Vimeo anschauen.

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  • Juhu, eine Graphic - Novel - Rezension :cheers: .


    Dieser grotesken Geschichte bin ich vor einigen Jahren in einem gut sortierten Comic - Shop begegnet.
    Die Inhaltsangabe verführte ja einfach zum Reinschauen und was soll ich sagen - es ist immer wieder erstaunlich, wie suggestiv doch gezeichnete Bilder sind. Fotos z. B. oder ein realer Film können nicht diese verstörende Wirkung erzeugen. Wie kommt das nur? Man denke z.B. an Kill Bill 1. Die schlimmste Szene in diesem Film war für mich mit Abstand die als Manga erzählte Geschichte von O - Ren alias Lucy Liu.


    Jedenfalls habe ich Black Hole nicht gekauft; frei nach Fishermans: Ist die Story zu stark, bist Du zu schwach :wink: .
    Die beinahe schon groteske Art der Auseinandersetzung mit der Pubertät kommt allerdings in einer anderen Graphic Novel vor, die ich besitze. Keine Seuchen, kein Horror, aber auch sehr kafkaesk (was man schon am Cover sieht).

  • Jedenfalls habe ich Black Hole nicht gekauft; frei nach Fishermans: Ist die Story zu stark, bist Du zu schwach :wink: .
    Die beinahe schon groteske Art der Auseinandersetzung mit der Pubertät kommt allerdings in einer anderen Graphic Novel vor, die ich besitze. Keine Seuchen, kein Horror, aber auch sehr kafkaesk (was man schon am Cover sieht).

    Danke für den Tipp, bzw. die Erinnerung. :thumleft: Irgendwo in meiner ewig langen Merk- und Wunschliste dümpelt "Hair Shirt" vor sich hin. Da muss ich mich demnächst definitiv nach umsehen! :winken: Versuchs ruhig mal mit "Black Hole". So eklig ist das gar nicht

    , allerdings ziemlich beklemmend und im Grunde traurig. Die Geschichte lässt nicht locker.

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