Ruth Rendell - See der Dunkelheit / The Lake of Darkness

  • Klappentext:
    Finn ist ein Mädchen für alles, jeder Auftrag wird prompt und reibungslos erledigt. Als er eines Tages ein Päckchen mit Geld erhält, weiß er, was zu tun ist. Und schon ist sein Auftraggeber, ein Immobilienhai, seine Sorge los, denn die störrische Mieterin ist ganz plötzlich verstorben. Was aber passiert, wenn Finn ein weiteres Geldpäckchen erhält, den nächsten Mord gewissenhaft erledigt, und sich dann alles um ein Missverständnis handelt? Das kann doch nur tödlich enden. (Krimi-Couch)


    Zur Autorin:
    Ruth Rendell wurde am 17. Februar 1930 in South Woodford/London als Tochter eines Lehrerehepaars geboren. Sie litt sehr unter der unglücklichen Ehe ihrer Eltern. In London ging sie auch zur Schule. Später arbeitete sie zunächst als Journalistin bei einer kleinen Wochenzeitschrift. Nach der Geburt ihres einzigen Sohns war sie zehn Jahre lang Hausfrau, bis ein Verleger ihr den Tip gab, Krimis zu schreiben. Ihr erstes Buch erschien 1964. Von ihrem ersten Erfolg kaufte sie sich einen Jaguar.
    Seitdem hat sie an die vierzig Romane und vier Bände mit Kriminalgeschichten verfaßt. Bekannt wurde sie hauptsächlich durch ihre Kriminalromane mit Inspektor Wexford. Dreimal schon erhielt sie den Edgar-Allan-Poe-Preis und zweimal den »Golden Dagger Award«. 1997 wurde sie mit dem »Grand Masters Award« der Crime Writers Association of America, dem renommiertesten Krimipreis überhaupt, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth II in den Adelsstand erhoben.
    Rendell, die auch unter dem Pseudonym »Barbara Vine« – zusammengesetzt aus ihrem zweiten Vornamen und dem Mädchennamen ihrer Urgroßmutter – als »Königin der Kriminalliteratur« gefeiert wird, lebte in London. Davor, wie es sich für eine Queen of Crime gehört, in einem Farmhaus aus dem 16. Jahrhundert in Suffolk. Sie verstarb im Mai 2015. (Krimi-Couch)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: The Lake of Darkness
    Erstmals erschienen 1980 bei Hutchinson & Co, London
    Aus dem Englischen übersetzt von Ilse Bezzenberger
    Aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters erzählt
    22 Kapitel auf 320 Seiten


    Persönliche Meinung:
    Der Klappentext greift zu kurz, denn Finn ist eigentlich nur eine Nebenfigur. Im Mittelpunkt steht der farblose, biedere und allein lebende Martin Urban, ein Steuerberater in der Kanzlei seines Vaters, der beim Fußball-Toto über 100 000 Pfund gewinnt und damit Gutes tun will. Leider informiert er seinen Freund Tim nicht, der ihm den Spielschein zur Verfügung stellte.
    Zu Martins Überraschung willigt die hübsche Blumenverkäuferin Francesca ein, mit ihm auszugehen, und auf einmal ist er nicht mehr allein.


    Ein Roman aus Rendells bester Phase mit individuell gezeichneten Figuren, von denen die meisten ganz persönlichen Macken frönen. Martin erfährt, dass Großzügigkeit und Altruismus gar nicht so einfach sind, sondern dass seinen Spenden eher mit Misstrauen und Ablehnung geantwortet wird.


    Der Leser ahnt schnell, dass in Sachen Francesca nicht alles mit rechten Dingen zugeht, aber was hinter dem Geheimnis steckt, ist eine typische Rendell-Überraschung.
    Wie immer würde man als Leser gern eine Figur schütteln, um ihr klar zu machen, welch übles Spiel mit ihr getrieben wird. So sieht man den Abgrund, auf den sich alles zu bewegt, hilflos näher kommen. Eine Verkettung von Missverständnissen und (logischen) Zufällen, dazu die Eigenheiten der Figuren – unweigerlich geht’s ab zur Katastrophe.


    Geübte Rendell-Leser werden die Gefühle wieder entdecken, die sie aus anderen ihrer Romane kennen. Vor allem beherrscht Rendell die Kunst, auch in Passagen, in denen die Handlung ein wenig abflaut, den Spannungsbogen oben zu halten und wie gewohnt geizt sie nicht mit überraschenden Wendungen oder pointierten Boshaftigkeiten.
    – Trotz einiger Morde würde ich das Buch eher als psychologischen Spannungsroman denn als Krimi bezeichnen.


    In den letzten Büchern, die sie schrieb, konnte Rendell leider mit ihrer Begabung Spannung zu erzeugen und verschlungene Geschichten folgerichtig zu erzählen, nicht mehr punkten wie früher. Umso schöner, wenn man auf eins ihrer Bücher aus ihren besten Tagen stößt und wieder weiß, warum man sie so toll fand.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)