Julie von Kessel - Altenstein

  • Nachdem ihr zweiter Ehemann Kuno gefallen ist, muss Gräfin Agnes von Kolberg bei Kriegsende allein mit zehn Kindern zurechtkommen. Das Familiengut Altenstein in Brandenburg gehört ihnen nicht mehr und sie müssen sich nach der Flucht aus Ostpreußen in der Nähe von Bonn ein neues Heim aufbauen mit geringen finanziellen Mitteln, denn ihnen ist nichts geblieben. Jedes Familienmitglied kennt Hunger und erst sehr langsam fängt die Familie an, sich eine neue Existenz zu schaffen. Agnes ist eine harte und sehr dominante Person, die ihre Kinder um sich schart und sie mit Strenge und Kälte erzieht. Dadurch hat ihr Lieblingssohn und Jüngster Konrad im Verlauf seines Lebens immer wieder Schwierigkeiten, zurechtzukommen und Vorkommnisse in seiner Vergangenheit zu verarbeiten. Sein Bruder Moritz schlägt die Laufbahn eines Diplomaten ein, und Schwester Helene findet einen Ehemann, der unter den strengen Augen von Agnes Bestand hat. Konrads Lieblingsschwester Nona hat ihre eigenen Vorstellungen und verlässt ihren Ehemann. Nach der Wende möchte Konrad sich endlich selbst beweisen und das ehemalige Familiengut Altenstein wieder in Besitz bringen, um einige seiner Ideen dort zu verwirklichen. Doch seine Geschwister halten nichts von dieser Idee und so entbrennt ein Streit unter ihnen allen. Einzig Nona hält zu Konrad und bietet ihm ihre Unterstützung an. Wird es Konrad gelingen, sein Leben endlich zu ordnen und Gut Altenstein der Familie wieder zuzuführen?


    Julie von Kessel hat mit ihrem Buch „Altenstein“ einen sehr komplexen Roman über das Leben einer Familie vorzulegen und deren Leben seit Kriegsende bis in die Gegenwart widerzuspiegeln. Das Buch zeigt die Entwicklung innerhalb der Familie über einen sehr langen Zeitraum auf, man könnte es fast eine Chronik nennen. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, da sachlich und recht pragmatisch, der Leser muss sich zu Beginn erst einmal mit sämtlichen Charakteren vertraut machen. Die ständig wechselnden Erzählperspektiven mit Zeitsprüngen beleuchten das Familienleben von allen Seiten und geben einen Eindruck über die Verhältnisse der Personen untereinander. Leider ist die Umsetzung nicht ganz gelungen, denn die Autorin reist zu viele Dinge an, die dann irgendwie im Sande verlaufen oder nur oberflächlich angesprochen, aber nicht weiter ausgeführt werden. Außerdem verwirrt das Hin- und Herspringen zwischen den verschiedenen Zeiten eher, besser wäre wahrscheinlich ein chronologischer Ablauf gewesen, er hätte die Handlung verständlicher gemacht.


    Die Charaktere sind allesamt sehr ungewöhnlich gewählt und ausgestaltet worden. Sie bieten eine große Vielfalt jeder nur möglichen Persönlichkeit mit Eigenschaften und einer Gefühlswelt, in die der Leser sich hineinfinden muss. Dabei wirken sie authentisch und lebensecht. Agnes ist eine sehr harte Frau, die ihre Kinder dominiert und sich als den Mittelpunkt der Familie versteht. Sie besitzt einen Standesdünkel und pflegt diesen mit einer Arroganz, die einen den Kopf schütteln lässt. Dass sie ihre Kinder durch ihr Verhalten in ihrer eigenen Entwicklung unterdrückt, ist ihr dabei gar nicht bewusst, aber selbst ,wenn es so wäre, würde sie wohl nicht anders handeln oder sich benehmen. Konrad hat unter der Stärke seiner Mutter und durch einen Missbrauch innerhalb der Familie so zu leiden, dass er sein Leben nicht auf die Reihe bekommt und ständig scheitert. Nona ist als einzige von den Geschwistern Konrad herzlich zugetan und unterstützt ihn auf jedwede Art und Weise. Auch die anderen Geschwister haben alle ihre Ecken und Kanten und zeigen mit ihrem Handeln eine sehr komplexe Familie, bei der jeder einzelne seinen angestammten Platz hat und die Entwicklung des einzelnen über die Jahre aufzeigt.


    „Altenstein“ ist ein interessanter Roman mit einer sehr komplexen Familiengeschichte, der sich nicht einfach so zwischen Tür und Angel weglesen lässt. Alle, die sich gerne mit etwas anspruchsvollerer Literatur beschäftigen und auch einen historischen Verlauf innerhalb der Handlung mögen, könnte dieses Buch gefallen. Eine Leseempfehlung für diese Familiengeschichte.


    Komplexe Geschichte für :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


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