Lorraine Fouchet - Ein geschenkter Anfang / Entre ciel et Lou

  • Das Ehepaar Lou und Jo lebt auf einer kleinen bretonischen Insel. Als seine Frau Lou stirbt, bricht für Jo seine Welt zusammen. Lou war für ihn alles, seine Geliebte, seine Freundin und seine Seelenverwandte, die beiden waren sich selbst genug. Doch Lou hat noch einen Auftrag für Jo, er soll dafür sorgen, dass seine Kinder glücklich sind. Eine Aufgabe, die Jo fast unmöglich erscheint, denn sein Sohn Cyrian sowie Tochter Sarah sind bereits erwachsene Menschen und ob sie die Hilfe ihres Vaters annehmen werden, ist fraglich, denn das Verhältnis zu ihnen ist eher gespalten, sie haben sich gefühlsmäßig in den letzten Jahren voneinander entfernt. Cyrian und seine Frau haben sich auseinander gelebt und denken an Trennung. Darunter leidet vor allem ihre kleine Tochter Pomme, die sich nichts sehnlicher wünscht, als das ihr Vater sie liebt. Sarah ist krank und lebt für sich, da sie keine Beziehung mehr möchte. Sie wurde oft genug enttäuscht und will sich diesen Schmerz ersparen. Vater Jo hat also keine leichte Aufgabe, seinen Kindern das Glück zurückzubringen, zumal er selbst durch den Tod von Lou unter Schuldgefühlen und der Trauer leidet. Wird es ihm gelingen, das sie sich alle wieder annähern?


    Lorraine Fouchet hat mit ihrem Buch „Ein geschenkter Anfang“ einen sehr berührenden und emotionalen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und poetisch gefühlvoll, dabei aber auch von Trauer durchsetzt und mit düsteren Nuancen. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr schön in die Handlung eingewoben, so dass man die raue Insel und das Meer vor dem inneren Auge regelrecht sehen kann. Dem Leser wird durch verschiedene Perspektivwechsel in der Erzählung jedes einzelne Schicksal der Familienangehörigen sehr nahe gebracht und fühlt sich selbst davon angesprochen und betroffen. Sehr detailliert breitet die Autorin das Familienleben aus und präsentiert dem Leser die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander und innerhalb ihres eigenen Umfelds. Dabei versteht sie es sehr gut, sämtliche Emotionen durch kleine Gesten und wenige Worte so gut zu vermitteln, dass man als Leser ebenso leidet, mitfühlt, den Kopf schüttelt und die Protagonisten auch mal anschreien oder schütteln will, weil sie sich selbst und anderen im Weg stehen.


    Die Charaktere sind wunderbar ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Ihr Gefühle und Gedanken sowie ihr Umfeld sind jederzeit so präsent, so dass der Leser das Gefühl bekommt, dabei zu sein. Die verstorbene Lou war das Herz der Familie, die sich um alles gekümmert hat und das gemeinsame Bindeglied für alle Mitglieder war. Mit ihrem Tod scheint alles auseinanderzubrechen. Jo hat in Lou die Liebe seines Lebens gefunden, aber er hat auch Schuld auf sich geladen, weil er in seinen eigenen Augen versagt hat. Und mit dieser Schuld kann er nicht umgehen, kann sich selbst nicht verzeihen und weiß nicht, wie er jemals wieder froh wird. Cyrian kann seinen Vater nicht ausstehen, weil er ihn für einen Betrüger hält. Er will gar nicht mit ihm reden. Gleichzeitig hat er in seiner eigenen Ehe Probleme und bemerkt gar nicht, wie seine kleine Tochter Pomme sich nach seiner Liebe und Anerkennung sehnt. Sarah ist krank und wird mehr und mehr zur Außenseiterin, aber sie selbst tut auch nichts dagegen, dies zu ändern, sondern schottet sich immer mehr ab, um bloß nicht verletzt zu werden. Und dann die kleine Pomme, die sich fehl am Platz und unerwünscht vorkommt. Dabei ist sie eine mutige kleine Person, die über sich hinauswächst, und all das tut sie immer in dem Gedanken, dass ihr Vater sie dann vielleicht bemerkt. Auch die anderen Protagonisten sind sehr schön auf die Handlung zugeschnitten und erfüllen mit ihren kleinen Episoden den Zweck, die Geschichte zu stärken und zu stützen.


    „Ein neuer Anfang“ ist ein sehr berührendes und feinsinniges Buch über die Familie und die Macht der Liebe, über das Verzeihen und Loslassen, über das Vergangene und die Zukunft. Ein Roman, der noch lange nachklingt, ist es doch eine Geschichte, die Tag für Tag überall auf der Welt in etwas abgewandelter Form vorkommt. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!


    Zauberhafte :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Im französischen Original Entre ciel et Lou.
    Im Französischen ist das ein Wortspiel entre chien et loup (chien: der Hund, loup: der Wolf) heißt in der Abenddämmerung; dieser Ausdruck geht schon auf die alten Römer zurück, nur sprachen die Latein inter canem et lupum, damit meinen sie, dass man in der Abenddämmerung nicht zwischen einem Hund und einem Wolf unterscheiden kann, alles verschwimmt im Licht der untergehenden Sonne.