Immanuel Kant - Zum ewigen Frieden und andere Schriften

  • Inhalt (laut Klappentext):
    "In einer seiner bekanntesten Schriften entwickelt Immanuel Kant mit atemberaubender Modernität ein Staatskonzept, das zum "Ewigen Frieden" nicht nur eine politisch argumentierende Öffentlichkeit voraussetzt, sondern auch internationale Rechtsverbindlichkeit fordert. 150 Jahre später beginnen die Vereinten Nationen ihre Arbeit daran. Aber Kant mischt sich in seinen anderen Schriften auch in Fragen der Alltagskultur ein, die nichts an Aktualität verloren haben, zum Beispiel das Raubkopieren..."


    Über den Autor (laut Wikipedia.de):
    "Immanuel Kant (* 22. April 1724 in Königsberg, Preußen; † 12. Februar 1804 ebenda) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung. Kant zählt zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie. Sein Werk Kritik der reinen Vernunft kennzeichnet einen Wendepunkt in der Philosophiegeschichte und den Beginn der modernen Philosophie.
    Kant schuf eine neue, umfassende Perspektive in der Philosophie, welche die Diskussion bis ins 21. Jahrhundert maßgeblich beeinflusst. Dazu gehört nicht nur sein Einfluss auf die Erkenntnistheorie mit der Kritik der reinen Vernunft, sondern auch auf die Ethik mit der Kritik der praktischen Vernunft und die Ästhetik mit der Kritik der Urteilskraft. Zudem verfasste Kant bedeutende Schriften zur Religions-, Rechts- und Geschichtsphilosophie sowie Beiträge zu Astronomie und Geowissenschaften."


    Meine Meinung:
    Die vorliegende, 256 Seiten lange Ausgabe umfasst neben Literaturangaben, einem Lebenslauf Kants und einem Beitrag aus "Kindlers Literatur Lexikon" folgende Schriften:

    • Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht
    • Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
    • Von der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks
    • Was heißt: Sich im Denken orientieren?
    • Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodicee
    • Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis
    • Etwas über den Einfluß des Mondes auf die Witterung
    • Das Ende aller Dinge
    • Zum ewigen Frieden
    • Von einem neuerdings erhobenen vornehmen Ton in der Philosophie
    • Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen
    • Über die Buchmacherei

    Wer Kant lesen möchte, der sollte auf jeden Fall viel Geduld mitbringen, was mir zum Glück vorher schon klar war. Es geht nicht nur darum, den Versuch zu wagen, auch mal ansatzweise zu verstehen, was er einem sagen möchte, sondern generell das Geschriebene zu verstehen. Manche verschachtelten Sätze muss man dann schon ein oder zwei Mal lesen. Hinzu kommen in diesem Fall auch die Fußnoten. Die haben mich im Lesefluss so sehr gestört, dass ich wohl eine - hoffentlich vorübergehende - Abneigung gegen sie entwickelt habe. Man stelle sich das so vor, dass die Fußnoten wirklich in Winzschrift (an dieser Stelle eine Warnung an alle Leser mit schlechten Augen) verfasst und inhaltlich oft recht umfangreich sind, sodass sie sich sogar über zwei bis drei Seiten erstrecken (!). Das praktische und gedankliche Hin- und Herblättern hat mich irgendwann recht nachdrücklich frustriert. Und das ist auch der Grund für die relativ niedrige Sternebewertung.


    Inhaltlich waren die Schriften - sofern der Inhalt mehr oder weniger von mir erfasst wurde, was nicht immer der Fall war, wie ich zugeben muss - recht interessant zu lesen. Bei den Abschnitten, die sich mit Ethik oder Erkenntnistheorie befassten, war ich froh, dass ich mich mit Kant schon mal beschäftigt habe, so lasen sich diese Abschnitte etwas leichter als der Rest. Apropos Ethik: über den Inhalt der Schrift "Über ein vermeintliches Recht aus Menschenliebe zu lügen" kann man wunderbar stundenlang diskutieren. Es geht darum, dass Kant der Ansicht sei, man darf selbst in dem Fall nicht lügen, wenn man die Absicht hat, einen anderen Menschen zu schützen (zum Beispiel vor Verfolgung). Das passt ohne Frage in seine Pflichtethik hinein (man hat also IMMER die Pflicht, die Wahrheit zu sagen) und auch seine Argumentationen dazu sind nachvollziehbar, aber schon rein gefühlsmäßig könnte ich es persönlich nicht verantworten, einen Menschen seinem Schicksal zu überlassen, nur um nicht zu lügen.
    Andere Schriften haben mich entweder überraschend abgeholt (wie die über den verbotenen Büchernachdruck) oder ich bin hoffnungslos abgestorben (den Ausführungen über den Mond konnte ich beim besten Willen nicht folgen). Es ist ein buntes Programm, das einem Wald ähnelt: Oft genug arbeitet man sich durch ein Dickicht voran, aber wenn dann mal eine Lichtung kommt, dann ist einem manchmal der "Aha-Effekt" vergönnt.


    Den Auszug aus "Kindlers Literatur Lexikon" fand ich recht hilfreich, um den Inhalt einiger Schriften noch einmal zu rekapitulieren und in anderer Formulierung zu betrachten.


    Fazit:
    Die Sternebewertung basiert vor allem auf meinem persönlichen Lesegefühl. Wer neugierig ist, sollte sich nicht abschrecken lassen, und sich über diese klassischen Schriften eines großen Denkers selbst eine Meinung bilden. Gewarnt seien an dieser Stelle vor allem die Leser mit Sehproblemen und E-Book-Leser, weil die Fußnoten sowohl den einen als auch den anderen wohl kein Lesevergnügen bereiten dürften.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Aber Kant mischt sich in seinen anderen Schriften auch in Fragen der Alltagskultur ein, die nichts an Aktualität verloren haben, zum Beispiel das Raubkopieren..."

    Das war schon ein toller Bursche, dieser Immanuel, aber ich hab's mal mit der "Kritik der reinen Vernunft" versucht und gar nichts verstanden. :scratch:
    Deshalb habe ich mir vorgenommen, philosophische Schriften generell nur noch an der Hand eines kundigen Führers zu lesen. Die Originale lassen mich meist verzweifeln. ?(
    Statt der von Dir erwähnten, oft wenig hilfreichen Fußnoten, wäre mir da eine kompetente Erklärung in verständlichem Deutsch von einem Autor, der sich auskennt, schon lieber.
    Dennoch hat mich Deine Rezension an diesen großen Geist der Aufklärung erinnert, der mir mit seiner Disziplin schon immer sehr imponiert hat. Die Welt hat er dennoch allein kraft seiner Gedanken verändert, ohne jemals aus Königsberg herauszukommen. Und das ist immerhin keine geringe Leistung.

  • Statt der von Dir erwähnten, oft wenig hilfreichen Fußnoten, wäre mir da eine kompetente Erklärung in verständlichem Deutsch von einem Autor, der sich auskennt, schon lieber.

    Das Problem in diesem Fall ist, dass die Fußnoten keine Erklärungen von außerhalb sind (also im Sinne von "Anmerkungen der Redaktion"), sondern von Kant stammen, sodass er damit den Gedanken weiterspinnt oder etwas anderes zum Thema sagt. Und das ist schon ein Akt, sich beim Blättern nicht zu verzetteln und alle Gedankenfäden zusammenzuhalten. 8-[
    Sekundärliteratur finde ich auch sehr angenehm. :pray:

    Die Welt hat er dennoch allein kraft seiner Gedanken verändert, ohne jemals aus Königsberg herauszukommen. Und das ist immerhin keine geringe Leistung.

    Genau! Ich kehre auch immer mal wieder zu seinen Ideen zurück, weil ich großen Respekt vor seinem Lebenswerk habe.

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