Claudia Pietschmann - GoodDreams: Wir kaufen deine Träume

  • Tolle Grundidee, deren Umsetzung mich leider nicht überzeugen konnte

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:
    Die Grundidee fand ich sehr spannend und originell: in einer unbestimmten Zukunft gibt es eine große Energiekrise, die Arbeitslosigkeit steigt ins Unermessliche und die Menschen flüchten sich in Träume - allerdings nicht unbedingt in ihre eigenen. Denn nachdem Facebook pleite gegangen ist, hat sich eine andere Plattform zur neuen Nummer 1 der sozialen Medien emporgeschwungen: GoodDreams, wo man Videos seiner eigenen Träume hoch- und die Videos anderer Träumer herunterladen kann. Anleitungen zum Klarträumen und Traumrekorder zum Aufzeichnen der Träume machen das ganz leicht. Die Profiträumer kassieren sogar Geld und Lebensmittelgutscheine, wenn ihre Träume oft genug gelikt werden.


    Leider hatte ich aber schnell den Eindruck, dass diese hochinteressante Idee auf eher schwachen Beinen steht, denn die Welt erschien mir nur oberflächlich durchdacht. Erdöl gibt es halt nicht mehr, weil die Araber und die Russen alles für sich selbst behalten, und Sonnen- und Windenergie funktionieren nicht mehr, weil das Klima unberechenbar geworden ist. Viel mehr Erklärung gibt es nicht, und das fand ich doch etwas dünn.


    War es zum Beispiel ein schleichender Prozess, oder gab es irgendeine Art von Katastrophe? Mal klingt es so, als wäre es einfach eine unausweichliche Folge des fortschreitenden Klimawandels, aber dann wird zum Beispiel auch gesagt, dass Touristen in den Hotels von Okinawa gestrandet sind, weil die Flüge unbezahlbar wurden - und das hieße ja, dass es sehr überraschend passiert sein muss.


    Außerdem fand ich die Auswirkungen dieser Energiekrise oft unlogisch. Einerseits hat kaum noch jemand Geld, um das Licht oder gar einen Kühlschrank einzuschalten, andererseits müssen die Menschen doch ständig im Internet hängen, wenn GoodDreams wirklich so eine wirtschaftliche Macht sein soll, wie es dargestellt wird. Es wird gesagt, dass einem technische Geräte hinterhergeschmissen werden, während Lebensmittel fast unbezahlbar sind, aber dennoch besitzen die meisten Menschen anscheinend entweder gar keinen eigenen Computer oder nur einen ziemlich abgewrackten.


    Kurz gesagt, der Weltentwurf hat mich leider nicht überzeugt, und deswegen konnte ich mich auf die Geschichte nicht vollständig einlassen. Zwar kam zwischendurch durchaus Spannung auf und es war dann auch unterhaltsam, aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht, weil es für mich nicht in sich stimmig war.


    Auch die Charaktere haben zwiespältige Gefühle in mir hervorgerufen, obwohl ich sie alle im Grunde sehr vielversprechend und interessant fand.


    Im Mittelpunkt steht Leah, die mit ihrem Zwillingsbruder Mika und ihrem todkranken Vater zusammenlebt. In den letzten Jahren hat Mika die kleine Familie als Profiträumer über Wasser gehalten, aber seit seine Freundin ihn verlassen hat, kann er nicht mehr schlafen und daher auch nicht mehr träumen. Leah hingegen hat mit dem Träumen schlechte Erfahrungen gemacht und will daher nicht versuchen, damit Geld zu verdienen.


    Am Anfang kam sie mir naiv und selbstsüchtig vor, denn sie schiebt ihrem Bruder alle Verantwortung fürs Geldverdienen zu. Dass er auf sie oft sehr wütend wurde, konnte ich zunächst sogar nachvollziehen, später fand ich ihn unangebracht aggressiv. Leah macht im Laufe der Geschichte zwar eine große Wandlung durch und lernt, mehr Verantwortung zu übernehmen und sich mehr zuzutrauen, dies fand ich allerdings recht sprunghaft, und ähnlich erging es mir auch mit den anderen Charakteren. Ein hilfsbereiter Charakter kann plötzlich besitzergreifend und hinterlistig sein, um dann später wieder hilfsbereit zu werden, und das innerhalb weniger Tage.


    Die Liebesgeschichte ging mir ein bisschen zu plötzlich, ich hatte nicht das Gefühl, dass die beiden sich überhaupt genug kannten, um tiefe Gefühle zu entwickeln. Außerdem fand ich schade, dass er sie immer wieder als hilfloses, schwaches, kindliches Mädchen sieht, das er beschützen muss!


    Der Schreibstil ist eher einfach, liest sich aber locker und angenehm.


    Fazit:
    Die Grundidee fand ich wahnsinnig spannend, leider flaute meine Begeisterung jedoch schnell ab. Die Ansätze sind alle da, die Charaktere haben durchaus viel Potential, aber die Umsetzung scheiterte für mich vor allem daran, dass mir der Weltentwurf einfach nicht vollständig und logisch durchdacht schien - und das ist mir bei dieser Art von Geschichte, die in einer dystopisch angehauchten Zukunft spielt, sehr wichtig, um sie glaubhaft finden zu können.

  • Die Grundidee fand ich wahnsinnig spannend, leider flaute meine Begeisterung jedoch schnell ab. Die Ansätze sind alle da, die Charaktere haben durchaus viel Potential, aber die Umsetzung scheiterte für mich vor allem daran, dass mir der Weltentwurf einfach nicht vollständig und logisch durchdacht schien - und das ist mir bei dieser Art von Geschichte, die in einer dystopisch angehauchten Zukunft spielt, sehr wichtig, um sie glaubhaft finden zu können.

    Danke für die Rezi! Du hast Recht, das klingt wirklich gut, allerdings ist auch genau das, was du bemängelst für mich einer der wichtigsten Faktoren. Die Welt muss mich packen können, sonst endet es ebenfalls in solch einer Bewertung. Schade drum, aber danke für die Warnung! :thumleft:

  • GoodDreams (Wir kaufen deine Träume) - Claudia Pietschmann


    Arena Verlag

    360 Seiten

    Dystopie

    Einzelband

    12. Januar 2018 (TB)


    Inhalt:


    Leah will nicht mehr träumen. Zu sehr treibt sie die Angst um, nicht in die Realität zurückkehren zu können. Ihr Zwillingsbruder Mika versteht Leah nicht.

    Er ist Profiträumer und verdiente lange mit seinen Träumen Geld.

    Geld, das die Geschwister dringend für ihren kranken Vater brauchen.

    Eines Tages erhält Mika eine anonyme E-Mail und damit die Chance auf 250.000 Dollar:

    Er soll bei einem geheimen Spiel mitmachen und gegen drei andere Jugendliche antreten.

    Das Ziel des Spiels? Ungewiss. Der Startpunkt? Im Traum. Das Problem:

    Seit Mika an Schlafstörungen leidet, ist für ihn ans Träumen nicht mehr zu denken.

    Ihre einzige Chance ist Leah.

    Sie muss ihre Angst überwinden und in den Traum eines Unbekannten aufbrechen. In einen Traum, der zum Albtraum wird – und der etwas enthüllt, das Leah und die gesamte Menschheit erschüttern wird …


    Meinung:


    Könnt ihr euch eine Welt vorstellen, in der man kaum noch Arbeit findet?

    In der ein großes Monopol fast alles regiert?

    In der man seine Träume verkaufen muss, um Geld zu bekommen?

    Und wenn ihr das könnt - was, wenn die Träume scheiße sind?

    Wenn niemand sie anguckt, wenn man sich keinen Strom oder Internet leisten kann?

    Wenn man keine Möglichkeit hat die Träume zu posten?

    Keine Likes, kein Geld. Kein Geld, kein Strom. Kein Strom, keine Träume.

    Es ist ein Teufelkreislauf.


    Leah und Mika leben mit ihrem Vater in einer heruntergekommen Wohnung irgendwo in der Stadt. Mika verdient den Lebensunterhalt, Leah kümmert sich um ihren Vater.

    Bis Mika seine Karriere als Profiträumer aufgeben muss.

    Er kann nicht mehr klarträumen, sein Schlaf wird von Angst dominiert und nur noch Leah kann sie aus der verzwickten Lage retten.

    Gemeinsam mit drei anderen träumt sie sich nun Nacht für Nacht in das Spiel eines Unbekannten. In einen konstruierten Traum, der mehr Panik schürt als Hoffnung.

    Leah begibt sich in Gefahr und die Einzige, der sie trauen kann, ist sie selbst...


    Die Welt, die die Autorin hier geschaffen hat, grenzt in meiner Vorstellung an ein postapokalyptisches Szenario. Kaum Strom, kaum Essen, nur veraltete Technik, die einen davon abhält durchzudrehen. Man kann sich in Träume klicken, sie adaptieren, den Rest ausblenden und sich einreden, dass das vor der Tür da nicht gerade vor die Hunde geht.

    Im Traum ist man sicher, geborgen - es kann nichts passieren. Eigentlich.

    Ich muss zugeben, ich war zu Beginn des Buches etwas verwirrt.

    Als Leser steigt man irgendwie mitten drin ein. In die Gedankenwelt eines Surfers, einer Kamikaze-Diebin und eines Verräters. Erst nach einiger Zeit habe ich gemerkt, dass das nicht die Realität war und das Chaos hat sich aufgedröselt.

    Aber selbst mit der Lösung des Problems war ich mir noch nicht sicher, was ich von der Geschichte halten soll. Das ist immer so ein Ding mit diesen verschiebbaren Realitäten - ich weiß nicht, was ich glauben kann.


    „GoodDreams“ wird aus der Sicht von mehr oder weniger vier Protagonisten erzählt.

    Die vier, die später das Traumspiel mit dem Ziel von 250000 Dollar bestreiten.

    Leah schien mir die Hauptfigur zu sein und durch die fehlende Ich-Perspektive konnte ich schlecht eine Bindung zu irgendjemandem aufbauen.

    Das machte aber spätestens dann nichts mehr als ich endlich durch die Handlung durchgestiegen bin und die Story an Fahrt aufnahm.

    Ich habe mit Leah mitgefiebert, bin mit den anderen durch die weiße Stadt gerannt - immer auf der Flucht vor etwas und auf der Suche nach dem Ziel.

    Das niemand so richtig eine Ahnung hatte, hat mir irgendwann nichts mehr ausgemacht - denn ich konnte mir denken, worauf es hinausläuft.


    Da Leah dauerhaft zwischen Realität und Traum hin und her springt, weil sie auch immer wieder aufwacht, fühlte sich das Ganze an wie ein Film, der an der spannendsten Stelle gestoppt wird. Man möchte sich die Haare raufen, sein Popcorn gegen den Fernseher schmeißen und energisch die „Play“ Taste drücken, aber es geht einfach nicht weiter.

    Ihr seht also, spannend und actionreich war die Suche nach dem unbekannten Ziel bei GoodDreams alle Mal. Und zu meinem Glück wurde auch eine kleine Liebesgeschichte eingebaut, die aber nicht überhand genommen hat.


    Fazit:


    „GoodDreams“ ist im wahrsten Sinne eine „traumhafte“ Dystopie.

    Auch wenn ich mich anfangs durch die ganzen Träumereien aus dem Konzept geworfen gefühlt habe, kam ich doch nicht von der Geschichte los.

    Die einigermaßen sympathischen Protagonisten machen es einem leicht dem Verlauf der Hetzjagd zu folgen. Man bangt und rätselt und fiebert ein bisschen mit - die Explosionen, Lebensgefahr, Einstürze, Flucht und Abgrenzungen bringen die nötige Spannung mit sich, um die Auflösung herbeizusehnen.

    Nur das Ende war mir ein wenig zu unspektakulär und offen...


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️ (4/5)