Inga Liebig - Ich kann, du kannst, Erkan: Mit Flüchtlingen im Klassenzimmer

  • Kurzmeinung

    Sarange
    Heitere und ernste Einblicke in den Unterrichtsalltag einer DaF-Lehrerin.
  • Handlung
    Inga Liebig (* 1984) leitet Sprach- und Integrationskurse an Schulen in Bayern und Berlin. In diesem 2016 veröffentlichten Buch beschreibt sie Szenen aus dem Alltag mit ihren Schülern, bei denen es sich aktuell natürlich vor allem um Flüchtlinge handelt. Einen Schwerpunkt bildet der Erwerb der deutschen Sprache und welche Probleme dieser mit sich bringt. Auch das System der Integrations-Kurse an sich wird von ihr kritisch beleuchtet. Weitere Themen sind kulturelle Differenzen, der bürokratische Ämterwahnsinn sowie ein paar Sätze zur politisch-gesellschaftlichen Situation und ihre Meinung dazu.


    Rezension
    Nach dem Lesen war ich nicht ganz sicher, ob ich das Buch wirklich unter Humor einordnen soll oder vielleicht eher als Sachbuch. Der Titel und einige Kapitelüberschriften (z.B. "Das fliehende Klassenzimmer") versprechen witzige Unterhaltung. Diesem Anspruch kann die Autorin aber nicht ganz gerecht werden. Es gibt viele Szenen, die ich als nett bezeichnet würde, aber wirklich lachen konnte ich nicht darüber. Dabei liegt das weniger am Inhalt, mehr am Schreibstil, der es nicht schafft, eine Pointe wirklich gut zu platzieren. Vielleicht wurde Liebig aber auch zu der lustigen Aufmachung gedrängt, damit sich das Buch besser verkauft. Dabei ist es aber auch so durchaus interessant.


    Man erfährt in dem Buch einiges über den Sprachunterricht mit Migranten. Liebig beschreibt ihren Alltag aus der Ich-Perspektive, die meisten Szenen spielen sich im Klassenzimmer ab. Ihre Arbeit ist oft sehr anstrengend und das kommt gut rüber. Es gibt Erfolge, die sie darin bestätigen, etwas gutes zu tun (z.B. wenn ein Absolvent danach einen Job erhält), aber auch Rückschläge, wenn z.B. ein Schüler kurz vor der Abschlussprüfung zeigt, dass er so gar nichts verstanden hat. Im Buch geht es vor allem um ihre Erlebnisse mit einer bestimmten Klasse, in der verschiedene Nationalitäten und "Typen" vertreten sind, vom Sprüche klopfenden Russen Igor bis zur türkischen "Streberin", die sich ständig meldet. Jede Person hat so ihre Eigenheiten, die auch immer mal wieder zum Tragen kommen.


    Zu einigen entwickelt Liebig eine etwas engere Beziehung und sie hilft ihren Schützlingen auch gelegentlich außerhalb der Schulangelegenheiten. SIe möchte, dass Flüchtlinge weiterhin willkommen sind in Deutschland und setzt sich für sie ein. Aber sie ist doch so ehrlich zuzugeben, dass sie in ihrer kargen Freizeit lieber gern mal für sich bleibt und ihre Privatnummer nicht (mehr) an Schüler weitergibt. Und sie zeigt auf, dass das derzeitige Unterrichtssystem seine Schattenseiten hat mit schlecht bezahlten Lehrkräften und übervollem Stundenplan. Von daher handelt es sich hier nicht nur um ein Jubelbuch, was ich als positiv empfinde. Auch schreibt die Autorin insgesamt recht unterhaltsam. Manchmal übertreibt sie es für meinen Geschmack allerdings mit Details zu den Sprachlektionen im Unterricht und die Personenbeschreibungen sind etwas karg. Aber wer gern etwas mehr über die derzeitige Situation in Sachen Integrationskurse in Deutschland wissen möchte, ohne sich dafür durch trockene Texte quälen zu wollen, ist mit diesem Buch gut beraten.