Georg W. Bertram - Philosophische Gedankenexperimente

  • Inhalt (laut Cover):
    "Der Mensch hat die einzigartige Fähigkeit, sich Situationen auszudenken und Experimente im Kopf durchzuspielen, um auf diese Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen.
    Der einleitende Teil des Buches untersucht die Frage, wie solche Gedankenexperimente aufgebaut sind und was in ihnen eigentlich passiert. Der zweite Teil versammelt vierzig der wichtigsten Experimente aus der Philosophie wie Descartes' Überlegungen zu einem allmächtigen bösen Geist oder Putnams "Gehirn im Tank" einschließlich Beispielen aus Literatur und Film. Jeweils wird der Originaltext wiedergegeben (oder nacherzählt), die Diskussion zusammengefasst und eine abschließende Deutung geboten. So ergibt sich nicht nur eine lehrreiche Textsammlung, sondern auch ein Leitfaden, selbst Gedankenexperimente zu entwerfen."


    Zum Herausgeber (laut Suhrkamp.de):
    "Georg W. Bertram ist Professor für philosophische Ästhetik und theoretische Philosophie an der Freien Universität Berlin."


    Meine Meinung:
    Die Inhaltsangabe beschreibt ziemlich gut, wie das Buch aufgebaut ist. Zuerst beschäftigt man sich mit der Theorie der Gedankenexperimente, bevor man eine Sammlung aus 40 bekannten Experimenten vorfindet, die nicht nur philosophischen Abhandlungen entstammen, sondern zum Beispiel auch Hitchcocks "Vertigo".


    Ich habe mich gedanklich noch nie damit auseinandergesetzt, warum Gedankenexperimente generell funktionieren, worauf sie genau abzielen, welche verschiedenen Arten es gibt und so weiter, deswegen war für mich der erste Abschnitt besonders interessant. Es werden klare Abgrenzungen zu den Experimenten empirischer Wissenschaften sowie zu reinen literarischen Texten gezogen. Außerdem wird einem klar, dass Gedankenexperimente eine besondere Form der Argumentation darstellen können, aber nicht müssen, was sich auf ihre Bewertung auswirkt. Und schließlich wird natürlich auch die Frage berührt, wie aus Nichts etwas Neues entstehen kann. Wie kann man aus fiktiven Szenarien in seinem Kopf etwas lernen?


    Im zweiten Teil geht es dann richtig zur Sache. Ich fand es eine gute Idee, dem Auszug aus dem Originaltext bzw. einer Zusammenfassung noch einmal eine erläuternde Darstellung anzuschließen, sodass man gegenprüfen konnte, ob man die Rahmenbedingungen des Experiments überhaupt verstanden hatte. Und bei einigen Philosophen war ich auch ganz froh um diese Möglichkeit. Die Schwierigkeitsgrade der anschließenden Diskussionen variieren von relativ einfach bis ziemlich anspruchsvoll, sodass die Konzentration oft zur Genüge gefordert ist.


    Was ich mir gewünscht hätte, wären längere Beiträge bei den "Fragen und Problemen". Sie waren für meinen Geschmack meistens zu kurz ausgefallen. Sicher möchte man nicht alles bis ins kleinste Detail wissen, was an einem Experiment problematisch sein könnte, sonst könnte man selbst ja gleich mit dem Denken aufhören. Aber ich hätte mir schon gewünscht, mehr darüber zu erfahren, welche Wellen ein Experiment in der Philosophie geschlagen hat.


    Fazit:
    Wer sich für Gedankenexperimente interessiert, sollte hier einen genaueren Blick riskieren. Die Sammlung eignet sich auch gut für späteres Nachschlagen.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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