Kaum zu glauben, aber auch ich habe es geschafft. Ich lag ja schon zurück und da ich diese Woche ein Auto gekauft habe , hatte ich weder die Zeit (da einiges zu erledigen), noch den Kopf frei, um viel weiter zu lesen oder hier zu schreiben.
ch habe am Anfang schon mal darüber geschrieben, wie spannend ich die abwechslungsreichen Orte finde. Auch jetzt im Beinahe-Rückblick finde ich, dass einer der schönsten Aspekte dieses Romans die Verschiedenartigkeit von Stimmungen, Situationen, Figuren und, wie gehabt, Orten ist. Dickens macht das hervorragend.
Das finde ich auch. Es ist auch in dieser Hinsicht sehr vielschichtig. Also nicht nur, was die Grundaussage des Buches angeht, sondern eben die unterschiedlichen Geschehnisse vom absoluten Mega-Krimi bis zum Super-Drama, der unglaublich fein ausgearbeiteten, unterschiedlichsten Figuren inklusive "Neben-"Figuren, der verwobenen Handlungsstränge bis zu den unterschiedlichen Schauplätzen.
Doch, tut es für mich schon. Wemmick ist so ein Bindeglied mittendrin - es geht ihm nicht schlecht, aber er hat lernen müssen, dass man jede Chance wahrnehmen muss, eben auch jede finanziell vorteilhafte Chance. Und er weiß, dass Magwitch alles abgenommen wird, was er mit sich führt, sollte er verhaftet werden. Insofern ist sein Rat an Pip einer, der diesem den Blick auf die Realität öffnen sollte - und Magwitch hat ja nicht ein Vermögen in den Kolonien gemacht, um damit jetzt die Kasse der Krone zu füllen.
Mmmh, ja. Auch wieder wahr.
Die größte Überraschung war die Enthüllung über den Mann auf der Treppe im Dunkeln in Kap. 53, mit dem hätte ich ja nicht gerechnet. Dass Orlick in den Marschen auf Pip gelauert hat, habe ich allerdings schon vermutet. Dabei klärt sich der Überfall auf Mrs. Joe auf und auch der Lehrjunge Trabb bekommt seinen Auftritt in der Geschichte.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich zuerst den Eindruck hatte, der Mann auf der Treppe wäre ein Komplize Magwitchs und er verheimlicht ihn, da sie noch etwas größeres ausgeheckt haben. Mit den zunehmenden Kapitel wurde das aber immer unlogischer.
Mir kam hierbei der Gedanke, dass selbst der Herzlose ein Herz zeigt (obwohl er es nie zugeben würde). Ich musste so grinsen, als Jaggers sich wegen seiner guten Tat an Estella und ihrer Mutter gegenüber Wemmick fast erwischt fühlte und er sich auf der anderen Seite ziemlich perplex über Wemmicks gemütliche Häuslichkeit zeigte - und zum Schluss des Kapitels rücken beide ihr kurzes Aufblitzen von Menschlichkeit, Gefühlen und Empathie wieder gerade.
Das war wirklich erstaunlich. Ich habe fast die Luft angehalten an dieser Stelle. Beide sind einander kurz entblößt worden.
Oh Mann ich hab gerade von MEINEM Kiefer gelesen
Ich gehöre auch zur "falsch-gelesen-Fraktion"
Sehr interessant war es wie sich Pips Einstellung zu seinem Gönner geändert hatte und er gegen Schluss sogar ständig seine Hand gehalten hatte. Es war sehr berührend gewesen zu lesen, wie sehr sich Pip um Magwitch kümmerte und sorgte.
Das fand ich auch sehr spannend. Da macht Pip mal einen ordentlichen Sprung in seiner Entwicklung.
Und dazu seine wachsende Erkenntnis:
Dachte er erst am Anfang, dass Herbert geschäftlich nichts durchziehen würde, hatte er die Erkenntnis gehabt, dass er -Pip- es selbst ist, der nichts durchziehen konnte.
Jetzt wissen wir auch, wer den brutalen Überfall auf Pips Schwester verursacht hatte. Wobei das ja irgendwie klar war. Orlicks Schicksal wurde besiegelt, trotz seiner gelungenen Flucht. Nach einem Einbruch und Überfall auf Pumblechook wurde er verhaftet.
Ich bin froh, dass sogar Orlick seine gerechte Strafe zugeführt wird. Habe mich gleich besser gefühlt. Er trat ja immer wieder an einer dunklen Stelle aus dem Nichts hervor.
Richtig gut fand ich, dass sich Pip eigenverantwortlichst um den Rest seiner Angelegenheiten kümmerte. Und das Angebot von Herbert bei ihm arbeiten zu wollen erst mal nicht rundweg ablehnte. Zunächst wollte er aber bei Joe als Schmied wieder arbeiten. Und bekam einen letzten Anfall von Überbeheblichkeit als er sich ausmalte, wie er und Biddy ein Paar werden könnte. Davon wurde er aber vor Ort gründlichst geheilt Denn Hochzeit lag wieder in der Luft, diesmal die von Joe und Biddy! Ein passendes Paar
Endgültig auf den Boden aller Tatsachen gebracht und mit sich im reinen wurde Pip dann Angestellter in Herberts Firma.
Das fand ich auch gut. Wieder und wieder ein Schritt zur Vernunft.
Ich habe beim Lesen gedacht, dass sich die Szene gewissermaßen wiederholt: so wie Pip zum Ende Magwitchs Hand hielt, so war danach Joe bei ihm, um ihn zu stützen.
Das ist mir auch aufgefallen. Das gleiche Bild, das sich wiederholt.
Ganz kann ich es nicht nachvollziehen, denn was haben sie wirklich zu befürchten? Der Schreiber würde ja mindestens bis zu ihrer Flucht auf Pip warten und die Flucht ist organisiert? Ein bisschen kam ich mir vor wie in so manchen Geschichten, in denen Du denkst "Mensch, mach doch nicht so einen Schwachsinn"
Das war so offensichtlich eine Falle!
Total rührend war Pips Enthüllung über Magwitchs Tochter - da hatte ich wirklich Gänsehaut.
Ja, und wirklich sehr passend an dieser Stelle.
Ich habe es als angenehmes, freundschaftliches Ende ohne Hochzeit gedeutet. Fand ich einen Moment lang irgendwie blöd, nach einigem Nachdenken passt es aber viel besser zur Grundstimmung im Buch.
Mir ging es ähnlich. Zuerst war ich nicht ganz zufrieden. Aber dann wurde mir klar, dass es das einzig sinnige Ende sein kann.