Der Autor: Franz Hohler
Titel: Die Steinflut, erschien erstmals 1998
Seiten: 176, unterteilt in 19 Kapitel
Verlag: btb Taschenbuch
ISBN: 9783442742691
Der Autor: (aus @Squirrels Rezi zu Gleis 4 kopiert)
Der Schweizer Kabarettist, Schriftsteller und Liedermacher Franz Hohler wurde 1943 in Biel geboren, studierte Germanistik und Romanistik und lebt heute in Zürich. Bereits während des Studiums führte er sein erstes Soloprogramm „pizzicato“ auf, dessen Erfolg ihn ermutigte, sein Studium abzubrechen und sich ganz der Kunst zu widmen. In seiner Karriere arbeitete er u.a. mit Hanns Dieter Hüsch und Emil Steinberger zusammen. Sein Werk umfasst Kabarettprogramme, Theaterstücke, Film- und Fernsehproduktionen, Romane, Kinderbücher, Kurzgeschichten. Er gilt als einer der bedeutendsten Erzähler seines Landes und wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, u.a. erhielt er 2002 den Kasseler Kunstpreis für grotesken Humor, 2005 den Kunstpreis der Stadt Zürich und 2014 den Johann-Peter-Hebel-Preis. (Quellen Klappentext / Wikipedia)
Inhalt: (Klappentext)
Am 9. September 1881 in einem kleinen Dorf hoch oben in den Schweizer Bergen: Die siebenjährige Katharina wird zusammen mit ihrem jüngeren Bruder zur Grossmutter geschickt. Dort soll sie die nächsten Tage verbringen, bis die Mutter ihr sechstes Kind zur Welt gebracht hat. Tage, in denen das Mädchen seine Angst zu bekämpfen und Ordnung in seine wirren Gedanken zu bringen versucht. Tage, in denen sich am Berg die Katastrophe anbahnt...
Meinung:
Die Novelle berichtet von den Tagen kurz vor dem Elmer Bergsturz am 11. September1881. Durch unsachgemässem Schieferabbau und lang anhaltendem Regen, stürzten in dem Tal zehn Millionen Kubikmeter Schiefergestein herab, und 114 Menschen, 83 Gebäude und 90 Hektar Land wurden darunter begraben.
Franz Hohler erzählt die Geschichte aus Sicht der siebenjährigen Katharina und orientiert sich dabei an Katharina Rhyner-Disch, der einzigen Überlebenden in ihrer Familie, die später 1959 im "Meißenboden" in Elm 85-jährig verstarb. Dabei steht nicht der Bergsturz im Mittelpunkt der Geschichte, sondern vielmehr das damalige Leben und die Gedanken des Kindes zur Erwachsenenwelt und ihrer Rolle in der Familie. Mit kindlichem Blick werden die alltäglichen Dinge betrachtet, sei es der kleinere Bruder, der ins Bett nässt, die rechenschwache Mitschülerin, die offene Frage ob auch Fische mit an Bord der Arche Noah waren, und natürlich das Wunder, wie denn eigentlich Kinder in die Welt kommen. Das, gemeinsam mit den Beschreibungen auf dem Hof, den Diskussionen unter den älteren Familienmitgliedern, ob das Grollen des Berges etwas Gefährliches zu bedeuten hat, dem ungewöhnlichen Verhalten der Tiere, bietet oberflächlich eine vertraute Umgebung, deutet aber immer wieder auf die kommende Naturkatastrophe hin.
Wer möchte, kann natürlich über Sintflut und Steinflut sinnieren, über von Menschen verursachte Katastrophen, über ungehörte Warnungen, über die Symbolik der Spielzeugtierfiguren und Noahs Arche – aber Hohler schwingt hier nicht die moralische Keule. Ich habe die Geschichte als angenehme Lektüre empfunden, mit viel Schweizer Lokalkolorit und einer gelungenen Perspektive aus Sicht des heranwachsenden Mädchens. Persönlich hätte mich der Bergsturz, dessen Ursachen und das Leben Katharinas „danach“ noch mehr interessiert, aber wie es mit den Familien in Elm weiterging, ist ja dann auch wirklich eine andere Geschichte.
Wer in dieser sehr schönen Ferienregion Urlaub plant, verschwendet keine Lesezeit diese Novelle vorab zur Einstimmung zu lesen; die Unfallstelle ist heute noch sehr gut zu erkennen.