Sarah Pinborough - Sie weiß von dir / Behind Her Eyes

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Dieses Ende dürfen Sie niemandem verraten.
    Beinahe wäre Louisa mit dem netten Mann aus dem Pub im Bett gelandet. Ein paar Tage später dann der Schock: David ist ihr neuer Chef. Und verheiratet.
    Kurz darauf lernt Louisa auf der Straße durch Zufall eine Frau kennen. Seine Frau. Bald sind die beiden Freundinnen. Keine gute Idee.
    Adele ist sehr schön und sie wirkt sehr verletzlich. Nach und nach verrät sie Luisa Erschreckendes über ihre Ehe. Und Louisa spürt: Sie hat sich in eine heikle Lage gebracht. Was sie nicht weiß: Die Begegnung mit Adele war kein Zufall. Adele hat einen Plan. Doch es ist keine Intrige aus Eifersucht. Es ist viel, viel schlimmer.


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)
    Sarah Pinborough, geboren 1972 in Buckinghamshire, hat sich in ihrer Heimat schon als Autorin von preisgekrönten Jugendromanen und von phantastischer Literatur einen Namen gemacht. «Sie weiß von dir», ihr erster Thriller, wurde sofort in fast zwanzig Länder verkauft.


    Allgemeines
    Originaltitel: Behind Her Eyes, ins Deutsche übersetzt von Ulrike Thiesmeyer
    Erscheinungstermin: 20. Januar 2017 im Rowohlt Taschenbuch Verlag, TB mit 448 Seiten
    Gliederung: Drei Teile mit insgesamt 58 Kapiteln - Danksagung
    Teilweise Ich-Erzählung der beiden Hauptfiguren Adele und Louise (Gegenwart), teilweise Erzählung in der dritten Person (Vergangenheit)
    Handlungsort und -zeit: London (Gegenwart), Schottland (Vergangenheit, vor etwa 10 Jahren)


    Zum Inhalt
    Die Handlung des Psychothrillers spielt sich auf zwei Zeitebenen ab.
    Gegenwart:
    Louise ist geschieden und alleinerziehend. Für sich und ihren sechsjährigen Sohn Adam verdient sie als Praxisangestellte in einer psychiatrischen Gemeinschaftspraxis den Lebensunterhalt. Als Dr. David Martin in der Praxis zu arbeiten beginnt, gerät Louise in eine peinliche Situation: Diesen Mann hat sie kurz zuvor in einer Bar kennengelernt, beinahe hätte sie ein Verhältnis mit ihm angefangen. Nun ist er ihr Chef und er ist obendrein verheiratet.
    Adele ist Davids Frau, sie ist äußerst attraktiv, aber seit einem Brand, bei dem ihre Eltern umkamen und ihrem anschließenden Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung ist sie psychisch labil und klammert sich übertrieben an ihren Mann. Hinter seinem Rücken sucht sie die Bekanntschaft von Louise, obwohl oder gerade weil sie weiß, dass Louise inzwischen schwach geworden ist und mit David ein Verhältnis hat. Die naive Louise ahnt nichts von der Manipulation, der sie ausgesetzt ist und fühlt sich Adele trotz des schlechten Gewissens wegen ihrer Beziehung zu deren Mann freundschaftlich verbunden.


    Vergangenheit:
    In der Therapieeinrichtung, in der Adele nach dem Tod ihrer Eltern behandelt wird, freundet sie sich platonisch, aber sehr intensiv, mit Rob an, einem Achtzehnjährigen aus einfachen und schwierigen Verhältnissen, der wegen seines Drogenkonsums therapiert werden soll. Robs Tagebuch wird für die späteren Ereignisse eine wichtige Rolle spielen.


    Beurteilung
    Der Roman beginnt zunächst wie eine gewöhnliche Dreiecksgeschichte: Ein erfolgreicher Arzt betrügt seine schöne, aber unselbstständige, labile und verwöhnte Frau mit seiner weniger attraktiven, aber selbstsicheren Praxisangestellten. Ungewöhnlich ist die Tatsache, dass die betrogene Ehefrau sich ahnungslos stellt, ihren Mann geradezu in die Arme der Geliebten treibt und sich auch noch mit dieser anfreundet. In wechselnden Kapiteln treten die Ehefrau (Adele) und die Geliebte (Louise) als Ich-Erzählerinnen auf und stellen jeweils ihre Sicht auf die Ereignisse dar. Eingeschoben sind Kapitel, die in der dritten Person geschrieben sind und über die Freundschaft von Adele und Rob in der Therapieeinrichtung vor etwa zehn Jahren berichten. Im Verlauf der Handlung wird es klar, dass die Dinge nicht so liegen, wie sie erscheinen.
    Von einem eher unspektakulären Beginn ausgehend, steigt die Spannung im weiteren Verlauf der Handlung immer mehr. Der Leser weiß zwar mehr als die gutgläubige Louise, kann aber nicht wirklich abschätzen, was Adele, die sich in ihren Erzählungen oft nur in Andeutungen ergeht, im Schilde führt.
    Auch den Zusammenhang zwischen den früheren und den heutigen Ereignissen kann man nicht so leicht erschließen und neigt deshalb zu falschen Theorien. Die Charaktere von Adele, Louise, David und Rob sind gründlich ausgearbeitet, der unaufhörliche Alkoholkonsum der Hauptfiguren befremdet allerdings und geht zu Lasten der Glaubwürdigkeit. Es ist kaum vorstellbar, dass ein fast dauerbetrunkener Arzt unfallfrei mit dem Auto in der Gegend herumfährt und kompetent seinem Beruf nachgeht.
    Auch die Auflösung des Falles ist nicht unbedingt realitätsnah, dafür aber ungemein originell und sie wartet gleich mit zwei Überraschungen auf.
    Die wohldosierten Enthüllungen und der sehr ansprechende Erzählstil machen „Sie weiß von dir“ zu einer spannenden und unterhaltsamen Lektüre.


    Fazit
    Ein origineller Psychothriller, der auch Leser mit viel Erfahrung in diesem Genre noch zu überraschen vermag!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ausnahmsweise bespreche ich das Ende des Buches zuerst. "Dieses Ende dürfen Sie niemandem verraten"...Mit diesem Satz wirbt der Verlag für "Sie weiß von dir" von Sarah Pinborough. Auch mich konnte dieser Satz ködern. Trotz der Angst mit zu großen Erwartungen an das Buch heranzugehen, konnte mich das Ende überraschen. Ob es mir gefallen hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich bin zwiegespalten: Einerseits empfand ich das groß angekündigte Finale als originell, andererseits als etwas "zu viel" von allem. Die Meinungen der Leser werden sich scheiden.


    Kommen wir aber zu der Geschichte an sich. Der Klappentext ist sehr gut gewählt. Er verrät nicht zu viel, zeigt dem Leser aber treffend, was er zu erwarten hat. Leider hat sich hier ein kleiner Fehler eingeschlichen, denn Louisa heißt eigentlich Louise.


    Die Geschichte konnte mich schnell packen und ich konnte sie nur schwer zur Seite legen. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und flüssig zu lesen. Die Geschichte ist zum großen Teil aus Louise Sicht geschrieben, doch auch Adele kommt zu Wort. Neben den Geschehnissen der Gegenwart schildert sie was vor Louise geschah. Ihr Aufenthalt in einer Klinik nach dem tragischen Tod ihrer Eltern, ihre Liebe zu David als 16-Jährige. Schnell werden die ersten Fragen aufgeworfen, schnell begann ich als Leserin zu rätseln. Daher bietet sich das Buch auch optimal für eine Leserunde an und ich bin froh, es gemeinsam mit einer Freundin gelesen zu haben. Während des Lesens stellt man durchgehend Spekulationen auf, verwirft die eine, spinnt die nächste. Es bleib von Anfang bis Ende spannend. Besonders gut gefiel mir die Charakterentwicklung, die Emotionen, die die Autorin bei dem Leser zu dem Charakter erweckt. Zu Beginn hatte ich Verständnis für alle Charaktere und empfand für jeden eine gewisse Sympathie. Doch immer wieder kam ich an den Punkt, an dem ich den Charakteren zu misstrauen begann. Schnell merkte ich, dass auch ich mich von der geschickten Selbstdarstellung einer Person hinters Licht führen lies. Verhalten und Handeln der Charaktere konnte ich nicht immer ganz nachvollziehen und schon gar nicht gut heißen. Nicht jeder Charakter eines Buches muss dieselben Wertvorstellungen mit dem Leser teilen und so ärgerte ich mich zwar über die ein oder andere Situation, konnte sie aber dennoch hinnehmen. Was mich allerdings sehr verwunderte, war der übermäßige Alkoholkonsum. Ein paar Gläser Rotwein am Abend schienen hier ganz normal zu sein.


    Fazit: Ein sehr gelungener Thriller, der mich vor allem auf den ersten 400 Seiten begeisterte. Insbesondere die Charakterentwicklung und der Aufbau der Geschichte haben mir sehr gut gefallen. Das Ende war mir etwas "too much", aber definitiv sehr originell.