Bruce Springsteen - Born to Run: Die Autobiographie / Born to Run

  • Seit über 40 Jahren gehört Bruce Springsteen zu den Namen in der Rockmusik, die wirklich jeder kennt. Über den Menschen hinter Welthits wie "Born in the U.S.A.", "The River" oder "Streets of Philadelphia" weiß man jedoch meist verhältnismäßig wenig. Keine Skandale, keine Exzesse, wenig Privates, das nach außen dringt.

    Nun hat sich "The Boss" unter die vielen Stars eingereiht, die eine Autobiographie verfasst haben, und im Gegensatz zu so manch anderem hat er sich dazu nicht eines Ghostwriters bedient, sondern höchstselbst gut 500 Seiten zu Papier gebracht, die nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich überzeugen. (Hätte man bei jemandem, der so großartige Songtexte schreibt, auch vermuten können, doch ein ganzes Buch ist doch noch mal eine andere Hausnummer als einzelne Lyrics.)

    Geboren wird Bruce 1949 in New Jersey, dem Staat, dem er sein Leben lang verbunden bleibt und der immer wieder in seinen Songs thematisiert wird, genauso wie die einfachen Verhältnisse, in denen er als Arbeiterkind aufgewachsen ist, die Geldsorgen, die schwierige Beziehung zu seinem Vater, der trinkt und psychische Probleme hat. Als Schüler spart er sich seine erste billige Gitarre zusammen, lernt von seinem Onkel ein paar Akkorde und legt von da an gewissermaßen das Instrument nicht mehr aus der Hand.

    Nach ersten, manchmal unfreiwillig komischen Auftritten mit den Castiles, seiner Schülerband, gibt es schon früh Erfolge zu verzeichnen. Bruce tingelt durch die Bars und kann, wenn er Glück hat, sogar davon leben. Es folgt ein abenteuerlicher Umzug nach Kalifornien, weitere Auftritte, die Auflösung der Band, als er merkt, dass er eher zum Solokünstler taugt, und schließlich "Greetings from Asbury Park, N.J.", das Debütalbum.

    Zwei Alben später dann der Durchbruch, "Born to Run" schlägt ein wie eine Bombe, und Bruce findet sich, 25 Jahre jung, gleichzeitig auf den Titelseiten der beiden großen US-Nachrichtenmagazine Time und Newsweek wieder. In den Jahren und Jahrzehnten danach schreibt Springsteen immer wieder Musikgeschichte, mal mit der E Street Band, mal nur mit seiner Gitarre, liefert zahlreiche unsterbliche Hits und begeistert mit seinen legendären Liveshows Millionen von Fans auf der ganzen Welt.

    Was nicht so prickelnd läuft, sind seine Beziehungen zu Frauen. Länger als zwei, drei Jahre dauern sie nie, was nicht nur seine Mutter bedauert - bis er sich in seine Backgroundsängerin Patti Scialfa verliebt, mit der er inzwischen seit 25 Jahren verheiratet ist und drei Kinder hat und auf die er hier wahre Lobeshymnen singt.



    Springsteen gelingt das Kunststück, sich weder selbst zu überhöhen noch sich in öden Details zu verlieren. Es wirkt ehrlich, wie er von sich und seiner Geschichte erzählt. Von seinen jungen Jahren berichtet er mit Nachsicht und Selbstironie, während er mit dem älteren Bruce und dessen Fehlern härter ins Gericht geht und auch seine Selbstzweifel und depressiven Episoden nicht verschweigt.

    Die Menschen um ihn herum, ob Familie oder Band, lernen wir in charakteristischen Szenen kennen, ohne dass er zu intime Dinge verrät oder gar schmutzige Wäsche wäscht. Konflikte werden zwar nicht unter den Teppich gekehrt, aber nie ausgeschlachtet (sehr sympathisch!) Genausowenig protzt er mit seinen Erfolgen, er bleibt trotz allem immer auf dem Teppich und im Herzen der langhaarige Arbeitersohn aus New Jersey.

    Das Buch ist nicht nur deswegen lesenswert, weil man viel über den Menschen Springsteen, den Werdegang der E Street Band, seine musikalischen Vorbilder und die Entstehung seiner Songs und Alben erfährt, sondern auch, weil er wunderbar zu formulieren versteht und manchmal auch ein wenig ins Philosophieren über das Leben und das Zwischenmenschliche gerät.

    Der Fototeil am Ende ist ein schöner Ausklang für diese tolle Autobiographie, die ich allen, die Springsteen mögen, wärmstens empfehlen möchte.