Lorenz Filius - Von Eigenheit durchtrieben

  • Rückentext:
    Die Weisen der modernen Intellektualität entspringen oftmals den Kalkülen des gestandenen Gehirns; dahingegen wohnt den Individualgedanken viel mehr eine Eigenheit des fühlenden Verstandes inne. Was uns im Einzelnen erklärt, das liegt nur ansatzweise auf der jeweiligen Hand im denkerpressten Argument. Es ist das Quäntchen philosophischen Gemüts in Ernst und Witz, das unsere Eigenheit durchtreibt, das sich dem Eingefleischten noch entzieht und uns als geistig Suchende der Frage offenbart:
    Wie scheucht uns Zeit durch das Bewusstsein?


    Rezension:
    „Untiefen trivialer Gedanken und Anekdoten um Zeit, Bewusstsein und das Leben.“


    Es sind Studien der Selbstaufgabe, das Bedürfnis, sich auch der Sprache im Sinne von Wortketten floskelhafter Wiederholungen zu entziehen. Nicht immerfort durch die Maschen altbewährter gedanklicher respektive sprachlicher Strukturen die Außenwelt zu betrachten. Dahingegen zu erfassen, wie sich die Innenwelt darin verschanzt hat. Auf den Grunde gehend, die Suche eines Menschen nach festem Halt, nach einem Begreifen und nach Begriffen, ohne seine Individualität an einbetonierten Standpunkten festzuzurren. Ein zugleich sinnvolles wie sinnloses Unterfangen für jenen Dichter, dem längst alle Wurzeln und Stricke abhanden gekommen sind beim Durchreisen und Durchmessen einer Welt, die ihm eine VIELDEUTIGKEIT wohl aufzeigt, doch darin die Freiheit der Existenz allenfalls im Selbstverlust gestattet.


    „Da stehe ich, entwurzelt schon seit langer Zeit, vor einem Grund und Boden, der mir nichts mehr sagen will. Mein Blick allein, noch kaum gefasst, ersucht die alten Wege und die Winkel durch ein Haus, das die Vergangenheit längst mit sich nahm.“


    Sinnvoll, irgendwie, weil der Versuch ohnehin zur schieren Notwendigkeit geworden ist. Sinnlos wiederum, weil das vermeintliche Ziel für alle Zeiten unerreichbar bleibt. In diesem Widerspruch will der heimatlose Dichter sich zurechtfinden – zu Recht etwas finden wollen. Was bliebe ihm anderes übrig? Im Bewusstsein, dass Worte nur als Ausgangspunkt freier (?) Assoziationen den Bedürfnissen des „Umherirrenden“ Genüge tun, gerät die angestrebte Schwerelosigkeit (des Denkens) als transzendente Kraft zum Paradox. Das Mittel der Verständigung, die Sprache, gibt ihm nämlich vor, was er Wort für Wort am liebsten zu vermeiden gedenkt. Selbstironisch vermerkt Lorenz Filius deshalb schon im Zusatz des Rückentextes seines Werkes:
    „Durch solche Umstandskrämereien müssen die Gedanken und Geschichten dieses Buches.“


    So ist es. In dieser angestrebt schwerelosen Ungebundenheit sich selbst als reflektierendes Wesen am Urgrund des Seins beziehungsweise in den Untiefen geistigen Bestehens festmachen zu wollen, eben diese Möglichkeit weist Filius mit jedem neuen An-Satz wieder von sich. Gerade darin ist seine Einmaligkeit zu FINDEN.
    Da stehe ich und denke, denn ich kann nicht anders. Und anders will ich denken, weil ich es kann.
    Von Eigenheit durchtrieben.


    Peter Pitsch