So, nachdem ich die ganze Zeit begeistert im ABS Plauder von dem Buch erzählt habe, mache ich hier nun einen Thread auf.
Inhalt amazon:
Weltpolitik ist auch Geopolitik. Alle Regierungen, alle Staatschefs unterliegen den Zwängen der Geographie. Berge und Ebenen, Flüsse, Meere, Wüsten setzen ihrem Entscheidungsspielraum Grenzen. Um Geschichte und Politik zu verstehen, muss man selbstverständlich die Menschen, die Ideen, die Einstellungen kennen. Aber wenn man die Geographie nicht mit einbezieht, bekommt man kein vollständiges Bild. Zum Beispiel Russland: Von den Moskauer Großfürsten über Iwan den Schrecklichen, Peter den Großen und Stalin bis hin zu Wladimir Putin sah sich jeder russische Staatschef denselben geostrategischen Problemen ausgesetzt, egal ob im Zarismus, im Kommunismus oder im kapitalistischen Nepotismus. Die meisten Häfen frieren immer noch ein halbes Jahr zu. Nicht gut für die Marine. Die nordeuropäische Tiefebene von der Nordsee bis zum Ural ist immer noch flach. Jeder kann durchmarschieren.
Russland, China, die USA, Europa, Afrika, Lateinamerika, der Nahe Osten, Indien und Pakistan, Japan und Korea, die Arktis und Grönland: In zehn Kapiteln zeigt Tim Marshall, wie die Geographie die Weltpolitik beeinflusst und beeinflusst hat.
Bisheriger Inhalt: (Ich kopier als erstes mal, was ich schon in den anderem Thread geschrieben habe)
Zu Russland: -->
ZitatAlles anzeigenAlso am Anfang erklärt er, wie ein Land zu seinen Grenzen gekommen ist. Das alle Großmächte in einem Zeitraum von 100 Jahren denken und davon ausgehen, dass in der Zeit alles passieren kann. Wer hätte vor 100 Jahren zB geglaubt, das amerikansiche Streitkräfte nur 100 km entfernt von Moskau in Polen oder dem Baltikum stationiert sind. Er schreibt, wie oft Russland vom Westen angeriffen wurde. Von Polen, Schweden, Frankreich, zweimal von Deutschland. Wenn man es von 1812 bis zum Ende des zweiten Weltkrieges sieht, ca alle 33 Jahre.Er hilft einem, die ganzen politischen Handlungen von der Metaebene aus zu sehen und er gewährt einem einen Einblick in die Diplomatie. Bzw das Gegenteil davon. Man sieht, dass viele poltische Handlungen aus einer ökonomischen Notwendigkeit heraus geschehen.
Also, und das ist wirklich ganz platt gesagt, Russland ist zwar riesenggroß, aber dreiviertel davon ist von Eis und Frost bedeckt. Man kann da nichts anbauen. Und es hat keinen Hafen, der das ganze Jahr über eisfrei ist. Die Ostsee wird von der Nato überwacht. Hinten am Pazifik wachen die Japaner und selbst am schwarzen Meer hat Russland keine freie Fahrt. (Womit man dann auch versteht, warum Putin und Erdogan sich wieder "befreundet" haben. Putin hat Interesse am Seeweg, Erdogan am billigen Öl). Und ein Seeweg ist nicht nur militärisch wichtig, sondern auch ökonomisch, weil Schifffrachten einfach billiger sind als Flugzeugfrachten.
Wir verurteilen das ganz schnell und übersehen dabei, dass Deutschland, Europa, die USA auch nicht aus Nächstenliebe handelt, sondern ebenfalls einzig aus strategischen Gründen.
Wir denken, wir haben doch Frieden, was denkt Putin da über militärische Aspekte nach. Aber wie oft hat die USA eben in den letzten 20 Jahren Krieg geführt?
Mir ist gestern dann schon auch bewusst geworden, wie einseitig unsere Medien doch berichten.
Ich bin ja mal gespannt, wenn ich dann zum Kapitel USA und Europa komme.
Zu China: (Aus dem "Wo bin ich-Thread")
ZitatIch befinde mich in China, im besetzten Tibet. Das ist für die Chinesen so wichtig, weil a) Indien sonst Tibet besetzen könnte und somit direkt an Chinas Grenzen wäre und b) weil alle großen Flüsse in China in Tibet ihren Ursprung haben und die Chinesen auf keinen Fall das Risiko eingehen können, dass ihnen jemand (=Indien) die Wasserversorgung kappt.Nebenbei braucht China mehr Platz für seine Bevölkerung, weshalb es irgendwann in Zukunft auch nach Russland expandieren wird. (An der Grenze zu Russland wohnen 100 Millionen Einwohner (Tendenz steigend), im russischen Fernen Osten nur 7 Millionen Menschen.)
Wenn die Westler sich für Tibet stark machen, ärgert das die Chinesen nicht aus Menschenrechtsgründen. Die Chinesen sehen das aus geopolitischer Sicherheit und können dann nur folgern, dass die Westler versuchen, die chinesische Sicherheit zu unterminieren.
Zu Europa schreib ich noch was. Aber gestern habe ich nun Afrika gelesen. Ein tragisches Kapitel, muss ich sagen.
Was ich echt heftig fand, die Enstehung der Ländergrenzen in Afrika. Die Europäer haben sich daheim in ihren Städten Karten von Afrika genommen und einfach Linien gezogen, Wörter wie Mittelkongo drauf geschrieben und gesagt, das sei jetzt ein Land. Die Linie wurden danach gezogen, wie weit zB Forscher oder Geschäftmänner vorgedrungen sind und hatten und haben absolut nichts mit der Realität der dort lebenden Völker zu tun. Da wurden nun zwei Stämme, die sich schon vorher bekriegten, in ein Land gesteckt. Daher kommen teilweise die heutigen Bürgerkriege.
Marshall schreibt, der größte Fehlschlag von einer Linienziehung ist die Demokratische Republik Kongo, die weder demokratisch noch eine Republik ist. Das Land ist größer als Deutschland, Frankreich und Spanien zusammen und besteht aus über 200 ethnische Gruppen und über 100 verschiedene Sprachen. Seit Ende der 1990er Jahre sind hier über 6 Millionen Menschen umgekommen, aber kaum jemand berichtet darüber.
Der belgische König (1908-1960) hat das Land komplett ausgebeutet, aber nichts rein investiert. Und nachdem die Belgier weg waren, haben sofort die Bürgerkriege angefangen.
Ägypten war schon eine Nationalmacht, als hier in Europa noch nichts los was. Aber obwohl es strategisch günstig am Roten Meer und dem Mittelmeer liegt, konnte es zu keiner Großmacht werden, weil es keine Bäume hat. Und ein Land ohne Bäume kann keine Flotten bauen.
Und nun bahnt sich ein andere Konflikt an, der zwischen Ägypten und Äthiopien und der geht ums Wasser.
Ich bin bei jedem neuen Absatz erneut verblüfft, wie klar viele Sachen auf einmal werden.