Bruno Preisendörfer - Als unser Deutsch erfunden wurde (Start: 02.01.2017)

  • Eventuell sollten wir in der 2. Jahreshälfte zur intensiveren Beschäftigung an eine MLR denken?

    :totlach: ich hab noch nicht mal Eure Vorschläge in eine Liste gepackt - das mach ich aber nachher gleich und verteil sie dann :)

    Sippenhaftung - so wollte man immer schon ein besonderes Exempel statuieren, um Macht zu demonstrieren.

    Hier war es sowas von überflüssig - die Familien waren ja schon gestraft genug [-(

    Angst vor Veränderung hat schon immer die schrecklichsten Blüten getrieben. Freiwillig wollte halt keiner weg vom Futtertrog, und damals kam auch noch der Glaube dazu, dass Gott sich die Ordnung der Dinge höchstselbst ausgedacht hatte.

    Dabei zeigt ja grad der Vertrag von Weingarten, dass die Bauern schon mit kleinstem Entgegenkommen zufrieden waren. Die wollten ursprünglich gar nicht den großen Umbruch, sondern nur ein wenig Erleichterung und Gerechtigkeit….. da wäre viel Elend erspart geblieben :(

    Die Bauern hatten einfach keine erfahrenen Anführer, auch in militärischer Hinsicht nicht. Mit einen erfahrenen Feldherrn wäre die Schlacht bei Bad Frankenhausen vielleicht anders ausgegangen.

    Vermutlich - beim Lesen des Abschnitts hab ich mir auch überlegt, wie blauäugig die Männer vorgegangen sind. Sie wurden natürlich auch sehr angeheizt, grad von Demagogen wie Müntzer. Mit dem Gefühl, dass Gott auf ihrer Seite sei, schaltete jedweder gesunde Menschenverstand aus. :-?

    Die Bauern waren einfach zu uneinig und so war der Bauernaufstand von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

    Das ist wohl der Hauptgrund - zerrissen und zersplittert, jeder Haufen auf sich gestellt, war niemals eine echte Chance auf Erfolg vorhanden.

    Oder waren sie sich der Unterschiede schon bewusste, da sie ja im Prinizp nicht anders damit auf gewachsen sind?

    Für die Menschen damals war es der Normalzustand, sie kannten es nicht anders. Die haben nicht überlegt wie wir heute, ob das fair, gerecht oder sowas ist.

    Ich halte mir jeden Weg offen, wenn es hart auf hart kommt!

    Dein Eindruck kann man leicht gewinnen. Mir fällt auch immer wieder auf, dass Luthers Anklagen immer auch seine Familienmitglieder traf - sein Großvater war Bauer, sein Vater hat Geld verliehen 8)

    Wirklich nur zur Abschreckung für andere Menschen oder vllt zur eigenen "Belustigung"

    Vermutlich beides 8-[

    Waren die Menschen damals wirklich in ihrer Art und Weise zu denken so brutal?

    Ja, die Gesellschaft war einfach wesentlich brutaler als heute - das sagt Dir Mortimer ja auch :wink:

    Ich hätte da noch eine Frage zum Abschnitt "HEIRATEN" leider bin ich da mal wieder nicht so richtig dahinter gestiegen kann mir das bitte nochmal einer erklären.

    Meinst du das Heiraten prinzipiell? Leibeigene mussten die Herrschaft um Erlaubnis bitten, sie durften nicht einfach so heiraten, selbst wenn sie aus dem gleichen Dorf kamen. Wollte ein Freier eine Leibeigene heiraten, so musste er seinen Status als Freier aufgeben und sich demselben Herrn verpflichten. Wollten Leibeigene zweier unterschiedlicher Herren heiraten, so musste dies mit deren beider Einverständnis geschehen und es wurde vertraglich geregelt, wer nun wem gehörte.

    Den kannte ich noch nicht, aber danke für den Hinweis. Da werde ich vorher reinschauen.

    Hier ist der Link zum Thread :wink:

    Gut, dass @Squirrel es bereits erklärt hat. Hätte ich so aus dem Stand heraus auch nicht gekonnt. ^^

    Dabei hat es Newton doch schon erforscht @Sylli :)

    ich bin wieder auf neuestem Stand, Buch und Thread nachgelesen

    schön, dann war die Pause ja hilfreich :friends:

    Der Abschnitt über die Mühlen hat mir sehr gut gefallen. Das mit den Drahtziehermühlen und den Mühlhämmern habe ich noch nicht gewusst.

    Da gibt es so vieles, worüber man sich nie Gedanken gemacht hat :-k und ich hab noch immer nicht nach den "Drahtziehern" geschaut :uups:

    Aber was hat die Episode der Felizitas Pirckheimer (zuerst mit viel Nachdruck umworben, kurz nach der Hochzeit sitzen gelassenen) im Handwerkerkapitel zu suchen. Moralisch tadelnswerte Zeitgenossen gab es in jedem Stand, damals wie heute .....

    Das kam mir auch sehr aus dem Kontext gerissen vor - keine Ahnung, warum Preisendörfer das mit aufgenommen hat ?(

    Etwas, was mir sehr gefällt an dem Buch, sind die Vergleiche, die man gut verstehen kann. Für ein einfaches Fachwerkhaus braucht man 10 - 12 Eichenstämme, für eine Dorfkirche 300 - 400 Stämme, und für die Münchner Frauenkirche waren sogar 20.000 Eichenstämme nötig.

    Diese Vergleiche sind so bildhaft, auch wenn ich mir keine 20000 Stämme auf einem Haufen vorstellen kann. Aber allein die Dimensionen des Daches sind ja enorm. :wink:

    Es ist logisch, dass da ganze Wälder abgeholzt werden mussten. Naturschutz war noch kein Thema, der Reichtum des Adels / oder der Stadt musste mit solchen Prachtbauten gezeigt werden.

    Und Holz gab es noch genügend, Wälder waren ausreichend vorhanden. Das wurde erst später ein Thema.

    Warum glaubt Luther, die Bauern hätten so ein schönes Leben?

    Weil es bequem ist, sowas zu behaupten - man muss sich dann nicht mit den Realitäten auseinandersetzen. Aber ich glaube, der gute Luther war mit diesen Behauptungen auch sehr boshaft und wusste sehr wohl, dass er Stuss erzählt :evil:

    Vielleicht kann ich ja heute noch damit anfangen.

    ich nutze auch das Wochenende dazu :wink:

  • Ja, die Gesellschaft war einfach wesentlich brutaler als heute - das sagt Dir Mortimer ja auch

    Mortimer hat mir bisher nur die Ratten, das Vogelgezwitscher und die 10 Orte in London die man unbedingt besuchen sollte näher gebracht :-, Wie du siehst allzu weit bin ich noch gar nicht :wink: Wie auch, gestern Abend durfte ich mir mit Männel "Die Reichsgründung" anschauen (Ja, ja ich bin derzeit in unterschiedlichen Epochen unterwegs. Heute morgen das Kapitel 6 lesen und dann kam auch schon Sohnemann zum Geburtstagsessen vorbei. 21 Jahre #-o oh man wie die Zeit rennt und ich bin alt :totlach: )

    Leibeigene mussten die Herrschaft um Erlaubnis bitten, sie durften nicht einfach so heiraten, selbst wenn sie aus dem gleichen Dorf kamen.

    Das hatte ich soweit verstanden....

    Wollten Leibeigene zweier unterschiedlicher Herren heiraten, so musste dies mit deren beider Einverständnis geschehen und es wurde vertraglich geregelt, wer nun wem gehörte.

    ..............aber hier hing dann das Gehirn fest. Wahrscheinlich, weil ich davon ausgegangen bin, das Leibeigene nie in ein anderes Dorf kommen und somit nur untereinander aus einem Dorf heiraten und somit nur einen Herren gehören können #-o

    ich hab noch immer nicht nach den "Drahtziehern" geschaut

    Mich hat es ja gewundert, das der beruf bis in unserer heutigen Zeit noch ein eigenständiger Ausbildungsberuf gewesen ist.

    Weil es bequem ist, sowas zu behaupten - man muss sich dann nicht mit den Realitäten auseinandersetzen. Aber ich glaube, der gute Luther war mit diesen Behauptungen auch sehr boshaft und wusste sehr wohl, dass er Stuss erzählt

    Dabei hätte er es doch viel besser wissen sollen, wenn sein eigener Großvater Bauer gewesen ist.

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Endlich ist das Wochenende vorbei und ich komme wieder zum schreiben und lesen. :D

    Luther predigte zwar dagegen, vergaß aber nie zu erwähnen, dass jeder Mensch die Stelle auszufüllen hatte, an die er von Geburt an gestellt war. War also auch von reformatorischer Seite nichts mit der irdischen Freiheit für die Bauern zu erhoffen.

    Der lebte irgendwie auch gefühlt nach dem Motto: Je nachdem wie sich der Wind dreht, muss ich das Beste für mich rausschlagen. [-(

    Ein Diener vieler Herren hat nie was zu lachen und die Bauern dann ganz sicher überhaupt nicht mehr.

    Wohl war. :( Das wäre mir auch ziemlich auf den Keks gegangen.

    Seine Predigten gegen die Obrigkeit waren doch so gefasst, dass sie zwar auch auf die Ausbeutung der Bauern gelesen werden konnten, aber tatsächlich hat er sich nach meinem Gefühl nicht wirklich für sie interessiert. Sie waren einfach weit außerhalb seiner Sphäre und seines Bewusstseins.

    Ich glaube er war ein ziemlicher Egoist und vor allem auf sich selbst bedacht. Das er so gefeiert wird, ist für mich ein Produkt aus reinem Zufall. Also zumindest glaube ich nicht, das er das so gewollt hatte. Ich glaube auch, dass wenn die Bauern erfolgreich/er gewesen wären, dass er sich mit seinen Worten wieder auf die andere Seite geschlagen hätte. :-k zumindest würde das für mich zu seinem Wesen so passen.

    Das zeigt für mich ganz deutlich, dass die Menschen das bestehende System per se ja gar nicht in Frage stellten, sondern nur ein Ende des Missbrauchs wollten. Hätten die Landesherren einfach ein vernünftiges Maß nicht überschritten, wäre es nie zu den Aufständen gekommen, denn die Menschen hatten das Prinzip Oben-Unten so verinnerlicht, dass es für sie die völlige Normalität war, die sie nicht in Frage stellen wollten.

    Ja, wenn die Obrigkeiten etwas geschickter wären, dann hätten sie viel länger die Bauern ausbeiten können.

    Der größte Fehler war der Übergriff in Weinsberg, damit hatten sie allerdings ihr Schicksal besiegelt. Es hätte ihnen klar sein müssen, dass sie damit die geballte Macht gegen sich aufbrachten und sie keine echte Chance hatten. Aber sie haben sich dabei sehr überschätzt.

    Ich weiß nicht, ich glaube manchmal ist es der einzige Weg, sein Leben für ein Ziel zu geben. Auf der anderen Seite hilft es ja den Oberen nicht, wenn sie alle Bauern erschlagen, damit erschlagen sie ja ihre Arbeitskräfte. Also aus der heutigen Sicht ist das aber schwierig nachzuvollziehen. :-k

    Nein, hatten sie nicht, und gegen solche Daumenschrauben wehrt sich der Mensch nun mal.

    Ja zu Recht. Auch wenn es das eigene Leben kostete, aber gegen manche Missstände kann ich diese Haltung absolut nachvollziehen.

    Wie kann man dauerhaft etwas ändern, ohne Gewaltanwendung?

    Und da fiel mir als erstes "Mahatma Gandhi" ein. :D

    Wann seid ihr denn voraussichtlich dort? Ich kann mir in diesem Jahr kein Hotel leisten, deswegen wird es für mich ein anstrengender Tag mit Zugreise hin und zurück.

    Ich möchte Freitag und Samstag da sein, aber ich weiß es nicht, weil ich dort nun mit Auto bin und nicht in einem Hotel (weil zu teuer)

    Nee, das wäre doch wirklich das falsche Zeitalter für so zartbesaitete wie mich.

    Also für mich auch. Zumindest möchte ich ungern gevierteilt werden. :(

    Sparen ist quasi ein Fremdwort für die liebe Obrigkeit, was? Egal, wie schwer die Bauern auch schuften müssen. Die Oberen geben alles bis auf den letzten Penny aus und machen noch dazu Schulden, auch in Zeiten, die gut laufen. Anstatt mal was zurückzulegen für schlechte Zeiten ...

    Genauso wie auch heute. Wir haben und machen Schulden und arbeiten und arbeiten und zahlen immer mehr Steuern. Nur es geht uns halt gut, weil die wenige Freizeit, die wir haben mit schönen Büchern verbringen. :wink:

    Ich hatte Donnerstag oder Freitag angepeilt, aber es hängt auch sehr davon ab, wann sich die anderen Übersetzer dort tummeln.

    Ich weiß es nicht, ich mache das wieder wie immer spontan und ohne Plan. :roll:

    Ja, wenn ich meinen Mann frage, wie viel Grad es hat, schaut er ins Internet statt auf den Thermometer vor der Haustür

    Ich gucke aufs Handy und sehe es für die ganze Woche :lol:

    Mit dem Gefühl, dass Gott auf ihrer Seite sei, schaltete jedweder gesunde Menschenverstand aus.

    Das erinnert mich wiederum an die Kreuzzüge, die ja auch schon "Deus vult" (Gott will es) gerufen haben. Damals wie heute kein Unterschied. Im Auftrag von Religion versuchen Menschen andere Menschen zu töten, zu unterjochen etc. also alles Dinge die wahrscheinlich in jeder Religion verboten sind.

    Mich hat es ja gewundert, das der Beruf bis in unserer heutigen Zeit noch ein eigenständiger Ausbildungsberuf gewesen ist.

    Ja das habe ich auch gelesen und das diese erst so spät rausgenommen wurden bzw. umbenannt wurde bzw. der Beruf nun vielfältiger ist.


    So morgen und übermorgen habe ich frei. :lechz::study::study:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: 111 Pflanzen die man kennen muss (Klaudia Blasl) 116 / 240 Seiten


    SUB: 857

  • Die Bauern waren einfach zu uneinig und so war der Bauernaufstand von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

    Ja, aber es war sicher einerseits mal sehr schwierig, sich abzusprechen, andererseits musste alles heimlich geschehen und dann auch noch mit Strategie und System zuschlagen, wenn man bisher immer nur den Dreschflegel geschwungen hatte - ich finde unsere Vorfahren da schon sehr, sehr mutig. Und vor der ewigen Verdammnis haben sie sich sicher auch noch gefürchtet, wenn man sich gegen die Obrigkeit erhebt.

    Wie musste es dann den Bauern damals gegangen sein? Oder waren sie sich der Unterschiede schon bewusste, da sie ja im Prinizp nicht anders damit auf gewachsen sind?

    Denen ist es teilweise sicher ganz miserabel gegangen. Der Standesunterschiede waren sie sich natürlich bewusst, aber daran wollten sie ja auch nichts ändern.
    Wie gesagt, Schafe scheren oder ihnen die Haut gleich mitabziehen macht eben den Unterschied, der den Stein ins Rollen brachte.

    "Ich halte mir jeden Weg offen, wenn es hart auf hart kommt!"

    Aber vergessen wir da jetzt nicht ein wenig, dass der Luther gerade selber auch nicht ganz fest im Sattel saß? Der hätte nur allzu leicht auf dem Scheiterhaufen landen können, und durfte sich in keinem Fall völlig gegen die Obrigkeit stellen.

    Wirklich nur zur Abschreckung für andere Menschen oder vllt zur eigenen "Belustigung" !

    In "Die Ehre des Scharfrichters" steht ganz viel über die damalige Gerichtsbarkeit, wie wichtig es für den Landesherrn war, seinen Untertanen Sicherheit zu garantieren. Brandstiftung war so gefürchtet, wie wir uns das gar nicht vorstellen können, weil die Überlebenden mit NICHTS auf der Straße standen. Da gab es keine Versicherung, die einen auffing, im schlimmsten Fall auch keine Nachbarn oder Verwandten, weil die selber kaum genug zum Überleben hatten - und da musste Stärke demonstriert werden, indem man Täter, soferne man ihnen überhaupt habhaft wurde, aufs Strengste bestrafte.
    Und das Volk MUSSTE zusehen, zur Abschreckung - der Strafvollzug diente nicht (nur) der Belustigung.
    Das Buch, in dem das alles steht ist schrecklich, aber vielleicht gibt es Mutige, die das Lesen wollen, deshalb habe ich es nochmal angehängt.

    Eine kleine Eiszeit?

    Ja, wir leben angeblich in einer Zwischeneiszeit, die eben von dieser kleinen Eiszeit unterbrochen wurde.

    Ich finde mich in deinem Mann wieder

    Dass er noch so mit der Jugend mithalten kann, darf ich ihm jetzt gar nicht verraten, sonst wird er glatt noch eitel. 8)

    ich bin wieder auf neuestem Stand, Buch und Thread nachgelesen

    :applause:

    Das Salz der Erde

    Höre ich gerade, und kann mich kaum losreißen.

    Warum glaubt Luther, die Bauern hätten so ein schönes Leben?

    Ich denke nicht, dass er das glaubte, aber wie gesagt, der Luther durfte es sich mit denen da oben nicht verscherzen. War ja schließlich auch ein "Ketzer".

    das mach ich aber nachher gleich und verteil sie dann

    :kiss:

    die Familien waren ja schon gestraft genug

    Aber darauf hatte man ganz oben noch nie Rücksicht genommen.

    dass die Bauern schon mit kleinstem Entgegenkommen zufrieden waren.

    Wehret den Anfängen :!: , werden sich die Herren wohl gedacht haben. Wer weiß, was sonst noch alles kommt!

    wie blauäugig die Männer vorgegangen sind

    ... und doch unglaublich tapfer!

    Dabei hat es Newton doch schon erforscht

    Der schon, ... :pale:

    Das kam mir auch sehr aus dem Kontext gerissen vor - keine Ahnung, warum Preisendörfer das mit aufgenommen hat

    Der gute Mann weiß einfach zu viel. Und ganz chronologisch geht er nun mal nicht vor.


    Das ist also besagtes Buch:

  • Je nachdem wie sich der Wind dreht, muss ich das Beste für mich rausschlagen.

    Ja, sonst hätte ihm der Wind vielleicht noch den Rauch des Scheiterhaufens ins Gesicht geblasen.


    Das er so gefeiert wird, ist für mich ein Produkt aus reinem Zufall.

    Das glaube ich eher nicht. Zweifellos hatte er auch Glück, aber ohne die nötige Intelligenz hätte er den Thesenanschlag wohl nicht überlebt.
    Und das Image, das Luther heute hat, hat er erst im 19. Jhd. verpasst bekommen.


    Also aus der heutigen Sicht ist das aber schwierig nachzuvollziehen.

    Vielleicht sogar unmöglich.

    So morgen und übermorgen habe ich frei.

    :thumleft::study:

  • Mortimer hat mir bisher nur die Ratten, das Vogelgezwitscher und die 10 Orte in London die man unbedingt besuchen sollte näher gebracht Wie du siehst allzu weit bin ich noch gar nicht

    dann kommt das noch :wink:

    Das er so gefeiert wird, ist für mich ein Produkt aus reinem Zufall.

    Nein, das stimmt so nicht. Zum einen hat er ja sehr wohl berechtigt seine Thesen aufgestellt, um auf die bestehenden Missstände und Probleme, z.B. in Bezug auf den Ablasshandel, hinzuweisen und sie anzuprangern. Seine durchaus berechtigte Kritik mit dem Ziel einer Kirchenreform hin zum besseren will und kann ich ihm nicht absprechen. Das Bild, das wir heute von ihm haben, haben spätere Interpreten geschaffen und überliefert. Es ist an uns, uns heute ein genaueres, differenzierteres Bild zu machen. Zufall ist es jedenfalls keiner :wink:


    Ja, wenn die Obrigkeiten etwas geschickter wären, dann hätten sie viel länger die Bauern ausbeiten können.

    Das haben sie auch noch getan bis fast ins 20. Jahrhundert 8-[

    Ich weiß nicht, ich glaube manchmal ist es der einzige Weg, sein Leben für ein Ziel zu geben.

    In manchen Situationen mag es so scheinen - aber meist ist es hilfreicher, auch ein wenig seinen Kopf dabei zu benutzen. Die Bauern grad bei der Schlacht um die Burg Weinsberg haben das leider vergessen. Ihr Leben haben sie riskiert - das wussten sie auch - aber sie haben durch ihr unkluges Handeln unnötige Rache heraufbeschworen. Vielleicht wäre die Sache sonst für einige einen Ticken glimpflicher abgelaufen :-k

    Ich möchte Freitag und Samstag da sein, aber ich weiß es nicht, weil ich dort nun mit Auto bin und nicht in einem Hotel (weil zu teuer)

    Schläfst Du etwa wieder im Auto? :shock:


    Das erinnert mich wiederum an die Kreuzzüge, die ja auch schon "Deus vult" (Gott will es) gerufen haben.

    Das kann man aber so nicht vergleichen - die Beweggründe für die Kreuzzüge waren ganz andere. Da ging es wirklich um die Religion und die Rückeroberung des Heiligen Landes, ausgerufen von Päpsten und Königen. Den Bauern haben nur einige eingeredet, dass Gott mit ihnen sei, die mit der damaligen Kirche nicht einverstanden waren. Das sind schon zwei ganz verschiedene Ausgangslagen.

    ich finde unsere Vorfahren da schon sehr, sehr mutig

    Das waren sie auf jeden Fall und ich glaube, ich wäre es nicht gewesen. Aber auch das kann ich schlussendlich nicht wirklich wissen, denn ich musste nie unter derartigen Umständen leben :pale: Und den Mut will ich ihnen ganz sicher auch nicht absprechen, nur das kluge Handeln :-s

    Der Standesunterschiede waren sie sich natürlich bewusst, aber daran wollten sie ja auch nichts ändern.
    Wie gesagt, Schafe scheren oder ihnen die Haut gleich mitabziehen macht eben den Unterschied, der den Stein ins Rollen brachte.

    Das trifft es auf den Punkt :thumleft:


    Aber vergessen wir da jetzt nicht ein wenig, dass der Luther gerade selber auch nicht ganz fest im Sattel saß? Der hätte nur allzu leicht auf dem Scheiterhaufen landen können, und durfte sich in keinem Fall völlig gegen die Obrigkeit stellen.

    Du hast ja recht 8-[ Vom Grundsatz her musste er vorsichtig agieren und durfte es sich v.a. mit seinem eigenen Landesherren nicht verscherzen - auf seinen Schutz war er angewiesen als Vogelfreier im Reich. Aber die Art und Weise, wie er was schrieb, wie gewalttätig er gegen die Bauern schrieb und die Obrigkeit zu äußerster Härte aufrief, das hätte auch anders laufen können. Er war sicher intelligent und redegewandt genug, um seinen Punkt einzufahren ohne die Landesfürsten zu äußersten Härtemaßnahmen aufzurufen. Wo ich mir nicht sicher bin ist die Frage, ob er das so auch getan hätte, wenn nicht ausgerechnet Müntzer als ehemaliger Freund und nunmehr Gegenspieler so auf Seiten der Bauern gewesen wäre. Hat Luther sich evtl. auch davon beeinflussen lassen, was meint Ihr? :scratch:


    aber vielleicht gibt es Mutige, die das Lesen wollen, deshalb habe ich es nochmal angehängt.

    Hier, ich :ergeben: Ich hab mit dem Thema allerdings keine Schwierigkeiten :uups:

    da musste Stärke demonstriert werden, indem man Täter, soferne man ihnen überhaupt habhaft wurde, aufs Strengste bestrafte.
    Und das Volk MUSSTE zusehen, zur Abschreckung - der Strafvollzug diente nicht (nur) der Belustigung.

    Abschreckung war wohl die einzige Möglichkeit der Vorbeugung - das mag ich mir auch nicht immer vorstellen. Aber Deine Argumentation ist schlüssig.


    Der schon, ... :pale:

    :friends:

    Und ganz chronologisch geht er nun mal nicht vor.

    Nein, er hat es thematisch gegliedert und erinnert mich dabei an Woolf :wink:


    ohne die nötige Intelligenz hätte er den Thesenanschlag wohl nicht überlebt.

    Da bin ich ganz Deiner Meinung - ohne seine Intelligenz wäre er aus der Sache nicht lebend rausgekommen.

  • Wie doof muss man eigentlich sein, ausgerechnet den Schwiegersohn des vorherigen Kaisers und damit ja einen Onkel des jetzigen Kaisers auf eine solche Weise zu töten?

    Dazu hatte ich bei Herrn Engelmann gelesen, dass es sich bei der fraglichen Dame nicht um eine legitime, sondern "lediglich" um eine so genannte natürliche also uneheliche Tochter des Kaisers gehandelt hat. Was die Sache natürlich nicht wirklich besser macht.

    waren beim Hellen Haufen ja nicht nur Bauern, sondern auch ein paar Städtische bzw. Ritter dabei - die hätten es doch besser wissen müssen, die Landsknechte zumal?

    Die waren dabei und wussten es vermutlich auch besser. Aber wahrscheinlich nicht als Anführer, das hatten andere übernommen, wahrscheinlich regelrechte Fanatiker. Solche Leute sind meistens Vernunftgründen nicht allzu zugänglich. Wenn die Ritter/Landsknechte auf diese Anführer einwirken wollten, sind sie wahrscheinlich selbst in die Schusslinie geraten und wurden als Verräter beschimpft (da geht jetzt gerade meine Fantasie mit mir durch, weil ich mir das so leibhaftig vorstelle, wie sie da vor Weinsberg stehen und über ihr weiteres Vorgehen diskutieren will sagen streiten 8-[ ).

    Wahrscheinlich, weil ich davon ausgegangen bin, das Leibeigene nie in ein anderes Dorf kommen und somit nur untereinander aus einem Dorf heiraten und somit nur einen Herren gehören können

    Nur einem Herren gehören, ja. Und dann schickt dieser Herr seinen Leibeigenen in das nächste Dorf, um dem dortigen Herren eine Botschaft auszurichten, begegnet dort der Frau seiner Träume, die jedoch dem anderen Herren gehört (Entschuldigung, mein Kopfkino dreht gerade völlig am Rad :pale: ).

    Nein, das stimmt so nicht. Zum einen hat er ja sehr wohl berechtigt seine Thesen aufgestellt, um auf die bestehenden Missstände und Probleme, z.B. in Bezug auf den Ablasshandel, hinzuweisen und sie anzuprangern. Seine durchaus berechtigte Kritik mit dem Ziel einer Kirchenreform hin zum besseren will und kann ich ihm nicht absprechen

    Genau, Luthers Absicht war ja nicht, eine ganz neue Kirche zu gründen, er wollte die bis dahin alleinige Kirche, die katholische Kirche, reformieren. Und für diesen Mut, in Angesicht des Kaisers, dazu zu stehen, was er geschrieben hat, kann ich ihn auch nur bewundern. "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" - wie gesagt, in Angesicht des Kaisers, der nahezu obersten Obrigkeit, und nicht einzuknicken und zu sagen, ja, ihr, Kaiser und Papst, ihr habt Recht, und ich kleines Mönchlein kann nur irren, dafür kann man nur :arrow::pray: .

    Das kann man aber so nicht vergleichen - die Beweggründe für die Kreuzzüge waren ganz andere. Da ging es wirklich um die Religion und die Rückeroberung des Heiligen Landes, ausgerufen von Päpsten und Königen.

    Und auch die Teilnehmer waren andere. Ins Heilige Land zogen Könige und die obersten Adligen, denen als Lohn das Seelenheil versprochen wurde. Das Ziel der Bauern war dann doch ein etwas handfesteres.

    Wo ich mir nicht sicher bin ist die Frage, ob er das so auch getan hätte, wenn nicht ausgerechnet Müntzer als ehemaliger Freund und nunmehr Gegenspieler so auf Seiten der Bauern gewesen wäre. Hat Luther sich evtl. auch davon beeinflussen lassen, was meint Ihr?

    Davon hat er sich bestimmt beeinflussen lassen. Wie heißt es so schön - "Aus Prinzip Opposition". Dazu schreibe ich noch was, wenn mein Kopfkino sich ein wenig abgekühlt hat :totlach: .


    Übrigens habe ich vorhin schon Kapitel 7 gelesen - und ich kann bereits jetzt sagen, dass mir Luther nicht wirklich sympathischer wird :evil: .


    Und ich habe noch ein Buch auf meiner Wunschliste zum Thema "Beginn der Bauernkriege" gefunden, über den auch von Herrn Preisendörfer erwähnten "Pfeifer von Niklashausen".

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Schläfst Du etwa wieder im Auto?

    Bloß nicht, das ist im März noch viel zu kalt. Wird doch ein günstiges bed & breakfast geben :sleep::montag: für unser Mäxchen.

    Aber die Art und Weise, wie er was schrieb, wie gewalttätig er gegen die Bauern schrieb und die Obrigkeit zu äußerster Härte aufrief,

    ... traf wohl irgendwie den Zeitgeist.

    Hat Luther sich evtl. auch davon beeinflussen lassen, was meint Ihr?

    Doch, das denke ich schon. Da sind wahrscheinlich jede Menge Faktoren zusammengekommen.

    Ich hab mit dem Thema allerdings keine Schwierigkeiten

    Deshalb wäre es für Dich sicher eine sehr lohnende Lektüre. :thumleft: Wenn Du nämlich von all den Grausamkeiten abstrahieren kannst, ist das echt informativ. Soviel habe ich gerade mitgekriegt.

    Nein, er hat es thematisch gegliedert und erinnert mich dabei an Woolf

    Ja, mich auch! Und das macht Preisendörfer ja auch sehr gut; mir gefällt so ein Aufbau.


    Jetzt frage ich mich bloß, ob die Buchempfehlung vom @Bücherwurm nicht sehr verlockend für eine MLR wäre. Bücher von Luther gibt es ja viele, aber es wäre halt gut, wenn man ihn von den "Übermalungen" der Jahrhunderte befreit lesen - und vielleicht auch ein bisschen besser in seiner Zeit verstehen könnte.

  • Die waren dabei und wussten es vermutlich auch besser. Aber wahrscheinlich nicht als Anführer, das hatten andere übernommen, wahrscheinlich regelrechte Fanatiker. Solche Leute sind meistens Vernunftgründen nicht allzu zugänglich. Wenn die Ritter/Landsknechte auf diese Anführer einwirken wollten, sind sie wahrscheinlich selbst in die Schusslinie geraten und wurden als Verräter beschimpft (da geht jetzt gerade meine Fantasie mit mir durch, weil ich mir das so leibhaftig vorstelle, wie sie da vor Weinsberg stehen und über ihr weiteres Vorgehen diskutieren will sagen streiten ).

    lass nur, Deine Fantasien hören sich recht vorstellbar an :loool:

    Nur einem Herren gehören, ja. Und dann schickt dieser Herr seinen Leibeigenen in das nächste Dorf, um dem dortigen Herren eine Botschaft auszurichten, begegnet dort der Frau seiner Träume, die jedoch dem anderen Herren gehört

    aber wie wir lernen mussten, gehörten die Menschen manchmal sogar mehreren Herren, je nach Lebensaspekt. Aber bei der Heirat war vermutlich derjenige ausschlaggebend, dem der Leib des Bauern gehörte 8-[

    Und für diesen Mut, in Angesicht des Kaisers, dazu zu stehen, was er geschrieben hat, kann ich ihn auch nur bewundern.

    Ja, da wären viele andere eingeknickt an seiner Stelle - immerhin hat er auch mit der Reichsacht dafür bezahlt, was bedeutete, dass er vogelfrei war. Ohne Freunde, die ihn auf die Wartburg schafften, hätte er das wohl nicht überlebt.

    Und auch die Teilnehmer waren andere. Ins Heilige Land zogen Könige und die obersten Adligen, denen als Lohn das Seelenheil versprochen wurde.

    Na, nicht nur - das ging hin bis zum Kinderkreuzzug. Und auch mit den Königen zogen viele normale Menschen, die zogen wie im Buch beschrieben auch in diesem Fall mit einem Tross. :wink:

    Übrigens habe ich vorhin schon Kapitel 7 gelesen - und ich kann bereits jetzt sagen, dass mir Luther nicht wirklich sympathischer wird :evil:

    :mrgreen::mrgreen::mrgreen: ich freu mich auf morgen :twisted:

    Und ich habe noch ein Buch auf meiner Wunschliste zum Thema "Beginn der Bauernkriege" gefunden, über den auch von Herrn Preisendörfer erwähnten "Pfeifer von Niklashausen".

    klingt ganz interessant :)

    Jetzt frage ich mich bloß, ob die Buchempfehlung vom @Bücherwurm nicht sehr verlockend für eine MLR wäre. Bücher von Luther gibt es ja viele, aber es wäre halt gut, wenn man ihn von den "Übermalungen" der Jahrhunderte befreit lesen - und vielleicht auch ein bisschen besser in seiner Zeit verstehen könnte.

    auf jeden Fall ist das sehr verlockend - ich seh schon, die Liste wächst weiter :loool:

    ... traf wohl irgendwie den Zeitgeist.

    ja, vermutlich 8-[

    Wenn Du nämlich von all den Grausamkeiten abstrahieren kannst, ist das echt informativ.

    ja, das konnte ich schon immer ziemlich gut :wink:

  • Zum sechsten Kapitel schreibe ich im Anschluss einen neuen Beitrag. :)

    "Salz der Erde", das ich momentan gerade höre, bin ich geradezu hin und weg. Falls Du Lust auf dicke Schmöker hast, wäre das ein historischer Roman, der sich wirklich lohnt.

    Das Buch ist notiert :winken:

    Es gibt 3 Bände :uups:

    :totlach: O.k. die Bücher sind notiert. :D

    Meines Wissens ist es nicht verboten und an den Börsen der Welt laufen die Wetten auf Ernten etc fröhlich weiter

    Ja, das ist auch mein Wissensstand. Leider! Es wäre schön, wenn es nicht so wäre.

    ich könnte sie Dir locker vollpacken

    Das glaube ich dir gerne :friends:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Ein sehr interessantes Kapitel fand ich.

    Was hätten sie aber ansonsten tun sollen? Ich überlege, aber ich komme zu keinem Ergebnis - ein einfaches Einstellen der Arbeit oder der Abgaben, damit sie selbst überleben konnten, hätten ja die sofortige Bestrafung nach sich gezogen. Argumentieren konnten sie auch nicht, eigentlich blieb doch nur der Rückgriff auf die Gewalt (wobei ich jetzt sicher nicht per se der Gewalt zustimme, aber hier wüsste ich nicht, wie die Bauern sonst hätten agieren können). Der größte Fehler war der Übergriff in Weinsberg, damit hatten sie allerdings ihr Schicksal besiegelt. Es hätte ihnen klar sein müssen, dass sie damit die geballte Macht gegen sich aufbrachten und sie keine echte Chance hatten. Aber sie haben sich dabei sehr überschätzt.

    Ich wüsste da auch keinen anderen Weg. Höchstens noch, dass sich ein einflußreicher Adliger als Fürsprecher gefunden hätte. Aber das gehört eher ins Reich der Märchen.

    Diese Informationen - so passend sie auch in diesem Kapitel sind - hätten mir am Anfang auch viel weitergeholfen als ich so über die Teuerungen der Nahrungsmittel gestolpert bin. Aber nachdem ich das alles gelesen hatte war mir klar, warum neben den Edelmetallimporten und dem Niedergang der europäischen Minen auch die Nahrungsmittel derart knapp und teuer wurden. Immerhin waren ja auch die Ernten damals nicht zu vergleichen mit den unsrigen und Lager gab es noch weniger als heute. Eine Missernte hatte gravierende Folgen, v.a. für die Armen.

    Den Teil über das Wetter fand ich aus dem Grund auch sehr interessant, weil es mir unter anderem auch diese Frage beantwortet hatte. Und auch wie die Lage kurz vor dem Bauernkrieg war. Wenn ich mir vorstelle wieviel sie ohnehin schon von ihrem bißchen Ernte abgeben mussten, dann war ihr Wunsch auf geringere Abgaben absolut nachvollziehbar. Und irgendwie verstehe ich die Adligen immer weniger. Da ließ sich nicht mehr vieles rauspressen. Bei uns gibt es den Spruch: Greif mal einem nackten Mann in die Tasche. Da ist einfach nichts mehr. Kein Wunder, dass es den Bauern gereicht hatte.



    Ja, das konnte einerseits das Kloster sein, dem man bestimmte Arbeitsstunden "schuldete", außerdem dem Adligen, in dessen Burgschatten er wohnte, und evtl. noch der zuständigen Geistlichkeit. War sehr anschaulich in diesem Buch beschrieben. Dieter Breuers - Ritter, Mönch und Bauersleut.

    Das Buch sollte nicht mehr allzu lange auf meinem SuB liegen bleiben.

    Das hatte Bernt Engelmann so dargestellt:

    Danke für dein Zitat aus dem Buch!

    Die Bauern hatten einfach keine erfahrenen Anführer, auch in militärischer Hinsicht nicht. Mit einen erfahrenen Feldherrn wäre die Schlacht bei Bad Frankenhausen vielleicht anders ausgegangen.

    Das waren auch erst meine Überlegungen gewesen. Bis ich auf den Beitrag von @Castor gestossen bin und mir klar wurde, dass da sehr wohl Männer dabei gewesen waren, die sich mit Kriegsdingens ausgekannt hätten, aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht viel dazu sagten.

    ich finde unsere Vorfahren da schon sehr, sehr mutig. Und vor der ewigen Verdammnis haben sie sich sicher auch noch gefürchtet, wenn man sich gegen die Obrigkeit erhebt.

    Mutig in vielerlei Hinsicht waren sie da wirklich. Vielleicht auch ein wenig der Mut der Verzweiflung? Viel zu verlieren hatten sie ja eigentlich nicht. Sie wurden ja schon ausgepresst wie reife Zitronen. Wurde ihre Lage nach dem Aufstand eigentlich noch schlechter als ohnehin schon? Da wurden doch bestimmt viele Strafaktionen durchgeführt? Oder?

    Und das Volk MUSSTE zusehen, zur Abschreckung - der Strafvollzug diente nicht (nur) der Belustigung.

    Oh, das ist interessant! Das es ein Muss war, dass wusste ich nicht. Das Buch habe ich mir auch mal auf meine Wunschliste gesetzt und werde es mir noch genauer anschauen.


    Nein, das stimmt so nicht. Zum einen hat er ja sehr wohl berechtigt seine Thesen aufgestellt, um auf die bestehenden Missstände und Probleme, z.B. in Bezug auf den Ablasshandel, hinzuweisen und sie anzuprangern. Seine durchaus berechtigte Kritik mit dem Ziel einer Kirchenreform hin zum besseren will und kann ich ihm nicht absprechen. Das Bild, das wir heute von ihm haben, haben spätere Interpreten geschaffen und überliefert. Es ist an uns, uns heute ein genaueres, differenzierteres Bild zu machen. Zufall ist es jedenfalls keiner

    So habe ich das auch verstanden.

    Die waren dabei und wussten es vermutlich auch besser. Aber wahrscheinlich nicht als Anführer, das hatten andere übernommen, wahrscheinlich regelrechte Fanatiker. Solche Leute sind meistens Vernunftgründen nicht allzu zugänglich. Wenn die Ritter/Landsknechte auf diese Anführer einwirken wollten, sind sie wahrscheinlich selbst in die Schusslinie geraten und wurden als Verräter beschimpft (da geht jetzt gerade meine Fantasie mit mir durch, weil ich mir das so leibhaftig vorstelle, wie sie da vor Weinsberg stehen und über ihr weiteres Vorgehen diskutieren will sagen streiten ).

    Und wieder etwas schlauer. Danke für deine Info :shock:

    Jetzt frage ich mich bloß, ob die Buchempfehlung vom @Bücherwurm nicht sehr verlockend für eine MLR wäre. Bücher von Luther gibt es ja viele, aber es wäre halt gut, wenn man ihn von den "Übermalungen" der Jahrhunderte befreit lesen - und vielleicht auch ein bisschen besser in seiner Zeit verstehen könnte.

    Wenn mich auch viele Bücher locken, aber da würde ich auch gerne mehr erfahren.


    Was mir unter anderem in diesem Kapitel in Erinnerung bleiben wird, war die Lage von Freien und Leibeigenen. Wie kompliziert sich da eine Heirat gestaltet hatte und wie es sich auf die Nachkommen ausgewirkt hatte. Also z.B. dass sich der Besitz (Besitz :wuetend: alleine schon das Wort ) der Kinder aus der Ehe von zwei Leibeigenen, die verschiedenen Herren angehörten, entsprechend den Herrschaften zugeteilt wurden.


    Ich werde wohl erst heute mit dem siebten Kapitel anfangen können. Das Wochenende war komplett zu und zum lesen kam ich so gut wie gar nicht.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • O.k. die Bücher sind notiert

    An historischen Romanen habe ich ja immer viel auszusetzen, aber im genannten Fall ist im Lauf des Zuhörens einfach jede Kritik dahingeschmolzen. Das Buch ist echt ein Hammer! Ich habe mir gerade den 3. Band gekauft.

    Vielleicht auch ein wenig der Mut der Verzweiflung? Viel zu verlieren hatten sie ja eigentlich nicht. Sie wurden ja schon ausgepresst wie reife Zitronen

    Das denke ich auch! - Und wenn man sich vorstellt, unsere Vorfahren hätten sich niemals und nie gegen Ungerechtigkeiten gewehrt, seien es die Bauernkriege, die Französische Revolution, die 1848-er, oder auch die späteren sozialistischen Bewegungen für Arbeits- oder Wahlrecht, wo wären wir jetzt? Auch wenn der Schuss bei den meisten Revolutionen erst mal nach hinten los ging, und vieles nicht besser oder gar noch schlimmer wurde, das waren notwendige Schritte für alle späteren Erfolge. Dass von "oben" Verbesserungen kommen, darauf würden wir wohl heute noch warten.
    Wo wären wir heute ohne alle diese tapferen Menschen? Das waren doch keine Außerirdischen, sondern unsere Vorfahren, oder zumindest die Zeitgenossen unserer Vorfahren, von deren Wille zur Veränderung letztlich alle profitiert haben.

    aber da würde ich auch gerne mehr erfahren.

    Ja, ich denke, eine MLR zur Person Luthers sollten wir heuer schon noch angehen. Würde gut zur jetzigen Lektüre passen!

    Also z.B. dass sich der Besitz (Besitz alleine schon das Wort ) der Kinder aus der Ehe von zwei Leibeigenen,

    Das erinnert mich immer so an die alten Römer. Irgendwie verbinde ich die immer mit Sklaverei. Dabei war die Leibeigenschaft auch um keinen Deut besser, vielleicht sogar schlimmer.
    Weißt Du noch, @Squirrel, was wir bei Woolf von den Sklaven gelesen haben? Dass viele sehr gebildet waren, von ihren Herren umfassende Privilegien bekamen oder manche sogar Vermögen hatten? Sicher war Sklaverei nie und zu keinen Zeiten ein Honigschlecken, aber die hörigen Bauern kann man ohne weiteres zu diesen Rechtlosen zählen.

  • Weiter geht's also termingemäß:


    Himmel und Hölle, also der selbstverständliche Glaube an die Wirklichkeit Gottes wie auch an die des Höllenfürsten, griffen so stark, nicht selten lebensbedrohend, in den Alltag ein, dass die drei Schlagworte in der Überschrift dieses Kapitels um 1500 nicht voneinander zu trennen waren.
    Die Menschen lebten in einer unsicheren Welt, die sie in vielen ihrer Erscheinungsformen nicht verstanden, und doch suchten sie nach Erklärungen und Lösungen. Dass der unbedingte Glaube an den Schadenszauber etliche Unschuldige auf den Scheiterhaufen brachte, und auch als Abschreckung für herumstreunendes Gesindel dienen sollte, war nur eines der Phänomene, denen wir routinierte Zeitreisende zwar nicht völlig verständnis-, aber immer noch einigermaßen fassungslos gegenüberstehen.
    Umso deutlicher führt uns Bruno Preisendörfer in diesem Kapitel vor Augen, dass die Welt vor 500 Jahren einem Vergleich mit der unseren nicht standzuhalten vermag. Am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit war aber nicht nur der unbedingte Gottesglaube selbstverständlich für den Großteil der Menschen, man glaubte auch an Alchemie, Magie und Teufelspakte. Der Autor erinnert uns daran, dass die Wissenschaft im neuzeitlichen Sinn erst im 17. Jahrhundert Gestalt annahm.
    So predigte der gute Luther auch gegen allerlei Teufel an, wobei der schlimmste von allen der melancholische war. Dass die Menschen auch damals sicher in nicht geringem Maße an Depressionen litten, würde mich nicht wundern. Vielmehr habe ich mich schon oft gefragt, woher unsere Vorfahren unter diesen Alltagsbedingungen überhaupt Lebensfreude und Lebenswillen nahmen. Sicher kannte man es eben nur so, und doch muss der Wunsch nach einem anderen, einem besseren Dasein tief in den Menschen geschlummert haben. Andernfalls säßen wir wohl noch immer in unseren Bauernkaten, ließen uns von unseren Grundherren ausbeuten und wären als Leibeigene glücklich und zufrieden.
    Als katholisch Getaufte hat es bei mir eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, was mit dem „Laienkelch“ gemeint ist. Das Abendmahl in zweierlei Gestalt für die Gemeinde kennen ja lediglich die Protestanten. Die Katholiken erhalten nur den Leib Christi in Form der Hostie, während der Wein allein für den Pfarrer bestimmt ist. Früher war es auch bei den Katholischen anders, da erst im Konzil von Konstanz 1415 formell festgelegt wurde, dass der Kelch den Laien vorenthalten bleibt.
    Hoffentlich habe ich das so richtig interpretiert und formuliert.
    Die Idee, sich erst als Erwachsener taufen zu lassen, finde ich prinzipiell ja sehr gut und fortschrittlich, andererseits kann ich auch verstehen, dass man trotz Endzeitstimmung das Reich der „Täufer“ zu Münster vernichtet hat. Die müssen es schon ziemlich wild getrieben haben, fast schon karnevalsartige Zustände müssen da geherrscht haben, die das oberste zuunterst kehrten.
    Messen wurden also vor 500 Jahren ausreichend gelesen, ganz nach „Auftragslage“ auch den ganzen Tag an mehreren Altären gleichzeitig. Kaum zu glauben, dass es auch damals schon Zeitgenossen gab, die jahrelang keine einzige Messe zu hören bekamen. Alle hat das katholische Brimborium also doch nicht fasziniert (und vielleicht auch nicht die Predigten der Protestanten).
    Dass die Kirche nicht unbedingt ein Ort der Andacht war, habe ich schon andernorts gelesen, kann mir aber das weltliche Treiben, das dort zu jener Zeit geherrscht haben muss, noch immer nicht so recht vorstellen.
    Gegen Bilder hatte der Martin Luther also nichts einzuwenden, wohl aber gegen deren Verehrung oder gar Anbetung, was mir ja auch ganz vernünftig erscheint. Allerdings sollte man bedenken, dass es der auf den lateinischen Ritus ausgerichteten Kirche wohl nicht möglich gewesen wäre, ihre Lehre ohne bildliche Darstellung unter dem leseunkundigen Volk zu verbreiten. Andererseits finde ich es aber auch nicht so abwegig, dass die Gläubigen vor einem Bild des Jesus, der Maria oder eines der zahlreichen Heiligen oder der 14 Nothelfer eine Kerze anzündeten. Irgendwo brauchten die Geknechteten doch einen Ort, wo sie ihre Sorgen abladen, ihre Anliegen vorbringen und ihren Dank zum Ausdruck bringen konnten.
    Verständlicherweise hielt Luther auch nichts von der ausufernden Reliquienverehrung, dafür aber umso mehr vom Gesang in deutscher Zunge, um die Menschen von allerlei sonstigen Lastern fernzuhalten.
    Mit seiner Forderung, sich allein im Gebet an einen Gott zu wenden, den man sich nicht einmal vorstellen darf, hat der Luther schon sehr rational agiert. So gesehen könnte man es tatsächlich als Ironie der Geschichte betrachten, dass gerade der Reformator wahrscheinlich die am meisten konterfeite Persönlichkeit der deutschen Geschichte ist.

  • Ganz schlimm finde ich , dass die Leibeigenschaft erst sehr viel später, ab 1780 aufgehoben wurde. Das heißt, mit der Willkür mussten die Bauern noch sehr lange leben.

    Gut zu wissen. Danke für die Info. :thumleft:

    Nur einem Herren gehören, ja. Und dann schickt dieser Herr seinen Leibeigenen in das nächste Dorf, um dem dortigen Herren eine Botschaft auszurichten, begegnet dort der Frau seiner Träume, die jedoch dem anderen Herren gehört (Entschuldigung, mein Kopfkino dreht gerade völlig am Rad ).

    :totlach: Find ich gut.


    Bin mal gespannt, wie das 7. Kapitel wird. Habe erst einen kurzen Abschnitt gelesen und erst mal wieder nichts verstanden. War aber auch gestern Abend nicht mehr allzu aufnahmefähig. :-,

  • Den Teil über das Wetter fand ich aus dem Grund auch sehr interessant, weil es mir unter anderem auch diese Frage beantwortet hatte. Und auch wie die Lage kurz vor dem Bauernkrieg war. Wenn ich mir vorstelle wieviel sie ohnehin schon von ihrem bißchen Ernte abgeben mussten, dann war ihr Wunsch auf geringere Abgaben absolut nachvollziehbar.

    ich fand es sehr spannend und informativ, mir war es auch nicht zuviel. Und es erklärt für mich auch viele Zusammenhänge, das hab ich weiter oben ja schon geschrieben :wink:

    Und irgendwie verstehe ich die Adligen immer weniger. Da ließ sich nicht mehr vieles rauspressen. Bei uns gibt es den Spruch: Greif mal einem nackten Mann in die Tasche. Da ist einfach nichts mehr. Kein Wunder, dass es den Bauern gereicht hatte.

    Tatsächlich finden wir aber ähnliches auch heute noch - es gibt auch heute noch immer Arbeitgeber, die ihre Angestellten extrem klein halten, überfordern, schlecht bezahlen und immer weiter Druck aufbauen. Und viele bleiben und halten es aus aus Angst vor Arbeitslosigkeit. Wir haben heute zwar eine ganz andere Ausgangslage, aber die Mentalität, andere auszubeuten, die ist leider immer noch vielfach zu finden 8-[

    Vielleicht auch ein wenig der Mut der Verzweiflung?

    ganz sicher!

    Das Wochenende war komplett zu und zum lesen kam ich so gut wie gar nicht.

    ich hab Dich schon vermisst - war es so anstrengend oder einfach nur voll mit Terminen? :friends:

    An historischen Romanen habe ich ja immer viel auszusetzen, aber im genannten Fall ist im Lauf des Zuhörens einfach jede Kritik dahingeschmolzen. Das Buch ist echt ein Hammer! Ich habe mir gerade den 3. Band gekauft.

    Es gibt hervorragend recherchierte historische Romane - z.B. "Wolf Hall" von Hilary Mantel :lechz: oder "Das Buch der Königin" von Sabine Weigand :lechz: oderoderoder O:-)

    Und wenn man sich vorstellt, unsere Vorfahren hätten sich niemals und nie gegen Ungerechtigkeiten gewehrt, seien es die Bauernkriege, die Französische Revolution, die 1848-er, oder auch die späteren sozialistischen Bewegungen für Arbeits- oder Wahlrecht, wo wären wir jetzt?

    nicht hier entspannt beim Lesen und Diskutieren über vergangene Zeiten 8-[ die Welt wäre eine ganz andere und welche Richtung sie genommen hätte, das kann niemand mehr sagen.

    Ja, ich denke, eine MLR zur Person Luthers sollten wir heuer schon noch angehen. Würde gut zur jetzigen Lektüre passen!

    der Sommer ist noch frei :totlach:

    Das erinnert mich immer so an die alten Römer. Irgendwie verbinde ich die immer mit Sklaverei. Dabei war die Leibeigenschaft auch um keinen Deut besser, vielleicht sogar schlimmer.
    Weißt Du noch, @Squirrel, was wir bei Woolf von den Sklaven gelesen haben? Dass viele sehr gebildet waren, von ihren Herren umfassende Privilegien bekamen oder manche sogar Vermögen hatten? Sicher war Sklaverei nie und zu keinen Zeiten ein Honigschlecken, aber die hörigen Bauern kann man ohne weiteres zu diesen Rechtlosen zählen.

    die Sklaverei im Römischen Reich kommt mir erstmal einfach ehrlicher vor - Sklaven waren Handelsware, jeder wusste das und gut. Und gleichzeitig ging es vielen von ihnen wesentlich besser als den Leibeigenen Jahrhunderte später. Die nannte man zwar anders, aber Namen sind bekanntlich Schall und Rauch. Im Grundprinzip waren sie auch Sklaven, aber ohne den Anspruch an den Herren, für ihr Wohlergehen, sprich Nahrung und Kleidung, zu sorgen, dass die römischen Sklaven im Prinzip hatten.

    Himmel und Hölle, also der selbstverständliche Glaube an die Wirklichkeit Gottes wie auch an die des Höllenfürsten, griffen so stark, nicht selten lebensbedrohend, in den Alltag ein, dass die drei Schlagworte in der Überschrift dieses Kapitels um 1500 nicht voneinander zu trennen waren.

    Es ist für uns ja schlecht vorstellbar, denn wir können unser Wissen um die Welt ja nicht einfach mal kurz vergessen und später wieder anschalten, aber wenn ich mir versuche vorzustellen, ich wüsste nicht, was das Wetter bestimmt, was warum um mich herum passiert, warum Krankheiten ausbrechen etc, dann würde ich die Erklärungen bestimmt auch in irgendwelchen Glauben und Aberglauben suchen oder wenigstens um Schutz bitten. 8-[ Das kann ich zumindest verstehen, wenn auch nicht nachvollziehen.

    Umso deutlicher führt uns Bruno Preisendörfer in diesem Kapitel vor Augen, dass die Welt vor 500 Jahren einem Vergleich mit der unseren nicht standzuhalten vermag. Am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit war aber nicht nur der unbedingte Gottesglaube selbstverständlich für den Großteil der Menschen, man glaubte auch an Alchemie, Magie und Teufelspakte. Der Autor erinnert uns daran, dass die Wissenschaft im neuzeitlichen Sinn erst im 17. Jahrhundert Gestalt annahm.

    Selbst wenn man nur 100 Jahre in die Vergangenheit zurückgeht, dann gibt es dort eine derart andere Welt, noch immer so viel "Unwissen", dass man das nicht mehr vergleichen kann. Das fängt bei Banalitäten des alltäglichen Lebens an und hört auf bei der Technik, die wir hier grade nutzen. Und wenn dann evtl. mal etwas funktionierte in dieser alten Welt, ein chemisches oder physikalisches Experiment klappte, dann konnte das nur Magie sein. Die Hintergründe dazu waren noch Jahrhunderte lang unentdeckt. Wobei die Alchemie ja doch der Vorläufer der Chemie war, es fehlte nur unser Verständnis der Vorgänge - die Alchemisten taten, was sie mit ihren Mitteln konnten. :-k

    So predigte der gute Luther auch gegen allerlei Teufel an, wobei der schlimmste von allen der melancholische war. Dass die Menschen auch damals sicher in nicht geringem Maße an Depressionen litten, würde mich nicht wundern. Vielmehr habe ich mich schon oft gefragt, woher unsere Vorfahren unter diesen Alltagsbedingungen überhaupt Lebensfreude und Lebenswillen nahmen.

    Der melancholische Teufel war mir komplett neu, das hat mich fasziniert. Das ein heute alltägliches Krankheitsbild damals vom Grundprinzip her so verstanden wurde, auch wenn man es beim falschen Namen nannte, hat mich echt überrascht. Und Luthers Ratschläge bekommen depressive Menschen bestimmt heute noch zur Genüge zu hören :-?

    Als katholisch Getaufte hat es bei mir eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, was mit dem „Laienkelch“ gemeint ist. Das Abendmahl in zweierlei Gestalt für die Gemeinde kennen ja lediglich die Protestanten. Die Katholiken erhalten nur den Leib Christi in Form der Hostie, während der Wein allein für den Pfarrer bestimmt ist.

    Der Begriff war mir neu, aber da ich mal evangelisch war, durch meine Schwägerin aber einige katholische Messen miterlebt habe, wusste ich um was es ging. :wink: Wobei mir auch gleich ein netter Spruch einfällt - ein katholischer Priester zur Gemeinde:
    Ich trink für Euch alle,
    Euch zu Gefalle,
    Euch zum Brauch,
    für mein'n Bauch
    :loool::loool::loool:

    Früher war es auch bei den Katholischen anders, da erst im Konzil von Konstanz 1415 formell festgelegt wurde, dass der Kelch den Laien vorenthalten bleibt.

    Das wiederum war mir neu :wink:

    Die Idee, sich erst als Erwachsener taufen zu lassen, finde ich prinzipiell ja sehr gut und fortschrittlich, andererseits kann ich auch verstehen, dass man trotz Endzeitstimmung das Reich der „Täufer“ zu Münster vernichtet hat. Die müssen es schon ziemlich wild getrieben haben, fast schon karnevalsartige Zustände müssen da geherrscht haben, die das oberste zuunterst kehrten.

    Ich fände das absolut gut, denn als Erwachsener hast du den Verstand, den für Dich richtigen Weg bzw. Glauben zu wählen. Und dann ist es eben auch Deine Entscheidung, nicht die deiner Eltern. Aber die Wiedertäufer in Münster hatten ja nicht mehr das Geringste damit zu tun, das war Anarchie und Gewalt pur. Das Buch "Kristus" schildert das sehr deutlich.

    Messen wurden also vor 500 Jahren ausreichend gelesen, ganz nach „Auftragslage“ auch den ganzen Tag an mehreren Altären gleichzeitig. Kaum zu glauben, dass es auch damals schon Zeitgenossen gab, die jahrelang keine einzige Messe zu hören bekamen. Alle hat das katholische Brimborium also doch nicht fasziniert (und vielleicht auch nicht die Predigten der Protestanten).

    Jetzt hab ich eine Frage an Dich als Katholische: wie lang genau ist eine Messe, welchen Umfang hat das? Die Gottesdienste, die ich miterlebte, gingen stets eine Stunde, das kann hier aber nicht gemeint sein. :-k Bei der Menge an Messen pro Tag kann diese nicht so lang gedauert haben. :scratch:

    Dass die Kirche nicht unbedingt ein Ort der Andacht war, habe ich schon andernorts gelesen, kann mir aber das weltliche Treiben, das dort zu jener Zeit geherrscht haben muss, noch immer nicht so recht vorstellen.

    Ich irgendwie schon - die Kirche war wohl auch eine Art öffentlicher Treffpunkt, an dem die Menschen mal ohne Arbeit zusammenkommen konnten. Von der Warte her gesehen ist es für mich nachvollziehbar, dass sie auch viel redeten und tuschelten und umhergingen, um andere zu treffen. :)

    Gegen Bilder hatte der Martin Luther also nichts einzuwenden, wohl aber gegen deren Verehrung oder gar Anbetung, was mir ja auch ganz vernünftig erscheint. Allerdings sollte man bedenken, dass es der auf den lateinischen Ritus ausgerichteten Kirche wohl nicht möglich gewesen wäre, ihre Lehre ohne bildliche Darstellung unter dem leseunkundigen Volk zu verbreiten.

    Ja, hier kann ich ihm auch gut folgen in seinen Gedanken, denn das ist etwas, was mir total wesensfremd ist. Ich habe auch keinen Glauben, das übersteigt einfach irgendwie mein Vorstellungsvermögen, meinen Verstand. Da bin ich wohl viel zu rational in meiner Persönlichkeit angelegt. :-k Aber dass die bildliche Darstellung Lehr-Charakter für das analphabetische Volk hatte, das hab ich auch schon gelesen und mitbekommen.

    Andererseits finde ich es aber auch nicht so abwegig, dass die Gläubigen vor einem Bild des Jesus, der Maria oder eines der zahlreichen Heiligen oder der 14 Nothelfer eine Kerze anzündeten. Irgendwo brauchten die Geknechteten doch einen Ort, wo sie ihre Sorgen abladen, ihre Anliegen vorbringen und ihren Dank zum Ausdruck bringen konnten.

    Für die Menschen waren die Heiligen eine Zuflucht, jemand den sie um Schutz bitten konnten. Das kann ich sogar verstehen und es gibt Situationen, in denen gläubige Menschen sich bestimmt leichter tun als Menschen wie ich, denen das völlig abgeht. Da kann der Glaube bestimmt Halt geben. Und die Armen vor 500 Jahren, aber oft genug auch die kleinen Handwerker und Knechte etc, hatten ja niemanden, den sie wirklich um Hilfe oder Schutz bitten konnten.
    Seit diesem Kapitel weiß ich auch endlich, wer oder was die Nothelfer sind - ich hab mich immer gefragt, warum ein Krankenhaus in Weingarten so heißt :loool:

    Verständlicherweise hielt Luther auch nichts von der ausufernden Reliquienverehrung, dafür aber umso mehr vom Gesang in deutscher Zunge, um die Menschen von allerlei sonstigen Lastern fernzuhalten.
    Mit seiner Forderung, sich allein im Gebet an einen Gott zu wenden, den man sich nicht einmal vorstellen darf, hat der Luther schon sehr rational agiert. So gesehen könnte man es tatsächlich als Ironie der Geschichte betrachten, dass gerade der Reformator wahrscheinlich die am meisten konterfeite Persönlichkeit der deutschen Geschichte ist.

    Witzig fand ich dabei seinen Landesfürsten - der wurde zwar protestantisch, hat aber fleißig weiter Reliquien gesammelt :totlach: Ganz so einfach legt man einen alten Glauben dann wohl doch nicht ab. :wink: Aber ich kann mir vorstellen, dass diese rationale Seite an Luthers Idee für die Menschen schwer nachvollziehbar und annehmbar war, denn ihre Heiligen und besonders Maria waren ihnen doch viel näher als Gott, vor dem sie sich ja eher fürchteten. :-s

  • Heidewitzka nu ruacht mir aber der Schädel, knapp 60 Seiten Bruno heute mittag und dann noch 6 Seiten der Diskussion... Uffa :shock:

    Fasziniert haben mich die vielen alten Berufsstände, die in diesem Kapitel angeführt werden, und auch die Tatsache, wie viel Holz für die Haus- und Kirchenbauten benötigt wurden.

    Das war für mich kaum vorstellbar. Ich meine klar ist schon, dass es natürlich einiges an Holz für die Kirchenschiffe brauchte, aber das mal in Zahlen zu sehen ist dann schon was Anderes 8-[

    na, dann hab ich Dir mal ein paar Schnappschüsse angehängt -

    Schööön :drunken:

    Und persönlich kann ich niemanden empfehlen in der Natur unter freien Himmel zu schlafen, da wird man lebendig gefressen.

    Ich wäre jetzt auch niemand fürs Campen *schauder*

    In diesem Zusammenhang hat mir Herrn Preisendörfers Feststellung gut gefallen, dass Luther seine eigene Gnadenlehre dort, wo es um die einfachen Leute ging, der simplen Moral eines Kinderkatechismus angepasst hat: Seid schön brav, dann kommt ihr auch in den Himmel!

    Ich hatte in dem kapitel irgendwie das Gefühl, dass sich Luther immer alles so dreht, wie er es gerne haben will. Mal ist er auf der einen mal auf der anderen Seite. War irgendwie merkwürdig zu lesen. Nach euren Erläuterungen habe ich das nun auch verstanden, wie es gemeint war, beim Lesen allerdings sah ich eher so aus :evil: Den Sympathie-Preis gewinnt er bei mir aber sowieso nicht [-(

    Der Abschnitt über die Wetterkapriolen, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Bevölkerung zeitweise zur Verzweiflung trieben, hat mich geradezu in die Gegenwart zurückgeholt – und ich werde angesichts dieser Informationen einfach nicht mehr über den oft strapazierten Begriff des heutigen Klimawandels nachdenken wollen.

    Dito. Muss das für die bauern schwierig gewesen sein. Auch nicht im vorhinein zu wissen, wie das Wetter wird. Wobei ja auch einmal gesagt wird, dass die Felder unbestellt geblieben sind, aber ich glaube das lag wohl eher daran, dass der ganze Schnee noch drauf lag. Das Wetter damals erinnert mich an unser Momentanes 8-[

    Mir kommt vor, ich versteh die Zeit, um die es hier geht, ganz anders als früher. Eine Annäherung findet statt ...

    Also das was ich verstehe, verstehe ich dann ja... es ist nicht viel..... aber wie sagen wir: "Et kütt" :mrgreen:

    Ich glaube auch, dass wenn die Bauern erfolgreich/er gewesen wären, dass er sich mit seinen Worten wieder auf die andere Seite geschlagen hätte. zumindest würde das für mich zu seinem Wesen so passen.

    Wie das Fähnlein im Winde, genau den Eindruck hatte ich auch.

    immerhin hat er auch mit der Reichsacht dafür bezahlt, was bedeutete, dass er vogelfrei war.

    Jetzt muss ich doch nochmal fragen, was diese Reichsacht ist (trau mich das schon gar nicht mehr, hatte gehofft es würde nochmal erklärt :pale: )

    Ich trink für Euch alle,
    Euch zu Gefalle,
    Euch zum Brauch,
    für mein'n Bauch

    :totlach::totlach::totlach:


    immerhin bin ich wieedr auf dem aktuellen Stand. Hab irgendwie nur das Gefühl, dass ich nie viel beitragen kann. Aber dennoch genieße ich die Runde und endlich raucht mal wieder mein Hirn, war schon viel zu lange auf Sparflamme :totlach:
    Mittwoch dann Kapitel 8? Binich da jetzt richitg?

  • Heidewitzka nu ruacht mir aber der Schädel, knapp 60 Seiten Bruno heute mittag und dann noch 6 Seiten der Diskussion... Uffa :shock:

    jetzt hast Du einen Grund müde zu sein :P Denkarbeit ist anstrengend hihi

    aber das mal in Zahlen zu sehen ist dann schon was Anderes

    das macht es einfach so greifbar, sichtbar :thumleft:

    Ich hatte in dem kapitel irgendwie das Gefühl, dass sich Luther immer alles so dreht, wie er es gerne haben will. Mal ist er auf der einen mal auf der anderen Seite. War irgendwie merkwürdig zu lesen.

    Ja, so ging es mir ja auch, hab das gleiche Gefühl. Ich hab auch Silly gebraucht, die mir den Kopf ein wenig wieder grade gerückt hat :friends:

    Dito. Muss das für die bauern schwierig gewesen sein. Auch nicht im vorhinein zu wissen, wie das Wetter wird. Wobei ja auch einmal gesagt wird, dass die Felder unbestellt geblieben sind, aber ich glaube das lag wohl eher daran, dass der ganze Schnee noch drauf lag.

    Das ist auch heute noch schwierig und ich zumindest könnte das nicht aushalten - da rackert man das ganze Jahr und ein Hagel kurz vor der Ernte kann alles zunichte machen… nee, nix für meine Nerven 8-[

    Jetzt muss ich doch nochmal fragen, was diese Reichsacht ist

    Die Reichsacht bedeutet, dass derjenige keinerlei Schutz mehr genießt, niemand darf ihm helfen, er ist vogelfrei und kann einfach von jedem völlig risikolos und straffrei getötet werden. Deswegen konnte Luther ja auch jahrelang die Wartburg nicht verlassen und lebte dort unter dem Namen "Junker Jörg".

    und endlich raucht mal wieder mein Hirn, war schon viel zu lange auf Sparflamme :totlach:

    siehste, so kümmern wir uns um Dich :loool::loool:

    Mittwoch dann Kapitel 8? Binich da jetzt richitg?

    richtig, jetzt bist du wieder auf dem Laufenden :)