Martin Windrow- Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank/ The Owl, who liked sitting on Caesar

  • Dass Engländer zuweilen exzentrisch sein können, war mir schon vor diesem Buch klar. Aber wie exzentrisch genau- das weiß ich erst jetzt.


    In „Die Eule, die gern aus dem Wasserhahn trank“ (der schönere englische Titel lautet „The Owl who liked sitting on Caesar“) erzählt uns der Militärhistoriker Martin Windrow, wie er fünfzehn Jahre lang mit einem Waldkauz Leben und Wohnung geteilt hat. Es ist die Geschichte einer so ungewöhnlichen wie eigentlich unmöglichen Freundschaft. Und doch spürt man die besondere Beziehung, die zwischen einem Menschen und einem Wildtier –das aber in Gefangenschaft geboren und aufgezogen wurde.


    Dabei ergeben sich wunderbare Szenen, in denen man lauthals lacht- beispielsweise, wenn Mumble bei ihren ersten Flugversuchen unterschätzt, dass ein Marmortisch ziemlich glatt ist und die ein oder andere Bruchlandung hinlegt. Einige Szenen in denen man sich einfachnur wundert- warum nimmt man es auf sich, eine Eule aus Haus- und Wohnungsgefährtin zu haben, wenn man dadurch keinen richtigen Besuch mehr empfangen kann- es sei denn, dieser trägt Stahlhelme? Und man erfährt unheimlich viel über Eulen im Allgemeinen und Waldkäuze (denn Mumble ist ein Waldkauz) im Speziellen. Wussten Sie beispielsweise, dass das Skelett der Eulen (unter anderem, wie auch das von Hühnern, nebenbei bemerkt) als Inspiration für das gyroskopische Stabilisierungssystem modernder Panzer diente? Oder dass Eulen einzelne Partien ihrer Federn bewusst bewegen können?


    Dieser Band steckt einerseits voller liebe- und humorvoller Anekdoten über eine ungewöhnliche Freundschaft und gehtdoch weit über die momentan sehr weit verbreiteten „Mensch-Tier-Freundschaftsgeschichten“ hinaus, denn es steckt voller Wissen und Wussten-Sie-Schons.


    Ein Buch für Eulenliebhaber und solche, die es werden wollen und ein Buch zum Lesen, Schmunzeln und Wohlfühlen. Seit der Lektüre hat diese Eule namens Mumble einen festen Platz in meinem Leserherzen gefunden.

    Es gibt nichts Mächtigeres als eine gut erzählte Geschichte.

    -Tyrion Lannister in der Serie Game of Thrones


    :study: So many books. So little time. :study:

  • Verlagstext

    Mumble ist noch ein flauschiges Eulenküken, als Martin Windrow sie bei sich aufnimmt. 15 Jahre lang sollten die beiden unzertrennlich bleiben. Anrührend, charmant und mit unnachahmlich britischem Humor erzählt Windrow, wie die kleine Eule seinen Alltag auf den Kopf stellt. Er berichtet von Mumbles Leidenschaft, Schnürsenkel zu jagen, von ihren lausigen Landungen nach waghalsigen Flugmanövern und ihrem großen Bedürfnis nach Streicheleinheiten. Amüsiert lässt er die Reaktionen seiner irritierten Mitmenschen Revue passieren, die aber irgendwann akzeptieren: Windrow und Mumble sind Freunde geworden. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Beziehung – die uns en passant alles über die Biologie und Mythologie der Eulen lehrt.


    Der Autor

    Martin Windrow, geboren 1944, ist ein britischer Historiker, Autor und langjähriger Herausgeber bei Osprey Publishing, einem auf Militärgeschichte spezialisierten Verlag. Er ist Mitglied der Royal Historical Society. Windrow lebt in East Sussex.


    Inhalt

    Martin Windrow, der im Hauptberuf militärhistorische Bücher schrieb und verlegte, ermahnt seine Leser zuerst, unter keinen Umständen Wildtiere mit nach Hause zu nehmen. Er ist sich der Gefahr vollkommen bewusst, dass Leser seines Buches den Waldkauz Mumble so niedlich finden, dass sie Windrows Experiment nachahmen könnten. Die Idee des englischen Autors, im siebten Stock eines Londoner Appartementhauses einen Kauz zu halten, wirkt von dem Punkt an weniger exzentrisch, an dem man erfährt, dass Windrows Bruder erfahrener Falkner ist, der auf seinem großzügigen Farmgelände selbst einen Kauz hält. Wäre Martin Windrow gescheitert, hätte es in der Familie sicher noch einen Plan B für Mumble (engl. Murmler, Grummler) gegeben.


    Da Greifvögel auch in England streng geschützt sind, kauft Windrow seinen Jungkauz aus einer privaten Zucht. Meist sind diese Tiere Nachkommen verletzt aufgefundener Elterntiere, die aufgrund ihrer Verletzung in Freiheit nicht überleben würden. Mumble wird vom Kind des Züchters von Hand aufgezogen und verhält sich von Anfang an völlig zahm.


    Martin Windrows erste Versuche als Eulenvogelhalter haben durchaus komische Seiten. Er muss nicht nur eine möglichst unauffällige Voliere für seinen Balkon bauen, da er offiziell keine Tiere in der Wohnung halten darf, sondern auch die zuverlässige Versorgung mit Eintagsküken sicherstellen, da er in der Stadt kaum mal schnell eine Wühlmaus für sein ungewöhnliches Haustier fangen kann. Mensch und Kauz nähern sich einander an, was erheblich dadurch erleichtert wird, dass Windrow die Fachliteratur kennt und weiß, dass Käuze im Gegensatz zu anderen Eulenarten lebenslang monogam leben und ein ausgeprägtes Revierverhalten haben. Nachdem Mumble der Pubertät entwachsen ist, darf es also außer ihm und seinem Menschen im gemeinsamen Revier im 7. Stock keine anderen Bewohner geben. Ein Problem, das Eulenliebhaber aus Bernd Heinrichs "Ein Forscher und seine Eule" kennen.


    Die Beziehung zwischen Mumble und seinem Besitzer wird sich später noch einmal komplett verändern, als Windrow nach Sussex aufs Land zieht und Mumble von sich aus in seinem neuen Revier, einer Voliere im Garten, kleine Nagetiere und Vögel zu jagen beginnt, die von draußen in das Gehege gelangen. Dabei schreckt er selbst vor ausgewachsenen Tauben nicht zurück. Die sorgfältige Beobachtung von Mumbles Interessen durch seinen Halter, das Vergnügen des Käuzchens an Schränken, Kartons, verborgenen Winkeln und der Cäsar-Büste aus dem Originaltitel zaubert so manches Lächeln ins Gesicht des Lesers. Die ungewöhnliche Partnerschaft endet tragisch, vermutlich durch einen Eingriff Außenstehender aus fehlgeleiteter Tierliebe.


    Der Autor zeigt seinen kleinen Mitbewohner niemals als „niedlich“ oder vermenschlicht ihn, sondern referiert, getrieben von wissenschaftlicher Neugier, in den Sachkapiteln des Buches Hintergrundwissen zu Eulenvögeln, die Bedrohung ihrer natürlichen Lebensräume, ihre Fähigkeiten und Eigenarten. Ausgiebig reflektiert er, was ein Greifvogel in Gefangenschaft vermissen und als was Mumble seinen Menschen wohl betrachten könnte.


    Fazit

    Für einen Autor, der sich inhaltlich gewöhnlich mit der Französischen Fremdenlegion und den Uniformen vergangener Kriege befasst, finde ich Windrows Buch stilistisch und durch seine moralische Reflexion der Tierhaltung in Gefangenschaft äußerst gelungen. Es tendiert stärker zum Sachbuch als zu heiterer Unterhaltungsliteratur.


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