Volker Weidermann- Dichter treffen

  • Der Untertitel dieses Buches lautet „Begegnungen mit Autoren“ und genau das ist es auch, was dies Buch auf den Punkt bringt- mehr müsste man dazu eigentlich gar nicht sagen. Aber da ich weiß, dass Sie auf dieses Buch neugierig sind, und weil ich das Buch so wunderbar fand, muss ich Ihnen doch ein bisschen was dazu erzählen.


    Volker Weidermann ist vielen von uns sicherlich mit seinem Buch „Ostende. 1936, Sommer der Freundschaft“ über die Freundschaft zwischen Joseph Roth und Stefan Zweig ein Begriff. Das nun erschienene Buch zeigt Volker Weidermann nicht nur als Schreibenden sonder auch –oder sogar vor allem- als Lesenden. Denn durch seine Tätigkeit als Kulturjournalist und Literaturkritiker u.a. für die taz und die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Volker Weidermann in über fünfzehn Jahren viele Autoren kennen gelernt und porträtiert- nur diejenigen allerdings, deren Werke ihm wirklich gefallen. Und so sind in diesem Buch auf etwas über 300 Seiten über 50 Porträts von Literaturschaffenden der moderneren Literatur versammelt. Dabei reicht die Spannweit von Simmel bis Reich-Ranicki, von Umberto Eco bis Karl Ove Knausgard.


    Jedes dieser Porträts ist ein kleines Juwel. Denn Weidermann nähert sich den Autoren auf eine sehr persönliche Art und Weise- persönlich von seiner Seite aus, weil er sie in erster Linie als Leser trifft, den die Werke der Autoren berührt, begeistert und bewegt haben-so wie die Werke von Sigfried Lenz. Aber auch persönlich für die Autoren. Denn Weidermann trifft die Autoren nicht in irgendeiner nichtssagenden Lobby eines Hotels, sondern er trifft die Autoren an Orten, die diesen etwas bedeuten- sei es beim Vogel beobachten mit Jonathan Franz (dabei lernt Weidermann selbst noch etwas über Ornithologie) oder bei Karl Ove Knausgard im Garten.


    Herausgekommen sind einerseits Momentaufnahmen, die den Autor in eben diesem Moment festhalten- gekonnt in einfühlsame Worte eingefasst von Weidermann. Aber auch in diese Momentaufnahmen eingeflochten ganze Biographien und Schicksale und auch immer wieder literarisch versierte Werkbetrachtungen, bei denen man merkt: Weidermann ist einer, der Literatur liebt und atmet, der an die Kraft der Literatur und ihrer Schöpfer glaubt.


    Besonders bewegend waren für mich die Nachrufe, die Weidermann feinfühlig und mit großem Respekt zu verfassen weiß. Hier zeigt sich auch wie gut Weidermann selbst schreiben kann- mit einem klaren Auge für Details, und für Zusammenhänge.


    Dieses Buch ist wie ein Museum der Literatur, man als defiliert an so vielen bekannten und (wie ich für mich auch zugeben muss) unbekannten Autoren und erhascht einen kurzen Augenblick literarischer Größe. Mir ging es beim Lesen so, dass ich oft nur zwei oder drei dieser Begegnungen erlesen, ja, ertragen konnte, um mir dann eine Pause zu gönnen, um das Erlesene zu verarbeiten- es sind intensive Porträts,fast hat man das Gefühl, selbst mit Umberto Eco zwischen den erdrückenden Bücherwänden seiner Wohnung zu sitzen oder auch mit Sten Nadolny am Ufer des Chiemsees zu sitzen.


    Wo ich gerade so mit Namen um mich werfe, hier noch ein paar weitere, damit sie wissen, auf wen sie in diesem Buch treffen werden: Karen Duve, Eva-Maria Hagen, Daniel Kehlmann, Eva Menasse, Katja Petrowskaja, Neal Stephenson und viele, viele weitere.


    Dieses Buch lässt einen die Kraft der Literatur spüren und die Kraft und die Macht derer, die dahinter stecken, die sich Tag für Tag hinsetzen und schreiben- wobei Schreiben manchmal auch kein Kampf sein kann, wie wir in diesem Buch lernen. Ein Buch, das mitnimmt und das man gerne immer wieder mitnimmt, um sich in die Köpfe der Autoren –zumindest ein bisschen- hinein zu lesen.

    Es gibt nichts Mächtigeres als eine gut erzählte Geschichte.

    -Tyrion Lannister in der Serie Game of Thrones


    :study: So many books. So little time. :study: