Tom Holland - Dynastie / Dynasty

  • Mit „Dynastie“ habe ich die Freude, ein Sachbuch, fünf Biographien, eine Familiengeschichte und einen ganzen Haufen von Morden und Intrigen präsentieren zu dürfen.


    Tom Holland setzt in diesem Buch fort, was er mit „Rubikon“ begonnen hat. Hat er sich in diesem ersten Werk noch mit der Geschichte Roms von seinen etruskischen Anfängen bis zur Ermordung Caesars auseinandergesetzt, so führt er uns jetzt in das Rom der frühen Kaiserzeit. Er berichtet von der Machtergreifung des Augustus und erzählt die Geschichte der julisch-claudischen Dynastie anhand ihrer fünf Herrscher- dem schon erwähnten Augustus, dann Tiberius, Caligula, Claudius und Nero- mit ihm stirbt der letzte Angehörige der Dynastie (dem Kaiserhaus anzugehören war im wahrsten Sinne des Wortes tödlich). Und damit porträtiert er die römischen Kaiser, so wie man sie vor Augen hat, wenn man an die Cäsaren denkt. Das umfasst all die Auseinandersetzungen mit dem Senat, all die Pracht und den Pomp, aber auch die Grausamkeit und die Macht, die unsere Vorstellung des vergangenen Roms prägen und beflügeln. Seien es die Triumphzüge, die Spiele in der Arena, die Wagenrennen (ein besonderes Hobby von Nero, neben dem Lyraspiel) oder aber auch die rücksichtslose Beseitigung von Konkurrenten um die Gunst des Volkes oder einer Frau, als Anwärter auf die Nachfolge oder auch als schlichte politische Gegner.


    Neben den Biographien der fünf Kaiser schreibt Holland hier auch ein Porträtder Stadt Rom und ihrer Bevölkerung. Das gelingt ihm so packend und anschaulich, dass man beimLesen das Gefühl hat, selbst Teil der brodelnden Massen zu sein- wenn auch teilweise ein sehr befremdeter Teil, denn das Moralverständnis der Römer war mehr als nur doppelbödig.


    Wie gelingt es Tom Holland, diese zeitlich so ferne Welt für den heutigen Leser so greifbar zu machen? Zum einen natürlich durch sein fundiertes Fachwissen- er hat schließlich in Oxford Geschichte studiert. Aber auch durch seine wirklich packende Sprache. Große Passagen lesen sich wie ein Roman und es gelingt ihm immer wieder, auch sehr komplexe Zusammenhänge klar und verständlich darzustellen. Und er schafft es, viele antike Begriffe in eine moderne Sprache zu transkribieren, ohne dies lächerlich wirken zu lassen. So wird Maecenas zu einem „Trendsetter“, Julius Caesar zeichnet sich durch „coole Gelassenheit“ aus und natürlich durch seinen „üppig-dandyhaften Lebensstil“. Aber gerade diese Begriffe machen die so ferne Zeit für uns heute begreifbar und nachvollziehbar. Holland schafft es in seiner erzählenden Darstellung und der modernen Sprache einen perfekten Weg zwischen Skylla und Charybdis- zwischen passiver Gutgläubigkeit all der Geschichten und Legenden, die über diese Zeit im Umlauf sind und einem allzu muskelbepackten Skeptizismus, der sich auf den historischen Fakten gründet.


    Das Buch stellt jede Geschichtsstunde, die ich zum Thema römische Antike erleben durfte in den Schatten und liest sich spannend wie ein Krimi- auch wenn man die Mörder und den Ausgang oft schon kennt- aus besagtem Geschichtsunterricht. Ein Buch, das man nicht müde wird zu lesen und das man auch noch ein zweites Mal zur Hand nehmen kann, so voller Inhalt und Wissen steckt es. Und, bei allem Genießen der realitätsnahen und lebendigen Darstellung, ein Buch, dass mir mal wieder gezeigt hat, wie froh ich bin, heute und hier zu leben.

    Es gibt nichts Mächtigeres als eine gut erzählte Geschichte.

    -Tyrion Lannister in der Serie Game of Thrones


    :study: So many books. So little time. :study: