Georges Simenon - Simenon auf der Couch / Simenon sur le gril

  • Autor: Georges Simenon
    Titel: Simenon auf der Couch. Fünf Ärzte verhören den Autor sieben Stunden lang
    Originaltitel: Simenon sur le gril, erschien erstmals 1968
    Seiten: 144
    Verlag: Diogenes
    ISBN:9783257216585


    Der Autor: (der Verlagsseite entnommen)
    Georges Simenon, geboren 1903 in Liège/Belgien, begann nach abgebrochener Buchhändlerlehre als Lokalreporter. Nach einer Zeit in Paris als Privatsekretär eines Marquis wohnte er auf seinem Boot, mit dem er bis nach Lappland fuhr, Reiseberichte und erste ›Maigret‹-Romane verfassend. Schaffenswut und viele Ortswechsel bestimmten 30 Jahre lang sein Leben, bis er sich am Genfersee niederließ, wo er nach 75 ›Maigret‹-und über 120 ›Non-Maigret‹-Romanen, statt Romane zu schreiben, ausgreifende autobiographische Arbeiten diktierte. Er starb am 4. September 1989 in Lausanne.


    Inhalt und Meinung:
    Fünf Ärzte verhören den Autor sieben Stunden lang, so lautet der Untertitel dieses Buchs. Bei einem Interview, oder gar Verhör, habe ich investigative Fragen, kritische Hinweise oder gar aufschlussreiche Kommentare erwartet. Zudem hatte ich erwartet, dass die fünf Psychiater mehr Rückfragen zu den psychologischen Romanen und deren Entstehungsgeschichte haben, und vielleicht auch ein wenig von ihrem Fachwissen einbringen. Tatsächlich blieb es bei höflichem, ehrfurchtsvollem Geplauder, eine anregende Diskussion blieb aus und die Antworten wurden zum Grossteil bereits vorformuliert. Und diese belanglosen, stichwortgebenden Fragen hätte nun auch wirklich jeder Freiwillige einer Schülerzeitung stellen können.
    Was blieb mir von der Lektüre in Erinnerung? Simenons Roman „Die Glocken von Bicêtre“ huldigten die fünf Psychologen am meisten. Dieser zugegebenermassen sehr gute Roman sei exemplarisch für eine gelungene, psychologische Erzählung und während des Gesprächs kamen sie immer wieder mit Beispielen daraus zurück. Simenons häufig wechselnde Wohnsitze, sowie sein Verhältnis zu seiner Familie finden ebenfalls immer mal wieder Erwähnung. Und irgendwann lässt sich Simenon zu der Vision hinreissen, dass eines Tages nicht Juristen über ein Verbrechen richten, sondern Psychologen eine Tat analysieren und bewerten. Wenig überraschend, wenn man Simenons Bücher kennt, in denen meist Normalbürger durch ihr Milieu in eine Krisensituation geraten und deshalb schicksalshaft handeln –und deren schuldhaftes Verhalten man als Leser leicht nachvollziehen kann.
    Ansonsten enthält das Buch ein paar Seiten mit Schwarzweiss-Fotos, sowie ein Anhang mit Simenons Lebenslauf. Okay, wenn man Basisinformationen zu Georges Simenon und sein Leben möchte, aber ein Verhör mit tiefergehenden Aussagen und Erkenntnisse, die über einen gewöhnlichen Zeitschriftenbeitrag über Simenon hinausgehen, sucht man hier vergebens. Daher war ich aufgrund der Erwartung, die der Untertitel weckt, enttäuscht und sofern man bereits mehrere autobiographische Texte von Simenon gelesen hat, dann kann man diesen Beitrag ignorieren.