Friedrich Christian Delius - Wir Unternehmer

  • Autor: Christian Friedrich Delius
    Titel: Wir Unternehmer, erschien erstmals 1966
    ISBN: 9783923306114


    Der Autor: (von der Autoren-Homepage)
    Friedrich Christian Delius, geboren im Februar 1943 in Rom, aufgewachsen in Wehrda, Kreis Hünfeld, und Korbach in Hessen. Seit 1963 in Berlin, Studium an der Freien und Technischen Universität (Dr. phil. 1970). 1970 bis 1978 Lektor für Literatur in den Verlagen Klaus Wagenbach und Rotbuch. Prozesse, welche die Siemens AG (1972-76) und Helmut Horten (1979-82) gegen ihn führten, erfolgreich überstanden. Seit 1978 freier Schriftsteller, von 1978-80 in Beek bei Nijmegen/NL, von 1980-84 in Bielefeld. Seitdem lebt er wieder in Berlin (von 2001 bis 2013 in Rom und Berlin). Georg-Büchner-Preis 2011. Übersetzungen seiner Bücher in 18 Sprachen. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin.


    Inhalt: (Klappentext)
    Am 8. und 9. Juli 1965 fand in Düsseldorf ein Wirtschaftstag der CDU/CSU statt. Bekannt wurde er allenfalls dank Bundeskanzler Erhard, welcher dort seine mittlerweile geflügelten Worte über Banausen, Nichtskönner und Pinscher in die Welt setzt. Wie gut der Boden vorbereitet war, auf dem diese und weit zügellosere, nur wenige bündig formulierte Bemerkungen wachsen konnten, zeigen die stattlichen Protokolle der Tagung, rund 450 Seiten im DIN-A4-Format, herausgegeben vom Wirtschaftsrat der CDU. Die Protokolle geben zwei Plenarsitzungen, sechs Arbeitskreise und einen Herrenabend wieder.
    Aus der Absicht, das Klima solch einer Tagung bekannter zu machen, entstand diese Sammlung exemplarischer Sätze, sämtlich im Wortlaut der offiziellen Protokolle. Einzelne Stellen wurden kommentiert; diese Kommentare sind kursiv gesetzt.


    Meinung:
    Über Arbeitgeber, Pinscher und das Volksganze - Eine Dokumentarpolemik unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Karl-Heinz Stanzick
    So lautet der Untertitel, und spätestens jetzt wird klar: das Buch ist kein "Pageturner". Eine ordentliche Grundmotivation muss man als Leser schon mitbringen, um sich durch die Protokolle eines CDU-Wirtschaftstages aus dem Jahr 1965 zu arbeiten. Dennoch lohnt sich die Mühe!
    Auch wenn es vielleicht "gefundenes Fressen" für CDU-Gegner ist, ich denke, so oder so ähnlich geht es auch in manch anderen Parteien, Vereinen, Organisationen und wohl auch heute noch zu. Selbstbeweihräucherung, zotige Sprüche, verächtliche Abgrenzung zu politischen Gegnern, peinliche Vergleiche, ideenlose Floskeln, Vorurteile, Phrasendrescherei, realitätsferne Behauptungen,... Alles dabei.
    F.C. Delius hat hier tatsächlich bis auf ein paar erklärende Passagen, nichts ergänzt. Er hat lediglich Passagen aus dem Tagungsprotokoll herausgesucht, die besonders belustigen und erschrecken. Die Manager und Wirtschaftsbosse erscheinen weltfremd, klopfen sich gegenseitig auf die Schultern, brüsten sich mit dem erreichten Wirtschaftsaufschwung - wenn man aber deren Aussagen und Floskeln genauer betrachtet, könnte man sich fremd schämen.
    Diese polemische Dokumentarliteratur ist meiner Ansicht auch jetzt, 50 Jahre danach, noch aktuell und hat nicht nur aufgrund seines ungewöhnlichen Formats einen gewissen Reiz. Es ist eine beispiellose Kritik, die der Blindheit von Unternehmern, sowie einer gewissen kapitalistischen Praxis clever den Spiegel vorhält, indem sie den üblichen Lobreden die Fakten entgegen hält.