Ich muss mich erst mal bei euch entschuldigen. Ich war gestern auf einer Beerdigung gewesen und die hat mich dann doch ein wenig mehr mitgenommen, wie ich gedacht hatte. Ich war völlig konfus gestern und total konzentrationslos. Schlechte Voraussetzungen um einen halbwegs nachvollziehbaren und sinnvollen Beitrag zu schreiben. Heute geht es besser und ich versuche meine Eindrücke wiederzugeben.
Kapitel 2 - Surbiton
Mir geht es wie @taliesin, es ist wirklich ein schwieriges Kapitel. Ich fand es recht schmerzvoll zu lesen, wie schwer sich Burnside damit tat den für ihn passenderen Eingangssatz zu finden. Am liebsten hätte ich ihm zugerufen, dass er doch nicht so streng zu sich sein sollte. Das es den perfekten Satz niemals geben kann. Ich mag mal so schreiben, es ist irgendwie typisch für Burnside, dass er komplett hinter dem stehen möchte was er sagt. Nur jemand wie er spürt die Fallstricke (wie es schon @taliesin schrieb), die hinter den Aussagen stehen.
Schon der sattsam bekannte Satz:
"Hi, my name is John and I am an alcoholic" beinhaltet für ihn die ersten Fallstricke. Wie er diesen ersten Satz dann verändert, ausbaut und letztlich zu diesem
Ergebnis kommt, ist schonn beinahe humorvoll geschrieben und hat auch wieder diese scheinbare, leicht ironische Distanz die @bittersweetlight schon erwähnt hat.
Da bin ich auch wieder bei dir, es ist "beinahe" humorvoll. Wenn man sich klar macht woher diese leicht ironische Distanz eigentlich kommt, ist das sehr traurig. Also mich macht es traurig zu sehen, wie schwierig es für Burnside ist.
Die Szene, in der ein Teilnehmer ihn anspricht und die in ihm eine Erinnerung an seine Zeit als fünfzehnjähriger Junge weckt, ist auch noch auf diese leicht flapsige Art beschrieben, birgt aber schon Hinweise auf seinen Gefühlszustand zu dieser Zeit.
Dieser flapsige Tonfall lullt einem beim lesen erst ganz schön ein und dann kommt es wie ein Hammerschlag von oben, wo man merkt, dass da aber so gar nichts gut ist. Das es ihm gar nicht gut geht. (Ich könnte da übrigens endlos zitieren, lasse es aber mal lieber .)
Und dann dieser großartige Teil mit der Ärztin.
Aber dann ändert sich die Stimmung sehr deutlich. Burnside zerstört mit ein paar Sätzen die ganze vorher leichte Stimmung. Jetzt kommt die andere, die dunkle Seite zum Vorschein.
Das war ja eine Beschreibung gewesen. War es vorher -wie du sagst- noch eine leichte Stimmung, ist das aber sowas von umgekippt. Immerhin schenkt ihm diese Erinnerung seinen "perfekten" Eingangssatz. Er geht weiterhin zu seinen Treffen und wünscht sich nichts sehnlicheres als Normal zu sein.
Und jetzt führt es zu Sorbiton.
Zitat von Seite 28Ich zog in die Vorstadt, weil ich bewusst leben, mich nur mit den wesentlichen Dingen des Lebens auseinandersetzen und zusehen wollte, ob ich das nicht zu lernen vermochte, was es mich lehren konnte, um nicht auf dem Sterbebett einsehen zu müssen, dass ich nicht gelebt hatte.
Ich musste das jetzt einfach zitieren.
So, ich versuche dann den Rest des Kapitels zu kommentieren ohne allzuviel Zitate einzuflechten, obwohl mir das schwerfällt. So wie der Mann schreibt, lockt mich das immer diese teils wunderbaren, teils erschreckenden Passagen zu zitieren.
Wem sagst du das. Es ist wirkich sehr schwer, nicht ständig zu zitieren.
Dann kommt die Passage, die ich gestern schon erwähnt habe. So wie Burnside diesen psychotischen Schub und seine Auswirkungen beschreibt lief mir eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Der Trick diesen Zustand dem Leser so zu vermitteln, dass er zumindest in etwa nachvollziehen kann liegt für Burnside wohl auch darin, diese Person die er einmal war, einfach in der dritten Person zu beschreiben. Aus dem alten `Ich` wird ein `Er` und somit schafft er eine gewisse Distanz aus der er schreiben kann ohne sich selbst wieder zu verlieren.
Dem lässt sich nichts mehr hinzufügen. Das hast du einfach wunderbar formuliert!
Was für ein Albtraum! Als ich über den Schutzzauber las (die Methode mit den Flaschen und Federn) konnte ich mir sofort vorstellen in welcher Not er war, welche Angstzustände er aushalten musste.
Das war mit einer der eindringlichsten Szenen die ich gelesen habe. Burnside muss unglaubliches an Ängsten ausgehalten haben. Was mich auch sehr beeindruckt hatte, dass es noch gute Freunde gab die ihm geholfen haben. Nicht auszudenken wohin er abgerutscht wäre, wenn es da nicht helfende Hände gegeben hätte, die sich ihm immer wieder entgegenstreckten. Und die für ihn wirklich nur Gutes wollten und ihm Gutes gewünscht haben.
Die letzte Passage muss ich dann zitieren, weil da endlich wieder ein kleines Licht der Hoffnung aufflackert.
Diese Passage hätte ich auch zitiert.
Ich werde das nächste Kapitel "Eine Bar auf der Merrow Down" heute lesen und morgen meine Eindrücke dazu schreiben. Es scheint lt. Inhaltsangabe ein kürzeres Kapitel zu sein, aber das will ja nicht viel bei Burnside heißen.