Rosemarie Bus - Eisige Engel

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Nur der Engel war Zeuge
    Die Silvesterparty am Münchner Isarufer findet ein jähes Ende, als zu Füßen des Friedensengels ein Toter gefunden wird. Der Chefarzt einer exklusiven Kinderwunschklinik im idyllischen Bayrischzell wurde erwürgt. Die Ermittlungen von Kommissarin Josefa Lautenschlager, der Journalistin Stella Felix und deren pfiffiger Mutter führen in die ganz eigene Welt der Reproduktionsmedizin. Beherzt nehmen sie die Jagd nach dem Täter unter enttäuschten Eltern, ehrgeizigen Ärzten und dubiosen Geschäftemachern auf.


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)
    Rosemarie Bus, geboren in der Pfalz, hat als Journalistin bei diversen Zeitschriften gearbeitet. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin am Schliersee in Oberbayern.


    Allgemeines
    Erschienen in der dtv Verlagsgesellschaft am 14.10.2016 als TB mit 320 Seiten
    Gliederung: Prolog – Zwei Hauptteile mit 15 und 35 Kapiteln
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungsort und -zeit: Oberbayern, größtenteils Bayrischzell, ein Winter in der Gegenwart


    Zum Inhalt
    Die nicht allzu vielbeschäftigte Journalistin Stella Felix nimmt an einer Silvesterfeier am Münchner Friedensengel teil, als dort ein Toter aufgefunden wird. Zu ihrer Verwunderung handelt es sich bei dem Ermordeten, der erst mit Chloroform betäubt und dann erdrosselt worden ist, um Professor Dr. Jakob Cäsar, einen über Oberbayern hinaus bekannten und renommierten Reproduktionsmediziner, Betreiber einer erfolgreichen Kinderwunschklinik in Bayrischzell. Stella hat ihn erst wenige Monate zuvor aufgesucht, um ihn zu interviewen und sie hatte auch eine flüchtige Affäre mit ihm.
    Stella und ihre Mutter Irma, die fast jeden in der Region Schliersee kennt, beschließen der zuständigen Kommissarin Joe (Josefa) Lautenbacher bei den Ermittlungen zu helfen, zumal Joes Kollege Volker nicht sehr nützlich für die Ermittlungen ist. Er kehrt gern den Chef hervor und ist sehr von sich eingenommen, es fehlt ihm jedoch – speziell Frauen gegenüber – an Einfühlungsvermögen und Taktgefühl. Fingerspitzengefühl ist jedoch bei einem so sensiblen Thema wie der Kinderwunschmedizin gefragt und die Patienten des Ermordeten haben ein Anrecht auf Diskretion.
    Schon bald ergibt sich der Verdacht, dass der Professor sich in seiner Praxistätigkeit über die Grenzen des in Deutschland legalen Vorgehens hinweggesetzt haben könnte. Als ein weiteres Mitglied des Praxisteams ermordet wird, scheint es offensichtlich, dass in dieser Praxis nicht alles mit recht(mäßig)en Dingen zugegangen ist…


    Beurteilung
    Welchen Grund könnte es geben, einen erfolgreichen Kinderwunschspezialisten, der vielen Familien zum ersehnten Nachwuchs verholfen hat, zu ermorden? Dieser Frage müssen sich Kommissarin Joe Lautenbacher und ihre Kollegen, unterstützt von der Journalistin Stella und deren patenter Mutter Irma, stellen. Dazu müssen sie sich tief in die Materie der modernen Reproduktionsmedizin einarbeiten. Diese umfasst von älteren Methoden wie der homogenen und donogenen Insemination über die in vitro-Fertilisation und ICSI bis zu Eizellenspenden und Leihmutterschaften verschiedene Vorgehensweisen, von denen nur einige in Deutschland legal sind.
    Aufgrund der strikten Diskretion und der gut verschlüsselten Patientenakten, deren Decodierung schon fortgeschrittene kryptologische Kenntnisse erfordert, gestaltet es sich schwierig, den Patientenkreis des verstorbenen Mediziners zu eruieren.
    Der Leser folgt den Schritten der Ermittler, dabei werden ihm viele ethische Fragen im Zusammenhang mit der Fortpflanzung bewusstgemacht: das Recht der Kinder auf Kenntnis ihrer biologischen Eltern, das Recht auf die Elternschaft bei „mehreren“ Eltern (biologische Eltern – Samen- oder Eizellspender, Tragemütter bei Leihmutterschaft, soziale Eltern. Kann man möglichst „ideale“ Kinder quasi in Auftrag geben? Welche Sicherheit haben Kinderwunschpaare, dass sie den „passenden“, bestmöglichen Samen für die Insemination erhalten etc. Ein komplexes und hochinteressantes Thema!
    Der Roman ist im zeitlichen Verlauf dreigeteilt: Der Prolog schildert die Auffindung der Leiche des Mediziners in München, der erste Hauptteil gibt einen Rückblick auf den Sommer zuvor, als Stella Dr. Cäsar kennenlernt und damit auch der Leser über die Techniken der Reproduktionsmedizin informiert wird, der zweite Hauptteil schildert schließlich die gut konstruierten Ermittlungsschritte zur Aufklärung des Verbrechens.
    Der Krimi ist nicht so sehr auf atemberaubende Spannung als vielmehr auf das Thema der Fortpflanzungsmedizin und der damit verbundenen ethischen Fragestellungen ausgerichtet.
    Der Erzählstil ist anschaulich und flüssig, oft auch durch einen gewissen Humor geprägt, der jedoch nie zum Klamauk gerät, wie man es von manchen Regionalkrimis kennt.
    Auch wenn die verschiedenen Möglichkeiten der Kinderwunschbehandlung im Text erläutert werden, wäre es für Leser, die sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt haben, hilfreich gewesen, dem Roman ein Glossar mit einer kurzen Übersicht über die diversen Vorgehensweisen hinzuzufügen.


    Fazit
    Intelligente Krimi-Unterhaltung abseits der ausgetretenen Pfade, empfehlenswert!
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    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998