Klappentext:
Kate Battista ist frustriert. Wie kommt es eigentlich, dass sie ihrem exzentrischen Vater brav den Haushalt führt und sich um ihre jüngere Schwester Bunny kümmert, die nur Flausen im Kopf hat? Auch in ihrem Kindergartenjob gibt es immer nur Ärger. Professor Battista hat andere Sorgen. Seit Jahrzehnten widmet er sich beharrlich seiner Forschungsarbeit, nun steht er kurz vor dem Durchbruch. Wenn, ja wenn sein brillanter Assistent Pjotr nicht des Landes verwiesen wird. Die Aufenthaltsgenehmigung des Weißrussen läuft bald ab. Als Professor Battista einen Plan ausheckt, um Pjotr in Amerika zu halten, verlässt er sich wie immer auf seine ältere Tochter. Doch Kate sieht rot – und Pjotrs tollpatschiges Werben um ihre Gunst macht die Sache erst einmal auch nicht besser. (von der Knaus-Verlagsseite kopiert)
Zur Autorin:
Anne Tyler, Jahrgang 1941, hat zahlreiche Bestseller geschrieben, von denen mehrere verfilmt wurden. Ihr zuletzt erschienener Roman "Der leuchtend blaue Faden" war für den Baileys Women’s Prize for Fiction sowie den Man Booker Prize 2015 nominiert. (von der Knaus-Verlagsseite kopiert)
Allgemeine Informationen:
Originaltitel: Vinegar Girl
Erstmals erschienen 2016 bei Penguin Random House Group, London
Aus dem Englischen übersetzt von Sabine Schwenk
Dieser Roman ist Teil der Reihe „Hogarth. Shakespeare bei Knaus“
Bis auf den Epilog aus der personalen Perspektive von Kate Battista erzählt
12 Kapitel + Epilog
219 Seiten
Voraussetzungen:
Zum 400. Todestag William Shakespeares startet ein Zyklus von acht Romanen von acht Autoren, die ihre persönlichen Lieblingsdramen des Dichters als Vorlage für eigene Romane adaptiert haben.
Der Knaus Verlag ist damit der deutsche Partner eines Projektes, das initiiert wurde von der Hogarth Press − gegründet vor fast hundert Jahren von Virginia Woolf und ihrem Mann Leonard − an dem sich über zwanzig Länder beteiligen. (Hier kopiert)
Die Frage, warum das wegen seiner Frauenverachtung bereits zu Shakespeares Zeit umstrittene Stück "Der Widerspenstigen Zähmung" immer noch so beliebt ist ("Kiss me Kate"; "10 Dinge, die ich an Dir hasse"), beschäftigt Anne Tyler schon lange: „Katharinas Verwandlung von einer selbstbewussten jungen Frau in eine lammfromme Ehegattin muss doch einen tieferen Grund haben. Den wollte ich herausfinden und die Geschichte neu erzählen.“ (Knaus Verlagsseite)
Persönliche Meinung:
Anne Tyler balanciert mit ihrem neuen Roman auf einem äußerst schmalen Grat zwischen Chic-Lit, Slap Stick und Shakespeare. Doch sie stürzt nicht ab, und hat wieder einen für sie typischen Familienroman aus Baltimore geschrieben mit überbordenden und noch mehr komödiantischen Szenen als in ihren anderen Büchern: Shakespeares Original grüßt.
Frauen wie Kate kennt man von Tyler: Selbstständig und dennoch abhängig; intelligent und trotzdem im Studium gescheitert; eine, die weiß, was sie nicht will, und gleichzeitig nicht weiß, was sie will.
Sie ist vor allem mit ihrem Vater geplagt, einem Mann der medizinischen Forschung, einer so übertriebenen Karikatur eines Wissenschaftlers, dass man zu der Vermutung kommt: Der muss echt sein. Mit dem Kopf in seinem Labor oder in Fachzeitschriften, während er glaubt, durch ein privates Regelsystem familiäre Katastrophen abwenden zu können.
Kates zweites Problem heißt Bunny, die 15-jährige Schwester, die Vaters Regeln ebenso erfolgreich durchbricht wie Kates Grenzen.
Auch mit ihrer Arbeit in einer Kita hadert Kate: Sie geht mit den Kindern und erst recht mit den Eltern nicht nach den Richtlinien der Leitung um, sondern nach ihrem gesunden Menschenverstand und redet frei heraus. Pädagogische Grundsätze sind für Kate zweitrangig.
Der Vater sucht eine Frau für seinen russischen Forschungspartner Pjotr, damit er nach der Heirat mit einer Amerikanerin im Land bleiben kann, wenn sein Visum abläuft. Er rechnet fest damit, hierfür seine Tochter zu gewinnen.
Kates Entwicklung von der Verweigerung zum Einverständnis schildert Tyler so verhalten, dass man als Leser am Ende nicht weiß: Wo genau wendet sich das Blatt? - keine lauten Töne, keine emotional heftigen Beschreibungen und kein Sezieren.
Der Schluss ist Shakespeare geschuldet. Tylers Bücher enden meist anders. Trotzdem: Ein wunderbarer herzerwärmender Schluss, eher einem Märchen als einer realen Geschichte würdig.