Yasmina Reza - Der Gott des Gemetzels / Le dieu du carnage

  • Autor: Yasmina Reza
    Titel: "Der Gott des Gemetzels", aus dem Französischen übersetzt von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
    Originaltitel: "Le dieu du carnage", das Schauspiel wurde am 02. Dez 2006 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt.
    Seiten: 96
    ISBN: 9783905707151
    Verlag: Libelle


    Die Autorin: (Klappentext)
    Yasmina Reza, geboren 1959 in Paris, Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin, ist die meistgespielte Theaterautorin unserer Zeit. Nach dem Prix Molière für ihr erstes Bühnenstück ("Gespräche nach einer Beerdigung", 1987) erhielt sie zahlreiche internationale Auszeichnungen. Neben "KUNST" wurde "Der Gott des Gemetzels" zum weltweiten Erfolg, auch verfilmt von Roman Polanski.


    Inhalt: (Klappentext)
    Zwei Elfjährige prügeln sich in einem Park, der eine verliert dabei zwei Schneidezähne. Unter aufgeklärten Erwachsenen spricht man einen solchen Vorfall gemeinsam durch und einigt sich. Und so beginnt ein friedfertiger Austausch zweier Elternpaare, über Zivilisation und Gewalt, Erziehung und die Grenzen von Verantwortlichkeit, auch über Kunst und Politik. Daraus wird aber ein Elternabend mit furiosem Verlauf, in dem die dünne Haut bürgerlicher Kultiviertheit erst sichtbar wird und dann auch auf erhellende Weise platzt. Vier Erwachsene geraten aus der Fassung. Auf dem Schlachtfeld dieser Komödie versinkt dann nicht nur ein Handy in der Tulpenvase...


    Meinung:
    Ich kannte bereits die Verfilmung von Roman Polanski (mit Jodie Foster, Christoph Waltz, Kate Winslet und John C. Reilly) aus dem Jahr 2011, was sicherlich die Spannung und den Witz aus der Lektüre nimmt, wenn man den Verlauf bereits kennt.
    Generell mag ich Geschichten mit einer gewissen Enge: ein Raum, vier Personen und die Handlung verläuft ohne Sprünge in Echtzeit. Ein typischer Einakter eben. Allerdings fand ich teilweise die Reaktionen der Personen ziemlich gekünstelt und ab einem gewissen Zeitpunkt für mich nicht so recht nachvollziehbar. Die Paare zanken sich nicht nur gegenseitig, sondern auch untereinander. So wechseln ständig die "Grabenkämpfe", was ich etwas merkwürdig fand. Wieso sollte man nach einem Streit, wo die Gäste bereits zur Tür hinaus sind, wegen eines angebotenen Kaffees zur Versöhnung nochmals umkehren? Wieso würde man nach zwei, drei Schnäpsen den eigenen Partner brüskieren? (Das mag ja leider vorkommen, passte allerdings nicht zum bürgerlichen Auftreten der Personen)
    Zusammenfassend ist das Theaterstück recht unterhaltsam und kurzweilig, und ich würde es mir gerne mal live auf der Bühne anschauen, aber generell verstehe ich den Erfolg nicht so recht; unter meinen Lieblingswerken wird es nicht rangieren.

  • den Film habe ich ebenfalls gesehen und er hat mir eigentlich ganz gut gefallen.
    Ist es hier ausnahmsweise mal so, dass der Film besser ist als das Buch, oder hattest du am Film das gleiche auszusetzen?

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

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    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Ist es hier ausnahmsweise mal so, dass der Film besser ist als das Buch, oder hattest du am Film das gleiche auszusetzen?

    Beim Film fiel es mir gar nicht so sehr auf, wie jetzt beim Lesen. Ich hatte mir das Buch ja besorgt, weil mir der Film ganz gut gefiel, aber beim Lesen habe ich mir mehr Gedanken gemacht / war ich einfach aufmerksamer. Vielleicht bin ich derzeit aber auch nur überempfindlich. Acht meiner letzten zehn Büchern habe ich durchschnittlich bewertet, weil mich irgendetwas genervt hat. Zu einer anderen Zeit hätte ich es vermutlich als "Kunstgriff" gewertet, um der Handlung einen neuen Effekt zu geben :-k

  • Ich bin hier im Thread, weil ich gestern ein paar Erzählungen aus Rezas "Glücklich die Glücklichen" abwechselnd als Hörbuch gehört und als E-book gelesen. Den oben genannten Film habe ich auch mal gesehen, ohne zu wissen, von wem die literarische Vorlage stammt.
    Rezas Ruhm kann ich mir nicht so recht erklären, obwohl ich eine Erzählung sehr originell fand.
    Ansonsten scheint mir, dass Reza ein neuralgisches Standardthema endlos variiert: Paare, die sich gegenseitig auffressen, jedoch nicht aus Liebe, sondern aus Überdruss am ewig Gleichen.

  • Ich bin hier im Thread, weil ich gestern ein paar Erzählungen aus Rezas "Glücklich die Glücklichen" abwechselnd als Hörbuch gehört und als E-book gelesen. Den oben genannten Film habe ich auch mal gesehen, ohne zu wissen, von wem die literarische Vorlage stammt.
    Rezas Ruhm kann ich mir nicht so recht erklären, obwohl ich eine Erzählung sehr originell fand.
    Ansonsten scheint mir, dass Reza ein neuralgisches Standardthema endlos variiert: Paare, die sich gegenseitig auffressen, jedoch nicht aus Liebe, sondern aus Überdruss am ewig Gleichen.

    Ein bisschen recht geben muss ich Dir. Es geht leider meist um das Gleiche. Grundsätzlich finde ich schon, dass sie schreiben kann. Aber nach der dritten Begegnung mit ihren Geschichten (ein Film, ein Buch, ein Stück) dachte ich auch "Kennste eines, kennste alle." Diese Beziehungs - Kammerspiele sind auch so ein ewiger Dauerbrenner gerade in der französichen Theaterlandschaft ("Der Vorname", "Das Abschiedsdinner" und wie sie alle heißen).

  • Rezas Ruhm kann ich mir nicht so recht erklären

    Das kann ich Dir leicht sagen. Yasmina Reza hatte 1994 einen riesig großen Erfolg mit ihrem Theaterstück "Art" (Kunst), das in der Comédie des Champs-Elysées mit Fabrice Luchini und Pierre Arditi uraufgeführt wurde. Das Stück hat mit viel Humor und Sprachwitz einem gewissen Bildungsbürgertum derart den Spiegel vorgehalten, das man Reza danach viel verziehen hat (wie z.B. ihre Irrungen und Wirrungen im Politbusiness).

  • Ich habe nun das Stück/Schauspiel gelesen, und mir aufgrund der Einführung in meiner französischen Ausgabe und der Grundinformation versucht vor Augen zu halten, dass es sich eben um ein Theaterstück handelt. Beim Lesen versuchte ich die Rollen zu verteilen und mit Leben zu erfüllen, was Gestik, Mimik, Diktion anbetreffen. Dachte auch daran, was @Yurmala von Arditi und Lucini sagte, allerdings in einem anderen Stück. Ich denke, dass so etwas besonders auch durch die Interpretation sprühen und glänzen kann!


    Meine französische Ausgabe ist auch eher so etwas wie eine Ausgabe mit pädagogischem Anhang, Interview der Autorin, einigen Zusatzinformationen. Als ob das Eigentliche wirklich auf der Bühne stattfinden kann. Jedoch erahnt man auch im Schriftlichen das Groteske der wechselnden Situationen und Konstellationen... So sehe ich es nicht sooo enttäuschend, sondern würde so ***/* (dreieinhalb) Sterne vergeben.