Inhaltsangabe:
Reinhard Kaiser-Mühlecker schreibt die Geschichte zweier Brüder und ihrer Heimat in Oberösterreich – ein mit biblischer Wucht erzählter Roman um Missverständnisse, Tötungen, Familientragödien und Befreiungsversuche.
Alexander kehrt von seinem Auslandseinsatz als Soldat internationaler Truppen in die Heimat zurück. Seine Unruhe treibt ihn bald wieder fort. Sein jüngerer Bruder Jakob führt unterdessen den elterlichen Hof. Als sich sein Freund aufhängt, wird Jakob die Schuldgefühle nicht mehr los. Der Vater fabuliert von phantastischen Geschäftsideen, während er heimlich Stück für Stück des Ackerlandes verkaufen muss. Mit großer poetischer Ruhe und Kraft erzählt Reinhard Kaiser-Mühlecker von den Menschen, die durch Verwandtschaft, Gerede, Mord und religiöse Sehnsüchte aneinander gebunden sind. Es ist die Geschichte zweier Brüder, die dieser Welt zu entkommen versuchen – eine zeitlose und berührende Geschichte von zwei Menschen, die nach Rettung suchen. (Quelle: Verlagsseite)
Der Autor:
Reinhard Kaiser-Mühlecker wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems geboren und wuchs in Eberstalzell, Oberösterreich, auf. Er studierte Landwirtschaft, Geschichte und Internationale Entwicklung in Wien.
Sein Debütroman ›Der lange Gang über die Stationen‹ erschien 2008, es folgten die Romane ›Magdalenaberg‹ (2009), ›Wiedersehen in Fiumicino‹ (2011), ›Roter Flieder‹ (2012) und ›Schwarzer Flieder‹ (2014) sowie ›Zeichnungen. Drei Erzählungen‹ (2015). Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung, dem Kunstpreis Berlin, dem Österreichischen Staatspreis und dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. Zuletzt erschien der Roman ›Fremde Seele, dunkler Wald‹ (2016), der für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert wurde. (Quelle: Verlagsseite)
Mein Eindruck:
Die beiden Brüder Alexander und Jakob leben in einem kleinen Dorf in Oberösterreich auf einem Hof, gemeinsam mit den Eltern und den Großeltern. Alexander, der ursprünglich Priester werden wollte, hat sich umentschieden, sich als Soldat verpflichtet und zur Zeit bei einer Friedensmission im Kosovo tätig . Aufgrund einer Krankschreibung befindet er sich auf Heimatbesuch.
Es ist zu Beginn des Romans 15-jährige Jakob, der sich um den Hof kümmert, da der Vater umtriebig ist und seltsamen Geldgeschäften nachgeht, die den Hof retten sollen. Diese Versuche scheitern und der Vater muss nach und nach immer mehr Land verkaufen.
Alexander und Jakob sind beide Einzelgänger mit unterschiedlichen Charakteren; sie haben sich auseinandergelebt, können nichts mehr miteinander anfangen. Beide suchen ihren Platz im Leben, aber wissen nicht, wie und wo sie anfangen sollen.
Alexander, der zuerst die Antwort in der Religion suchte, sie aber dort nicht gefunden hat, hoffte durch seine Arbeit bei der Friedensmission seinen familiären Banden entkommen zu sein. Doch er ahnt, dass auch diese Hoffnung vergeblich ist.
Der eher introvertierte Jakob ist für sein Alter sehr ernst und still, den Menschen geht er aus dem Weg. Nur in Markus findet er einen Freund. Als Jakob dann Nina kennenlernt und diese anscheinend von ihm schwanger ist, ziehen sie zusammen und Jakob findet eine Arbeit. Er ergibt sich eher seinem Schicksal als dass es sein eigener, freier Wille ist.
"Als wäre irgendwann eine Tür zugefallen, war es ihm, denn tief in sich hörte er bisweilen ein Geräusch wie einen Nachhall, sah aber nicht mehr, wo sich diese Tür befunden hatte; und es kam ihm vor, als streiche er immer nur – suchend, suchend – entlang an einer glatten, fugenlosen Mauer." (Buchzitat)
Auf den ersten Blick mag die Geschichte emotionslos wirken, Kaiser-Mühlecker erzählt in verknappter Sprache in einem eher langsamen Tempo, doch das täuscht. Es brodelt im Innern, je mehr man sich mit der Geschichte auseinandersetzt. Der Roman wirkt wie aus der Zeit gefallen, eher etwas altmodisch, was aber sehr gut zum Inhalt passt und es entstehen starke Bilder und Stimmungen.
Die Figuren lassen den Leser nicht allzu dicht an sich rankommen, schaut man nur oberflächlich hin.
Kaiser-Mühlecker erzählt von Veränderungen, dem Verschwinden der landwirtschaftlichen Strukuren und den Menschen, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden haben.
Das dem Roman vorangestellte Zitat von Iwan Turgenjew passt gut zum Inhalt und gibt dem Roman seinen Titel:
Zitat"Du weißt ja, eine fremde Seele ist wie ein dunkler Wald." (Buchzitat)