Guido Kniesel - Der Proband

  • Paul Amon ist am Ende angekommen. Er ist dorthin abgerutscht, wo man keinen Boden mehr unter den Füßen zu spüren glaubt. Seine Alkoholsucht hat ihn fest in ihrem erbarmungslosen Griff, er hat seine Familie und seine sozialen Verbindungen verloren. Als er eines Morgens, von Erinnerungslücken gequält, glaubt, am Vorabend ein junges Mädchen brutal vergewaltigt zu haben, wird ihm bewusst, dass er hoffnungslos verloren ist.
    Eine Zeitungsannonce erscheint ihm wie ein letzter rettender Strohhalm, und er lässt sich auf ein Treffen mit der attraktiven Psychiaterin Dr. Ramona Gallio ein. Diese arbeitet zusammen mit einer Gruppe Berliner Hirnforscher an einer bahnbrechenden Suchttherapie und sucht im Rahmen einer Versuchsreihe nach einem Probanden.
    Angesichts seiner ausweglosen Situation lässt sich Amon auf das vielversprechende Experiment ein. Die Folgen sind verblüffend. Sein Körper erneuert sich regelrecht, und er scheint tatsächlich seine alte Vitalität wiederzuerlangen. Doch die Schatten kriechen langsam wieder auf ihn zu. Und ihre Gestalten sind schrecklicher als alles, was Paul Amon je gesehen hat...(Klappentext)


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    Paul Amon - Alkoholiker vom Feinsten, jedoch noch nicht gänzlich im Alkoholwahn versumpft, wacht eines Morgens auf. Platzwunde am Hinterkopf und Filmriss bezüglich der durchzechten Nacht. Das einzige Bild was sich immer vor seine Augen schiebt ist von einem jungen Mädchen in panischer Angst.
    In seiner Stammkneipe dann die Nachricht, daß in der Nähe ein Mädchen vergewaltigt wurde. Da trifft ihn der Schlag der Erkenntnis - in seinem Suff war er derjenige der diese Tat begangen hat. Nur dem Leser ist klar, daß Paul es nicht war, da dies bereits auf der ersten Seite geklärt wurde. *kopfschüttel*
    Er stürzt in eine tiefes Loch aus Verzweiflung und Unsicherheit. Doch die Rettung für sein Alkoholproblem scheint eine Announce in der Zeitung zu sein. Eine Privatpraxis verspricht Suchtprobleme in wenigen Stunden zu heilen. Dies scheint Pauls letzte und einzige Chance zu sein in ein normales Leben zurückzufinden. Nichtwissend, daß er von der einen Hölle in die nächste gezogen wird.


    Die Thematik dieses Thrillers ist durchaus interessant und angsteinflössend und wie ich finde nicht mal so an den Haaren herbeigezogen.
    Der Schreibstil angenehm und temporeich.
    Spannung kommt jedoch lange nicht auf. Bis zur Hälfte des Buches erhält der Leser ein Psychogramm eines Alkoholikers, dies jedoch äußerst gut gezeichnet. Man erhält Einblick welche Ängste und Zweifel einen Alkoholiker beschäftigen, spürt die innere Zerrissenheit zwischen Aufhörenwollen und dem Nachgeben der Sucht.
    Zusätzlich wird aus der Perspektive zweier Neurologen einer Forschungseinrichtung erzählt, die eher auf illegalem Wege forschen. Tierversuche sind Gang und Gäbe und die Forschung wird ohne Rücksicht auf Verluste vorangetrieben. Jedoch ohneErfolg, da diese immer in der Selbstverstümmelung und dem Tod der Versuchstiere (Menschenaffen) endet. So bleibt ihnen scheinbar nur noch eine Möglichkeit - Humanexperimente.
    Hier wird die gute Recherche des Autors sichtbar. In der ersten Hälfte bekommt man nicht nur Einblick in das Gefühlsleben eines Alkoholikers, sondern auch in die Neurologie. Das fand ich durchaus interessant und auch faszinierend, aber ich bin auch in gewisser Weise vom Fach. Trotzdem war es selbst für mich zu ausufernd.


    Die Story nahm dann erst ab der Hälfte an Fahrt zu und zeitweise war auch Spannung spürbar - jedoch zu spät, zu wenig.
    Das letzte Drittel konnte mich dann endlich packen, das Ende war dann aber in meinen Augen zu konstruiert, gewisse Stellen auch überaus unglaubwürdig und konnte mich daher so gar nicht überzeugen.


    Fazit:
    Lange Zeit nur ein Psychogramm eines Alkoholikers, inklusive Neurowissenschaft, danach auch nur mässige Spannung und ein stark konstruiertes Ende mit unglaubwürden Szenen.
    Wenn mich diese Thematik nicht so fasziniert hätte, hätte ich dieses Buch wohl ziemlich schnell in die Ecke gepfeffert. Man hätte daraus so viel mehr machen können und der Autor hat auch durchaus Potenzial, aber irgendwie hat es nicht so ganz geklappt.
    Daher bleibt dies leider nur ein mittelmässiger Thriller, der mich eher unbefriedigt und kopfschüttelnd zurücklässt.
    Daher von mir nur eine bedingte Leseempfehlung.

    Wenn ein Mann zurückweicht, weicht er zurück. Eine Frau weicht nur zurück, um besser Anlauf nehmen zu können. (Zsa Zsa Gabor)
    :twisted: