Wie mache ich auf mein Buch aufmerksam?

  • Hallo!


    Ich bin soeben dem Buchtreff beigetreten, denn ich bin Autor und habe zahlreiche Fragen an erfahrene Autoren, o.ä.


    Ich habe vor einigen Jahren schon einige Bücher per Amazon veröffentlicht (Self-Publishing). Ich weiß, dass meine Bücher stark nach Nischen-Genre riechen, jedoch gibt es doch auch zahlreiche Leser für Nischen-Bücher.
    Mein Problem ist nun, dass sich trotz aller Bemühungen, kaum einer an meine Bücher wagt. Das Herz eines Autors blutet, wenn er keine Leser hat.


    Ich habe über die Jahre schon zahlreiche Werbeaktionen und Buchcover-Neugestaltungen, Social Media Aktionen, etc. probiert. Nicht, dass alle die Bücher nicht mögen, sie werden einfach gar nicht erst gelesen.


    Ich habe auch einfach den Verdacht, dass meine Bücher eventuell ZU speziell, ZU literarisch sind, man ZU viel mitdenken muss, um sie zu verstehen, und nur 0,001% der Leser dafür Interesse zeigen könnten.


    Vielleicht kann mir einer sagen, was eventuell an meiner Buch-Darstellung, an meiner Buchbeschreibung oder an meiner Herangehensweise nicht richtig ist.
    Eventuell werde ich auch einfach nicht gefunden inmitten Millionen ebooks. Was meinen Sie?


    Für Fragen bin ich natürlich offen! Ich würde mich über eine hilfreiche Rückmeldung freuen!


    Danke!
    Charly Man

  • Ich denke nicht, dass es nur an mangelhafter Aufmerksamkeit liegt, wenn ein Buch nicht gekauft und gelesen wird. Oftmals stehen auch solche Dinge wie Fehler oder wenig mitreißende Sätze in den Klappentexten dem Verkauf entgegen - oder wenn die Leseprobe nicht überzeugt.


    Nach einem Blick ins Buch würde ich dir ein professionelles Lektorat empfehlen. Im Grunde machst du schon vieles richtig, aber eben auch noch viel verkehrt. Die Geschichte hat jedenfalls Potenzial. Aber du beginnst mit einer Begebenheit, die an sich nicht wichtig ist, denn wie wichtig kann es sein, ob die beiden mit einem Landrover kommen oder nicht? Insgesamt ist die beschriebene Situation viel zu vage, um sich überhaupt etwas darunter vorstellen zu können, sodass es extrem irritierend ist, wenn du von denen zu ihm springst und im Anschluss wieder allwissend beschreibst, wie die beiden die Lokalität betreten.
    Dann lese ich folgende Satzanfänge:
    Er saß ..., Die düstere ..., Er wusste ..., Er stank, Er war ..., Der Alkohol ..., Er würde ..., Er trank ..., Der Barkeeper ..., Er wusste ..., und so weiter und so weiter. Du beginnst fast jeden Satz mit einem Personal- oder einem Relativpronomen, was sich auf Dauer nicht gut liest.
    Bei der darauffolgenden Textwand voller Infodump bin ich schließlich ausgestiegen und habe nur kurz überflogen, wie lang sie geht und ob danach noch etwas kommen könnte, was mich interessiert - was wohl die meisten Leser ebenfalls tun würden. Gerade solche Textblöcke verhindern, dass ein Leser einen zweiten Blick wagt, denn zu schnell hat man den Punkt verloren, an dem man sich gerade aufhält. Absätze schaffen Lesbarkeit. Außerdem solltest du dir überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, die ganzen Informationen, mit denen du den Leser an dieser Stelle überschüttest, irgendwo mitten im Text unterzubringen, sodass nicht das Gefühl entsteht, erschlagen zu werden. So ist es viel zu viel tell und zu wenig show.
    Auch die Dialoge hauen mich nicht vom Hocker. Letztendlich fehlt mir bei dem Ganzen noch eine Menge, was mich mitreißen könnte. Für meinen Geschmack liegt am Text also noch zu viel im Argen, was ausgebügelt werden müsste, damit das Buch auch Leser findet. Ein Lektorat könnte dabei viel bringen.


    Aufmerksamkeit ist nicht alles, was man braucht, um ein Buch zu verkaufen. Wenn das Produkt nicht den Erwartungen entspricht, wird man es auch nicht verkaufen können. Dafür ist die Konkurrenz auf dem Markt einfach zu groß.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Hallo Divina,


    vielen Dank, dass Du dir die Zeit genommen hast, mein Buch anzusehen und mir so viel Konstruktives geantwortet hast.


    Das Intro des Buches, das, was Du bei Amazon lesen konntest, ist mit Absicht so geschrieben. Die Enge der Sätze ohne Absatz, die kurzen Anfänge mit Personalpronomen, geben die Enge der Situation wieder, in dem sich der Hauptcharakter am Anfang der Geschichte befindet. Das geht nur ein paar Seiten so weiter, nicht das ganze Buch.
    Aber du bestätigst im Grunde meine Vermutung, die ich hatte. Ich danke dir, Divina!

  • Das Intro des Buches, das, was Du bei Amazon lesen konntest, ist mit Absicht so geschrieben. Die Enge der Sätze ohne Absatz, die kurzen Anfänge mit Personalpronomen, geben die Enge der Situation wieder, in dem sich der Hauptcharakter am Anfang der Geschichte befindet.

    Das Problem an der Sache ist, dass der Leser genau dieses vorgestellt bekommt. Diesem wirst du die Erklärung aber nicht geben können, warum du so geschrieben hast, denn im Allgemeinen liest ein potenzieller Leser an und findet entweder Interesse oder klickt gleich weiter. Eine Diskussion oder eine Erklärung, warum du etwas so oder so geschrieben hast, ist bei ihm nicht möglich. Folglich sollte gerade ein Anfang so geschrieben sein, dass er den Leser in die Geschichte zieht (was natürlich nicht heißen soll, dass man später schludern kann :lol: ). Gerne darf man Stilmittel einsetzen, wenn sie angebracht sind. Zu Beginn eines Romans ist das eher kontraproduktiv, wie du ja auch schon bemerkt hast :wink:

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Du hast völlig Recht. Wirklich!


    Ich hatte nur angenommen, der Leser liest eben keine Tageszeitung, sondern ein Buch. Ich habe kein Buch geschrieben (und das ist wohl mein Fehler), bei dem der Leser nebenbei eine TV-Serie schauen kann, sondern ich habe ein Buch geschrieben, bei dem man zwischen den Zeilen lesen muss. Jedes Wort in diesem Buch ist mit Bedacht gewählt (auch der Landrover ;-)). Dass die Dialoge am Anfang hohl klingen, liegt daran, dass der Charakter hohl ist! Bis er sich langsam entwickelt hat, dann ändern sich die Dialoge. Darum geht es in dem Buch.


    Das Problem ist, wie du völlig zurecht sagst, die Leser haben eine riesen Auswahl an Büchern und müssen anhand der Leseproben entscheiden, ob das Buch etwas für sie ist, oder nicht, und da kommen die lauen Dialoge daher, und das ist ein Problem.


    Ich finde es herrlich, dass du mir geantwortet hast! :bounce: Ich bin schon viele Schritte weiter.

  • Hier antwortet keine Autorin, sondern eine Leserin. Leider kann ich die Leseprobe nicht lesen, weil mir das Gerät dazu fehlt. Aber ich habe mir den Klappentext angesehen und überlegt, ob mich ein Buch, das so vorgestellt wird, reizen würde:


    Kritisch, aber nicht zögerlich akzeptiert er deshalb die zu seinen Gunsten ausfallenden physischen und psychischen Veränderungen, welche innerhalb eines göttlichen Versuches stattfinden, und ihm somit alle Wünsche erfüllen, von denen er bisher nur träumen konnte.

    Wenn ich schon einen Satz im Klappentext dreimal lesen muss, um ihn zu verstehen, denke ich mir, dass das Buch stilistisch ähnlich geschrieben ist. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, was die "physischen und psychischen Veränderungen" sind - das sind einfach Worthülsen. Veränderungen müssen sichtbar werden, und für alles, was sichtbar ist, gibt es konkrete Begriffe. Ob er dicker oder dünner geworden ist, Muskeln aufgebaut hat oder ob er Pickel bekommen hat oder neuerdings Makeup verwendet, sind Dinge, die mich an einem Protagonisten interessieren.


    Es ist diese Art abstraktes Schreiben, die mir immer wieder negativ auffällt. Beispiel: Man setzt sich nicht auf eine Sitzgelegenheit, sondern auf einen Stuhl, einen Hocker, ein Sofa, ... Oder: In einem Vorgarten steht ein Baum. Bumm, Information, aber nichts, was interessiert! Aber es geht auch so: Die Linde im Vorgarten warf ab Mittag Schatten auf die Fenster des Erdgeschosses, hinter denen ... Und das Interesse ist da! So einfach ist es manchmal, den Leser zu gewinnen.


    Man darf auch nicht literarischen Stil mit langen, möglichst vollgestopften Sätzen verwechseln. Sie wirken oft nur aufgebläht und weiter nichts, besonders, wenn man viele Partizipialkonstruktionen verwendet. Lieber zwei Sätze daraus machen.
    (Für mich ein Paradebeispiel: Siegfried Lenz, der in einer klaren, einfachen und zugleich hochliterarischen Sprache schrieb.)


    Der zweite Teil des Klappentextes belegt das:
    Eines Tages jedoch, als seine körperlichen und seelischen Veränderungen ein drastisches Maß an Wirklichkeit angenommen hatten, erscheint ihm ein Engel und klärt ihn darüber auf, dass ihm eine Evolution des Menschen bevorsteht, so wie allen Verzweifelten, mit dem Ziel das „schadhafte“ Genmaterial des Menschen zu extrahieren und durch einen „widerstandsfähigeren“ Genbestand zu ersetzen, bis schließlich durch die Re-evolution einen „gesunder“ Mensch hervorgeht.

    Dieser Satz steht mit der Grammatik auf Kriegsfuß: Die Zeitenfolge stimmt nicht; wo ist die Anbindung für "so wie alle Verzweifelten"? Ansonsten gilt dasselbe wie für den ersten Abschnitt.


    Natürlich kann man sagen, dass dies Kleinigkeiten sind, aber es gibt sie noch, die fürchterlich pingeligen Leser, denen so etwas sofort auffällt und die dann nicht weiterlesen. (Zu denen ich mich übrigens auch rechne.)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)