John Burnside - Lügen über meinen Vater (ab 02.09.2016)

  • John Burnside - Lügen über meinen Vater


    Am Freitag, den 02. 09. starten wir unsere MLR zu John Burnsides `Memoir` >Lügen über meinen Vater<


    Teilnehmer:
    Farast
    FreakLikeMe
    taliesin


    Weitere Teilnehmer sind natürlich herzlich willkommen

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  • Da beginne ich mal unsere MLR :winken:


    Und schon habe ich die erste Frage an euch beide. Vorweg ist von Patti Smith ein Text eingestellt. Soweit konnte ich ihn für mich übersetzen (sinnvollerweise hatte man den Teil nicht noch zusätzlich ins Deutsche übersetzt :-, ), aber bei dieser Zeile war ich mir nicht so sicher: "Where you are not human...." Wo bist du nicht menschlich..." kann es wohl nicht heißen, oder doch?


    Auch der Text von Edgar Allan Poe fand ich sehr passend gewählt. Beide Autoren hinterlassen bei mir irgendwie ein unangenehmes Gefühl beim lesen. Und der Inhalt ist gut gewählt, denn vor einem Abgrund stehen wir da ja tatsächlich.


    "Vortext"
    Innherhalb von kürzester Zeit schafft es Burnside eine Stimmung aufzubauen die -ja wie ist sie- schlichtweg morbide ist. Ein Augenschlag genügt und schon ist die ganze Welt eine ganz andere. Hmpf, besser kann ich mein Lesergefühl im Moment nicht ausdrücken, vielleicht könnt ihr es ja halbwegs verstehen was ich da versuche zu beschreiben. Und ich beginne langsam zu erahnen, woher seine Art die Dinge so zu sehen herkommt. Ein Teil, so wie wir sind, also zu dem was wir geworden sind, gehört auch die Geschichte unserer Eltern. In dem Fall des Vaters. Und was Burnside da über seinen Vater erzählt, lässt einem erst Mal die Haare zu Berge stehen: Anfälle, Grausamkeit, alles an sein Kind schlecht zu machen usw. usf. Wo soll ein Kind da sein Urvertrauen finden?
    Burnside erzählt, dass er zum Teil auch wegen seines Vaters zum Quartalsäufer wurde. Uff, das ist natürlich erst Mal harter Tobak was man da alles erfährt und erfahren wird :-?
    Ja, was erzählt man da einem, der eine "gute" Kindheit hatte. Einem Vater der einem auf positive Weise fördert und fordert? Schlichtweg nichts anderes als Lügen über seinen eigenen Vater.


    Findlinge
    Ein sehr passender Vorsatz: "Wir sind, was wir uns vorstellen." von N. Scott Momoday. Sehr ihr das auch so? Denn ein klein wenig erfindet sich doch auch auf irgendeine Weise jeder sich selbst. Und für das was noch folgen wird ist es absolut passend gewählt, denn der Vater schien sich ja ständig neu "zu erfinden".


    Kapitel I
    Bücher und Texte von Burnside könnte ich immer wieder neu lesen und würde immer wieder neues entdecken. Das geht natürlich nicht, aber ich merke jetzt schon wie vieles ich mit Sicherheit überlese oder gar nicht aufnehmen kann. Und man könnte unendlich viel darüber schreiben. Das würde wiederum auch nicht gehen. Also auf was konzentriert man sich? Geht halt nur auf wenige Punkte.
    Burnside hat da wohl ein wichtiger Knackpunkt in der Biographie seines Vaters gefunden. Er konnte damit leben, dass er (vermutlich?) eine uneheliche Herkunft hat, aber nicht das er von niemand gewollt wurde. Und das kann ich sehr gut verstehen. Nicht gewollt zu sein muss das schrecklichste sein, was einem Kind irgendwann bewusst wird. Und mit Sicherheit darf man als Erwachsener eine Weile daran knabbern, bevor man sich seiner selbst bewusst wird. (Es scheint so als wäre es Burnsides Vater nicht gelungen....) Irgendwie will man doch einen Anker im Leben haben und der fängt doch in der Kindheit an. Wenn Burnsides Vater (mal vorausgesetzt, dass Burnsides Tante die Wahrheit gesagt hatte und warum sollte sie in dem Fall lügen) von einem zu anderen gereicht wurde ,weil das Geld halt knapp war und nichts mehr für ihn übrig blieb, woher sollte er also das Gefühl bekommen angenommen zu sein?
    Die nächste Frage - die ich mir mit Burnside gemeinsam stelle- was hat seine Mutter eigentlich an ihn gefunden? Da gab es ja scheinbar einen anderen Mann, dem sie den Laufpass gegeben hatte. Also muss ja der Vater irgendwas an sich gehabt haben, was sie anziehend fand. Nur auf dem Hochzeitsfoto wirken die beiden glücklich. Das Glück scheint sich dann ja wohl verabschiedet zu haben :roll:


    Das wären so meine ersten Gedanken zum Buch. Ich weiß noch nicht wie ich am Wochenende zum schreiben komme. Falls nicht werde ich mich spätestens am Montag wieder melden . Auf jeden Fall wünsche ich euch ein schönes Wochenende und freu mich schon auf eure Eindrücke. :)

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  • Hallo :winken:


    @Farast
    Die letzte Zeile im Patty Smith Zitat lässt sich im Bezug zu den beiden vorangehenden Zeile übersetzen:
    Nimm mich mit, Vater, in den Bauch deines Schiffes,
    öffne das Schiff für mich und ich werde hineingehen,
    dorthin, wo du nicht menschlich bist.


    Wenn ich Memoiren in der Hand habe, frage ich mich zunächst immer: Warum? Warum muss der Autor das öffentlich machen? Hätte es nicht ein Tagebucheintrag auch getan?
    Warum denkt der Autor, dass sein Leben (und das Leben seiner Eltern, anderer Verwandte, Freunde, etc) für andere Leute lesenswert wäre? Wie will mich John Burnside für seine nun ja nicht sonderlich außergewöhnliche Beziehung zu seinem Vater interessieren?


    Immerhin, dass die Geschichte so außergewöhnlich nicht ist, weiß er selbst, das wird aus der Vorbemerkung klar. Papa hat ihn nicht lieb gehabt, Papa war gewalttätig - passiert so millionenfach (btw, diese Gleichung, dass er wegen seines Vaters zum Quartalssäufer wurde, geht nicht auf. Burnside wurde zum Quartalssäufer, weil er die Geschehnisse aus seiner Kindheit nicht anders verarbeiten kann oder will. "Schlimme Kindheit" ist keine Entschuldigung für eigene Fehler.)


    Sprachlich-stilistisch liegt das Buch bis jetzt leider ganz und gar nicht auf meiner Linie. Mir war bewusst, dass Burnside Dichter ist, und genauso liest es sich leider auch: Dichter schreibt Prosa. Damit kann ich ja so gar nichts anfangen. Im ersten Kapitel gab es immerhin ein paar Absätze, die nicht ganz so verkrampft poetisch klangen, vielleicht wird das also noch was.


    Interessant finde ich übrigens, dass Burnside im deutschen Sprachraum mehr Anhänger zu haben scheint, als im englischsprachigen. Den Eindruck habe ich zumindest auf internationalen Buchportalen wie Goodreads gewonnen. Dort hat "Lügen über meinen Vater" gerade mal 14 Rezensionen und 135 Bewertungen, die anderen Burnside-Bücher auch nicht viel mehr, darunter auch viele von deutschen Lesern. Die Rezensionen zu anderen "Mainstream"-Autoren bewegen sich sonst mindestens im dreistelligen, meist im vierstelligen Bereich.

    "Selber lesen macht kluch."


    If you're going to say what you want to say, you're going to hear what you don't want to hear.
    Roberto Bolaño

  • Prolog und Kapitel 1

    Wie will mich John Burnside für seine nun ja nicht sonderlich außergewöhnliche Beziehung zu seinem Vater interessieren?

    Da bist du vielleicht doch ein wenig vorscnnell. Nach einem Kapitel weißt du schon, dass seine schlimme Kindheit eigentlich 1000 anderen gleicht und nichts besonderes ist?
    Lesen wir doch einfach zuerst einmal weiter und ziehen dann unsere Schlüsse. Aber es ist ja nur ein erster Eindruck den du uns schilderst, also schauen wir mal weiter.

    Dichter schreibt Prosa. Damit kann ich ja so gar nichts anfangen. Im ersten Kapitel gab es immerhin ein paar Absätze, die nicht ganz so verkrampft poetisch klangen,

    Um den Dichter kommst du bei Burnside nicht herum und warum dir das verkrampft erscheint, musst du mir genauer erklären. Übrigens ist dieses Buch weitaus weniger poetisch
    als seine anderen Romane. Trotzdem wird es für dich schwierig werden, wenn du mit poetischer Sprache so gar nichts anfangen kannst.


    Genaueres zu Prolog und Kapitel 1 dann später. Bin gerade erst nach Hause gekommen.

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  • Prolog und Kapitel 1

    Da bist du vielleicht doch ein wenig vorscnnell. Nach einem Kapitel weißt du schon, dass seine schlimme Kindheit eigentlich 1000 anderen gleicht und nichts besonderes ist?

    Nein, das sind Fragen, die ich mir vor dem Lesen stelle, wenn ich es mit Memoiren zu tun habe. Memoiren machen mich grundsätzlich skeptisch.
    Vielleicht kann mich Burnside davon überzeugen, dass die Geschichte seiner Kindheit erzählens- und lesenswert ist. Vielleicht aber auch nicht. Das Urteil fälle ich tatsächlich erst am Ende. Autoren, die ihre eigene Geschichte für erzählenswert halten, begegne ich aber, wie gesagt, mit Skepsis.



    warum dir das verkrampft erscheint, musst du mir genauer erklären.

    Muss ich das?
    Das ist mein persönlicher Eindruck, den muss niemand teilen, und für den muss ich mich nicht rechtfertigen.

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  • Das ist mein persönlicher Eindruck, den muss niemand teilen, und für den muss ich mich nicht rechtfertigen.

    Ich wollte lediglich wissen, warum du die poetische Sprache für verkrampft hältst. Ich habe keine Rechfertigung von dir erwartet, warum auch?
    Ich fände es übrigens der Leserunde dienlich, wenn wir sie in einem vernünftigen Umgangston absolvieren könnten. Warum so aggressiv?

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  • Prolog und Kapitel 1

    Burnside erzählt, dass er zum Teil auch wegen seines Vaters zum Quartalsäufer wurde. Uff, das ist natürlich erst Mal harter Tobak was man da alles erfährt und erfahren wird

    Das hört sich beim ersten lesen schon so an als würde uns hier eine Tirade über den bösen Vater erwarten der an allem Schuld ist. Allerdings fäält im weiteren Verlauf auf,
    dass hier nicht nur Anklage erhoben wird, sondern auch eine Erklärung für die Erfindungen und Lügen des Vaters gesucht wird.

    Und für das was noch folgen wird ist es absolut passend gewählt, denn der Vater schien sich ja ständig neu "zu erfinden".

    Ich denke, der Vater leidet unter dem Fehlen einer Herkunft, einer eigenen Familiengeschichte. Er schämt sich dafür und sein einziger Ausweg ist die Erfindung einer
    persönlichen Geschichte.


    Besonders gut fand ich übrigens seine Ansicht des Halloween-Festes, deren Beschreibung eher in Richtung des alten keltischen Samhain Festes geht und so gar
    nichts mit dem Mummenschanz zu tun hat, der In Amerika betrieben wird. (S.3/4)


    Zitat von John Burnside

    I think of my own dead , out there among the millions of returning souls, permitted, for this one night, to visit the places they once knew, the houses they
    inhabited, the streets they crossed on their way to work,or to secret assignations, and I remember why in my part of the world, the living spend this day
    building fires, so they can light them all at once, all over the darkening land, as night approaches. It`s not, as mere superstition says that they are trying
    to frighten off evil spirits. No: the purpose of these fires is to light the way, and to offer a little warmth to ghosts who are so like ourselves that we are all
    interchangeable: living and dead; guest and host; householder and spectre; my father, myself.

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  • Naja, ich wünsch Euch noch viel Spaß (ehrlich!), für mich ist das nichts.

    Nee, klingt so als wäre Burnside wirklich nicht dein Fall! Da ist es wohl besser das Buch zuzuklappen und sich anderem zu widmen :wink:


    Besonders gut fand ich übrigens seine Ansicht des Halloween-Festes, deren Beschreibung eher in Richtung des alten keltischen Samhain Festes geht und so gar
    nichts mit dem Mummenschanz zu tun hat, der In Amerika betrieben wird.

    Die Stelle hatte mir auch sehr gut gefallen! Das mit dem keltischen Samhain Festes wusste ich gar nicht. Danke für deine Info! Mit den Kelten werde ich mich noch näher beschäftigen, da habe ich noch sehr große Wissenslücken. Dieser Mummenschanz von Amerika schwappt ja leider auch hier rüber. Zwar noch nicht so groß aufgezogen, aber das Klingeln und fragen nach "Süßes oder Saures" mit meist nicht verkleideten Kindern, wird eindeutig mehr (und ehrlicherweise nervt es auch manchmal :uups: ). Wobei ich es lustig finde, wenn mir auf der Nachfrage "Und was gibt es bei saures?" geantwortet wird: " Saure Bonbons vielleicht?" Glaub mir, irgendwann werde ich mit dem Gurkenglas da stehen und saure Gurken verteilen :twisted:


    Kapitel 2
    Und gleich kommt meine erste Lieblingsstelle:
    Dieses erste begreifen eines Kindes, dem es langsam klar wird, dass seine Eltern ein Leben hatten bevor es geboren wurde. Und dazu noch Burnsides weitere Gedanken dazu. Interessant auch so langsam mehr über seine Mutter und deren Familie zu erfahren. Wobei ich es -im Gegensatz zu Burnside- so schlecht nicht finde, dass sie ihn zum lernen anhielt. Wobei ich da wiederum bei Burnside bin, sie schien es leicht übertrieben zu haben. Und die entsprechende Vorbildfunktion fehlte leicht.


    Spannend auch die Stelle und entsprechende Überlegungen zu Fotos. Viele meiner Kindheitserinnerungen sind auf Familienfotos zurückzuführen. Wenn ich Burnsides Ausführungen dazu folge, dann wären es quasi eingepflanzte Erinnerungen, keine eigenen. So unrecht hat er damit nicht :-k "Die Wahrheit bleibt verborgen." (S. 43) schreibt er unter anderen.
    Und wieder bekomme ich kleine Puzzlestücke über seinen Vater. Ja, und irgendwie sieht das Bild auf seltsame Art anders aus was ich mir von ihm mache. Ein mann der weiß, dass Androhung von Gewalt schlimmer ist als die Gewalt selbst. Damit wäre er dann ja doch nicht der "Schläger" wie mein allererster Eindruck von ihm war. O.k. er schien ja einem "Kampf" nicht aus dem Weg gegangen sein (sonst wäre er ja nicht mit blutverschmiertem Gesicht nach Hause gekommen sein), aber er bevorzugte es durch seine Ausstrahlung von purer Kraft und Gewalt zu agieren. Was sein häusliches Umfeld betrifft, da bin ich mir nicht sicher. Da lässt Burnside noch zu viel Lücken über ihn auf.
    Ich muss jetzt etwas gestehen, aber das ist mit Sicherheit ohnehin schon jedem klar, der mit mir eine Leserunde hatte, ich bin eine emotionale Leserin :pale: Und zu lesen, dass er eine Schwester hatte, die vor ihm geboren wurde und verstarb (wann genau und wie kann ihm niemand richtig erzählen), ging mir schon zu Herzen. Wenn ein Kind so früh stirbt, sterben muss, dass hinterlässt ganz tiefe Narben und Schmerzen. Nur gibt das auch einem Vater nicht das Recht was er dann mit seinem Sohn machte. Wenn Burnsides Erinnerungen richtig sind, dann war das ja übelstes Gerede von seinem Vater. Oder war der Mann etwa echt so dumm zu glauben, dass sein Sohn ihn versteht und bedauert??? Das packt kein Kind in dem Alter, ich bezweifel, dass so manch Erwachsener damit klar kommen könnte. Kein Wunder, dass Burnside sich einen Fluchtweg suchen musste, in seinem Fall Geschichten zu erfinden.


    Das wären so meine ersten Eindrücke über dieses Kapitel. :)

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  • zu Kapitel 2

    Dieses erste begreifen eines Kindes, dem es langsam klar wird, dass seine Eltern ein Leben hatten bevor es geboren wurde. Und dazu noch Burnsides weitere Gedanken dazu.


    Genau diese Stelle habe ich auch markiert. Der kleine Junge fragt hier ganz intuitiv nach etwas über das sich so einige Philosophen schon den Kopf zerbrochen haben.


    Zitat von John Burnside

    Once upon a time, I wasn`t there. (...) What kind of world was it when nobody I knew existed? What did people do?
    How could anything have been there at all, if I wasn`t there to see it?

    Dieser letzte Satz gibt eigentlich eine philosophische These wieder und wird Solipsismus genannt. Die Frage ist, ob es eine Realität gibt die außerhalb des eigenen
    Bewusstseins existiert? Ohne die Existenz des eigenen Ich gibt es auch keine davon unabhängige Realität. Das passt irgendwie zu Burnsides Gedankenwelt, weil
    er in seinen Romanen und Gedichten sehr oft an der Grenze zwischen Alltagswelt und Anderswelt bewegt..

    Wenn ich Burnsides Ausführungen dazu folge, dann wären es quasi eingepflanzte Erinnerungen, keine eigenen. So unrecht hat er damit nicht

    Da kann ich ihm zwar folgen, aber er schreibt ja in der Mitte des Kapitels folgendes. Danach gäbe es zumindest für ihn keine eigenen Erinnerungen.(bei mir S.32)


    Zitat von John Burnside

    For years I would have sworn that I remembered better days, but when I stop to look back, I remember nothing about him, other than what I was told.
    I do not see him. I barely even see myself.


    aber er bevorzugte es durch seine Ausstrahlung von purer Kraft und Gewalt zu agieren.

    Burnside schreibt ja auch, dass er mit Gewalttätigkeit besser zurecht gekommen wäre, weil man mit der Tat umgehen kann. Aber diese ständige Drohung, dass etwas
    passieren könnte, baut einen fürchterlichen Druck auf. Das klingt nach psychscher Folter der perfidesten Art.

    Nur gibt das auch einem Vater nicht das Recht was er dann mit seinem Sohn machte. Wenn Burnsides Erinnerungen richtig sind, dann war das ja übelstes Gerede von seinem Vater.

    Einem kleinen Jungen ständig zu sagen, dass es besser wäre er wäre gestorben und seine Schwester noch am Leben ist abartig. Wie der kleine Junge damit umgeht
    hat mir gut gefallen. Er hört seinem Vater nicht mehr zu, sondern denkt sich diese Geschichten aus, die ihn aus der Alltagswelt hinausbefördern in eine andere von ihm
    gestaltete Welt.
    Übrigens finde ich, dass eine emotionale Leserin bei Burnside sehr gut aufgehoben ist.Nur kopfgesteuert ist man in Burnsides Welt schnell mal aufgeschmissen.... :wink:

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  • Kapitel 3


    Burnside erzählt nun etwas über seine Kindheit am Rande der kleinen Stadt Cowdenbeath. Dort entdeckt er, wie er es nennt, die tiefen Freuden des Alleinseins
    auf kleinen Fluchten in einen nahen Wald. Dort entdeckt er etwas, das ihm hilft sich von seiner Alltagswelt zu lösen und etwas beständiges und doch geheimnisvolles
    zu finden. Bei einem Vater dessen Beständigkeit nur in seiner Unberechenbarkeit liegt sucht er sich einen Ausweg. Burnside beschreibt das zwar sehr schön, aber
    auch da liegt etwas Unheimliches, etwas nicht Greifbares in seinen Erfahrungen. (S.56 in der deutschen Übersetzung)



    Zitat von John Burnside

    This was the place where I learned the deep pleasure of beeing alone, of beeing out in the open with an angel-haunted sky over my head, and the damp
    earth, packed tight with tubers ans seeds and the bodies of the dead, under my feet.

    noch etwas dunkler und geheimnisvoller hört sich diese Beschreibung an. (S.57 d.Ü)


    Zitat von John Burnside

    It was darker and more dangerous than that, but you wouldn`t see it at first; then, when the perfect moment came, it would take hold of your spirit,
    and you would never be the same again.


    Dannach kommt eine Passage die mir sehr gut gefallen hat, weil sie sehr gut auf Burnsides eigenwillige Sicht der Dinge hinweist. (S.57/58 d.Ü)


    Zitat von John Burnside

    If there is an afterlife, for me it will be limbo, the one truly great Catholic invention: a no man`s land of mystery and haunting music, with nobody good and holy
    around to be compared to - they will all be in heaven - just the interesting outsiders, the unbaptised and the pagan, and the faultless sceptics God cannot
    quite find it in Himself to send to hell.


    Im weiteren Verlauf beschreibt Burnside das häusliche Leben, das von den dunklen und brütenden Stimmungen des Vaters bestimmt wird. Auf der Schule ist er ein Außenseiter
    der zwar völlig normal wirken will, aber genau weiß, dass das Leben der ganz normalen Leute nie seines werden kann. Er schlie0t Freundschaft nur mit einem Jungen und der
    ist auch einer von den Nicht-Angepassten (mit ein paar witzigen Gedanken zur Beichte bei den Katholiken) :wink:
    Ziemlich lustig fand ich die Beschreibung des kleinen Spiels, das Burnside im satten Alter von acht Jahren mit seiner ersten großen Liebe treibt. Einerseits ist das wirklich ein
    völlig unschuldiges, kindliches Bondage Spielchen, andererseits wäre es für die Erwachsenen der kleinen Stadt wohl ein Riesenskandal gewesen, hätte man die Beiden erwischt.


    Am Ende des Kapitels steht dann noch eine sehr düstere Andeutung bezüglich des Vaters seiner Freundin und die Feststellung, dass die unschuldigen Spiele bald vorbei waren


    lg taliesin :winken:

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  • Kapitel 2

    Dieser letzte Satz gibt eigentlich eine philosophische These wieder und wird Solipsismus genannt.

    Dafür liebe ich MLR! Du hast mir gerade dem Kind einen Namen gegeben! :) Ich fand es schon immer Burnside typisch, aber das es auf eine philosophische These zurückzuführen ist, war mir nicht bewusst.

    Burnside schreibt ja auch, dass er mit Gewalttätigkeit besser zurecht gekommen wäre, weil man mit der Tat umgehen kann. Aber diese ständige Drohung, dass etwas
    passieren könnte, baut einen fürchterlichen Druck auf. Das klingt nach psychscher Folter der perfidesten Art.

    Darüber musste ich erst Mal ein wenig nachdenken. Was ist schlimmer aufs übelste verprügelt zu werden oder das Ziel von psychischer Folter zu sein. Ja, doch, letzteres ist schlimmer (wenn man überhaupt Wertungen über schlimm -schlimmer machen kann), es trifft noch tiefer. Am schlimmsten wäre wohl die Kombination von beidem. Ach Mensch, das macht mich gerade so wütend auf diese Täter. Und es ist mir sowas von egal ob der Vater mal Opfer war oder nicht. Was er da alles macht ist schlichtweg grundübelst.



    Kapitel 3

    Burnside beschreibt das zwar sehr schön, aber
    auch da liegt etwas Unheimliches, etwas nicht Greifbares in seinen Erfahrungen. (S.56 in der deutschen Übersetzung)

    Zu einem die Zustimmung zu deiner Aussage und zum anderen fällt mir gerade auf, liest du parallel? Also englisch und deutsch?


    Dannach kommt eine Passage die mir sehr gut gefallen hat, weil sie sehr gut auf Burnsides eigenwillige Sicht der Dinge hinweist. (S.57/58 d.Ü)

    Das ist wirklich eine sehr eigenwillige Sicht. :lol:


    Ziemlich lustig fand ich die Beschreibung des kleinen Spiels, das Burnside im satten Alter von acht Jahren mit seiner ersten großen Liebe treibt. Einerseits ist das wirklich ein
    völlig unschuldiges, kindliches Bondage Spielchen, andererseits wäre es für die Erwachsenen der kleinen Stadt wohl ein Riesenskandal gewesen, hätte man die Beiden erwischt.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass da einiges los gewesen wäre, wenn es im Städtchen bekannt geworden wäre :loool:

    Am Ende des Kapitels steht dann noch eine sehr düstere Andeutung bezüglich des Vaters seiner Freundin und die Feststellung, dass die unschuldigen Spiele bald vorbei waren

    Wobei ich nicht hoffe, dass es das ist was ich denke oder sollte ich besser sagen befürchte....


    Noch erwähnen möchte ich in diesem Kapitel die Geschichte mit dem Teddy. Einem sechsjährigen Kind für dem ein Stofftier ein wenig mehr ist, wie wir als Erwachsene es uns vorstellen können den Teddy zu verbrennen, dass ist als hätte der Typ etwas lebendiges verbrannt und noch viel mehr. Deshalb kann man es auch nie ersetzen. Alleine schon die Vorstellung ist völlig abstrus. Ich bin froh mich mit häuslicher Gewalt nicht auszukennen bzw. jemals erfahren zu haben -außer bei einer Grundschulfreundin und da auch nur am Rande- es scheint von dem wenigen was ich weiß, typisch zu sein, dass die Mutter den Vater deckte. :-# Oder hatte es Burnside falsch interpretiert und sie wollte nicht, dass er selbst verletzt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass sie immer zwischen zwei Stühlen stand. Auf der einen Seite ihr gewalttätiger Mann und ihre Angst vor ihm - auf der anderen Seite ihre Kinder und ihr Drang sie zu beschützen.

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  • Kapitel 4
    Ich bewundere gerade Burnside wie er es schafft so verhältnismäßig neutral über seine Familie und seine Kindheit zu berichten. Bei mir würde es sich anders anhören :uups::evil:
    Wenn man einen Ehemann hat, der seinen Lohn gerne auch mal versäuft, statt zur Ernährung der Familie beizutragen, entwickelt man Strategien über die Woche zu kommen. So in dem Fall auch die Mutter, die sich für solche "Regentage" (Regentage - alleine das Wort ](*,) ) einen Vorrat an getrockneten Lebensmitteln angelegt hat und ich mag mir nicht vorstellen wie sie es überhaupt geschafft hatte.
    Klar, dass der Vater als Alkoholiker immer die anderen als die Schuldigen sieht und keine Eigenverantwortung dafür trägt :roll:
    Ich war froh zu lesen, dass es für Burnside auch andere Zeiten gab. Wenn auch viel zu kurz. Das er hin und wieder zu seinem Onkel und seiner Tante gehen durfte, hat ihm wohl gezeigt, dass es jenseits seiner Erfahrungswelten noch eine ganz andere Welt gab.



    Zitat von Seite 81

    Damals war ich alt genug, mir Sorgen zu machen, wenn er nicht zu Hause war, alt genug, die Anspannungen zu spüren, wenn Margaret und ich ins Bett gebracht wurden - ich kann es nicht erklären, aber meine Mutter hat immer gewusst, wann er mal wieder über die Stränge schlug, wie sie sich ausdrückte -, alt genug, um mich zu fragen, ob wir die Nacht unbeschadet überstehen würden.

    Da fehlen mir jetzt echt die Worte, wenn ein Kind schon so früh derartige Erkenntnisse bekommt. :cry:


    Erst habe ich nicht verstanden warum immer John Burnside für seinen Vater und dessen Saufkumpanen alles machen musste (und mir platzt der Kragen bei der Vorstellung was er alles machen musste) und nicht seine Mutter, aber auf seltsame Weise machte es durch seinen Bericht Sinn. Die Mutter hätte sie ja beschämen können. Und der Vater wusste auch ziemlich gut, wie er mit seiner Frau umzugehen hatte. .


    Die Geschichte mit den Rüben war noch heftig. Wenn man so wenig zu essen hat, dass die Kinder (in dem Fall Margaret) schon die Futterrüben vom Acker klauen.....Ja, und wie dem Bauer ein Licht aufging, was da passiert war. Respekt wie er damit umging, so dass Burnsides Mutter nicht noch mehr beschämt wurde, als sie es schon war.


    Tja und egal was Burnsides Vater anfasst, es geht gründlich schief. John Burnside hatte sich einen Hund gewünscht. Einen Beschützer, einen Begleiter und er hatte auch einen wunderschönen Mischling mit klugen Augen gefunden. Verständlicherweise ist seine Mutter dagegen, da ein Hund auch schlichtweg Geld kostet, was sie nicht haben. Und was macht sein Vater? Kommt mit einem unsagbar häßlichen und ängstlichen Hund und meint, dass er damit wohl der Held wäre. (Ich liebe Hunde, aber die Beschreibung von diesem Hund klang schon wirklich jenseits von allem was man sich so wünscht als Kind 8) ). Und schon wieder eine "Niederlage" für den (Achtung Ironie!) Ärmsten aller Männer.
    Über die Geschichte mit den Igeln musste ich dann doch schmunzeln. Tja, so schnell können die kleinen Stacheltierchen auch in einer Wohnung sein. Kurz danach ist mir das schmunzeln im Ansatz stecken geblieben. Wie heftig war das denn?


    Den Absatz fand ich sehr passend für die Situation:
    Burnside beschreibt, dass ihm klar wurde das sein Vater wirklich niemals seine Mutter schlagen würde. Das hatte er tatsächlich nicht nötig, denn ihm standen ja "andere Dinge" zur Verfügung. Bestätigt hatte er meine Gedanken, dass seine Mutter sich selbst aufgegeben hatte und nur noch ihre Kinder schützen wollte.

    Zitat von Seite 99

    Mir war immer noch nicht bewusst, dass ich in dieser Nacht draußen war, weil sie zum ersten Mal fürchtete, ich könnte körperlich in Gefahr sein. Ich glaubte zunächst, sie wollte nur nicht, dass ich etwas sah, was für mich, für sie oder für meinen Vater beschämend sein könnte. Morgen, dachte ist, ist alles wieder normal.


    Von wegen denn:

    Zitat von Seite 99

    Es sollte noch eine Weile dauern, bis ich begriff, dass es, was immer meine Mutter oder sonst wer in unserer Familie tat, kein Normal gab, zu dem wir zurückkehren konnten.


    Verstanden habe ich nur noch nicht ganz warum Burnsides Schwester noch nicht in Gefahr war. Sie müsste doch eigentlich den gleichen Anfeindungen und Dingen ausgesetzt sein? Oder bevorzugt es der Vater nur mit ihm ihm (John) seine perfiden Spielchen zu treiben. So als müsste er seine Traurigkeit, seine Scham, seine Wut über seine Vergangenheit an seinem Sohn auslassen. Aber es kommen ja noch etliche Kapitel die bestimmt noch Antworten darauf geben.

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  • zu Kapitel 3 und 4

    Zu einem die Zustimmung zu deiner Aussage und zum anderen fällt mir gerade auf, liest du parallel? Also englisch und deutsch?

    Eigentlich nur die englische Fassung, aber bei meinen Zitaten setze ich die deutsche Seitenangabe ein, damit du nicht so rumsuchen musst. Bei den ganz
    speziellen Zitaten lese ich nch der englischen ab und an auch die deutsche Übersetzung weil es mich interessiert wie der Übersetzer das hinbekommt. So weit ich
    das beurteilen kann, ist die Übersetzung sehr gut. Nur einmal fierl mir auf, dass er >deep pleasure< mit <heiße Freuden< übersetzt hat. Tiefe Freuden wäre wohl
    angebrachter gewesen.

    Ich könnte mir vorstellen, dass sie immer zwischen zwei Stühlen stand. Auf der einen Seite ihr gewalttätiger Mann und ihre Angst vor ihm - auf der anderen Seite ihre Kinder und ihr Drang sie zu beschützen.

    Das erscheint wirklich so, als hätte sie ihr eigenes Selbst völlig aufgegeben. Sie ist ständig damit beschäftigt diese vom Zerfall bedrohte Familie zusammenzuhalten.
    Sie hat keine eigenen Freuden mehr. Dasist schon sehr traurig und macht auch wütend, wie ein Despot eine ganze Familie zerstören kann. .

    Und schon wieder eine "Niederlage" für den (Achtung Ironie!) Ärmsten aller Männer.

    Erstaunlich daran ist ja wie Burnside immer weiter versucht Erklärungen für das Verhalten seines Vaters zu finden. Das klingt manchmal so hilflos, weil er nicht aufgeben
    will und sich nnicht eingestehen kann, das es für dieses spezielle Monster keine Erklärungen gibt, zumindest nicht aus der Sicht eines psychisch gesunden Menschen.
    Das zeigt sich ja auch in dieser kurzen Passage. (S.92 d.Ü.)



    Zitat von John Burnside

    I wanted to be invisible. I looked at my father and saw the misery in his eyes. He`d been defeated again, this time by his own son. As tears came to my
    eyes I turned quickly and ran from the room.

    Da tut mir nicht der Vater, sondern mehr der Sohn leid, der sich auch noch die Schuld gibt.

    Oder bevorzugt es der Vater nur mit ihm ihm (John) seine perfiden Spielchen zu treiben.

    Ja, später schreibt Burnside, dass der Vater wohl glaubte, dass würde seinen Sohn zu einem harten Mann machen, der für die Welt in der der Vater lebt die nötige
    Härte haben muss. Aus des Vaters Sicht macht das sogar Sinn, obwohl wir da nur den Kopf schütteln, denn was er damit erreicht ist einen Sohn zu schaffen, der fast
    sein ganzes Leben lang ein Trauma mit sich herumschleppt.


    Antworten bezüglich der Schwester werden ansatzweise noch kommen, aber werden kein großes Thema sein. Mehr sag ich dazu nicht, denn wir stehen ja noch am
    Beginn der Geschichte.


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Bad Monkeys

  • Kapitel 3/4

    Eigentlich nur die englische Fassung, aber bei meinen Zitaten setze ich die deutsche Seitenangabe ein, damit du nicht so rumsuchen musst.

    Dankeschön! :D Das ist in der Tat sehr hilfreich!

    So weit ich
    das beurteilen kann, ist die Übersetzung sehr gut.

    Das lese ich sehr gerne! Ich musste natürlich ganz schnell nachschauen gehen, wer "Wie alle anderen" übersetzt hat, es ist auch Bernhard Robben. Die Romane die ich bisher von Burnside gelesen hatte, waren alle von ihm übersetzt worden. Das freut mich!

    Erstaunlich daran ist ja wie Burnside immer weiter versucht Erklärungen für das Verhalten seines Vaters zu finden. Das klingt manchmal so hilflos, weil er nicht aufgeben
    will und sich nnicht eingestehen kann, das es für dieses spezielle Monster keine Erklärungen gibt, zumindest nicht aus der Sicht eines psychisch gesunden Menschen.

    Ich frage mich gerade wie Burnside als -Erwachsener- später damit fertig geworden ist. Das werde ich dann wohl im Nachfolgeband erfahren und es dürfte ein sehr (!) schwieriger Weg gewesen sein.


    Ja, später schreibt Burnside, dass der Vater wohl glaubte, dass würde seinen Sohn zu einem harten Mann machen, der für die Welt in der der Vater lebt die nötige
    Härte haben muss. Aus des Vaters Sicht macht das sogar Sinn, obwohl wir da nur den Kopf schütteln, denn was er damit erreicht ist einen Sohn zu schaffen, der fast
    sein ganzes Leben lang ein Trauma mit sich herumschleppt.

    Da fällt mir nichts mehr dazu ein :-#

    Antworten bezüglich der Schwester werden ansatzweise noch kommen, aber werden kein großes Thema sein. Mehr sag ich dazu nicht, denn wir stehen ja noch am
    Beginn der Geschichte.

    Das konnte ich mir fast schon denken, dass er seine Schwester ziemlich raushält; aus welchen persönlichen Gründen auch immer. Es ist ja wirklich unglaublich was da schon alles passiert ist und wir stehen erst am Anfang des Ganzen.


    Kapitel 5

    Zitat von Seite 100

    Er musste lügen, um sein zu können oder um wenigstens nicht jener Versager zu sein, der er nicht nur in den eigenen Augen, sondern auch in denen aller anderen werden würde, falls er nicht bald fortzog.

    Meint der Kerl allen Ernstes, dass seine komplette Umwelt nicht weiß wie er und was er ist? Das scheint wohl so manch Alkoholiker zu glauben, wenn sie sich ihre Welt neu erfinden...


    Zitat von Seite 100

    Die nächsten Jahre sollten wir unablässig umziehen, nicht in Wirklichkeit, aber in Gedanken.

    Ich kann mir so gut vorstellen wie sich die Kinder es von ganzen Herzen gewünscht hatten es irgendwo anders besser zu haben. Und wie sie sich die schönsten Dinge ausgemalt hatten.
    Der Mutter hingegen war klar was passiert, wenn sie tatsächlich umziehen würden, denn dann würde ihr komplettes soziales Netz untergehen. Übrigens was für eine Doppelmoral dieser Gesellschaft. Sie bietet einen kleinen Schutz für eine gebeutelte Familie, aber schaut in den entscheidenten Momenten unisono in eine andere Richtung und duldet alles was der Vater tut.


    Es kam erst ziemlich überraschend als Burnside den Umzug nach Birmingham beschrieb. Nebenbei noch bemerkt, es macht sehr traurig zu lesen, was sich der Junge alles gewünscht hatte bei einer Reise nach Edinburgh. Da kamen kein Fahrrad oder etwas in der Richtung, nein er wünscht sich ein größeres Haus, ein Auto und glückliche (!) Eltern.
    Das war ja eine ziemliche Absteige bei der sie in Birmingham landeten. Und trotzdem diese Maureen schafft es tatsächlich den Vater zu durchschauen (was ja nicht zwingend eine Kunst ist) und ihn in Schach zu halten (was ich wiederum erstaunlich fand). Sie muss eine sehr selbstbewusste Frau gewesen sein und hat eindeutig am längeren Hebel gesesssen, was dem Typ wohl in seinen ein oder zwei verbliebenen Gehirnzellen klar war.
    Die Mutter fand ich überraschend in ihrer Vorgehensweise. Sie weiß, dass sie keinen direkten Widerstand leisten kann, aber hat doch recht geschickt an der Rückkehr gearbeitet. Um nicht zu sagen, sehr engagiert. Ich stelle sie mir eigentlich immer sehr zurückhaltend und schüchtern vor. Da den Mut zu finden und sich mit der Stadtverwaltung in Cowdenbeath in Verbindung zu setzen, finde ich gut. Vermutlich der Mut der Verzweiflung, gepaart mit der sicheren Erkenntnis wo sie Hilfe bekommen kann und wo nicht.
    So etwas ähnliches wie Urlaub hatte die Familie dann am Schluss in Blackpool. Papa versumpft in den Pubs, aber Mama hatte mit den Kindern wenigstens ein schönes Ereignis mit den Konzert. Ich musste doch dann nach Emile Ford and the Checkmates und dem Lied "What do you want to make those eyes at me" bei youtube nachschauen. :wink: Keine Ahnung wie sie es geschafft hatte das nötige Eintrittsgeld aufzutreiben, aber sie hat den Kindern damit ein unvergessliches Erlebnis geschafft.


    Der Fernseher zieht in das Leben der Familie Burnside ein. Für John Burnside wird es die Bekanntschaft mit Walter Pidgeon, der eine Art Vorbild für ihn wird.Da könnte ich jetzt fast die kompletten Seite 112 bzw. 113 zitieren. Besonders aufgefallen war mir das hier, was den Sohn betrifft:


    Zitat von Seite 112

    Dieses Gespür für etwas, das genau richtig war, dieses Gefühl für die angemessene Tat, das sollte ein Mann von seinem Vater mitbekommen; (...)

    Und dann noch überraschenderweise seine weiteren Gedanken was seine Mutter betrifft. John Burnside muss wohl schon immer ein sehr guter Beobachter gewesen sein. Ich könnte dir beim besten Willen nicht mehr sagen, welchen Schauspieler oder Filme meiner Mutter gefallen hatte und warum das so war:

    Zitat von Seite 112

    (...) so wie das Gefühl von Vornehmheit, gepaart mit einer gewissen Unbändigkeit, das meine Mutter jedes Mal packte, wenn sie sich einen Film mit Franchot Tone ansah, in ihr eigentlich von ihrem Mann hätte geweckt werden sollen.

    Tja, damit hätte der Vater sich ein klassisches Eigentor geschossen. Gedacht war wohl der Fernseher für seine Sportwetten, aber seiner Familie hat es ein Stückchen die Welt hineingebracht.

    Zitat von Seite 113

    (...) und ohne zu ahnen, dass er für die Familie eine Büchse der Träume öffnete, Träume, die auf sein Haus für immer den Schatten ferner Möglichkeiten werfen sollten.

    Zwar nicht die Büchse der Pandora, aber die Büchse der Träume. Irgendwie seltsam, eigentlich eine gute Sache, aber durch die Art wie es Burnside beschreibt, bleibt ein Hauch von etwas Dunklen zurück. Träume können auch wehtun, sie können aber auch Türen und Fenster öffnen. Mal sehen wie es weitergeht.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Hey, @Farast . Bin gerade erst nach Hause gekommen und muss für morgen noch einiges vorbereiten. Ich versuche aber morgen wieder etwas
    zu posten. Bin leicht im Schulstress.............. :compress::-,

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  • Hallo @taliesin ich kommentiere mal gemütlich weiter. Falls bei dir zZt "schuliches Landunter" wäre können wir ja auch etwas pausieren, wenn du magst. Sag einfach Bescheid :)

    Kapitel 6
    Jetzt recherchiere ich tatsächlich auch schon :lol: Ich musste noch mal nachschauen gehen, wann Burnside geboren ist. Das hilft mir ein wenig mich besser zu orientieren, mir die Lebensumstände und die Zeit zu vergegenwärtigen. Er ist also Jahrgang 1955 (19. März). Dann war es also um 1964 rum als sein Vater langsam zerbrochen ist. Irgendetwas muss auf der Arbeit passiert sein und er fand immer schwieriger Arbeit. Sprich es gab nicht nur Streit wenn er besoffen war, sondern auch vermehrt in nüchternen Zeiten. Und auch ältere Onkel oder Vettern versuchten ihn zu beruhigen, wenn er betrunken war und Streit anfing. Ich muss jetzt einfach davon ausgehen, dass er sich immer schlechter unter Kontrolle hatte, wenn schon Betrunkene Betrunkene beruhigen :-?#-o:-#


    Diese George Grant Geschichte war noch interessant. Mal eher wie ein Geist, dann ein Druckmittel. Die Gestalt aus der Vergangenheit der Mutter von dem man eigentlich nichts genaues weiß. Burnside beginnt mit der Überlegung "was wäre wenn Grant mein Vater geworden wäre" und sieht auch seine Mutter mit anderen Augen an.


    Zitat von Seite 120

    Tagsüber träumte ich davon, was hätte sein können. Es war eine schlichte, zärtliche Fantasie: Mein Vater ging fort - ich achtete in diesen Tagträumen stets sorgsam darauf, ihn nicht sterben zu lassen, nicht ein einziges Mal - und wurde durch George Grant ersetzt (...)

    Noch nicht einmal in seiner Fantasie wünscht sich Burnside, dass sein Vater tot wäre. Ich hätte es ihm in seinen Fall nicht verdenken können.


    Zitat von Seite 120

    Alles blieb im Verborgenen.

    Heute wie damals, es ändert sich irgendwie nichts. Es wird fortgeschaut, wenn es unbequem wird. Es wird übersehen wo eingreifen bitter notwendig wäre. "Solange es hinter verschlossenen Türen geschah." ist alles gut :evil: Wobei, jetzt kommt noch eine weitere dunkle Andeutung was Arthur Fulton betrifft. Und da konnte man wohl nicht wegsehen ...

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  • zu Kapitel 5

    Und trotzdem diese Maureen schafft es tatsächlich den Vater zu durchschauen (was ja nicht zwingend eine Kunst ist) und ihn in Schach zu halten (was ich wiederum erstaunlich fand). Sie muss eine sehr selbstbewusste Frau gewesen sein und hat eindeutig am längeren Hebel gesesssen, was dem Typ wohl in seinen ein oder zwei verbliebenen Gehirnzellen klar war.

    Ich habe mich da gefragt, ob der Vater es gewagt hätte mit seinem Sohn diese abstrusen Spielchen zu treiben, wenn Maureen seine Frau gewesen wäre. Ich denke, diese
    Frau hätte Widerstand geleistet. Offensichtlich hat sie Erfahrung mit solchen Typen. leider entspricht es nicht dem Charakter von Mutter Burnside so zu handeln. Sie hat ihre
    eigenen Methoden, die aber nur greifen, wenn es kurz vor der Katastrophe steht.

    Der Fernseher zieht in das Leben der Familie Burnside ein. Für John Burnside wird es die Bekanntschaft mit Walter Pidgeon, der eine Art Vorbild für ihn wird

    Das empfand ich einerseits als eine schöne Vorstellung für den Jungen, andererseits aber auch todtraurig, weil es Filme sind die ihm zeigen, dass es auch eine
    menschliche, eine gerechte Seite gibt die Dinge zu lösen und einen aufrechten Charakter zu bilden.



    Zitat von John Burnside

    Wenn ich einen Film mit Walter Pidgeon sah, wollte ich auf schlichte, unauffällige Weise ein besserer mensch sein, wollte rücksichtsvoller, aufmerksamer,
    bescheidener, weniger egoistisch und zugleich selbstsicherer sein.Ich sah in ihm eine Möglickeit zum Guten...........

    Zwar nicht die Büchse der Pandora, aber die Büchse der Träume. Irgendwie seltsam, eigentlich eine gute Sache, aber durch die Art wie es Burnside beschreibt, bleibt ein Hauch von etwas Dunklen zurück. Träume können auch wehtun, sie können aber auch Türen und Fenster öffnen.

    Dieser Hauch von etwas Dunklem lässt dieses eigentlich erlösende Ereignis wieder so zwiespältig erscheinen. Natürlich ist es für Mutter und Sohn ein neuer Blick in eine
    Welt die sie nicht kennen und die natürlich verlockend wirkt, weil sie so furchtbar weit entfernt von ihrer eigenen Welt erscheint. Andererseits muss es unendlich wehtun zu
    erkennen, dass diese Welt eben nur ein Schatten der Möglichkeiten ist die sie hätten haben können. Die Wirklichkeit ist trostlos und beide wissen, dass sie niemals dieser
    verlockenden Welt angehören werden. Nicht so lange der Vater lebt. Er ist der Schatten der auf diese Möglichkeiten fällt, er ist der, der sie zerstören wird.


    @Farast Es wäre mir lieb, wenn wir am Freitag weitermachen könnten, weil morgen noch einmal ein langer Tag mit Konferenzen etc sein wird und ich dann abends
    einfach zu müde bin.......... :ergeben: Zu Kapitel 6 dann gerne am Freitag.

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  • Kann ich sehr gut nachvollziehen. Machen wir am Freitag weiter @taliesin. Das siebte Kapitel muss ich ohnehin noch etwas sacken lassen bzw. noch einmal lesen. Ich empfinde es als ziemlich gehaltvoll. Am Wochenende -Samstag/Sonntag- weiß ich noch nicht wie ich ins Internet komme. Ich würde deshalb schon gerne am Freitag zum siebten Kapitel meine Eindrücke aufschreiben. Wenn es bei dir geht, dann kannst du die ja dann schon mitkommentieren.

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