John Burnside - Lügen über meinen Vater (ab 02.09.2016)

  • Mein Namensgedächtnis zeigt Lücken.

    Frag nicht wie meines ist, vor allem bei Bücher :pale:

    Vielleicht brauche ich aber auch (schon wieder) etwas Urlaub.

    Nicht mehr lange, wenn ich es richtig sehe. :wink::) Wobei ich das immer unter "Ferien und deshalb gemütlich" abhake. Urlaub ist für mich immer wegfahren und das wäre bei uns erst wieder nächstes Jahr :cry:


    Kapitel 6
    Der erste Abschnitt ist ja wieder klasse. Er zieht da so gekonnt die Kurve zwischen der Ist-Zeit und der Vergangenheit.

    Zitat von Seite 197

    Mein Sohn geht gern ans Wasser, um zuzusehen; ihm gefällt die stete Arbeit des Schiffs in dieser stillen Jahreszeit. Ehrlich gesagt, ich sehe auch gern zu.

    Ich konnte nichts darüber finden, ob Burnside auch Kinder hat. Nach diesem Satz gehe ich erschwert davon aus. Und finde es richtig süß, dass er mit seinem Kind gemeinsam etwas unternimmt. Das lässt doch schon mal ahnen, dass er bestimmte Strukturen abschütteln konnte und bringt eine Menge Licht in all das Dunkle.
    Allerdings erst geht es wieder zurück in seine Vergangenheit. Mit all den Angebern, die er erstaunlicherweise gut durchblickt hatte. Und seinem tiefsten Wunsch auf eine normale Kindheit. Ich wäre ja auf alles gekommen, was er sagen könnte, was er einmal werden möchte, aber nicht auf "Ein Italiener" (Seite 199). Und die Erläuterung dazu wieso er sich ausgerechnet das wünschte zu sein, lässt einem wieder tief durchatmen:


    Zitat von Seite 199

    Italiener konnten kochen (in diesem Fall konnten sie sogar Eiscreme herstellen); sie hegten eine offenkundige und natürliche Zuneigung für Kinder; sie freuten sich über das, was ihnen gefiel.


    Klar, so etwas kennt er von seiner Familie gar nicht. Und immer wieder seine Bewunderung für alle, die nicht so wie sein Vater sind. Die sich nicht dafür schämen so zu sein wie sie sind. Die sehen wie der Vater ist und höchstens Mitleid mit ihm haben.


    Die schulische Situation von Burnside verschärft sich. Er sucht sich Freunde aus, die seinem Vater nicht gefallen. Das er anfängt in der Schule so nachzulassen, finde ich traurig. Es ist ja seine Art der Selbstzerstörung.Als er und sein Vater aneinandergeraten, dachte ich, jetzt passiert es. Jetzt prügeln sie sich. Ich war so froh, dass sich Burnside noch beherrschen konnte und nicht mit diesem Küchenmesser gegen seinen Vater gegangen ist. Da hätte es nur Verlierer geben können.


    Das er gute Erinnerungen an diese Clique hatte, wundert mich jetzt nicht so sehr. Ich glaube es waren diese seltenen Momente, bei denen er sich aufgenommen gefühlt hatte. Obwohl er ja eigentlich doch nicht dazu gehört hatte, was jeder von ihnen wusste. Wie schätzt du das ein?

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Kapitel 6

    Als er und sein Vater aneinandergeraten, dachte ich, jetzt passiert es. Jetzt prügeln sie sich.

    So ging es mir auch, aber Burnside schreibt ja auch, dass der Vater den puren Hass in den Augen seines Sohnes gesehen hat. Ich denke, dass hat der Sache
    noch einmal einen Aufschub gebracht. Allerdings zeigen die folgenden Gedanken des Jungen, dass sich so etwas wie ein Plan entwickelt und das hört sich gar
    nicht gut an.


    Zitat von John Burnside

    The times when I wanted to do serious damage - the days when I wanted to kill him - began to merge, gradually at first, then with frightening acceleration,
    into a single, burning need to do something. Began to merge, that is, into a plan.
    (....) but that didn´t mean I couldn`t do something outside, in the cool of the night, stepping out from the shadows, the way men sometimes did, with a knife,
    or a hatchet.

    Ich glaube es waren diese seltenen Momente, bei denen er sich aufgenommen gefühlt hatte. Obwohl er ja eigentlich doch nicht dazu gehört hatte, was jeder von ihnen wusste. Wie schätzt du das ein?

    Man hätte diese Jungs ja erst einmal auch für eine Schlägertruppe halten können, aber sie wussten ganz genau, dass er nicht wirklich zu ihnen passte. Ungewöhnlich
    ist es schon, dass sie ihn trotzdem akzeptierten, zwar als jemanden aus einer ganz anderen Welt, aber auch mit Respekt vor dieser anderen Welt. Ich fand es sehr schön
    von der Truppe wie sie ihm mit einem Augenzwinkern vermittelt haben, dass er zwar in Ordnung ist, aber eben nicht für ihre Welt geschaffen ist. Ich glaube, wenn er einmal
    in Not geraten würde, wären sie die ersten die hinter ihm ständen um ihn zu schützen. Endlich einmal ein gutes Erlebnis mit einer Gruppe, das ihm hilft nicht jede Gruppierung
    gleich als falsch zu betrachten.


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • So, jetzt habe ich das Kapitel 7 gelesen und weiß, dass ich es noch einmal lesen muss, um es einigermaßen sinnvoll wiedergeben zu können.
    Das ist schwierig, weil es einerseits um LSD geht (darüber wurden schon ganze Bibliotheken voll geschrieben), andererseits geht es um Erkenntnis
    und eine verpasste Möglichkeit der Annäherung. Vielleicht bekomme ich es ja morgen zusammen. Ich arbeite dran.............. :wink:

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  • (...) aber Burnside schreibt ja auch, dass der Vater den puren Hass in den Augen seines Sohnes gesehen hat

    Dazu fällt mir eine Geschichte ein, aber das würde jetzt den Rahmen einer MLR sprengen sie zu erzählen. Aber ja, ein Gegenüber spürt sehr gut, wenn es klüger ist sich langsam zurückzuziehen. Wer bereit ist zuzustechen (oder sonstwie mit ganzem Haß zu kämpfen) versprüht eine Aura, die man mehr als gut bemerkt bzw. es wäre sehr ratsam, dass man sie bemerken sollte.


    Allerdings zeigen die folgenden Gedanken des Jungen, dass sich so etwas wie ein Plan entwickelt und das hört sich gar
    nicht gut an.

    Meinst du wirklich, dass es passieren wird? Ich schwanke da ein wenig. Mittlerweile glaube ich fast schon, dass sich Burnside immer wieder irgendwie in den Griff kriegt. Wie ist mir ein Rätsel, aber er schafft es. Oder mein zwar mehr als erschütterte Glaube an das Gute im Menschen lässt sich wieder mal nicht unterkriegen und hofft das Beste, aber das Leben schreibt eine andere Geschichte. :wink:



    andererseits geht es um Erkenntnis
    und eine verpasste Möglichkeit der Annäherung

    Das nächste Kapitel habe ich gestern Abend gelesen und weiß mittlerweile was du mit dieser Andeutung gemeint hast. Bei diesem Kapitel lasse ich dir gerne den Vortritt. Ich muss ja gestehen, dass ich mal anfänglich dachte, wir könnten auch gerne zwei oder drei Kapitel lesen, aber mittlerweile bin ich sehr froh um unser eines. Ein Kapitel ist derartig gehaltvoll, dass man erst mal verdauen muss. Ich hätte da wohl gierigst weitergelesen und vieles wäre schlicht an mir vorübergeglitten, ohne weitere Beachtung. Von daher lese ich das siebte Kapitel auch noch mal.

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  • Kapitel 7 (Teil 1)



    Zitat von John Burnside

    Es wäre eine grobe Untertreibung, wollte ich behaupten, dies wäre eine Offenbarung gewesen, ebenso wie es ein Fehler wäre, über LSD wie über irgendeine
    andere Droge zu reden. LSD 25 ist ein Sakrament, womit ich sagen will: etwas, das es dem Zelebranten erlaubt, die Teilnahme an seiner Umwelt zurückzu-
    gewinnen.

    und.....


    Zitat von John Burnside

    Acid war ein Sakrament, und niemand konnte es beherrschen. Niemand konnte es dir geben, niemand es dir nehmen. Es war ein Sakrament.

    Für Leute, die nie damit in Berührung gekommen sind, klingt das wahrscheinlich nach Verherrlichung einer bösen Droge, aber das ist es nicht. In diesem Fall kann ich dem
    Mann nur recht geben. Das ist die reine Wahrheit. Wichtig hierbei ist, dass es eine ganz individuelle Sache ist. Für den einen ist es Erkenntnis und Offenbarung einer
    wie auch immer gearteten Wahrheit, für den anderen eine Reise in die Hölle.


    Zitat von John Burnside

    Jemand konnte eine Sunshine werfen, oder einen schwarzen Mikropunkt schlucken und den Himmel erleben, ein anderer tat es ihm gleich und fuhr zur Hölle....

    Zur Erklärung: Sunshine (Yellow Sunshine) war ein spezieller Trip, der sehr stark wirkte und zu dieser Zeit auch immer mit einer Warnung des Verkäufers verbunden war.
    (Es war die späte Hippie-Zeit, in der man sich noch der Verantwortung diesbezüglich bewusst war) Diese Zeiten sind vorbei..........


    Sehr passend fand ich Burnsides Vergleich mit dem Sakrament des LSD und dem kirchlichen Sakrament des Empfangs der Hostie. Bei dem einen funktioniert die
    Erneuerung und Rückbindung an die Welt, bei dem anderen passiert nichts.


    Am Ende dann noch eine sehr interessante und sehr passende Erklärung bezüglich seiner Erfahrungen mit LSD.


    Zitat von John Burnside

    Ich kann nur sagen, dass meine LSD Erfahrungen nichts mit Drogen zu tun hatten, sich dafür aber gänzlich um jene Ordnung drehten, die ein Kind zum
    Aufwachsen braucht. Es ging nicht darum Spass zu haben, es ging auch nicht um irgendeinen alternativen Lebensstil; es ging vielmehr um ein ganzes
    System, das nicht funktionierte, um ein System, dem jede echte Autorität fehlte.

    Was soll ich sagen, außer, dass er hier eine Erkenntnis auf den Punkt bringt der ich gut folgen kann. Ich denke, das gilt nicht nur für ihn persönlich, sondern enthält
    eine vielleicht bittere, aber reale Erkenntnis über ein System, das sich totgelaufen hat.


    Im weiteren Verlauf geht es dann, um das traditionelle Vaterschaftsmodell, welches Burnside natürlich am Herzen liegt, weil er es immer nur als verlogen und heuchlerisch
    erschien.


    Dazu aber dann später. @Farast Wenn du da jetzt übernehmen willst, nur zu. Das Kapitel enthält Stoff für eine Menge Interpretation. Ich bin gespannt wie du das siehst.


    lg taliesin .

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  • Kapitel 7


    Wow @taliesin, du hilfst mir mit deinen Bemerkungen sehr weiter! Ich musste erst mal eine Runde durchatmen und das Ganze sacken lassen. Kannst dir ja bestimmt schon denken warum das so ist :wink: Ich lehne für mich grundsätzlich Drogen ab, mit meiner pragmatischen Begründung; macht nur wirr im Kopf und meinen halbwegs klaren Verstand mag ich dann doch gerne behalten. Und so musste ich erst meine Aversionen auf die Seite drängen (was mir natürlich nicht ganz gelingt :uups: ) und den Text auf mich wirken lassen. Immer in Hinblick darauf, was uns Burnside bis jetzt von sich wissen lässt.


    Für Leute, die nie damit in Berührung gekommen sind, klingt das wahrscheinlich nach Verherrlichung einer bösen Droge, aber das ist es nicht. In diesem Fall kann ich dem Mann nur recht geben. Das ist die reine Wahrheit. Wichtig hierbei ist, dass es eine ganz individuelle Sache ist. Für den einen ist es Erkenntnis und Offenbarung einer wie auch immer gearteten Wahrheit, für den anderen eine Reise in die Hölle.

    Die Schwierigkeit die ich dabei habe ist, dass ich zwar nachvollziehen kann was Burnside damit meint (und du bringst das so toll auf den Punkt!), aber ein Teil von mir sieht auch was Drogen aus einem Menschen machen kann. Und bis jetzt hätte ich noch nichts positives für Burnside rauslesen können. Er fliegt von der Schule. Mindestens einen Job -von dem er schreibt- hätte er auch schon verloren. Also so ganz Offenbarung scheint es wohl nicht zu sein.

    Sehr passend fand ich Burnsides Vergleich mit dem Sakrament des LSD und dem kirchlichen Sakrament des Empfangs der Hostie. Bei dem einen funktioniert die Erneuerung und Rückbindung an die Welt, bei dem anderen passiert nichts.

    Diesen Vergleich die Burnside zieht fand ich sehr spannend. Sehr vereinfacht dargestellt, aber um ein Verständnis dafür zu gewinnen, was da abläuft, äußerst hilfreich und auf eine verrückte Art passend. Verrückt deshalb weil Sakrament und LSD in einem Atemzug zu nennen schon etwas gewöhnungsbedürftig ist O:-)


    Was soll ich sagen, außer, dass er hier eine Erkenntnis auf den Punkt bringt der ich gut folgen kann. Ich denke, das gilt nicht nur für ihn persönlich, sondern enthält eine vielleicht bittere, aber reale Erkenntnis über ein System, das sich totgelaufen hat.

    Oh ja! Ein System, das sich selbst ständig belügt.


    Dann versuche ich mal weiterzumachen. Das Kapitel ist allerdings so reichhaltig, dass man gar nicht alles ansprechen kann.



    Auf der einen Seite witzig und auf einer anderen Seite zum davonlaufen fand ich eine Szene die Burnside beschreibt. Als seine Mutter einen Priester rief, damit er Burnside ins Gewissen reden und ihn wieder auf den rechten Pfad der Tugend zurückbringen solle. Und das alles weil sie ihn mit einem Mädchen überraschte (und gar noch eine Protestantin, ts ts ts), ein kommunistisches Buch und Kondome bei ihm entdeckte. Ausgerechnet der neue Priester (der vermutlich von der Welt so fern ist wie nur möglich) kommt um mit ihm über "Gehorsam und Keuchheit" zu reden. Das musste Burnside doch wie Hohn vorkommen. Ehrlicherweise wundert es mich, dass er dessen Vortrag über sich ergehen lässt.
    Es ist bitter, dass niemand in dieser Familie auch nur den Hauch von Kommunikation und Miteinander kennt.


    Ich fand es sehr intensiv beschrieben, wie Burnside nach der Einnahme von Acid ein sonntägliches Mittagessen hinter sich bringt. Was der Familie dann doch auffällt. Aber erst mal passiert nichts. Bis an dem Tag an dem sein Schulfreund oder wie er sagt ehemaliger Freund Simon zugedröhnt an der Tür stand. Burnside hilft ihm ein wenig mit Zigaretten und einem Gespräch aus und kehrt dann ins Haus zurück.


    Was für ein gescheiterter Versuch eines Gespräches seines Vaters dann folgte. Ich fand den Vater noch -für seine üblichen Verhaltensweisen- sehr beherrscht. Das hätte ich ihm soweit nicht zugetraut. Erkenntnisse wechselten mit Vorstellungen und Vorurteilen. Ein Schlagabtausch in dem vieles gesagt, aber leider nicht zu Ende gebracht wurde.Diese einzige große Möglichkeit eines Hauchs von Miteinander wurde vertan. Es hätte ein Anfang werden können...


    Zitat von Seite 228

    Im Rückblick kommt er mir so erschöpft, so müde vor. Und als er fort war, ging mir auf, dass wir uns zum ersten Mal seit Jahren unterhalten hatten, ein richtiges Gespräch an einem Abend, an dem er nüchtern war. Nüchtern hatte er versucht, zu mir durchzudringen, und ich hatte ein echtes, wenn auch vorübergehendes Verlangen verspürt, mich ihm zu erklären.

    So traurig es klingen mag, mich wunderte der Rest nicht wirklich.

    Zitat von Seite 228

    Seine letzte Bemerkung aber fasste meine Lage zusammen: Du bist auf dich allein gestellt. So etwas sagte er immer, wenn er aufgab und seine Hände in Unschuld wusch.

    Wie soll ein Erwachsener, der mit sich nicht klar kommt, sich seinem Kind zuwenden können? Seinem Kind für das er noch nie Zuneigung verspürt hatte? Ihm Hilfe geben können? Von allem was ich über Burnsides Vater bis jetzt erfahren habe, war ihm das schlicht nicht möglich. Was schon traurig genug ist.


    Und so kann ich auch Burnsides folgerichtige Reaktion darauf verstehen:

    Zitat von Seite 228

    An jenem Abend hat er mich aufgegeben, und als sich die Tür hinter ihm schloss, habe ich ihn dafür gehasst.

    Was bleibt einem dann noch über als Sohn.

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  • @Farast Habe mir heute beim Sport 2 Finger der rechten Hand gebrochen. Tippe jetzt mit links und das dauert.................
    Heute geht nichts mehr, weil ich auch ein paar Schmerzmittel intus habe. Meine Beiträge werden vielleicht jetzt etwas kürzer werden,
    aber ich bemühe mich es einigermaßen hinzubekommen. :ergeben::krank:

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  • @taliesin
    Sport ist Mord, sage ich doch immer O:-) und Bogenschießen ist kraftintensiver als wie es von Weitem aussieht, meint eine die es mal versucht hat und scheiterte.
    Also, gute Besserung auch von mir, der 2. stillen Mitleserin.

  • Autsch! @taliesin was machst du denn nur für Sachen?! Gute Besserung auch von mir :winken: Wenn es so gar nicht mehr gehen sollte, sag bitte Bescheid.


    Ich mache mal weiter. Dieses Kapitel finde ich auch nicht so einfach :-?


    Kapitel 8


    Zitat von Seite 229

    Ich werde auf einem mir unbekannten Friedhof wach, liege in einer Ecke, in der man verwelkte Blumen und Kränze wirft, und schon morgens um sechs ist der Tag warm und stickig.

    Sheffield im Sommer 1972, Burnside ist 17 Jahre alt und findet sich auf einem Friedhof wieder. Seit vier Tagen wäre er nicht mehr zu Hause gewesen und ich fragte mich, was da passiert ist. Wie auch immer, ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich großartig daran erinnern kann wie genau er auf den Friedhof hingelangt war. So im alkoholisierten Zustand. Und diese Filmrisse gab es denn wohl schon öfter. Und überhaupt spielt Alkohol eine immer wichtigere Rolle bei ihm und er landet mal da und dort. "Nett" fand ich noch wie er einen entflohenen (man weiß ja nicht wirklich ob das stimmt) Soldaten bei sich aufgenommen hatte, als seine Eltern in Urlaub waren. Und lässt ihn dort "bewusstlos auf dem Kunstledersofa meiner Eltern liegen" (S. 231), während er weiterzieht. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was seine Eltern so darüber gedacht hätten, wären sie früher nach Hause gekommen. Immerhin auch Burnside war es klar, dass seine Eltern sich nicht gerade darüber amüsiert hätten.




    Zitat von Seite 233

    Vielleicht war ich auch bloß nicht genügend bei Verstand, um mir Sorgen zu machen. Wenn mir diese Pilgerfahrten widerfuhren, folgten sie ihrer eigenen Logik, einer Logik, die ich weder verstand noch zu beeinflussen wusste. Vielleicht war es die gleiche Logik, die mir eines schönen Tages einredete, dass ich ernstlich was gegen meinen Vater unternehmen konnte. Schließlich hatte ich das Messer in der Hand gehalten und war bereit gewesen, es zu benutzen. Ich brauchte der Logik nur noch bis an ihr Ende zu folgen.


    Das war der Punkt, an dem ich dachte. Jetzt tut er es. Jetzt greift er seinen Vater an. Und wunderte mich, warum er zuerst mal Bert vorstellte. Den netten und freundlichen Bert. Und war erleichtert als ich las, dass es vielleicht sogar Bert es war, der ihn daran hinderte diesen Schritt zu zu nehmen bzw. vielleicht auch seine Angst. Und ganz ehrlich, mir ist es piepsschnurzegal warum er es nicht getan hatte. Hauptsache, dass er diesen letzten und für alle schlimmsten Schritt nicht unternommen hatte. Es war spannend zu lesen wie er langsam den Plan reifen ließ seinen Vater zu töten. Dieses Hin und Her seiner Gedanken. Wie er einen Vorfall bei dem er bemerkte, dass sein Vater ohne Brille so gut wie blind war mit in seinen Plan einbezogen hatte. Sein Vater war ja ziemlich eitel und zog -wenn er unterwegs war- seine Brille ab. Vermutlich um seine Ähnlichkeit mit Robert Mitchum nicht zu schmälern #-o Und diese Tatsache wollte er ausnutzen.


    In seinem Rückblick räumt er ein, dass er es nicht vorhatte es durchzuziehen. Bert begleitete seinen Vater nach Hause. Burnside beschreibt diese Szene so eindringlich. Wie froh und erleichtert er war, dass er seinen Plan nicht durchzog. Sein Vater wäre an diesem Abend auch nicht alleine gewesen, Bert hatte ihn begleitet.



    Zitat von Seite 238

    Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wäre mein Vater allein gewesen: Hätte ich es wirklich ernst gemeint, hätte ich auf die nächstbeste Gelegenheit gewartet, um über ihn herzufallen, und allzu lange hätte ich darauf wohl kaum zu warten brauchen. Aber es war mir nicht ernst. Ich lebte eine Rolle eine Fantasie. Mir reichte allein die Tatsache, dass ich dort gestanden und gewartet hatte, im Schatten, ehrlich.

    Unbestritten ist die Tatsache, dass er seinen Vater hasst. Gut finde ich, dass er sich immer wieder in den Griff bekommt. Wobei ich mich da wirklich immer wieder frage, wie er das schafft. Es ist oft so ein vorbeischrettern am schlimmsten.
    Und er beschließt von zu Hause fortzugehen, weil er davon überzeugt ist, dass man es ihm ansehen wird, dass er seinen Vater töten wollte. So wirkliche Pläne hat er noch keine. Erst mal nur weg.



    Zitat von Seite 239

    Vorläufig kam es nur darauf an, woanders zu sein.


    @taliesin Ich wünsche dir schon mal ein schönes und hoffentlich halbwegs schmerzfreies Wochenende :winken: Spätestens am Montag melde ich mich dann wieder.

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  • zu Kapitel 7

    Auf der einen Seite witzig und auf einer anderen Seite zum davonlaufen fand ich eine Szene die Burnside beschreibt. Als seine Mutter einen Priester rief, damit er Burnside ins Gewissen reden und ihn wieder auf den rechten Pfad der Tugend zurückbringen solle.

    Da bin ich ganz bei dir, denn es ist wirklich ein Wechselbad der Gefühle, das Burnside da im Leser auslöst. Natürlich hat es etwas komisches, wenn der Priester da zu Hilfe
    eilt, um den vom rechten Weg abgewichenen Sohn wieder auf den Pfad der Tugend zu bringen. Das der Junge da nicht laut loslacht, zeugt einerseits von Kontrolle, andererseits
    von einem tiefen Respekt vor der Mutter, die, wie er weiß, einfach nicht anders kann. Für die Mutter öffnen sich da die Pforten der Hölle und ihr ganzes einfaches Wesen kennt
    nur den einen Ausweg um ihrem Sohn zu helfen. Ich bin mir sicher, dass kommt aus tiefstem Herzen und darüber darf man einfach nicht lachen. Im Grunde tut mir die Mutter
    leid, weil ihre Welt so unendlich weit von der Welt ihres Sohnes entfernt ist. .

    Die Schwierigkeit die ich dabei habe ist, dass ich zwar nachvollziehen kann was Burnside damit meint (und du bringst das so toll auf den Punkt!), aber ein Teil von mir sieht auch was Drogen aus einem Menschen machen kann. Und bis jetzt hätte ich noch nichts positives für Burnside rauslesen können. Er fliegt von der Schule. Mindestens einen Job -von dem er schreibt- hätte er auch schon verloren. Also so ganz Offenbarung scheint es wohl nicht zu sein.

    Da bin ich jetzt nicht ganz bei dir, denn meiner Meinung nach hat die Offenbarung über die Burnsaide spricht, nichts mit den folgenden, chaotischen Ereingnissen in der Schule
    zu tun. Die Offenbarung beschränkt sich auf eine ganz persönliche Erkenntnis hinsichtlich seines Verständnisses eines verlogenen Systems und dem zweifelhaften Begriff der
    Vaterschaft, der mit der Realität nichts zu tun hat Sein Niedergang (wenn man so will) hat wohl viel mit einer jahrelangen Unterdrückung durch den Vater zu tun. Nun muss der
    Druck irgendwie gelöst werden, und er rebelliert. Leider überschreitet er da auch jegliche Grenzen. Es ist, als ob er seinen eigenen Fall provozieren will, um auszutesten wie weit
    er gehen kann.
    Die Erkenntnis, die die Droge ihm kurzzeitig gegeben hat, wird so leider wieder auf den Kopf gestellt. Nach vielen Jahren erst weiß Burnside, dass es eine Offenbarung war.
    Als 16jähriger hat er das sicher noch nicht in seiner vollen Bedeutung erkennen können. So ist es nicht verwunderlich, dass er aus diesem Weg einen Irrweg macht.
    (übrigens wird das im weiteren Verlauf noch viel deutlicher, aber ich will nicht vorgreifen.


    Das Gespräch mit dem Vater ist tatsächlich eine verpasste Chance. Sehr schade, denn das war wohl die einzige Gelegenheit Vater und Sohn zumindest ein wenig zuein-
    ander zu bringen. Vo nun an herrscht da nur noch Schweigen und der Gedanke an Flucht.


    So, netterweise hat meine Nichte diesen Text sozusagen nach meinem Diktat geschrieben. Ich hätte sonst 2 Stunden gebraucht. Zu Kapitel 8 muss ich dann noch jemand
    finden, der mir hilft............. :wink:


    lg taliesin :winken:

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  • Ist allerdings nicht beim Bogenschießen passiert, sondern beim Basketball .

    tut deswegen aber nicht weniger weh :( hoffentlich findest Du noch viele liebe Tipp-Helferlein die nächste Zeit :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • zu Kapitel 8

    Seit vier Tagen wäre er nicht mehr zu Hause gewesen und ich fragte mich, was da passiert ist. Wie auch immer, ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich großartig daran erinnern kann wie genau er auf den Friedhof hingelangt war. So im alkoholisierten Zustand.

    Wie du schon geschrieben hast passiert das ja öfter und das wirkt schon nicht mehr wie das, was man gemeinhin als eine Sauftour bezeichnet, sondern nach ernsthaften
    psychischen Aussetzern. Er bezeichnet das als einen Vorgang der für ihn eine innere Logik hat, aber ich sehe da eher Ansätze von Paranoia, denn diese Ausflüge liegen
    jenseits aller Grenzen, zumal ihm ja viele Erinnerungen fehlen. Seine Beschreibungen geben da schon Anlass zur Sorge.


    Zitat von John Burnside

    (...) a lunchtime drink might end three days later on the strip of waste ground behind a row of shops, or on the floor of some dingy squat, five, or three
    hundred miles from where I`d started.

    Unbestritten ist die Tatsache, dass er seinen Vater hasst. Gut finde ich, dass er sich immer wieder in den Griff bekommt. Wobei ich mich da wirklich immer wieder frage, wie er das schafft. Es ist oft so ein vorbeischrettern am schlimmsten.

    Auf Messers Schneide tanzt er da und bekommt irgendwie doch immer noch die Kurve. Hätte er seinen Plan durchgeführt, wenn Bert nicht seinen Vater begleitet hätte?
    War es Angst vor dem letzten Schritt?
    Er schreibt ja auch, dass er das Messer schon in der Hand hatte und nur noch ein kleiner Anstoß fehlte, ein Anstoß seine innere Logik zum Ende zu führen. Was auch
    immer ihn da zurückhielt, es hat nicht nur seinem Vater, sondern auch ihm das Leben gerettet.


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

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  • Ich habe zwar noch gar nichts von Burnside gelesen, aber Eure MLR spornt mich an, das baldmöglichst nach zu holen.

    Das lohnt sich auf jeden Fall. Wenn du (für den Anfang) Spass an Kurzgeschichten hast, würde ich "Something like happy" empfehlen. Das gibt es
    allerdings zur Zeit leider nur im Original.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

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  • Weiter geht`s "With a little help from my friends"..............



    Dritter Teil - Dobermann Days

    Kapitel 1


    Ein schwieriges Kapitel, dass mit der Nachricht beginnt, dass der Vater einen Herzinfarkt erlitten hat. Burnside ist so gut wie nicht mehr zuhause und fährt nun,
    schweren Herzens nach Hause. Allerdings in erster Linie um seine Mutter nicht zu enttäuschen. Der Vater spielt die Sache herunter, aber der Junge entdeckt ein
    ganz anderes, für ihn viel ernsthafteres Problem. Seine Mutter erscheint erschöpft und blass. Nach einem Gespräch verspricht sie dem Sohn einen Arzt aufzu-
    suchen, obwohl auch sie die Sache, wie der Vater, verleugnet. Was für eine Familie!! Da wird einfach nichts ausgesprochen und alles unter den Teppich gekehrt.


    Diesmal aber kann es nicht funktionieren:


    Zitat von John Burnside

    "It`s just the worry. Now that your father`s a bit better. I`ll be right in no time."
    I didn`t believe it. I don`t think she believed it herself. There was something wrong with her, something more than anaemia or fatigue, but I can`t
    imagine she`d guessed it was cancer. (....)
    Now unknown to us all she was already past help.

    Sie hätte früher einen Arzt aufsuchen sollen und diese Tatsache, so überlegt Burnside, wurde später, nach ihrem Tod, wohl auch seinem Vater schmerzlich bewusst.


    Sehr berührend beschreibt Burnside im Rückblick die Bilder, die er herbeiruft, wenn er an diese Zeit mit seiner Mutter denkt. Eines der letzten Gespräche, bei dem die
    beiden sich so nah kommen wie seit Jahren nicht mehr, das Bild wie sie, ganz in sich selbst versunken den Weihnachtsbaum schmückt, aber auch die schwere Zeit
    in der sie dem Tod immer näher kommt ist nicht einfach zu lesen.


    Der Vater überbringt ihm die Nachricht, dass die Mutter Krebs hat und im Krankenhaus liegt, nicht eben sensibel bei und vergisst auch nicht, ganz nach der Familientradition,
    zu erwähnen, dass sie nicht wissen soll, dass sie Krebs hat. Burnside bricht diese unselige Heimlichtuerei bei seinem letzten Besuch bei der Mutter.
    Dieses letzte Gespräch mit dem Sohn ist einfach nur traurig und ich zitiere nur ohne weitere Worte.......


    Meine Nichte hat mich gerade gefragt, warum ich so ein furchtbar trauriges Buch lese und ob wenigstens der Schluss versöhnlich ist.
    Ich hoffe doch, dass am Ende noch so etwas wie Vergebung, wenn auch nicht Versöhnung steht.


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Meine Nichte hat mich gerade gefragt, warum ich so ein furchtbar trauriges Buch lese und ob wenigstens der Schluss versöhnlich ist.

    eine berechtigte Frage - ich hatte ja ganz kurz noch überlegt, ob ich mit Euch mitlese, aber es reichte mir zeitlich einfach nicht. Jetzt bin ich froh darüber, denn das ist kein Buch für mich. Das liegt jetzt allerdings weniger daran, dass es ein trauriges Buch ist, sondern daran, dass es zu nah an meinem Leben ist - das muss ich nicht auch noch lesen. 8-[

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Das liegt jetzt allerdings weniger daran, dass es ein trauriges Buch ist, sondern daran, dass es zu nah an meinem Leben ist

    Zumindest bei diesem Kapitel ging mir das auch so. Das war dann doppelt schwer zu lesen.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Die Offenbarung beschränkt sich auf eine ganz persönliche Erkenntnis hinsichtlich seines Verständnisses eines verlogenen Systems und dem zweifelhaften Begriff der
    Vaterschaft, der mit der Realität nichts zu tun hat

    Ja, das stimmt. Das konnte er für sich rausziehen.

    Leider überschreitet er da auch jegliche Grenzen. Es ist, als ob er seinen eigenen Fall provozieren will, um auszutesten wie weit
    er gehen kann.

    Das ist für mich als Leser auch noch schwer aushaltbar (und nicht nur das, später dazu mehr). Man sieht wie er unaufhaltsam in Richtung Abgrund rennt. Es wäre so schön ihn davon abhalten zu können, geht aber leider nicht.

    So, netterweise hat meine Nichte diesen Text sozusagen nach meinem Diktat geschrieben.

    Ein Hoch auf deine Nichte und auch noch ein ganz dickes Dankeschön von meiner Seite her :winken:





    Dritter Teil - Dobermann Days



    Kapitel 1


    Dieses Kapitel war bzw. ist so traurig und ich musste da gut auf mich aufpassen, weil ich erst gar nicht bemerkte, wie frisch da noch meine eigenen Wunden sind.




    Sehr berührend beschreibt Burnside im Rückblick die Bilder, die er herbeiruft, wenn er an diese Zeit mit seiner Mutter denkt. Eines der letzten Gespräche, bei dem die
    beiden sich so nah kommen wie seit Jahren nicht mehr, das Bild wie sie, ganz in sich selbst versunken den Weihnachtsbaum schmückt, aber auch die schwere Zeit
    in der sie dem Tod immer näher kommt ist nicht einfach zu lesen.

    Das beschreibt Burnside alles so wundervoll und so tief traurig.


    Meine Nichte hat mich gerade gefragt, warum ich so ein furchtbar trauriges Buch lese und ob wenigstens der Schluss versöhnlich ist.

    Ich habe mich lange Zeit davor gedrückt dieses Buch zu lesen und kann deine Nichte so gut verstehen.

    Ich hoffe doch, dass am Ende noch so etwas wie Vergebung, wenn auch nicht Versöhnung steht.

    Das hoffe ich auch!

    eine berechtigte Frage - ich hatte ja ganz kurz noch überlegt, ob ich mit Euch mitlese, aber es reichte mir zeitlich einfach nicht. Jetzt bin ich froh darüber, denn das ist kein Buch für mich. Das liegt jetzt allerdings weniger daran, dass es ein trauriges Buch ist, sondern daran, dass es zu nah an meinem Leben ist - das muss ich nicht auch noch lesen.

    :friends:

    Zumindest bei diesem Kapitel ging mir das auch so. Das war dann doppelt schwer zu lesen.


    Ja, dieses Kapitel ist wirklich schwierig. Auf eine seltsame Weise hilft aber auch Literatur seine eigenen Verletzungen zu verstehen. Und mit euren Bemerkungen dazu ist es auch auf eine Art tröstlich, weil man sich nicht mehr so alleine dabei fühlt. Letzendlich müssen wir alle unsere Erfahrungen mit dem Abschied sammeln. :cry:


    Ich glaube es ist unüberlesbar, mir sind die Tränen bei diesem Kapitel gekommen.


    Kapitel 2
    Es wundert mich nicht, dass der Vater alle Schuld seinen Kindern zuschiebt. Jedwede andere Reaktion hätte mich sehr überrascht. Vielleicht findet er bei dem einen oder anderen diesbezüglich Gehör, aber ich vermute, dass die meisten sich wohl ihre eigenen Gedanken dazu gemacht haben.
    Der Leichenschmaus fällt als ein Trinkgelage mit Kartenspiel aus. Da fehlen mir die Worte. Auch der Onkel von Burnside und dessen Frau empfinden es als sowas von unangebracht. Der Vater macht eine weitere Erfahrung. Schließe niemals von der Gutmütigkeit eines Menschen auf dessen innere Kraft, du könntest deine eigenen Grenzen aufgezeigt bekommen.
    Burnside selbt hatte seinen Kummer entsprechend mit Alkohol und Medikamenten betäubt. Hach Mensch, das stimmt mich so traurig und ich möchte ihn am liebsten von dort wegholen. Und wüsste doch, dass er vermutlich erst einmal ganz kräftig abstürzen muss, um die Kurve wieder zu kriegen.
    Der Trost was einem bei allem bleibt, wenn man das alles liest, ist ja, dass es zu einem besseren Ende gekommen sein muss. Ich muss in solchen Momenten immer an seinen kleinen Sohn denken, den er erwähnt hatte.
    O.k. weiter geht es. Burnside wird nach zwei Tagen wieder wach und trifft auf seinen Vater. Zwar aus dem Pub zurückkehrend, aber vermutlich nüchtern. Aber irgendwie auch verändert. Und so kommt es zu einem verbalen Schlagabtausch, bei dem alle Schuld am Tod der Mutter natürlich auf den Schultern der Kinder liegt. Und fast meinte man, jetzt prügeln sie sich. Aber dann bricht der Vater zusammen. Mehr oder weniger unwillig bringt Burnside ihm seine Tabletten und verlässt das Haus. Und es ist ihm sowas von egal, ob es sein Vater schafft oder nicht. Er geht so wie er ist.


    Kapitel 3
    Burnside kann bei einem Typ namens Tom Morgan unterkommen. Um für seine Unkosten aufzukommen nimmt er einen Job als Tellerwäscher an. Man spürt in dem Kapitel, das irgend etwas passieren wird. Es ist wie so eine Abwärtsspirale.


    Zitat von Seite 265

    Endlich brach der schicksalhafte Tag an. Tom hatte sich mein Geschwafel über Halloween angehört und vorgeschlagen, in seinem Haus zur Feier des Tages eine Party zu veranstalten. (...) Hätte ich einen Moment lang innegehalten und darüber nachgedacht, was ich da tat, hätte ich vielleicht gesehen, dass ich auf einen Abgrund zusteuerte auf einen tiefen Sturz. Irgendwo im Hinterkopf - da, wo Geschichten sich in ihrer eigenen Logik entfalten, wo kein gesunder Menschenverstand waltet, weder Weisheit noch Wahn, sondern Geschichtslogik, Schicksal, Charakter, wie auch immer wir es nennen -, habe ich wohl Bescheid gewusst.

    Burnside beschreibt die Abwärtsspirale um Längen besser wie ich:


    Zitat von Seite 266

    Fliegen war für mich eine Angelegenheit von einem Tag, einer Nacht, von einigen Stunden, ein Sturz dagegen etwas anderes. An manche Orte gelangt man nur, wenn man aufhört, darüber nachzudenken. Während man stürzt, hat man lange nur den Aufprall vor Augen, den Aufschlag, die Landung - doch man fällt immer weiter. So ein Sturz dauert, und die einzige Möglichkeit ihn zu beenden, besteht darin, nicht mehr ans Ende zu denken.

    Und ich hoffe auf ein gutes Ende -unter anderem auch- wegen dieser Worte:


    Zitat von Seite 266

    Zumindest kommt es mir heute so vor. Damals plante ich nur die beste Fete meines Lebens. Ich hatte keinen Schimmer, welche Maschinerie ich in Gang setzte.

    Wer so über seine Vergangenheit reflektiert, krabbelt nicht mehr im Grund rum. Wenn ich es mal so lapidar schreiben darf. Das wäre mein Hoffnungs-Strohhalm bei dem Buch.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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